Zulassung von Chirurgen mit dem Schwerpunkt Gefäßchirurgie zur vertragsärztlichen Versorgung wegen eines besonderen Versorgungsbedarfs
Gründe:
I
:! Streitig ist die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung.
Der Kläger zu 1., der frühere Kläger zu 2. sowie die Beigeladenen zu 9. und 10. (Fachärzte für Allgemeine Chirurgie bzw für
Gefäßchirurgie bzw für Innere Medizin mit der Zusatzbezeichnung bzw Zusatz-Weiterbildung Phlebologie) beantragten im September
2006 bzw im Februar 2007 jeweils, aufgrund Sonderbedarfs für Vertragsarztsitze in M. zugelassen zu werden. Der Kläger zu 2.
war mit seinem auf den Bereich der Gefäßchirurgie gerichteten Antrag erfolgreich, ebenso der Beigeladene zu 9. mit seinem
auf das Gebiet der Angiologie gerichteten Antrag. Die Beigeladene zu 10. ist ebenfalls teilweise erfolgreich gewesen; sie
hat beim LSG die Verpflichtung des Beklagten erreicht, dass dieser über ihren Antrag auf Erteilung der Zulassung neu entscheiden
muss; die hiergegen zunächst von der zu 7. beigeladenen Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV) eingelegte Revision -B6 KA 37/09
R - hat diese in der Revisionsverhandlung am 8.12.2010 zurückgenommen.
Anhängig geblieben ist nur noch das Verfahren betreffend den Kläger zu 1., über das der Senat daher allein noch hat entscheiden
müssen.
Der Zulassungsausschuss und der Beklagte hatten den Antrag des Klägers zu 1. mit der Begründung abgelehnt, dass kein von ihm
zu deckender Versorgungsbedarf bestehe. Es habe Bedarf nur für die Zulassung eines gefäßchirurgisch und eines phlebologisch
tätigen Arztes gegeben. Nach den Auswahlkriterien berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der bisherigen ärztlichen
Tätigkeit sei der Kläger zu 1. nachrangig gewesen.
Vor dem SG, das der Kläger zu 1. - und zunächst auch der Kläger zu 2. sowie in einem gesonderten Verfahren außerdem die Beigeladene
zu 10. - angerufen hatte, sind die Beteiligten übereingekommen, die dem Kläger zu 2. und dem Beigeladenen zu 9. erteilten
Sonderbedarfszulassungen nicht länger in Frage zu stellen (vgl Sitzungsniederschrift des SG vom 28.2.2008, S 3/4, woraufhin der Kläger zu 2., der sich zunächst noch gegen die Sonderbedarfszulassung für den Beigeladenen
zu 9. gewandt hatte, sein Rechtsbegehren nicht weiter verfolgt hat). Der Kläger zu 1. - und ebenso die Beigeladene zu 10.
- hat sein Begehren nach eigener Zulassung wegen Sonderbedarfs weiter verfolgt, ist aber beim SG erfolglos gewesen (Urteil vom 28.2.2008). Der Beklagte habe mit seiner Annahme, dass ein ungedeckter Bedarf lediglich für
eine Sonderbedarfszulassung für gefäßchirurgische Tätigkeit bestehe, den ihm zustehenden Beurteilungsspielraum nicht überschritten.
Die Bewertung der Bedarfslage durch den Beklagten sei nicht zu beanstanden. Das vom Kläger zu 1. angerufene LSG hat dagegen
den Beklagten zur Neubescheidung verurteilt (Urteil vom 10.12.2008, MedR 2009, 361; ebenso Urteil vom selben Tag betreffend die Beigeladene zu 10.: MedR 2009, 367). Es hat ausgeführt, die Verneinung eines weiteren, noch ungedeckten Versorgungsbedarfs durch den Beklagten beruhe auf unzureichenden
Ermittlungen und auf unzutreffenden Rechtsauffassungen. Nicht tragfähig sei vor allem die Ansicht, der Anspruch auf eine Sonderbedarfszulassung
setze die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis voraus. Auch die Meinung des Beklagten, dass Raum nur für e i n e Sonderbedarfszulassung
sei, sei nicht haltbar. In Betracht zu ziehen sei ferner, Sonderbedarfszulassungen nicht nur als Vollzulassungen, sondern
auch als Teilzulassungen zu erteilen. Unzureichend sei auch die Bedarfsberechnung des Beklagten. Für einen noch ungedeckten
weiteren Versorgungsbedarf spreche, dass die Kläger zu 1. und 2. bisher als Krankenhausärzte ermächtigt gewesen seien, sowie,
dass einem phlebologisch tätigen E. Arzt die Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis in M. erteilt worden sei. Die Bedarfsberechnung
sei auch deshalb fehlerhaft, weil der Beklagte den Versorgungsumfang, der sich aus Behandlungen von Patienten mit Wohnsitz
außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte ergebe, herausgerechnet habe. Bei solcher Vorgehensweise müsste der
Beklagte konsequenterweise die aus M. auspendelnden Versicherten hinzurechnen, was er jedoch nicht getan habe. Schließlich
hätte der Beklagte auch die Sondertatbestände für Gemeinschaftspraxen und für ambulantes Operieren - § 24 Buchst c und d Bedarfsplanungs-Richtlinie
(BedarfsplRL) - prüfen müssen.
Mit ihrer Revision gegen dieses Urteil macht die Beigeladene zu 7. geltend, das LSG hätte die ablehnende Entscheidung des
Beklagten nicht aufheben dürfen. Der Beklagte habe zu Recht die Voraussetzungen für eine Sonderbedarfszulassung des Klägers
zu 1. gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL verneint und dabei den Sachverhalt vollständig ermittelt. Durch die an den E. Chirurgen
erteilte Zweigpraxisgenehmigung und durch die Sonderbedarfszulassung des Klägers zu 2. sei der Versorgungsbedarf gedeckt.
Der Kläger zu 2. habe zuvor als ermächtigter Arzt eines Krankenhauses je Quartal schon eine Fallzahl von ungefähr 550 gehabt
und diese in der Zeit vom 28.5.2008 bis Mitte 2009 auf ca 1100 je Quartal gesteigert; er habe damit annähernd den Durchschnitt
der Fachgruppe erreicht. Er habe damit offenbar diejenigen Versicherten mitversorgt, die bisher der Kläger zu 1. im Rahmen
seiner Ermächtigung behandelt habe. Ein weitergehender Bedarf sei nicht ersichtlich. Bei alledem seien sowohl die Versorgung
von Patienten mit Wohnsitz außerhalb von M. durch die ermächtigten Krankenhausärzte als auch die auspendelnden Patienten außer
Betracht gelassen. Ein Bedarf im Umfang einer wirtschaftlich tragfähigen Vertragsarztpraxis - an diesem Kriterium sei festzuhalten
- bestehe nicht. Durch die dem E. Chirurgen erteilte Genehmigung zum Betrieb einer Zweigpraxis werde ein Teil des Bedarfs
abgedeckt. Einer weiteren Sonderbedarfszulassung stehe auch entgegen, dass dies einen Anspruch auf ein zusätzliches Budget
bzw Regelleistungsvolumen begründen würde, was die finanzielle Stabilität und Funktionsfähigkeit der Gesetzlichen Krankenversicherung
gefährden könnte. Schließlich hätten entgegen der Auffassung des LSG § 24 Buchst c und d BedarfsplRL nicht geprüft werden
müssen, denn der Kläger zu 1. habe sich für sein Klagebegehren nur auf Buchst b aaO berufen.
Der Beklagte schließt sich diesen Ausführungen an.
Der Beklagte und die zu 7. beigeladene KÄV beantragen,
das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10.12.2008 zu ändern und die Berufung des Klägers zu 1. gegen
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 28.2.2008 zurückzuweisen.
Der Kläger zu 1. und die Beigeladene zu 10. beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigen das Urteil des LSG. Es habe den Bescheid des Beklagten zu Recht aufgehoben und ihn zur Neubescheidung verpflichtet.
Dieser habe den Sachverhalt nicht vollständig ermittelt; er habe zu Unrecht den gesamten gefäßchirurgischen Versorgungsbedarf
als gedeckt angesehen. Im Übrigen hätte er in Betracht ziehen müssen, statt einer Vollzulassung zwei Sonderbedarfszulassungen
für je einen hälftigen Versorgungsauftrag zu erteilen. Zweifelhaft sei schon, ob es ausreichen könne, dass der Beklagte für
alles Nähere - statt eigene Bewertungen vorzunehmen - auf die Ausführungen des Zulassungsausschusses Bezug nehme. Aber auch
wenn man eine solche Bezugnahme ausreichen lasse, fehle es jedenfalls an den vom BSG geforderten Ermittlungen (Befragung der
Ärzte und Beiziehung der Anzahlstatistiken). Zur Berechnung des nicht gedeckten Versorgungsbedarfs hätte der Beklagte bei
den Krankenkassen Angaben über den Umfang der gefäßchirurgischen Leistungen aufgrund des hier relevanten §
115a SGB V anfordern müssen. Erforderlich wäre die Ermittlung der tatsächlichen Leistungsbereitschaft der bereits niedergelassenen Ärzte.
Nicht ausreichend fundiert seien ferner die von der Beigeladenen zu 7. in ihrer Revisionsbegründung angeführten Zahlen über
den Leistungsumfang der verschiedenen Ärzte (Frequenztabellen). Unklar bleibe schon, welche Arztgruppe sie bei ihrer Annahme
einer durchschnittlichen Fallzahl von ca 1100 herangezogen habe; möglicherweise habe sie die Gesamtgruppe der Chirurgen zugrunde
gelegt, der unter anderem auch die Unfallchirurgen zugeordnet seien, während sie allein auf die gefäßchirurgisch tätigen Ärzte
hätte abstellen müssen. Ein an den Kläger zu 2. gerichteter Bescheid vom 8.12.2009 weise für die gefäßchirurgisch tätigen
Ärzte im Quartal IV/2009 eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 aus. Lege man diese Zahl
zugrunde und berücksichtige zudem, dass die Beigeladene zu 7. mit dem Bescheid vom 8.12.2009 dem Kläger zu 2. für sein Regelleistungsvolumen
(RLV) die Fallzahl von 994 auf 1317 erhöht habe und dass dieser aber anstrebe, seine Leistungsmenge auf den Durchschnitt der
Fachgruppe zurückzuführen, so ergebe sich, dass durchaus noch Raum für eine zweite Sonderbedarfszulassung sei. Die Beigeladene
zu 7. hätte ferner zu den 1000 Behandlungsfällen, die die Kläger zu 1. und 2. im Rahmen ihrer Ermächtigung gehabt hätten,
noch die Fälle hinzurechnen müssen, die das Krankenhaus gemäß §
115a SGB V abrechne. Schließlich hätte sie die Zahl der im Rahmen der Ermächtigungen behandelten Fälle deshalb weiter hochrechnen müssen,
weil ein ermächtigter Krankenhausarzt wegen des großen Umfangs seines Krankenhausdienstes nur in geringerem Umfang ambulant
tätig sein könne als ein aufgrund einer Sonderbedarfszulassung behandelnder niedergelassener Arzt. Ferner hätte der Versorgungsbedarf
für die von außerhalb der Stadt einpendelnden Patienten hinzugerechnet werden müssen. Denn es sei, wie vom LSG ausgeführt,
auf den Ort der Inanspruchnahme abzustellen, also auf den Ort der Berufstätigkeit. Im Übrigen müssten im Falle der Herausrechnung
der einpendelnden Patienten konsequenterweise die auspendelnden hinzugerechnet werden; richtig sei es aber, weder die einpendelnden
heraus- noch die auspendelnden hinzuzurechnen. Das Begehren des Klägers zu 1. nach einer Sonderbedarfszulassung scheitere
ferner nicht am Erfordernis wirtschaftlicher Tragfähigkeit einer Vertragsarztpraxis. Hätte der Beklagte hierzu Ermittlungen
angestellt, so hätte sich gezeigt, dass die Jahresumsätze ca 100 000 Euro betrügen, was ausreiche, zumal noch Einnahmen aus
ambulanten Operationen im Krankenhaus gemäß §
115a SGB V hinzukämen. Einer Sonderbedarfszulassung könnten schließlich auch nicht die Kapazitäten der in M. betriebenen Zweigpraxis
entgegengehalten werden, weil diese ebenso wie in Krankenhäusern erbrachte Leistungen außer Betracht zu bleiben hätten. Die
Teilnahmeform Zweigpraxis stehe gewissermaßen "an letzter Stelle", sodass eine Sonderbedarfszulassung vorrangig sei.
Die Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. stellen keine Anträge.
II
Die Revision der Beigeladenen zu 7. hat keinen Erfolg. Der Beklagte ist verpflichtet, über den Widerspruch des Klägers zu
1., mit dem dieser den Erhalt einer Sonderbedarfszulassung begehrt, unter Beachtung der Rechtsauffassung des erkennenden Senats
neu zu entscheiden. Zur Beurteilung, ob der Kläger zu 1. Anspruch auf eine Zulassung wegen Sonderbedarfs im gefäßchirurgischen
Tätigkeitsbereich in der Stadt M. hat, bedarf es ergänzender Feststellungen und einer erneuten Beurteilung durch den Beklagten.
1. In dem Planungsbereich, für den der Kläger seine Zulassung begehrt, bestehen für die Arztgruppe der Fachärzte für Chirurgie,
der sowohl die Fachärzte für Allgemeine Chirurgie als auch die Fachärzte für Gefäßchirurgie zugeordnet sind, Zulassungsbeschränkungen
wegen Überversorgung. Diese sind vom Landesausschuss der Ärzte und Krankenkassen gemäß §
103 Abs
1 und
2 SGB V angeordnet worden (siehe Beschlüsse des Landesausschusses seit dem Stichtag 31.12.2006, Rheinisches Ärzteblatt 9/2007 S 75;
1/2008, S 52; 1/2009, S 57; 8/2009, S 61; 7/2010 S 55 f). Die dem zugrunde liegenden Berechnungen der Überversorgung und das
dafür in §§ 9 ff BedarfsplRL festgelegte Verfahren sind rechtlich nicht zu beanstanden, wie das BSG mehrfach entschieden hat
(vgl zB - betr Psychotherapeuten - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 1 RdNr 10 ff [s dazu die erfolglose Verfassungsbeschwerde: BVerfG
[Kammer], Beschluss vom 4.5.2004 - 1 BvR 749/04 -] und BSG, Urteil vom 23.6.2010 - B 6 KA 22/09 R - RdNr 11, zur Veröffentlichung in SozR 4-2500 § 101 Nr 8 vorgesehen, so im Folgenden zitiert).
In solchen Planungsbereichen, in denen die Zulassung von Ärzten wegen Überversorgung beschränkt ist, sind Zulassungen für
die davon betroffenen Arztgruppen nur ausnahmsweise möglich, nämlich nach Maßgabe der Vorgaben des § 101 Abs 1 Satz 1 Nr 3,
Nr 4, Nr
5 und des §
103 Abs
4, Abs
4a Satz 5 und Abs
7 SGB V. Durch diese Ausnahmeregelungen wird gewährleistet, dass angeordnete Zulassungssperren nicht unverhältnismäßig die Berufsausübung
beschränken oder die Verwertung der Arztpraxen hindern und dass die Versorgung der Versicherten gewährleistet bleibt. Dies
im Einzelnen zu konkretisieren, hat der Gesetzgeber gemäß §
101 Abs
1 Satz 1
SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) übertragen, der dementsprechend in der BedarfsplRL die Voraussetzungen für solche ausnahmsweisen
Besetzungen zusätzlicher Vertragsarztsitze festgelegt hat (§
101 Abs
1 Satz 1 Nr
3 SGB V iVm §
24 Buchst a bis e, §
25, §
26 BedarfsplRL). Gegen die Übertragung der Befugnis zur Normkonkretisierung auf den GBA bestehen keine durchgreifenden rechtlichen
Bedenken, zumal der Gesetzgeber Inhalt, Zweck und Ausmaß der Regelung präzise vorgegeben und damit die wesentlichen Fragen
selbst entschieden hat (vgl zu alledem zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 14 mwN; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 11). Auf der Grundlage der Regelungen von Gesetzgeber und GBA sind dem Zulassungsinteressenten
verschiedene Möglichkeiten eröffnet, trotz Beschränkungen eine Zulassung zu erlangen, insbesondere im Wege der Praxisnachfolge
(§
103 Abs
4 SGB V), der Sonderzulassung zur Ausübung belegärztlicher Tätigkeit (§
103 Abs
7 SGB V), der Zulassung aufgrund besonderen Versorgungsbedarfs (§
101 Abs
1 Satz 1 Nr
3 SGB V iVm §§
24 bis
26 BedarfsplRL) oder im Wege eines sog Job-Sharings (§
101 Abs
1 Satz 1 Nr
4 und
5 SGB V iVm §§ 23a bis 23h BedarfsplRL; - zu diesen Möglichkeiten vgl zB BSGE 94, 181 = SozR 4-2500 § 103 Nr 2, RdNr 18; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 10; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 12).
Von diesen Tatbeständen kommt im vorliegenden Fall eine (Sonderbedarfs-)Zulassung gemäß § 24 Buchst b BedarfsplRL in Betracht.
Zulassungen nach Buchst a und/oder Buchst e stehen offensichtlich nicht in Frage. Dafür, dass ein Fall der Sonderbedarfszulassung
nach Buchst c (Gemeinschaftspraxis mit spezialisierten Versorgungsaufgaben) oder Buchst d (ambulantes Operieren) in Betracht
kommen könnte, gibt es zwar möglicherweise Anhaltspunkte, zumal das LSG diese Tatbestände ausdrücklich benannt hat (siehe
LSG aaO MedR 2009, 361, 367 unter h und i). Für eine diesbezügliche nähere Prüfung ist aber im Revisionsverfahren kein Raum, weil dafür Tatsachenfeststellungen
erforderlich wären. Im Übrigen hat der Kläger zu 1. den Hinweis des LSG auch bisher nicht aufgegriffen. Falls allerdings der
Kläger in dem aufgrund der Neubescheidungsverpflichtung neu durchzuführenden Widerspruchsverfahren - oder in einem eventuellen
erneuten Klageverfahren - das Vorliegen jener Tatbestände geltend macht, obliegt es dem Beklagten, sich mit diesen Tatbeständen
zu befassen (zu Antragsänderungen in Zulassungsverfahren und zu deren Zulässigkeit auch noch im Berufungs- und Revisionsverfahren
vgl BSG SozR 3-5520 § 20 Nr 4 S 38).
2. Ein Sonderbedarf gemäß §
101 Abs
1 Satz 1 Nr
3 SGB V iVm §
24 Buchst b BedarfsplRL erfordert die Feststellung eines besonderen Versorgungsbedarfs, der in einem Bereich bestehen muss,
wie er in der Weiterbildungsordnung durch den Inhalt eines Schwerpunkts, einer fakultativen Weiterbildung oder einer besonderen
Fachkunde beschrieben ist (vgl hierzu zuletzt - zur Psychotherapie - BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 38 mwN). Dieser Bedarf
kann zB durch eine phlebologische oder gefäßchirurgische Qualifikation erfüllt werden, wie sie nach den Feststellungen des
LSG beim Kläger zu 1. besteht.
Die Frage, ob in dem betroffenen Spezialbereich ein Versorgungsbedarf gegeben war oder ist bzw genauer: ob in diesem Bereich
auch noch nach der Erteilung der Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 2. ein ungedeckter Versorgungsbedarf verblieben ist,
kann von den Gerichten auf der Grundlage der bisher vom Beklagten durchgeführten Ermittlungen und Feststellungen nicht beurteilt
werden. Die Gerichte haben nicht die Kompetenz, ggf fehlende Ermittlungen und Feststellungen nachzuholen. Dies obliegt vielmehr
dem Beklagten, weil er einen Beurteilungsspielraum bei der anstehenden inhaltlichen Beurteilung des Vorliegens oder Nichtvorliegens
eines ungedeckten Versorgungsbedarfs hat; deshalb hat das LSG zu Recht ihn zu erneuter Entscheidung über den Widerspruch des
Klägers zu 1. verpflichtet.
a) Den Zulassungsgremien steht bei der Beurteilung, ob bzw inwieweit die bereits zugelassenen Ärzte eine ausreichende Versorgung
gewährleisten oder ob in diesem Versorgungsbereich der Versorgungsbedarf nicht gedeckt ist, ein Beurteilungsspielraum zu,
in den einzugreifen den Gerichten nur in engem Maße gestattet ist (stRspr, vgl zB BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 mit näheren Ausführungen; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 16, hier auch RdNr 18
zur Übereinstimmung mit Rspr und Lehre im Verwaltungsrecht). Einen Beurteilungsspielraum haben die Zulassungsgremien zum einen
bei der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15 und 16). Sie haben einen Beurteilungsspielraum zum anderen - und vor allem - bei der schlussfolgernden
Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder
ob noch ein Versorgungsbedarf besteht (BSG aaO RdNr 15 mwN). Liegen Leistungsangebote von Ärzten vor, so ist bei der Prüfung
der Deckung des Versorgungsangebots deren geographische Erreichbarkeit mitzuberücksichtigen; den Versicherten sind weitere
Wege umso eher zuzumuten, je spezieller die erforderliche Qualifikation ist (vgl hierzu BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, RdNr 35; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 15).
b) Soweit die Zulassungsgremien dem Umfang der Leistungserbringung durch die bereits zugelassenen Ärzte oder ihrer Kapazität
entscheidende Bedeutung beimessen, muss ihr Beurteilungsergebnis auf ausreichend fundierte Ermittlungen gegründet sein (BSGE
104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16). Ihnen obliegt es, diejenigen Ärzte bzw Praxen, die solche Leistungen bereits erbringen
bzw erbringen können, zu befragen und deren Angaben, da diese interessenorientiert sein könnten, anhand ihnen zugänglicher
weiterer Unterlagen - insbesondere der sog Anzahlstatistiken - zu verifizieren. Soweit ein Versorgungsbedarf auch Bereiche
umfasst, in denen die Leistungserbringung eine medizinisch-technische Ausstattung und/oder zusätzliche persönliche Qualifikationen
erfordert, ist zu ermitteln, ob der Bewerber darüber verfügt. Einen Beurteilungsspielraum haben sie allerdings nicht bei der
Frage, wie weit sie ihre Ermittlungen erstrecken; der Umfang ihrer Ermittlungen ist durch § 21 SGB X vorgegeben: Die Ermittlung des Sachverhalts muss das nach pflichtgemäßem Ermessen erforderliche Maß ausschöpfen, dh sich
so weit erstrecken, wie sich Ermittlungen als erforderlich aufdrängen (s § 21 Abs 1 Satz 1 SGB X, vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 16 mwN).
Zur Klärung, ob ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht, stehen den Zulassungsgremien verschiedene Methoden zur Verfügung.
Sie können die Zahl der im jeweiligen Spezialbereich tätigen Ärzte und die Anzahl ihrer Behandlungsfälle ermitteln, um daraus
Schlüsse zu ziehen: So könnte eine zu kleine Zahl an Ärzten oder eine zu große Zahl an Behandlungsfällen die Schlussfolgerung
rechtfertigen, dass ein ungedeckter Versorgungsbedarf besteht (vgl zu deren Befragung: BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 18, 19, 28; BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 17; vgl auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 18 f, 25). Die hierfür erforderlichen Befragungen
der Ärzte können auch auf die bei den Ärzten bestehenden Wartezeiten ausgerichtet sein (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 23
f). Bei allgemeinen Leistungen werden Versorgungsangebote, die mehr als 25 km entfernt sind, grundsätzlich nicht berücksichtigt
(vgl BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 24, 27). Schließlich kann sich ein Indiz für das Vorliegen eines Sonderbedarfs daraus
ergeben, dass der Einheitliche Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen einen Abschnitt mit Leistungen ausweist, die nur
von dafür speziell qualifizierten Ärzten abgerechnet werden dürfen, die sich bisher nicht unter den bereits zugelassenen Ärzten
finden (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 26 iVm 29; - anders bei der Neueinführung zB eines Schwerpunkts durch Neufassung der Weiterbildungsordnung:
BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 16).
c) Kommen die Zulassungsgremien zu dem Ergebnis, dass in dem Spezialbereich ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf gegeben
ist, so bedarf es noch der Bewertung, ob der Versorgungsbedarf auch dauerhaft erscheint sowie ob er sich auf die gesamte Breite
des jeweiligen Spezialbereichs (Schwerpunkts usw, hier: gefäßchirurgischer Tätigkeitsbereich) erstreckt und auch für eine
wirtschaftlich tragfähige Praxis ausreicht (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19 bis 22; s auch BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr 3, RdNr 25, 29; s ferner noch unten RdNr 37). Sofern keine Anhaltspunkte für Zweifel am Vorliegen
dieser Voraussetzungen bestehen, bedarf es insoweit keiner näheren Ermittlungen (BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 6 RdNr 26). Die
Dauerhaftigkeit eines Versorgungsbedarfs kann etwa dann zweifelhaft sein, wenn andere bereits zugelassene Versorger in absehbarer
Zeit den Versorgungsbedarf decken werden, weil sie zB in Kürze eine entsprechende zusätzliche Schwerpunktqualifikation erlangt
haben werden oder weil sie ihr bisher nur geringes Versorgungsangebot ersichtlich aufstocken (vgl zu Letzterem BSG SozR 4-2500
§ 101 Nr 8 RdNr 32). Die Bewertung der Frage wirtschaftlicher Tragfähigkeit obliegt vorrangig den Zulassungsgremien, die auch
insoweit einen Beurteilungsspielraum haben (vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 19-22 und 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Sollte eine dieser Anforderungen - dauerhafter
Versorgungsbedarf im Spezialbereich, Deckung seiner gesamten Breite, wirtschaftliche Tragfähigkeit - nicht erfüllt sein, könnte
zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung in Betracht kommen (gemäß §
116 SGB V iVm §
31a Abs
1 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte [Ärzte-ZV] an entsprechend qualifizierte Krankenhausärzte oder - bei Unterversorgung
- gemäß § 31 Abs 1 Ärzte-ZV auch an andere Ärztinnen bzw Ärzte; vgl BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 33; BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40 mwN), evtl auch die Genehmigung einer Zweigpraxis (gemäß
§
98 Abs
2 Nr
13 SGB V iVm §
24 Abs
3 Satz 1 ff Ärzte-ZV).
3. Bei Anwendung der vorgenannten Maßstäbe auf den Bescheid des Beklagten vom 4.7.2007 ergibt sich, dass dieser seine Beurteilung,
es bestehe keine ausreichende Grundlage für eine Zulassung des Klägers zu 1. wegen Sonderbedarfs, nicht auf ausreichend fundierte
Ermittlungen gegründet und teilweise unzutreffende Rechtsmaßstäbe zugrunde gelegt hat.
a) Zu Recht hat das LSG in Frage gestellt, ob in M. nur für eine - bereits an den Kläger zu 2. erteilte - Sonderbedarfszulassung
Raum sei. Es gibt Anzeichen dafür, dass ein weitergehender ungedeckter Versorgungsbedarf bestehen könnte, wenn nämlich der
Kläger zu 2. als gefäßchirurgisch tätiger Vertragsarzt in M. überlastet ist. Soweit bei dieser Überprüfung eine durchschnittliche
Fallzahl als Vergleichsmaßstab herangezogen wird, ist auf die Gruppe der gefäßchirurgisch tätigen Fachärzte abzustellen. Ob
der Beklagte so verfahren ist, hat der Kläger zu 1. mit Hinweis darauf in Zweifel gezogen, dass die Beigeladene zu 7. dem
Kläger zu 2. mit Bescheid vom 8.12.2009 eine Erhöhung seiner individuellen RLV-relevanten Fallzahl von 994 auf 1317 bewilligt
und dabei eine "durchschnittliche RLV-relevante Fallzahl der RLV-Fachgruppe" von 702 genannt habe. Ob dieser Einwand zutrifft
und tatsächlich eine deutliche Überlast bei dem Kläger zu 2. vorliegt, die sachgerechterweise Anlass zur Erteilung einer weiteren
Sonderbedarfszulassung geben müsste, wird der Beklagte zu überprüfen und ggf eine neue Beurteilung vorzunehmen haben.
Wie im Urteil des LSG ebenfalls zutreffend ausgeführt ist, ist zur Deckung eines etwaigen Versorgungsbedarfs die Erteilung
von Sonderbedarfszulassungen auch mit einer Beschränkung auf einen hälftigen Versorgungsauftrag in Betracht zu ziehen. Es
besteht kein Rechtssatz, dass Sonderbedarfszulassungen nur als Vollzulassungen erteilt werden könnten. Vielmehr kann, wie
in § 19a Abs 2 Satz 1 Ärzte-ZV vorgesehen ist und der Senat auch bereits ausgeführt hat, der Bewerber seinen Zulassungsantrag
auf einen hälftigen Versorgungsauftrag beschränken (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22; dies in Bezug nehmend auch BSG SozR 4-2500 § 101 Nr 8 RdNr 40). Im Falle des Begehrens
nach einem nur hälftigen Versorgungsauftrag braucht die wirtschaftliche Tragfähigkeit der Praxis (s oben RdNr 21) nur in entsprechend
geringerem Umfang gegeben zu sein (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 § 101 Nr 7, RdNr 22). Der Bewerber, der eine Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag begehrt,
muss dies - jedenfalls zukünftig, ab dem Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Urteils - gegenüber den Zulassungsgremien,
also spätestens vor dem Berufungsausschuss, deutlich zum Ausdruck bringen; denn diese benötigen diese Information für ihre
Beurteilung, in welchem Umfang ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf besteht und ob für dessen Deckung die Erteilung einer
Sonderbedarfszulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag in Betracht kommt (zu Fragen der Bewerberauswahl s unten RdNr
38 bis 40). Dies ist tunlichst schon mit dem Zulassungsantrag an den Zulassungsausschuss geltend zu machen; der Zulassungsausschuss
hat auf die Möglichkeit solcher Beschränkung hinzuweisen. Der Antrag kann auch in Form eines gestaffelten Antrags auf Zulassung
- zB vorzugsweise mit vollem, aber hilfsweise mit hälftigem Versorgungsauftrag - gestellt werden.
b) Im Rahmen der Prüfung, ob bzw in welchem Umfang der Versorgungsbedarf bereits gedeckt ist, ist die durch Zweigpraxen erfolgende
Versorgung zu berücksichtigen. Es liegt insofern anders als bei der Leistungserbringung in Krankenhäusern, die in bestimmten
Fällen gemäß § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL außer Betracht bleibt.
aa) Zu der Bestimmung des § 24 Buchst b Satz 5 BedarfsplRL, wonach eine "Leistungserbringung in Krankenhäusern ... außer Betracht"
bleibt, hat der Senat bereits früher Stellung genommen. Nach dieser Vorschrift sind nicht nur die stationären Leistungen der
Krankenhäuser unberücksichtigt zu lassen. Vielmehr müssen auch die dort erbrachten ambulanten Leistungen außer Betracht bleiben,
dies allerdings nur insoweit, als diese Leistungserbringung gegenüber derjenigen der niedergelassenen Vertragsärzte nachrangig
ist (BSGE 104, 116 = SozR 4-2500 §
101 Nr 7, RdNr 18). So müssen Versorgungsangebote von Krankenhausärzten, die gemäß §§
116 SGB V, 31a Ärzte-ZV ermächtigt wurden, unberücksichtigt bleiben, weil die Versorgung aufgrund solcher Ermächtigungen nachrangig
gegenüber der durch niedergelassene Vertragsärzte ist. Aus dem gleichen Grund der Nachrangigkeit sind auch Versorgungsangebote
aufgrund von Ermächtigungen zB gemäß §
31 Abs
1 Buchst a Ärzte-ZV, §
116a, §
119a SGB V unberücksichtigt zu lassen (BSG aaO RdNr 18,
32 mwN).
Dagegen sind Leistungen aufgrund von Ermächtigungen, die nicht nachrangig sind, sondern bedarfsunabhängig erteilt werden,
als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen: Dies gilt zB für Leistungen auf der Grundlage von §
117 SGB V, wonach Hochschulambulanzen nach Maßgabe der Erfordernisse von Forschung und Lehre - unabhängig von einem durch die Vertragsärzte
gedeckten oder nicht gedeckten Versorgungsbedarf - zur Erbringung ambulanter vertragsärztlicher Leistungen ermächtigt werden.
Die hierdurch erfolgende Bedarfsdeckung ist zu berücksichtigen und kann bei der Prüfung und Feststellung, ob ein nicht gedeckter
Versorgungsbedarf besteht, zur Ablehnung einer Sonderbedarfszulassung führen (BSG aaO RdNr 18 am Ende; BSG SozR 4-2500 § 101
Nr 8 RdNr 33).
Diesem Falltypus ist auch die Erbringung ambulanter Leistungen auf der Grundlage von §§ 115a, 115b
SGB V zuzuordnen. Hierbei handelt es sich um Leistungen im Krankenhaus, die gegenüber denen der Vertragsärzte nicht nachrangig
sind. Die gemäß §
115a SGB V erbrachten Leistungen sind daher zu Lasten des Bewerbers um eine Sonderbedarfszulassung als erfolgte Bedarfsdeckung zu berücksichtigen.
bb) In gleicher Weise sind die in Zweigpraxen erbrachten Leistungen als Bedarfsdeckung zu berücksichtigen, sie können also
die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung hindern. Ist eine Zweigpraxis genehmigt worden und wird sie auch tatsächlich betrieben,
so handelt es sich um eine Bedarfsdeckung, die real vorhanden und nicht nachrangig ist (zu Letzterem siehe BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 18 bis 40).
Den Ausführungen des LSG, dass die Zweigpraxisgenehmigung zwar nicht im Sinne einer Drittanfechtungsberechtigung nachrangig
sei, aber gegenüber der Vollzulassung als Vertragsarzt, die an der "Spitze der Teilnahmehierarchie" stehe, doch subsidiär
sei - jedenfalls dann, wenn sie in einem anderen Planungsbereich als dem des Vertragsarztsitzes betrieben werden solle - (LSG
Nordrhein-Westfalen MedR 2009, 361, 366 unter 3. d bb), vermag der erkennende Senat nicht zu folgen. Das LSG verkennt insoweit das Verhältnis von Zweigpraxisgenehmigung
und Sonderbedarfszulassung. Während die Sonderbedarfszulassung gegenüber sog regulären Zulassungen nachrangig ist (vgl BSGE
103, 269 = SozR 4-1500 § 54 Nr 16, RdNr 21), ist die Zweigpraxisgenehmigung Ausfluss einer regulären Zulassung; sie nimmt am Status
der regulären Zulassung teil (vgl BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 29). Dies gilt auch dann, wenn eine Zweigpraxis von einem Arzt aus einem anderen KÄV-Bezirk
betrieben wird und deshalb der Zulassungsausschuss gemäß § 24 Abs 3 Satz 3 Ärzte-ZV eine Ermächtigung erteilt hat.
Mithin kann die Zweigpraxis, anders als das LSG meint, nicht als nachrangig gegenüber Sonderbedarfszulassungen angesehen werden.
Vielmehr kommt ihr im Kollisionsfall sogar ein gewisser Vorrang zu: Wenn zwei Bewerber, der eine mit dem Antrag auf eine Zweigpraxisgenehmigung
oder -ermächtigung und der andere mit dem Antrag auf eine Sonderbedarfszulassung, um die Deckung desselben Versorgungsbedarfs
konkurrieren (Situation einer sog offensiven Bewerberkonkurrenz), ist dem Zweigpraxisbewerber - vorausgesetzt, die Zweigpraxis
entspricht auch den Anforderungen des § 24 Abs 3 Ärzte-ZV - der Vorzug zu geben, soweit damit der Bedarf gedeckt werden kann.
Dies gilt auch dann, wenn die Genehmigung der Zweigpraxis noch nicht bestandskräftig ist. Entgegen der Ansicht des LSG (MedR
aaO unter 3.d aa und bb) kann die Existenz der Zweigpraxisgenehmigung nicht deshalb ignoriert werden, weil sie noch keine
Bestandskraft erlangt hat. Denn die Erteilung der Zweigpraxisgenehmigung als solche bewirkt bereits durch ihre Bekanntgabe
an den Begünstigten, dass sie wirksam (§ 37 Abs 1 iVm § 39 Abs 1 Satz 1 SGB X) und deshalb zu beachten ist (vgl dazu BSG SozR 4-2500 § 96 Nr 1 RdNr 23 zu einer noch nicht bestandskräftigen Ermächtigung).
Etwas anderes käme allenfalls dann in Betracht - ohne dass dies hier näher zu erörtern ist -, wenn eine substantiierte Drittanfechtung
durch einen anderen Vertragsarzt vorläge: Dies würde allerdings erfordern, dass die Genehmigungserteilung auf gravierenden
Rechtsverstößen beruht und den anderen Vertragsarzt schwer beeinträchtigt (BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 § 24 Nr 3, RdNr 43). Sollte der Fall so gelagert sein - was von den Zulassungsgremien zu prüfen ist -, so wäre
das Verfahren auf Erteilung der Sonderbedarfszulassung auszusetzen und abzuwarten, ob die Zweigpraxisgenehmigung bestandskräftig
wird.
c) Zutreffend ist die Auffassung des LSG, dass bei der Berechnung des Versorgungsbedarfs auch die Versorgung solcher Patienten
einzurechnen ist, die die ermächtigten Krankenhausärzte von außerhalb der Stadt aufsuchen (sog einpendelnde Patienten). Die
gegenteilige Ansicht des Beklagten und der Beigeladenen zu 7. widerspricht dem Normenkonzept der BedarfsplRL.
In den BedarfsplRL wird sowohl für das Bestehen einer Unterversorgung (§ 31 Abs 1 Nr 2 BedarfsplRL) als auch für das Vorliegen
eines zusätzlichen lokalen Versorgungsbedarfs (§ 34a Abs 6 Nr 2 BedarfsplRL, eingefügt durch Beschluss des GBA vom 13.3.2008,
BAnz Nr 80 vom 3.6.2008 = DÄ 2008, A 1518) auf den "Ort der tatsächlichen Inanspruchnahme der ärztlichen Leistungen" abgestellt.
Diese Regelungen zur Berechnung des Versorgungsbedarfs berücksichtigen die faktische, von den Versicherten vorgenommene Wahl
des Arztes; die Versicherten haben das Recht der freien Arztwahl, was bedeutet, an jedem ihnen genehmen Ort einen Vertragsarzt
aufsuchen zu dürfen (vgl zur freien Arztwahl: §
76 Abs
1 Satz 1
SGB V; vgl dazu BSGE 105, 10 = SozR 4-5520 §
24 Nr 3, RdNr 26 und 50 mwN).
Dementsprechend ist auch sonst für die Ermittlung und Quantifizierung des Versorgungsbedarfs auf die tatsächliche Inanspruchnahme
abzustellen. Daraus folgt, dass kein Raum für ein Herausrechnen "einpendelnder" Patienten ist. Ebenso wenig ist Raum für eine
Hinzurechnung solcher Patienten, die "zu Unrecht auspendeln", dh ihren Wohnsitz im Planungsbereich haben, aber ärztliche Leistungen
in einem anderen Planungsbereich in Anspruch nehmen.
d) Ergeben die Ermittlungen und Bewertungen der Zulassungsgremien einen noch nicht gedeckten Versorgungsbedarf, so haben sie
ferner zu beurteilen, ob das Versorgungsdefizit in dem Spezialbereich als Basis für eine wirtschaftlich tragfähige Vertragsarztpraxis
ausreicht. An diesem Erfordernis ist, wie ausgeführt, entgegen der Auffassung des LSG festzuhalten (vgl oben RdNr 21). Reicht
der von den Zulassungsgremien festgestellte Versorgungsbedarf im Umfang nicht einmal für einen hälftigen Versorgungsauftrag
aus, so ist kein Raum für die Erteilung einer Sonderbedarfszulassung; dann kann zur Bedarfsdeckung die Erteilung einer Ermächtigung
oder die Genehmigung einer Zweigpraxis in Betracht kommen (vgl oben RdNr 21 am Ende).
e) Liegt nach den dargestellten Maßstäben ein nicht gedeckter Versorgungsbedarf vor, der sich für eine Sonderbedarfszulassung
eignet, bewerben sich aber mehrere Ärzte, so haben die Zulassungsgremien eine Auswahlentscheidung zu treffen. Die Erforderlichkeit
einer Auswahl stellt sich nicht nur im Fall mehrerer zeitgleicher Anträge auf Sonderbedarfszulassung, sondern auch dann, falls
in der Zeit, bevor der Zulassungsausschuss einen Beschluss über die ersteingegangene Bewerbung gefasst hat, weitere Anträge
eingehen.
Die Auswahlentscheidung ist in erster Linie daran auszurichten, welcher Bewerber von seiner Qualifikation, seinem Leistungsspektrum
und vom geplanten Praxisstandort her den Versorgungsbedarf am besten deckt, was zu beurteilen den Zulassungsgremien obliegt.
Bei insoweit gleicher Eignung sind die Kriterien anzuwenden, die der Gesetzgeber für die Praxisnachfolge und für die Öffnung
eines bisher wegen Überversorgung für Neuzulassungen gesperrten Planungsbereichs normiert hat (so zutreffend LSG Nordrhein-Westfalen
MedR 2009, 367, 368): berufliche Eignung, Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit (vgl §
103 Abs
4 Satz 5
SGB V) sowie Dauer der Eintragung in die Warteliste (§
103 Abs
5 Satz 3
SGB V). Dazu ist ergänzend darauf hinzuweisen, dass die Kriterien Approbationsalter und Dauer der ärztlichen Tätigkeit darauf abzielen,
einen gewissen Erfahrungsstand und den dadurch erworbenen Standard zu berücksichtigen; dieser dürfte in den meisten ärztlichen
Bereichen nach ca fünf Jahren in vollem Ausmaß erreicht sein, sodass das darüber hinausgehende höhere Alter eines Bewerbers
und eine noch längere ärztliche Tätigkeit keinen zusätzlichen Vorzug mehr begründen.
Grundsätzlich stellt es kein Ausschlusskriterium dar, wenn ein Bewerber eine Zulassung mit nur hälftigem Versorgungsauftrag
begehrt, wie bereits ausgeführt worden ist (vgl oben RdNr 24). Dieser Umstand kann aber bei der Bewerberauswahl bedeutsam
sein. Die Zulassungsgremien haben die Auswahl nicht nur daran auszurichten, welcher Bewerber den Versorgungsbedarf - von seiner
Qualifikation, seinem Leistungsspektrum und dem geplanten Praxisstandort her - besser deckt und welcher von ihnen nach den
Kriterien des §
103 Abs
4 Satz 5, Abs
5 Satz 3
SGB V geeigneter ist. Vielmehr dürfen sie auch berücksichtigen, welcher Bewerber den bestehenden Versorgungsbedarf von seinem Einsatzvolumen
her vollständiger decken kann. So dürfen die Zulassungsgremien, wenn ein Bewerber eine Vollzulassung und ein anderer nur eine
Zulassung für einen hälftigen Versorgungsauftrag begehrt, aber Versorgungsbedarf im Umfang eines vollen Versorgungsauftrags
besteht, dem zu voller Tätigkeit bereiten Arzt den Vorzug geben. Gibt es allerdings zwei Bewerber um einen nur hälftigen Versorgungsauftrag,
so sind diese vom angebotenen Versorgungsumfang her gleichrangig mit einem Bewerber, der einen vollen Versorgungsauftrag auszufüllen
bereit ist. Kann der Versorgungsbedarf durch einen hälftigen Versorgungsauftrag gedeckt werden, so darf nicht zum Nachteil
des Bewerbers gewertet werden, dass er sein Zulassungsbegehren nur hilfsweise dementsprechend reduziert hat.
4. Nach alledem hat der Beklagte, dem in mehrfacher Hinsicht Beurteilungsspielräume eingeräumt sind, über die Erteilung der
Sonderbedarfszulassung an den Kläger zu 1. neu zu entscheiden, wofür - wie ausgeführt - weitere Ermittlungen erforderlich
sind. Deshalb hat das LSG im Ergebnis zu Recht das Urteil des SG und den Bescheid des Beklagten aufgehoben sowie diesen zur Neubescheidung verpflichtet.
5. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 Satz 1 Halbsatz 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung von §
154 Abs
1 und
3 iVm §§
159,
162 Abs
3 VwGO. Der Beklagte ist zusammen mit der Beigeladenen zu 7. zur Kostentragung verpflichtet (§
154 Abs
1 und
3 iVm §
159 Satz 1
VwGO); sie sind beide unterlegen. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten der Beigeladenen zu 1. bis 6. sowie 8. und 9. ist
nicht veranlasst, weil sie im Revisionsverfahren keine Anträge gestellt haben (§
162 Abs
3 VwGO, vgl dazu BSGE 96, 257 = SozR 4-1300 §
63 Nr
3, RdNr 16).