Höhe von Beiträgen zur freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Einordnung der Krankenversorgung der Bundesbahnbeamten
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten über die Höhe der Beiträge zur
freiwilligen gesetzlichen Krankenversicherung (GKV).
Die Klägerin war vom 1.6.2015 bis zum 30.9.2018 bei der beklagten Krankenkasse (KK) freiwillig versichert. Sie erzielte ab
Januar 2017 Einkommen aus einem Minijob und aus selbstständiger Erwerbstätigkeit. Ihr Ehemann war in dieser Zeit in der Krankenversorgung
der Bundesbahnbeamten (KVB) versichert. Die Beklagte erhob ab 1.1.2017 Beiträge zur freiwilligen GKV unter Berücksichtigung
der Einkünfte der Klägerin aus selbstständiger Erwerbstätigkeit und der Hälfte des Einkommens ihres Ehemanns nach Abzug von
Freibeträgen für die beiden familienversicherten Kinder. Ab 1.7.2017 berücksichtigte sie nur noch die Hälfte des Ehegatteneinkommens
nach Abzug der Freibeträge, nachdem die Klägerin negative Einkünfte aus ihrer selbstständigen Tätigkeit nachgewiesen hatte
(Bescheide vom 4.1.2017, 13.2.2017, 13.7.2017, vorläufiger Bescheid vom 20.12.2017; Widerspruchsbescheid vom 4.4.2018).
Klage und Berufung, die die Beteiligten im Rahmen von Unterwerfungsvergleichen auf die Beiträge zur GKV und auf die vor Klageerhebung
ergangenen Bescheide beschränkt haben, sind erfolglos geblieben (Urteil des SG Fulda vom 18.2.2021; Beschluss des Hessischen LSG vom 27.10.2021). Zur Begründung hat das LSG ausgeführt, dass die Klägerin und ihr Ehemann systemverschieden versichert seien, die KVB sei
keine KK iS des §
4 Abs
2 SGB V. Es sei deshalb nach §
240 Abs
1 Satz 2, Abs
5 Satz 1
SGB V iVm §
2 Abs
4 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler auch das Ehegatteneinkommen zu berücksichtigen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG). Die Klägerin hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen,
welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten
(Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach dem Stand von Rechtsprechung und Lehre
nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht zur Klärung der Rechtsfrage
im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.10.1978 - 8/3 BK 28/77 - SozR 1500 § 160a Nr 31 S 48; BSG Beschluss vom 28.1.2019 - B 12 KR 94/18 B - juris RdNr 6). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Die Klägerin wirft auf S 2 der Beschwerdebegründung die Frage auf,
"zu welchem Versorgungssystem ein ehemaliger Eisenbahnbeamter, der weiterhin in der KVB versichert ist, gehört".
Sie führt dazu aus, die KVB gehöre nicht zur privaten Krankenversicherung (PKV), sondern sei ein der GKV zuzuordnendes geschlossenes
Sondersystem der Absicherung im Krankheitsfall, in dem ihr Ehegatte ebenso Beiträge zu entrichten habe. Er habe also keinen
Vorteil gegenüber GKV-Versicherten.
Die Klägerin legt die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht hinreichend dar. Eine Rechtsfrage ist dann höchstrichterlich
geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig anzusehen, wenn diese bereits beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich
entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte
zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN).
Eine hinreichende Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG zur Einordnung der KVB weder als private noch als gesetzliche Absicherung im Krankheitsfall, sondern als Sondersystem, das
eigenen Regeln unterworfen ist (BSG Urteil vom 12.1.2011 - B 12 KR 11/09 R - BSGE 107, 177 = SozR 4-2500 § 5 Nr 13; BSG Urteil vom 19.4.2007 - B 3 P 8/06 R - SozR 4-3300 § 40 Nr 4), fehlt. Insbesondere setzt sich die Klägerin nicht mit der Frage auseinander, ob anhand des Wortlauts des §
240 Abs
5 Satz 1
SGB V, der alle nicht einer KK nach §
4 Abs
2 SGB V angehörenden Ehegatten einbezieht und nicht nur die in der PKV versicherten, und der zu §
5 Abs
1 Nr
13 SGB V ergangenen Rechtsprechung die aufgeworfene Frage nach der Anwendbarkeit des §
240 Abs
5 Satz 1
SGB V iVm §
2 Abs
4 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler auf Familien, in denen ein Ehegatte in der KVB versichert ist, beantwortet werden
kann. Das wäre schon deshalb angezeigt gewesen, weil die Beklagte bereits im Verwaltungsverfahren auf die Rechtsprechung des
BSG hingewiesen und das LSG in den Entscheidungsgründen darauf eingegangen ist. Das BSG hat in der Entscheidung vom 12.1.2011 (aaO) ausgeführt, das System der KVB sei weder eindeutig der PKV noch der GKV zuzuordnen. Das hat der Senat damit begründet, dass
die KVB nicht den Regelungen des Versicherungsaufsichtsgesetzes unterliege und deshalb anders als PKVen und die GKV nach §
5 Abs
1 Nr
13 SGB V auch nicht dem Kontrahierungszwang mit bisher bei ihr leistungsberechtigten Personen unterlag. Die Klägerin hätte daher ausführen
müssen, weshalb sich die aufgeworfene Frage gleichwohl nicht beantworten lassen soll. Daran fehlt es.
Es fehlt auch an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG zur Anwendung von §
240 Abs
5 SGB V auf nicht in der GKV versicherte Ehegatten (BSG Urteil vom 28.9.2011 - B 12 KR 9/10 R - juris; BSG Urteil vom 26.3.1996 - 12 RK 5/95 - SozR 3-2500 § 5 Nr 26; BSG Urteil vom 24.4.2002 - B 7/1 A 1/00 R - BSGE 89, 213 = SozR 3-2500 § 240 Nr 42), auf die auch zum großen Teil die Beklagte bereits im Verwaltungsverfahren hingewiesen hatte. Die Klägerin hinterfragt nicht,
ob anhand dieser Rechtsprechung die Frage nach der Einordnung der KVB als KK iS des §
240 Abs
5 iVm §
4 Abs
2 SGB V beantwortet werden kann.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.