Begriff der Grundsatzbedeutung
Formulierung einer Rechtsfrage
Gründe:
Mit Beschluss vom 21.8.2014 hat das LSG Berlin-Brandenburg die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Berlin vom 25.6.2012
als unbegründet zurückgewiesen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Beschluss hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache iS von §
160 Abs
2 Nr
1 SGG, Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG und einen Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG.
Die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers ist unzulässig, weil sie nicht formgerecht begründet ist.
Die Revision ist nur zuzulassen, wenn
- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG),
- das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (aaO Nr 2) oder
- ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (aaO Nr 3).
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus
aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung
erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss mithin, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte)
Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl BSG SozR 3-1500 §
160a Nr 34 S 70 mwN; Fichte in Breitkreuz/Fichte,
SGG, 2. Aufl 2014, §
160a RdNr 32 ff). Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht.
Der Kläger misst insbesondere folgenden Fragen grundsätzliche Bedeutung bei: "Besitzen Feststellungen des UN-Ausschusses für
die wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Angelegenheiten rechtliche Relevanz oder können sie in der Entscheidungs- bzw.
Rechtsprechungspraxis in Deutschland unbeachtet bleiben, wie es das LSG in dem hier angefochtenen Urteil tut? Sind die Erkenntnisse
solcher UN-Gremien von den Gerichten und Behörden den Entscheidungen zugrunde zu legen bzw. zumindest bei der Entscheidungsfindung
und in den Gründen zu berücksichtigen? Welche Bedeutung besitzen auf völkerrechtlichen Abkommen basierende Feststellungen
internationaler Gremien für die Rechtsordnung, besonders für die Rechtsprechung und Entscheidungspraxis in Deutschland? Dürfen
Beweisanregungen in sozialgerichtlichen Verfahren als unbeachtlich behandelt werden, weil sie sich nach der - gegebenenfalls
voreingenommenen bzw. fehlerhaften - Meinung von Richtern 'nicht auf die konkrete Rentenberechnung, sondern auf sozialpolitische
Erwägungen' stützen, 'derentwegen kein Aufklärungsbedarf' bestehen würde (vgl. im LSG-Beschluss, Entscheidungsgründe)? Ist
es zulässig, Alterssicherungsansprüche, die von Bürgern in der DDR in unterschiedlichen Rechtsgebieten (Arbeits- und Sozialrecht,
Verwaltungsrecht und Zivilrecht) rechtmäßig erworben wurden und denen Eigentumsschutz zusteht, zu liquidieren und nicht zu
überführen, sondern an deren Stelle geringerwertige auf die gesetzliche Rentenversicherung bzw. das Sozialrecht begrenzte
Rentenansprüche zu setzen oder verletzt das die Grund- und Menschenrechte Betroffener, denen ihr Eigentum und die Gleichbehandlung
mit den anderen Bürgern Deutschlands gemäß
Grundgesetz und EMRK zu garantieren sind?"
Mit diesen Formulierungen wird die Beschwerdebegründung schon dem ersten Erfordernis nicht gerecht. Der Kläger hat keine abstrakt-generellen
Rechtsfragen zum Inhalt oder Anwendungsbereich einer revisiblen (Bundes-)Norm (vgl §
162 SGG) gestellt. Dies gilt ebenso für die weiteren in der Beschwerdebegründung aufgeworfenen Fragen. Die Formulierung einer Rechtsfrage
ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker,
SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 6. Aufl 2011, Kap IX RdNr 181). Es gehört nicht zu den
Aufgaben des BSG, den Vortrag des Beschwerdeführers daraufhin zu analysieren, ob sich ihm eventuell eine entsprechende Rechtsfrage entnehmen
ließe (vgl BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 26 S 48).
Der Zulassungsgrund der Divergenz iS von §
160 Abs
2 Nr
2 SGG ist gleichfalls nicht schlüssig aufgezeigt.
Der Kläger rügt sinngemäß Divergenzen zwischen der angefochtenen Entscheidung und den Feststellungen des UN-Ausschusses für
wirtschaftliche, soziale und kulturelle Angelegenheiten vom 20.5.2011 sowie der "Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs
für Menschenrechte vom 16.10.2012 zu den Beschwerden Nr 49646/10 und 3365/11 (u.a. Dr. Hans Lessing und Dr. Hans Reichelt)".
Nach dem Wortlaut des §
160 Abs
2 Nr
2 SGG kann die Revision wegen Divergenz aber nur zugelassen werden, wenn die angefochtene Entscheidung von einer Entscheidung des
BSG, des GmSOGB oder des BVerfG abweicht.
Soweit der Kläger möglicherweise darüber hinaus eine Divergenz zwischen dem "Urteil des LSG vom 14.10.2013" und dem "Urteil
des BVerfG vom 28.04.1999" rügen will, ist er darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Beschwerdeverfahren der Beschluss des
LSG Berlin-Brandenburg vom 21.8.2014 angefochten ist.
Der Kläger hat schließlich auch keinen Verfahrensmangel des LSG ordnungsgemäß dargelegt.
Soweit er geltend macht, das Berufungsgericht habe entscheidungsrelevante Fragen unter Verletzung seiner Amtsermittlungspflicht
nicht geprüft, und damit sinngemäß eine Verletzung des §
103 SGG rügt, hat er bereits versäumt aufzuzeigen, im Berufungsverfahren einen entsprechenden prozessordnungsgemäßen Beweisantrag
gestellt zu haben. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann die Nichtzulassungsbeschwerde jedoch nur auf die Verletzung des §
103 SGG gestützt werden, wenn der Beschwerdeführer einen Beweisantrag gestellt hat, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht
nachgekommen ist.
Von einer weiteren Begründung wird abgesehen, weil diese nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (vgl §
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 Abs
1 und 4
SGG.