Feststellung der Beitragspflichtigkeit einer Einmalzahlung aus einer Kapitallebensversicherung durch eine Krankenkasse
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines freiwilligen Mitglieds
Beitragsrechtliche Ungleichbehandlung von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten
Gründe:
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit wendet sich der Kläger gegen die Feststellung der Beitragspflichtigkeit
einer Einmalzahlung aus einer Kapitallebensversicherung durch die beklagte Krankenkasse.
Der Kläger ist bei der Beklagten freiwillig kranken- und bei der TK-Pflegeversicherung pflegeversichert und zahlt Beiträge
unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze. Sein früherer Arbeitgeber schloss 1991 zu seinen Gunsten eine Kapitallebensversicherung
in Form einer betrieblichen Direktversicherung ab. Im Jahr 2000 wechselte der Kläger in eine selbstständige Tätigkeit. Die
Lebensversicherung wurde auf ihn übertragen, die Beiträge trug er seither selbst. Mit Ablauf der Versicherung im Juni 2015
wurde dem Kläger ein Betrag von 61 425,03 Euro ausgezahlt, für den die Beklagte die Beitragspflichtigkeit dem Grunde nach
feststellte. Die Höhe der Beiträge änderte sich nicht (Bescheide vom 29.7.2015 und 21.9.2016; Widerspruchsbescheid vom 20.10.2016).
Die dagegen gerichtete Klage ist in beiden Instanzen erfolglos geblieben (Urteil des SG Osnabrück vom 23.1.2018; Urteil des
LSG NiedersachsenBremen vom 27.8.2018). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, dass die Kapitalauszahlung
als Einnahme iS des § 3 Abs 1 Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler (BeitrVerfGrsSz) bei der Beitragsberechnung zu berücksichtigen
sei. Ein Verstoß gegen Art
3 Abs
1 GG werde dadurch nicht begründet. Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen
(§
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG). Der Kläger hat den allein geltend gemachten Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht hinreichend dargelegt.
Bei Geltendmachung des Zulassungsgrundes der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache muss die Beschwerdebegründung ausführen,
welche Rechtsfrage sich ernsthaft stellt, deren Klärung über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit
oder Rechtsfortbildung im allgemeinen Interesse erforderlich (Klärungsbedürftigkeit) und durch das Revisionsgericht zu erwarten
(Klärungsfähigkeit) ist (stRspr; vgl nur BSG Beschluss vom 17.4.2012 - B 13 R 347/11 B - SozR 4-2600 § 72 Nr 5 RdNr 17 mwN). Die Beschwerdebegründung hat deshalb auszuführen, inwiefern die Rechtsfrage nach
dem Stand von Rechtsprechung und Lehre nicht ohne Weiteres zu beantworten ist, und den Schritt darzustellen, den das Revisionsgericht
zur Klärung der Rechtsfrage im allgemeinen Interesse vornehmen soll (vgl BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 5 mwN). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
Der Kläger misst der Frage,
"ob Privatvermögen in Form einer vom Versicherten geführten und finanzierten Kapitallebensversicherung bei Auszahlung eine
Einnahme im Sinne von §
240 SGB V in Verbindung mit §
3 der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler darstellt und zur Beitragsbemessung der gesetzlichen Krankenversicherungen
herangezogen werden darf",
eine grundsätzliche Bedeutung bei.
Es kann dahingestellt bleiben, ob dies eine Rechtsfrage zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit einer
konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (§
162 SGG) mit höherrangigem Recht (BSG Beschluss vom 23.12.2015 - B 12 KR 51/15 B - Juris RdNr 11 mwN) darstellt oder ob nicht vielmehr nach dem Ergebnis eines Subsumtionsvorgangs im Einzelfall gefragt wird.
Auch kann dahingestellt bleiben, ob der Kläger die Klärungsfähigkeit dieser Frage in einem Rechtsstreit, in welchem die Beitragspflicht
einer Einmalzahlung durch die Krankenkasse festgestellt ist, ohne dass sich dies aktuell auf die Beitragshöhe auswirkt, hätte
darlegen müssen. Denn jedenfalls ist die Klärungsbedürftigkeit dieser Frage nicht dargelegt.
Eine Rechtsfrage gilt dann als höchstrichterlich geklärt und damit als nicht (mehr) klärungsbedürftig, wenn diese bereits
beantwortet ist. Ist sie noch nicht ausdrücklich entschieden, genügt es, dass schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen
ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage
geben (BSG Beschluss vom 30.8.2016 - B 2 U 40/16 B - SozR 4-1500 § 183 Nr 12 RdNr 7 mwN).
§ 3 Abs 1 S 1 BeitrVerfGrsSz definiert als beitragspflichtige Einnahmen "alle Einnahmen und Geldmittel, die für den Lebensunterhalt
verbraucht werden oder verbraucht werden können". Der Senat hat dazu bereits entschieden, dass diese Regelung §
240 Abs
1 S 2
SGB V, die für die Beitragsbelastung auf die gesamte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des freiwilligen Mitglieds abstellt, rechtsverbindlich
und in nicht zu beanstandender Weise umsetzt (BSG Urteil vom 10.10.2017 - B 12 KR 16/16 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 32; vgl auch BSG Urteil vom 18.11.2015 - B 12 KR 21/14 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 30 RdNr 13 zur Vereinbarkeit der BeitrVerfGrsSz mit höherrangigem Recht), und dass es danach keine
Rolle spielt, ob laufende Geldleistungen erbracht werden oder eine einmalige Kapitalzahlung zufließt (BSG Urteil vom 27.1.2010 - B 12 KR 28/08 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 13 RdNr 16; vgl Urteil vom 12.11.2008 - B 12 KR 10/08 R - SozR 4-2500 § 229 Nr 6 zur Einmalzahlung aus einer Direktversicherung). Der Senat hat zudem wiederholt entschieden, dass
die grundsätzliche beitragsrechtliche Ungleichbehandlung von Pflichtversicherten und freiwillig Versicherten verfassungsgemäß
ist (BSG Urteil vom 10.10.2017 - B 12 KR 16/16 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 32; Urteil vom 30.11.2016 - B 12 KR 6/15 R - SozR 4-2500 § 224 Nr 2 RdNr 29 mwN; Urteil vom 27.1.2010 - B 12 KR 28/08 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 13 RdNr 18; Beschluss vom 4.4.2018 - B 12 KR 99/17 B - Juris) und eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung auch nicht im Vergleich zu anderen freiwillig Krankenversicherten
besteht, die ihr (Kapital-)Vermögen nicht oder ohne Vermögensverschiebung beitragsfrei anlegen (BSG Urteil vom 10.10.2017 - B 12 KR 16/16 R - SozR 4-2500 § 240 Nr 32).
Mit dieser Rechtsprechung setzt sich der Kläger nicht auseinander. Er legt weder dar, weshalb der konkrete Fall von ihr nicht
erfasst sein solle, noch weshalb sie keine Gültigkeit (mehr) beanspruchen könne. Der pauschale Hinweis darauf, dass die bisherige
"Begründung nicht verfange" und das BSG "nicht näher auf die im Rahmen der Prüfung des Art
3 Abs
1 GG zu bildenden Vergleichsgruppen eingehe", ist lediglich eine inhaltliche Kritik an der Rechtsprechung, zeigt jedoch die erneute
Klärungsbedürftigkeit der zugrunde liegenden Rechtsfragen nicht auf. Soweit der Kläger darauf verweist, dass die Begründung
des BSG (unter Verweis auf BVerfG Kammerbeschluss vom 3.2.1993 - 1 BvR 1920/92 - SozR 3-2500 § 240 Nr 11) "keine Stütze in der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung finde", legt er nicht dar,
worin die Rechtsprechung des BSG von den Maßstäben des BVerfG zur Ermittlung der gesamten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines freiwillig Versicherten
abweiche (vgl demgegenüber die aktuelle Rechtsprechung des BVerfG zur Berücksichtigungsfähigkeit einer Einmalzahlung im Rahmen
eines Pflichtversicherungsverhältnisses nach §
229 SGB V, vgl BVerfG [1. Senat 1. Kammer] vom 27.6.2018 - 1 BvR 100/15 ua). Soweit der Kläger im Übrigen Rechtsprechung des BSG zur Berücksichtigung von Zahlungen aus Direktversicherungen für die Beiträge Pflichtversicherter nach §
229 SGB V in Bezug nimmt (unter Verweis auf BSG Urteil vom 12.12.2007 - B 12 KR 6/06 R - und Urteil vom 25.4.2007 - B 12 KR 25/05 R -), zeigt er nicht auf, weshalb sich aus ihr Maßstäbe auch für die Verbeitragung von Einnahmen freiwillig Versicherter herleiten
lassen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.