Rückforderung von Rentenleistungen
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid (vom 16.2.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.10.2015), mit dem der beklagte Rentenversicherungsträger von ihm Rentenleistungen zurückfordert, die er nach Ablauf der Befristung
einer Rente wegen voller Erwerbsminderung noch für acht Monate bis einschließlich Oktober 2007 weitergezahlt hat. Der Rückforderung
vorausgegangen war ein Hinweis des Klägers, dass die Rentenzahlungen aus unverständlichen Gründen weiterliefen (Schreiben vom 19.9.2007), auch nachdem die Beklagte den Antrag des Klägers auf Weiterbewilligung der Erwerbsminderungsrente mit Bescheid vom 21.3.2007
und Widerspruchsbescheid vom 14.8.2007 abgelehnt hatte. Das sozialgerichtliche Verfahren gegen die zuvor genannten Bescheide
fand mit Beschluss des BSG vom 5.8.2014 (B 13 R 133/14 B) seinen Abschluss. Die Rechtsbehelfe des Klägers gegen die Ablehnung seines hierauf bezogenen Überprüfungsantrags blieben
allesamt ohne Erfolg (Bescheid vom 5.2.2015, Widerspruchsbescheid vom 26.6.2015, Gerichtsbescheid des SG vom 15.2.2016, LSG-Urteil vom 28.11.2018, Beschluss des Senats über die Nichtzulassungsbeschwerde vom 9.9.2019 <B 5 R 21/19 B> bzw über die Anhörungsrüge vom 3.3.2020 <B 5 R 38/19 C>, Nichtannahmebeschluss des BVerfG <Kammer> vom 8.12.2020 <1 BvR 717/20>). Die gegen die Rückforderung in Höhe von 5041,89 Euro (Bescheid vom 16.2.2015, Widerspruchsbescheid vom 21.10.2015) gerichteten Rechtsbehelfe waren ebenfalls erfolglos (Gerichtsbescheid des SG vom 5.2.2021, LSG-Urteil vom 21.10.2021).
Der Kläger hat auch gegen die Nichtzulassung der Revision im zuletzt genannten Urteil des LSG Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht eine grundsätzliche Bedeutung der Sache geltend.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Eine grundsätzliche
Bedeutung iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG ist in der Beschwerdebegründung nicht nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG dargetan. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung
erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte)
Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (stRspr; zB BSG Beschluss vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 4 mwN; BSG Beschluss vom 24.6.2021 - B 5 RE 6/21 B - juris RdNr 6).
Eine Rechtsfrage ist nicht klärungsbedürftig, wenn die Antwort praktisch außer Zweifel steht, sich zB unmittelbar aus dem
Gesetz ergibt oder bereits höchstrichterlich geklärt ist. In der Beschwerdebegründung muss deshalb unter Auswertung der Rechtsprechung
des BSG bzw des BVerfG zu dem Problemkreis substantiiert vorgebracht werden, dass zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung
gefällt oder durch die schon vorliegenden Urteile und Beschlüsse die aufgeworfene Frage noch nicht beantwortet worden ist
(vgl ua BSG Beschluss vom 24.6.2021 - B 5 RE 6/21 B - juris RdNr 7 mwN).
Der Kläger formuliert die Frage,
"ob bei Weiterzahlung von Leistungen durch einen Rentenversicherungsträger gegenüber dem Versicherten aufgrund eines technischen
Defektes und dadurch bedingtem etwaigen Verschulden(s) der Behörde dies im Rahmen der Ermessensentscheidung zu berücksichtigen
ist".
Diese Frage sei "noch nicht im Detail geklärt". Das BSG habe im Urteil vom 21.3.1990 (7 RAr 112/88 - SozR 3-1300 § 45 Nr 2) ausgeführt, die Geltendmachung einer Erstattungsforderung sei nicht deshalb rechtswidrig, weil die Doppelzahlung nicht vom
Begünstigten verschuldet, sondern ursächlich auf das Arbeitsamt zurückzuführen sei. In Fällen des § 45 Abs 2 Satz 3 SGB X sei es für eine Erstattung weder zusätzlich erforderlich, dass der Begünstigte die rechtswidrige Leistung verursacht oder
gar verschuldet habe, noch dass die Behörde an der Überzahlung kein Verschulden treffe. Zwar könne die Behörde im Rahmen des
Ermessens eigenes Verschulden zugunsten des Leistungsempfängers berücksichtigen. Hieraus folge aber nicht, das Ermessen könne
nur dahin ausgeübt werden, dass auf eine Erstattung verzichtet werde, weil die Doppelzahlung allein auf das Arbeitsamt zurückzuführen
sei (BSG aaO S 14 = juris RdNr 26). Der Kläger weist darauf hin, dass diese Entscheidung eine Angelegenheit des Arbeitsamts betreffe, während es hier um die
Weiterzahlung einer Rente gehe. Das stelle einen anderen Sachverhalt dar. Ob ein etwaiges Verschulden eines Rentenversicherungsträgers
bei der zu treffenden Ermessensentscheidung berücksichtigt werden müsse, sei (soweit ersichtlich) noch nicht geklärt und bedürfe
hier einer rechtlichen Beurteilung durch das BSG.
Mit diesen Ausführungen hat der Kläger die Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Frage nicht hinreichend aufgezeigt.
Er benennt schon nicht die Rechtsvorschrift, bei deren Auslegung sich die Frage stellen könnte. Soweit aufgrund der wörtlichen
Wiedergabe von RdNr 26 des BSG-Urteils vom 21.3.1990 anzunehmen ist, dass der benannten Frage im Rahmen der Überprüfung von Ermessensentscheidungen nach
§ 45 SGB X Bedeutung zukommt (zur insoweit begrenzten gerichtlichen Kontrolldichte vgl §
54 Abs
2 Satz 2
SGG), ist jedenfalls keine spezifisch rentenrechtliche Vorschrift betroffen, sondern eine Norm des für alle Versicherungszweige
geltenden allgemeinen Sozialverwaltungsverfahrensrechts (vgl §
37 Satz 1
SGB I). Aus welchen Rechtsgründen es bei der Auslegung des § 45 SGB X von Bedeutung sein könnte, ob das Arbeitsamt die Erstattung von rechtsgrundlos gezahlter Arbeitslosenhilfe oder aber der
Rentenversicherungsträger die Erstattung einer ohne Rechtsgrund gezahlten Rente verlangt, erläutert der Kläger nicht. Ebenso
wenig setzt er sich mit einer Entscheidung des BSG auseinander, die das genannte Urteil vom 21.3.1990 im Rahmen der Überprüfung der Ermessensentscheidung eines Rentenversicherungsträgers
aufgreift (vgl BSG Urteil vom 30.10.2013 - B 12 R 14/11 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 15 RdNr 33 ff; zu einer weiteren Entscheidung aus dem Bereich der Arbeitsförderung vgl BSG Urteil vom 21.6.2001 - B 7 AL 6/00 R - juris RdNr 24). Deshalb ist nicht erkennbar, inwiefern der einzige vom Kläger angeführte Umstand, dass nämlich Rentenzahlungen und Arbeitsamtszahlungen
einen anderen Sachverhalt darstellten, für eine fortbestehende Klärungsbedürftigkeit der von ihm aufgeworfenen Frage sprechen
könnte (dazu, dass sich die Rechtsfrage auf eine verallgemeinerungsfähige abstrakt-generelle Aussage zu einer Rechtsvorschrift beziehen
muss und nicht auf die Subsumtion im Einzelfall, vgl BSG Beschluss vom 6.1.2022 - B 5 LW 1/21 B - juris RdNr 14 mwN).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.