Rente wegen Erwerbsminderung
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Rüge einer Gehörsverletzung
Gründe
I
Der im Jahr 1959 geborene Kläger, der seit dem 1.4.2020 Altersrente für schwerbehinderte Menschen bezieht, begehrt für den
Zeitraum vom 1.5.2015 bis zum 31.3.2020 eine Rente wegen Erwerbsminderung. Der beklagte Rentenversicherungsträger lehnte den
Antrag nach Einholung eines neurologisch-psychiatrischen Sachverständigengutachtens ab (Bescheid vom 2.9.2015, Widerspruchsbescheid vom 20.4.2016). Das SG hat ein weiteres neurologisch-psychiatrisches Gutachten von einem anderen Sachverständigen anfertigen lassen. Nachdem auch
dessen Gutachten zu dem Ergebnis gelangt war, der Kläger könne bei Beachtung gewisser qualitativer Einschränkungen noch mindestens
sechs Stunden arbeitstäglich erwerbstätig sein, hat das SG die Klage abgewiesen, zumal auch die Voraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsfähigkeit bei Berufsunfähigkeit
nicht vorlägen (Urteil vom 22.5.2018). Im Berufungsverfahren hat das LSG bei einer weiteren Sachverständigen ein zusätzliches neurologisch-psychiatrisches Gutachten
in Auftrag gegeben. Auch diese Sachverständige hat beim Kläger bestimmte qualitative, nicht jedoch quantitative Leistungseinschränkungen
festgestellt. Demgegenüber ist der anschließend auf Antrag des Klägers nach §
109 SGG befragte Psychiater zu der Einschätzung gelangt, der Kläger könne nur noch weniger als drei Stunden täglich erwerbstätig
sein. Das LSG hat nach ausführlicher Würdigung der Gutachten die Berufung des Klägers zurückgewiesen (Urteil vom 9.11.2021).
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG hat der Kläger beim BSG Beschwerde eingelegt. Er rügt einen Verfahrensmangel.
II
1. Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist. Der Kläger hat einen
Verfahrensmangel (Revisionszulassungsgrund nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG) nach Maßgabe der Erfordernisse des §
160a Abs
2 Satz 3
SGG nicht ausreichend bezeichnet. Die Beschwerde ist daher gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 iVm §
169 SGG zu verwerfen.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde damit begründet, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 SGG), so müssen zur Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zunächst die Umstände, aus denen sich der Verfahrensfehler ergeben soll, substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist
es erforderlich, darzulegen, dass und warum die Entscheidung des LSG ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht auf dem
Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann ein Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 Satz 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
Die Beschwerdebegründung des Klägers wird diesen Anforderungen nicht gerecht. Er rügt eine Verletzung seines Anspruchs auf
rechtliches Gehör (§
62 SGG), weil - kurz zusammengefasst - das LSG nicht dem nach §
109 SGG eingeholten Gutachten, sondern den Vorgutachten gefolgt sei, obwohl diese schwere Mängel aufweisen würden. Insbesondere habe
das LSG das Vorliegen einer posttraumatischen Belastungsstörung mangels vorhandener Anknüpfungspunkte ausgeschlossen. Es habe
damit seinen Vortrag im Schriftsatz vom 31.8.2020 nicht vollständig berücksichtigt, was einen Verstoß gegen die Pflicht zur
Gewährung rechtlichen Gehörs darstelle.
Aus diesem Vorbringen ergibt sich kein schlüssiger Vortrag einer Gehörsverletzung. Zwar verpflichtet der Anspruch auf rechtliches
Gehör (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG) das Gericht, die Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Das Verfahrensgrundrecht
schützt aber nicht davor, dass Vorbringen eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts unberücksichtigt
bleibt. Ebenso wenig bietet es Schutz davor, dass das Gericht die Ansicht eines Beteiligten nicht teilt (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 27.5.2016 - 1 BvR 1890/15 - SozR 4-1100 Art 103 Nr 4 RdNr 14 mwN; BVerfG <Kammer> Beschluss vom 19.8.2016 - 1 BvR 1283/13 - juris RdNr 9). Die Rüge des Klägers zielt im Kern darauf, das LSG hätte seinem Vortrag zur Vorzugswürdigkeit des nach §
109 SGG eingeholten Gutachtens folgen müssen. Das ist aber gerade nicht Inhalt des Anspruchs auf rechtliches Gehör (vgl BVerfG <Kammer> Beschluss vom 12.3.2021 - 2 BvR 1673/19 - juris RdNr 6 mwN, s auch BSG Urteil vom 4.7.2018 - B 3 KR 21/17 R - SozR 4-2500 § 130b Nr 2 RdNr 48).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.