Beratungspflicht bei der Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung nach Lohnsteuerklassenwechsel
Gründe:
I
Der Kläger begehrt ab 1. Mai 1999 höheres Arbeitslosengeld (Alg) nach der Leistungsgruppe C (Steuerklasse III) statt nach
der Leistungsgruppe A (Steuerklasse IV).
Der verheiratete Kläger meldete sich ab dem 1. April 1999 arbeitslos und beantragte Alg. Zu Beginn des Jahres 1999 war auf
seiner Steuerkarte die Steuerklasse III eingetragen. Die Beklagte gewährte dem Kläger ab dem 1. April 1999 Alg in Höhe von
94,39 DM täglich bzw 660,73 DM wöchentlich (Leistungsgruppe C, erhöhter Leistungssatz). Am 27. April 1999 ließ der Kläger
beim Finanzamt seine Steuerklasse mit Wirkung vom 1. Mai 1999 in IV ändern. Noch am selben Tage suchte er das Arbeitsamt auf
und teilte die Steuerklassenänderung mit. Nach seinen Angaben fand hierbei keine Beratung über die Auswirkungen des Steuerklassenwechsels
statt. Die Beklagte setzte die Leistungshöhe mit Bescheid vom 30. April 1999 ab 1. Mai 1999 auf 78,56 DM täglich bzw 549,92
DM wöchentlich herab. Der Kläger erhielt vom 2. Dezember 1999 bis 16. Februar 2000 Krankengeld, vom 17. Februar bis 20. Februar
2000 Alg und vom 21. Februar bis 31. Juli 2000 Unterhaltsgeld. Am 1. August 2000 endete der Leistungsbezug wegen Arbeitsaufnahme.
Mit Schreiben vom 10. Juli 2000 beantragte der Kläger wegen der unterbliebenen Beratung über die Folgen des Lohnsteuerklassenwechsels
höheres Alg rückwirkend ab 1. Mai 1999. Die Beklagte lehnte eine Rücknahme des Bescheides vom 30. April 1999 nach § 44 Sozialgesetzbuch - Zehntes Buch - (SGB X) ab, da dieser Bescheid nicht rechtswidrig gewesen sei (Bescheid vom 18. August 2000; Widerspruchsbescheid vom 6. Dezember
2000).
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 7. August 2003). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen
(Urteil vom 22. Dezember 2004). Es hat zur Begründung ausgeführt, die Beklagte habe es zu Recht abgelehnt, den Bescheid vom
30. April 1999 zurückzunehmen, denn dieser sei nicht rechtswidrig. Auf der Lohnsteuerkarte des Klägers sei ab 1. Mai 1999
die Steuerklasse IV eingetragen gewesen. Er sei deshalb gemäß §
137 Abs
2 Nr
1 Sozialgesetzbuch - Drittes Buch - (
SGB III) der Leistungsgruppe A zuzuordnen. Die Entscheidung könne auch nicht im Wege des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
geändert werden. Der Senat gehe davon aus, dass der Fall des Klägers von der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG)
zur Notwendigkeit einer gesonderten Beratung über die leistungsrechtlichen Gefahren eines Lohnsteuerklassenwechsels erfasst
werden könne, brauche dies aber nicht zu entscheiden. Einer für den Kläger positiven Entscheidung stehe in jedem Fall §
330 Abs
1 SGB III entgegen. Der zur Überprüfung gestellte Bescheid datiere vom 30. April 1999. Im Jahr 1999 habe der Verwaltungsakt der ständigen
Arbeitspraxis der Beklagten entsprochen. Diese Sichtweise sei erstmals mit dem Urteil vom 29. August 2002 - B 11 AL 87/01 R - SozR 3-4300 § 137 Nr 3 - in Zweifel gezogen und mit dem Urteil vom 1. April 2004 - B 7 AL 52/03 R - SozR 3-4300 § 137 Nr 1 - endgültig aufgegeben worden. Von einer Änderung der Rechtsprechung iS des §
330 Abs
1 SGB III könne man somit frühestens ab August 2002 sprechen, von einer ständigen Rechtsprechung wohl erst ab April 2004. Da hier aber
die Zeit vom 1. Mai bis 1. Dezember 1999 im Streit stehe und der Kläger seit August 2000 keine Leistungen mehr bezogen habe,
scheitere eine Aufhebung nach § 44 SGB X jedenfalls an §
330 Abs
1 SGB III.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§
137,
330 SGB III, § 44 SGB X. Das LSG habe den geltend gemachten Herstellungsanspruch zu Unrecht an einer stringenten Auslegung des §
330 Abs
1 SGB III scheitern lassen. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch sei gerade dazu bestimmt, auch bestandskräftige Verwaltungsentscheidungen
erneut einer rechtlichen Prüfung zu unterziehen. Das angefochtene Urteil interpretiere den Begriff des Entstehens der ständigen
Rechtsprechung zu eng.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 7. August 2003 und das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom
22. Dezember 2004 sowie den Bescheid vom 18. August 2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 6. Dezember 2000 aufzuheben
und die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 30. April 1999 zu verurteilen, rückwirkend ab 1. Mai 1999 Arbeitslosengeld
unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe C zu gewähren.
Die Beklage beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, der Änderungsbescheid vom 30. April 1999 sei rechtmäßig gewesen. Sie sei auch nicht auf Grund des
sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs verpflichtet, den Kläger so zu stellen, als habe er den Lohnsteuerklassenwechsel nicht
vorgenommen. Der sich aus §
330 Abs
1 SGB III iVm § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ergebende Rechtsgedanke der Einschränkung der Pflicht der Beklagten zur vollumfänglichen rückwirkenden Klaglosstellung sei
analog auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu übertragen. Erst mit der Verkündung des Urteils vom 1. April 2004
- B 7 AL 52/03 R - sei eine geänderte Rechtsprechung entstanden.
II
Die Revision des Klägers ist iS der Aufhebung des angefochtenen Urteils und der Zurückverweisung begründet.
Zu entscheiden ist über eine vom Kläger erhobene Anfechtungs- und Leistungsklage (§
54 Abs
4 Sozialgerichtsgesetz >SGG<), die auf Rücknahme des bindend gewordenen Bescheides vom 30. April 1999 und Zahlung von Alg in Höhe des Differenzbetrages
zwischen der Leistungsgruppe C (Steuerklasse III) und der Leistungsgruppe A (Steuerklasse IV) ab 1. Mai 1999 gerichtet ist.
In der Sache hat die Revision des Klägers iS der Zurückverweisung Erfolg. Denn die bisher vom LSG getroffenen Feststellungen
erlauben keine abschließende Entscheidung darüber, ob der Kläger höheres Alg auf der Grundlage des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
verlangen konnte und die Beklagte deshalb verpflichtet ist, den Ausgangsbescheid vom 30. April 1999 nach § 44 Abs 1 SGB X zurückzunehmen.
1. Das LSG hat allerdings zu Recht ausgeführt, dass die Beklagte - ausgehend von der auf die Lohnsteuerkarte ab 1. Mai 1999
eingetragenen Lohnsteuerklasse IV - das materielle Leistungsrecht richtig angewandt hat.
Das Alg beträgt nach §
129 Nr 1
SGB III für Arbeitslose, die mindestens ein Kind iS des Einkommensteuerrechts haben, 67 % des pauschalierten Nettoentgelts (Leistungsentgelt),
das sich aus dem Bruttoentgelt ergibt, das der Arbeitslose im Bemessungszeitraum erzielt hat (Bemessungsentgelt). Das Leistungsentgelt
wird nach Maßgabe des §
136 SGB III unter Berücksichtigung der bei Arbeitnehmern gewöhnlich anfallenden Entgeltabzüge ermittelt. Die nach Leistungsgruppen differenzierten
Leistungssätze berücksichtigen den nach der allgemeinen Lohnsteuertabelle maßgebenden Lohnsteuerabzug.
Welche Steuerklasse für die Zuordnung zu den Leistungsgruppen maßgebend ist, ergibt sich aus §
137 SGB III in der bis zum 31. Dezember 2004 geltenden Fassung (nunmehr: §
133 SGB III). Nach dem Grundsatz des §
137 Abs
3 SGB III richtet sich die Zuordnung nach der Lohnsteuerklasse, die zu Beginn des Kalenderjahres, in dem der Anspruch entstanden ist,
auf der Lohnsteuerkarte des Arbeitslosen eingetragen war. Maßgebend für die Alg-Bewilligung ab 1. April 1999 war danach die
am 1. Januar 1999 auf der Lohnsteuerkarte des Klägers eingetragene Lohnsteuerklasse III. Für den Steuerklassenwechsel bei
Ehegatten gilt §
137 Abs
4 SGB III. Nach Satz 1 Nr
2 dieser Vorschrift werden bei einem Lohnsteuerklassenwechsel von Ehegatten die neu eingetragenen Steuerklassen von dem Tage
an berücksichtigt, an dem sie wirksam werden, wenn sich auf Grund der neu eingetragenen Lohnsteuerklassen ein Alg ergibt,
das geringer als das Alg ist, das sich ohne den Wechsel der Lohnsteuerklassen ergäbe. Dies führt im vorliegenden Fall dazu,
dass materiell-rechtlich ab 1. Mai 1999 Alg nicht mehr nach der Leistungsgruppe C (Lohnsteuerklasse III), sondern nach der
(ungünstigeren) Leistungsgruppe A (Lohnsteuerklasse IV) zu gewähren war. Die Anpassung an die ab 1. Mai 1999 geänderten Verhältnisse
hat die Beklagte mit dem Bescheid vom 30. April 1999 gemäß § 48 Abs 1 SGB X vorgenommen.
2. Diese Leistungskorrektur könnte jedoch entgegen der Rechtsansicht des LSG nach § 44 SGB X zurückzunehmen sein, (vgl BSG SozR 3-4100 § 101 Nr 10 S 39 f zur Anwendbarkeit des § 44 Abs 1 SGB X bei einem auf § 48 Abs 1 SGB X gestützten Bescheid), wenn dem Kläger ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch infolge einer Verletzung von Beratungs-
und Hinweispflichten zur Seite stand. Die Sonderregelung in §
330 Abs
1 SGB III steht einer solchen Überprüfung nicht entgegen. Hierbei kann der Senat im Ergebnis dahinstehen lassen, ob §
330 Abs
1 SGB III in den Fällen der Überprüfung einer nicht begünstigenden bestandskräftigen Verwaltungsentscheidung wegen des Vorliegens der
Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs unmittelbar heranzuziehen ist, oder - wovon die Beklagte ausgeht
- die Regelung "analog auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch zu übertragen ist". Gegen die letztgenannte Auffassung
spricht allerdings die Rechtsprechung des BSG (SozR 1300 § 44 Nr 17 und 18), wonach ein Sozialleistungsträger auch dann das
Recht unrichtig iS des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X anwendet, wenn der belastende Verwaltungsakt allein deshalb rechtswidrig war, weil er gegen Richterrecht - hier das Institut
des Herstellungsanspruchs - verstoßen hat (ebenso Wiesner in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl, § 44 RdNr 10 und Waschull in Lehr- und Praxiskomm, SGB X, § 44 RdNr 56). Unabhängig von dieser Frage kann ein Anspruch des Klägers auf höheres Alg nach der Leistungsgruppe C entgegen der
Ansicht des LSG jedenfalls nicht allein mit der Erwägung verneint werden, ein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch sei nach
§
330 Abs
1 SGB III ausgeschlossen. Denn diese Vorschrift ist hier nicht einschlägig.
§
330 Abs
1 SGB III schränkt seinem Wortlaut nach den Anwendungsbereich des § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X für den Fall ein, dass der Verwaltungsakt auf einer Rechtsnorm beruht, die nach Erlass des Verwaltungsaktes für unvereinbar
mit dem
Grundgesetz erklärt oder in ständiger Rechtsprechung anders als durch die Agentur für Arbeit ausgelegt worden ist. Entgegen § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein derartiger Verwaltungsakt im Arbeitsförderungsrecht nur mit Wirkung für die Zeit nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
oder nach dem Entstehen der ständigen Rechtsprechung zurückzunehmen. Der Senat kann offen lassen, ob er der vom LSG befürworteten
Erstreckung des §
330 Abs
1 SGB III auf die Fälle des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs folgen würde. Denn es fehlt hier bereits an der Grundvoraussetzung
dieser Norm, nämlich einer Rechtswidrigkeit des ursprünglichen Verwaltungsaktes infolge einer nachträglichen Änderung der
Rechtsprechung.
Allerdings haben beide für das Arbeitsförderungsrecht zuständigen Senate des BSG mit Rücksicht auf die verfassungsrechtlichen
Bedenken gegen das Normenkonzept des §
137 Abs
4 Satz 1
SGB III und die unzureichende Normklarheit des Regelungskonzepts dieser Vorschrift angenommen, dass die Beklagte eine besondere Hinweis-
und Beratungspflicht treffe (BSGE 92, 267 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1; BSG SozR 4-4300 § 137 Nr 2). Nach dieser Rechtsprechung kann die Beklagte den verfassungsrechtlichen
Bedenken dadurch begegnen, dass sie verheiratete Arbeitslose bei der Antragstellung bzw anlässlich einer konkreten Nachfrage
deutlich und gesondert vom Merkblatt auf die leistungsrechtlichen Gefahren eines Lohnsteuerklassenwechsels für den arbeitsförderungsrechtlichen
Anspruch und die Notwendigkeit einer Beratung hinweist. Die Verletzung dieser besonderen Hinweis- und Beratungspflichten kann
einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch auslösen (BSGE 92, 267 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1 RdNr 30 ff; BSG SozR 4-4300 § 137 Nr 2 RdNr 9).
Es ist bereits zweifelhaft, ob das BSG mit der vorgenannten Rechtsprechung iS des §
330 Abs
1 SGB III "eine Rechtsnorm" in ständiger Rechtsprechung anders als die Beklagte ausgelegt hat. Denn diese Rechtsprechung beruht weniger
auf einer (neuen) Auslegung der Rechtsnorm des §
137 Abs
4 SGB III, sondern vielmehr auf den verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Regelungskonzept, aus denen das BSG eine bereits bei
Stellung des Antrags auf Alg einsetzende (ungeregelte) besondere Hinweis- und Beratungspflicht als Nebenpflicht aus dem Sozialrechtsverhältnis
hergeleitet hat.
Eine entsprechende Anwendung des §
330 Abs
1 SGB III scheitert jedoch jedenfalls daran, dass ein dem Kläger möglicherweise zustehender, auf höheres Alg gerichteter sozialrechtlicher
Herstellungsanspruch unabhängig von der Begründung dieser besonderen Hinweis- und Beratungspflichten durch die Rechtsprechung
des BSG besteht. Die fragliche Rechtsprechung (vgl nur BSGE 92, 267 = SozR 4-4300 § 137 Nr 1 RdNr 30 ff; BSG SozR 4-4300 § 137 Nr 2 RdNr 9) betraf Aufhebungs- und Erstattungsfälle, in denen
die Kläger dem Arbeitsamt (ArbA) die Änderung der Lohnsteuerklasse nicht mitgeteilt hatten, sodass es zu einer Überzahlung
von Alg gekommen war. Das BSG hatte insoweit eine besondere Beratungspflicht bereits bei Stellung des Leistungsantrags angenommen.
Ist diese verletzt, besteht ein Herstellungsanspruch auch dann, wenn der Arbeitslose aus Anlass des Steuerklassenwechsels
keinen Kontakt zum ArbA aufgenommen hatte.
Von dieser Konstellation weicht der vorliegende Sachverhalt entscheidungserheblich ab, denn der Kläger dieses Verfahrens hatte
das ArbA vor dessen Wirksamwerden über den von ihm vorgenommenen Lohnsteuerklassenwechsel informiert. Bei der Vorlage der
geänderten Lohnsteuerkarte am 27. April 1999 musste für den Mitarbeiter des ArbA ohne weiteres erkennbar sein, dass der Kläger
eine für ihn voraussichtlich im Ergebnis wirtschaftlich nachteilige Handlung vorgenommen hatte. Die Erforderlichkeit eines
entsprechenden Hinweises folgt hier also bereits allein aus der seit jeher von Rechtsprechung (vgl nur BSG SozR 1200 § 14
Nr 25; SozR 3-4100 § 110 Nr 2) und Literatur (Seewald in KassKomm §
14 SGB I Rz 19; Mönch-Kalina in juris-PK-
SGB I §
14 Rz 33) anerkannten Nebenpflicht der Behörden, den Leistungsempfänger bei einem konkreten Anlass auf offenkundige wirtschaftlich
günstige Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen. Für den nahe liegenden Hinweis, dass der wegen der Arbeitsaufnahme der Ehefrau
vorgenommene Lohnsteuerklassenwechsel voraussichtlich nur vordergründig vorteilhaft war, bedurfte es dementsprechend der Rechtsprechung
des BSG zu den "besonderen Beratungs- und Hinweispflichten" der Bundesagentur für Arbeit nicht. Ein derartiger Hinweis war
auch von verfassungsrechtlichen Bedenken gegen das Regelungskonzept des §
137 Abs
4 Satz 1
SGB III unabhängig (s zu einer entsprechenden Fallgestaltung bereits BSG, Urteil vom 1. April 2004 - B 7 AL 36/03 R, veröffentlicht in juris).
3. Das LSG hat - von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend - die Voraussetzungen des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
nicht abschließend geprüft. Zwar liegt es nach dem Vortrag des Klägers und dem tatsächlichen Geschehensablauf nahe, dass die
Beklagte ihre Beratungspflichten hinsichtlich der leistungsrechtlichen Folgen eines Lohnsteuerklassenwechsels verletzt hat,
weil sie den Kläger - wie dieser behauptet - bei der Abgabe der geänderten Lohnsteuerkarte nicht auf die wirtschaftlich nachteiligen
Folgen eines Lohnsteuerklassenwechsels hingewiesen hat. Jedoch hat das LSG dies nicht festgestellt. Ebenfalls keine Feststellungen
hat das LSG zur Ursächlichkeit einer möglichen Pflichtverletzung der Beklagten und dem Umstand, dass der Kläger den Lohnsteuerklassenwechsel
nicht rückgängig gemacht hat, getroffen (zum Anspruch auf erneute Änderung der Steuerklasse s BSG, Urteil vom 1. April 2004
- B 7 AL 36/03 R, veröffentlicht in juris). Zweifel daran, dass die Eheleute bei richtiger Beratung wieder zu der vorherigen Lohnsteuerklasse
zurückgekehrt wären, könnten sich daraus ergeben, das sie auch im Jahr 2000 zunächst an den Lohnsteuerklassen festgehalten
haben.
Das LSG wird demgemäß die tatsächlichen Voraussetzungen für einen Herstellungsanspruch zu prüfen haben.
Dem LSG obliegt auch die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens.