Unzulässigkeit der Heranziehung eines zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigten Klinikarztes zum ärztlichen
Bereitschaftsdienst
Anknüpfung an den Zulassungsstatus und nicht an die Mitgliedschaft in der Kassenärztlichen Vereinigung
Gründe:
I
Der Kläger, ein ermächtigter Krankenhausarzt, wendet sich gegen die Heranziehung zum ärztlichen Bereitschaftsdienst (ÄBD)
durch die beklagte Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) Hessen.
Der Kläger ist Facharzt für Urologie und als leitender Oberarzt in der Klinik für Urologie des Klinikums K. GmbH tätig. Er
ist seit 1.8.2008 wiederholt durch Beschlüsse des Zulassungsausschusses zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung
nach §
116 SGB V iVm § 31a Ärzte-ZV ermächtigt worden. Nach dem Beschluss vom 19.3.2013 umfasste die bis 31.3.2015 erteilte Ermächtigung die Durchführung besonderer,
im Einzelnen bestimmter Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die Durchführung der extrakorporalen Stoßwellenlithotrypsie,
die Erbringung von Laborleistungen nach Kapitel 32.2 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für ärztliche Leistungen und die
ambulante Nachbehandlung nach einer stationären Krankenhausbehandlung in der Klinik für Urologie; sie war begrenzt auf 135
Fälle pro Quartal auf Überweisung durch niedergelassene Urologen oder niedergelassene Vertragsärzte.
Die am 1.10.2013 in Kraft getretene Neufassung des § 3 Abs 1 der Bereitschaftsdienstordnung (BDO) der KÄV Hessen erstreckte die Verpflichtung zur Teilnahme am ÄBD auf ermächtigte Krankenhausärzte. Diese werden nach § 3 Abs 1 S 4 BDO (mindestens) in dem Umfang zum Bereitschaftsdienst herangezogen, der 0,25 eines Versorgungsauftrages eines Vertragsarztes
entspricht.
Der Kläger erhob gegen seine Einteilung zum ÄBD für einen Vormittagsdienst am 5.10.2014, die ihm mit Schreiben des Obmanns
des ÄBD K. vom 21.3.2014 mitgeteilt wurde, Widerspruch. Die Beklagte wies den Rechtsbehelf mit Widerspruchsbescheid vom 30.7.2014
als unbegründet zurück. Nach der neuen BDO seien auch ermächtigte Krankenhausärzte verpflichtet, am ÄBD teilzunehmen. Der Besonderheit der Ermächtigung werde dadurch
Rechnung getragen, dass die Teilnahme auf den Umfang von 0,25 eines Versorgungsauftrages begrenzt sei. Als ermächtigter Krankenhausarzt
sei der Kläger Mitglied der Beklagten und somit nach §
81 Abs
1 S 1 Nr
10 SGB V iVm §
5 Abs
1 S 3 der Satzung der KÄV Hessen verpflichtet, am ÄBD teilzunehmen.
Hilfsweise beantragte der Kläger in seinem Widerspruch auch die Befreiung von der Teilnahme am ÄBD. Dieser Antrag blieb erfolglos.
Das insoweit anhängige Berufungsverfahren (L 4 KA 19/15) hat das LSG ausgesetzt.
Das SG hat die gegen die Einteilung zum ÄBD erhobene Klage abgewiesen (Urteil vom 25.2.2015). Die Klage sei als Fortsetzungsfeststellungsklage
nach §
131 Abs
1 S 3
SGG zulässig, bleibe jedoch in der Sache ohne Erfolg, da die Beklagte berechtigt gewesen sei, den Kläger zum ÄBD heranzuziehen.
Die Regelung des § 3 Abs 1 BDO sei rechtmäßig und verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Die Beklagte habe nach §
75 Abs
1 S 2
SGB V iVm §
81 Abs
1 S 1 Nr
10 SGB V die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung zu den sprechstundenfreien Zeiten zu gewährleisten. Tragender Grund
für die Heranziehung zum Bereitschaftsdienst sei der durch die Zulassung verliehene Status, welcher dem Vertragsarzt abverlange,
nicht nur in bestimmten Zeiträumen, sondern zeitlich umfassend ("rund um die Uhr") für die Sicherstellung der vertragsärztlichen
Versorgung zur Verfügung zu stehen. Der Grundsatz der gleichmäßigen Belastung gebiete es, möglichst alle vertragsärztlich
tätigen Ärzte einzubeziehen. Bei der Ermächtigung handele es sich zwar um eine besondere und begrenzte Form der Teilnahme
an der vertragsärztlichen Versorgung, allerdings werde dieser Besonderheit dadurch Rechnung getragen, dass die Heranziehung
zum ÄBD mit einem geringeren Umfang erfolge. Der Kläger sei als ermächtigter Krankenhausarzt berechtigt, neben seiner eigentlichen
Tätigkeit im Krankenhaus vertragsärztliche Leistungen zu erbringen und diese direkt mit der KÄV abzurechnen. Er werde in diesem
Umfang wie ein Vertragsarzt tätig, sodass ihn damit auch die entsprechenden Rechte und Pflichten aus §
95 Abs
3 iVm Abs
4 SGB V träfen.
Im Berufungsverfahren hat das LSG die Beteiligten um Einverständnis zu einer Entscheidung durch die Berichterstatterin als
Einzelrichterin gebeten, die beide Seiten erteilt haben. Daraufhin hat das LSG durch Urteil der Berichterstatterin als Einzelrichterin
nach mündlicher Verhandlung entschieden (Urteil vom 14.12.2016), das Urteil des SG vom 25.2.2015 aufgehoben und festgestellt, dass der Bescheid der Beklagten über die Einteilung des Klägers zum ÄBD rechtswidrig
sei. Die Heranziehung ermächtigter Krankenhausärzte zum Bereitschaftsdienst verstoße gegen höherrangiges Recht. Die Verpflichtung
zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst folge aus dem Zulassungsstatus, mit dem die Verpflichtung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen
Versorgung notwendig verbunden sei. Hierzu gehöre auch die Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst, ohne den eine ausreichende
Versorgung der Versicherten nicht gewährleistet sei. Die Teilnahme am Bereitschaftsdienst habe der Gesetzgeber als Annex zur
Niederlassung in freier Praxis ausgestaltet.
Von diesem Status der Zulassung unterscheide sich der Status eines nach §
116 SGB V persönlich ermächtigten Krankenhausarztes. Zwar bewirke auch die Ermächtigung, dass der ermächtigte Arzt zur Teilnahme an
der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet sei. Das führe jedoch nicht dazu, dass der Krankenhausarzt umfassend
zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im Umfang eines zeitlich vollen oder hälftigen Versorgungsauftrages berechtigt
oder verpflichtet sei. Vielmehr werde die Ermächtigung nach §
116 S 2
SGB V iVm § 31a Abs 1 S 1 Ärzte-ZV nur erteilt, soweit und solange eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten ohne die besonderen Untersuchungs-
und Behandlungsmethoden oder Kenntnisse des Krankenhausarztes nicht sichergestellt sei. Der ermächtigte Krankenhausarzt nehme
nur in dem von den Zulassungsgremien explizit zu bestimmenden Umfang an der vertragsärztlichen Versorgung teil; dadurch unterscheide
er sich grundlegend von dem in freier Praxis (§ 32 Abs 1 S 1 Ärzte-ZV) arbeitenden zugelassenen Vertragsarzt. Diese Beschränkungen seien im Falle des Klägers, der nur 135 Fälle im Quartal und
nur auf Überweisung durch niedergelassene Urologen oder niedergelassene Vertragsärzte behandeln dürfe, besonders deutlich.
Der Bereitschaftsdienst könne zudem nur sinnvoll geleistet werden, wenn die Infrastruktur der ärztlichen Praxis zur Verfügung
stehe. Deshalb dürfe auch nur ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) und nicht die dort angestellten Ärzte zum Bereitschaftsdienst
herangezogen werden. Die Stellung eines angestellten Arztes in einem MVZ sei mit derjenigen eines angestellten Krankenhausarztes
hinsichtlich der Fremdbestimmung und der potentiell widerstreitenden Interessen vergleichbar. Auch ein ermächtigter Krankenhausarzt,
der - wie der Kläger - in dem Krankenhaus abhängig beschäftigt sei, könne über die Betriebsmittel und die Infrastruktur des
Krankenhauses nicht selbst verfügen und auch nicht über die internen organisatorischen Abläufe und den Einsatz des ärztlichen
Personals bestimmen. Ebenso könne er nicht eigenverantwortlich über seine Arbeitszeit disponieren, sondern habe vielmehr als
Arbeitnehmer neben arbeitsvertraglichen Vorgaben Anordnungen zu beachten, zu denen sein Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts
befugt sei. Wenn die Ermächtigung eines Krankenhausarztes nach dem Willen des Gesetzgebers der Schließung von Bedarfslücken
im ambulanten Bereich diene, seien die berechtigten organisatorischen und (arbeits-)rechtlichen Belange sowohl des ermächtigten
Arztes als auch des Krankenhausträgers bei der Ausgestaltung und dem Umfang der Rechte und Pflichten des ermächtigten Krankenhausarztes
zu berücksichtigen.
Mit ihrer vom BSG zugelassenen Revision macht die Beklagte zunächst Verfahrensmängel geltend. Die Entscheidung durch die Berichterstatterin
als Einzelrichterin sei ermessens- und verfahrensfehlerhaft, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe. Dies stelle
einen absoluten Revisionsgrund dar. Auch der Grundsatz der Mündlichkeit sei verletzt, da das LSG im Termin am 14.12.2016 die
Beteiligten zu der Möglichkeit der Aussetzung des Berufungsverfahrens L 4 KA 19/15 angehört habe, bevor diese ihren Vortrag hätten vertiefen und erweitern können.
Die Beklagte rügt weiterhin die Verletzung von §
81 Abs
1 S 1 Nr
10 iVm §
75 Abs
1 S 2
SGB V aF, §
95 Abs
4 S 1
SGB V sowie von Art
3 und
12 GG. Der Sicherstellungsauftrag sei vorliegend betroffen, weil durch das vom LSG ausgeurteilte Gebot der Freistellung von ermächtigten
Krankenhausärzten vom ÄBD eine große Gruppe von regulären Leistungserbringern in der vertragsärztlichen Versorgung nicht zur
Gewährleistung des Sicherstellungsauftrages herangezogen werden könne. Zudem sei §
95 Abs
4 S 1
SGB V verletzt, wonach auch ermächtigte Krankenhausärzte zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung verpflichtet seien.
Die generelle Freistellung bestimmter Arztgruppen von der Pflicht zur Teilnahme am ÄBD sei am Grundsatz der gleichmäßigen
Lastenverteilung unter den Mitgliedern der Beklagten als Ausprägung von Art
3 Abs
1 GG zu prüfen. Die durch Art
12 GG geschützte Berufsausübungsfreiheit ihrer anderen Mitglieder sei berührt, da diese ggf wieder vermehrt zur Wahrnehmung von
Bereitschaftsdiensten herangezogen werden müssten.
Die Gemeinsamkeiten zwischen den zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Vertragsärzten und den ermächtigten Krankenhausärzten
rechtfertigten die Heranziehung zum ÄBD. Auch den ermächtigten Arzt treffe eine persönliche Leistungspflicht (§ 32a S 1 Ärzte-ZV), die eine Präsenzpflicht zur Folge habe. Von dieser Präsenzpflicht werde auch der ermächtigte Arzt durch den ÄBD befreit.
Im Gegensatz zu angestellten Ärzten seien ermächtigte Ärzte persönlich zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung
verpflichtet und könnten entgegen der Ansicht des LSG ihm Rahmen ihrer ambulanten Tätigkeit über die Betriebsmittel des Krankenhauses
verfügen. Nur nach dem ersten Anschein habe die Interessenlage von ermächtigten Krankenhausärzten Ähnlichkeiten mit der Situation
von angestellten Ärzten im MVZ. Beide unterlägen aufgrund der Hauptbeschäftigung in einem Anstellungsverhältnis dem Direktionsrecht
des jeweiligen Arbeitgebers und könnten diesbezüglich über ihre Arbeitszeit und die organisatorischen Abläufe nicht frei verfügen.
Aufgrund der persönlichen Verpflichtung des ermächtigten Krankenhausarztes zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung
bestehe jedoch anders als bei angestellten Ärzten im MVZ für die KÄVen keine Möglichkeit, den anstellenden Krankenhausträger
unmittelbar zu verpflichten. Da der Krankenhausträger bereits vor der Erteilung einer Ermächtigung zu der beabsichtigten vertragsärztlichen
Tätigkeit seine Zustimmung erteilen müsse, seien dessen Interessen bereits im Vorfeld gewahrt. Aufgrund des in § 3 Abs 1 BDO geregelten geringeren Teilnahmeumfangs sei ausreichend berücksichtigt, dass der ermächtigte Krankenhausarzt für die vertragsärztliche
Versorgung nicht so umfassend zur Verfügung stehen müsse wie ein zugelassener Vertragsarzt.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 14.12.2016 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG Marburg vom 25.2.2015
zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Entscheidung des LSG für zutreffend. Eine gesetzliche Grundlage für die Heranziehung ermächtigter Krankenhausärzte
zur ambulanten Notfallversorgung existiere nicht; §
95 Abs
4 S 2
SGB V reiche insoweit nicht aus. Der Sicherstellungsauftrag der Beklagten beziehe sich auf den vertragsärztlichen Notfalldienst.
Notfalldienst iS des §
75 SGB V sei der von der KÄV zu organisierende vertragsärztliche Bereitschaftsdienst der niedergelassenen Ärzte.
II
Die Revision der Beklagten hat keinen Erfolg. Das LSG hat die angefochtenen Bescheide über die Heranziehung zum ÄBD ebenso
wie das klageabweisende Urteil des SG zu Recht aufgehoben. Der Kläger kann als ermächtigter Krankenhausarzt nicht zum ÄBD herangezogen werden.
1. Der Senat ist an einer den Rechtsstreit abschließenden Entscheidung in der Sache nicht gehindert. Er war nicht gehalten,
das von der Berichterstatterin des LSG als Einzelrichterin getroffene Urteil (§
155 Abs
4 SGG) aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen (§
170 Abs
2 S 2
SGG). Die von der Revision gerügten Verfahrensfehler liegen nicht vor. Weder ist dem LSG ein Besetzungsfehler vorzuwerfen (a)
noch hat es den Grundsatz der Mündlichkeit verletzt (b).
a) Die formellen Voraussetzungen des §
155 Abs
4 SGG für eine Entscheidung durch die Berichterstatterin anstelle des Senats sind erfüllt. Grundsätzlich entscheidet das LSG gemäß
§
33 Abs
1 S 1
SGG in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern. Hiervon abweichend
gestatten es die Regelungen in §
155 Abs
3 und
4 SGG dem Vorsitzenden oder - sofern bestellt - dem Berichterstatter ausnahmsweise, im Einverständnis der Beteiligten auch sonst
anstelle des Senats zu entscheiden (sog "konsentierter Einzelrichter").
Der 2., 9. und 13. Senat des BSG vertreten die Auffassung, dass für eine solche Verfahrensweise das Vorliegen des Einverständnisses der Beteiligten allein
noch nicht ausreichend sei. Vielmehr wird zusätzlich gefordert, dass der Vorsitzende oder der Berichterstatter, dem entsprechende
Einwilligungserklärungen der Beteiligten vorliegen, im Rahmen des ihm eröffneten Ermessens pflichtgemäß darüber zu befinden
habe, ob er von der besonderen Verfahrensweise einer Entscheidung nur durch einen Berufsrichter Gebrauch macht oder ob es
aus sachlichen Gründen bei einer Entscheidung durch den gesamten Senat und unter Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter verbleiben
muss (BSG Urteile vom 6.9.2018 - B 2 U 3/17 R - Juris, vom 8.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2 und vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R; vgl auch BSG Urteil vom 23.8.2007 - B 4 RS 2/06 R - SozR 4-1500 § 155 Nr 1 und BSG [GrS] Beschluss vom 31.8.2011 - GS 2/10 - BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4; kritisch dazu Wenner in Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann, Komm zum Sozialrecht, 5. Aufl 2017, §
159 SGG RdNr 17; Knispel, SGb 2010, 357 ff; Söhngen, jurisPR-SozR 22/2008 Anm 1). Eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter sei danach in aller Regel
nicht nur für den Fall ausgeschlossen, dass dieser einer zu entscheidenden Rechtsfrage selbst grundsätzliche Bedeutung beimesse
und deshalb die Revision zulasse (vgl BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R). Ein Ermessensfehlgebrauch wird vielmehr auch bejaht, wenn der Einzelrichter über eine Sache befindet, die objektiv betrachtet
besondere rechtliche Schwierigkeiten aufweist, weil sie nach den zu §
160 Abs
2 Nr
1 SGG entwickelten Kriterien eine bislang höchstrichterlich noch nicht hinreichend geklärte entscheidungserhebliche Rechtsfrage
aufwirft (BSG Urteil vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - Juris RdNr 15; BSG Urteil vom 6.9.2018 - B 2 U 3/17 R - Juris RdNr 16). Danach kommt eine Entscheidung durch den Vorsitzenden oder Berichterstatter des LSG bei Rechtssachen von
grundsätzlicher Bedeutung oder im Fall einer Divergenz regelmäßig nicht in Betracht. Der Verfahrensfehler führt nach dieser
Rechtsauffassung als absoluter Revisionsgrund - auch ohne Rüge - zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung
der Sache an das LSG.
Ob der erkennende Senat dieser Rechtsauffassung vollumfänglich folgen würde, ist fraglich. Bereits dem Wortlaut von §
155 Abs
3 und
4 SGG lässt sich nämlich eine Einschränkung der Entscheidungsbefugnis des Einzelrichters nur auf Fälle ohne grundsätzliche Bedeutung
nicht entnehmen (so auch Knispel, SGb 2010, 357, 359). Einer abschließenden Entscheidung zu diesem Problemkreis bedarf es hier jedoch nicht. Auch in der genannten Rechtsprechung
sind nämlich Gründe anerkannt, wonach trotz der grundsätzlichen Bedeutung einer Sache eine Entscheidung durch den Einzelrichter
verfahrensfehlerfrei sein kann. Hierzu zählt insbesondere die Konstellation, dass der LSG-Senat in voller Besetzung bereits
einen vergleichbaren Rechtsstreit unter Zulassung der Revision entschieden hat und nachfolgend weitere Parallelverfahren anstehen;
dasselbe wird angenommen, wenn sich das LSG-Urteil auf bereits beim BSG anhängige Parallelfälle bezieht oder die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung in Kenntnis der
von ihm beabsichtigten Zulassung der Revision erklärt haben (s hierzu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 3 KR 2/08 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11; BSG Urteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 38/08 R - SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14; BSG Urteil vom 2.5.2012 - B 11 AL 18/11 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 24 RdNr 14; BSG Urteil vom 18.5.2010 - B 7 AL 43/08 R - Juris RdNr 12; BSG [GrS] Beschluss vom 31.8.2011 - GS 2/10 - BSGE 109, 81 = SozR 4-1200 § 52 Nr 4, RdNr 8). Erst recht ist die Verlagerung der Entscheidungskompetenz vom Kollegium auf den Berichterstatter
jedenfalls in den Fällen zulässig, in denen keine Zulassung der Revision veranlasst ist, weil einer ständigen Rechtsprechung
gefolgt werden soll (BSG Urteil vom 8.11.2007 - B 9/9a SB 3/06 R - BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 22; BSG Urteil vom 16.3.2006 - B 4 RA 59/04 R - SozR 4-1500 § 105 Nr 1 RdNr 15 ff), oder wenn sich das Urteil des LSG auf eine vorhandene, verfahrensfehlerfrei in vollständiger
Senatsbesetzung getroffene Leitentscheidung oder bereits beim BSG anhängige Parallelfälle bezieht (vgl BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 3 KR 2/08 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11 f).
Vorliegend verweist das LSG in seiner Urteilsbegründung auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats vom 11.12.2013 (B 6 KA 39/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 14). Seine Ausführungen lassen erkennen, dass es davon ausgegangen ist, die streitige Rechtsfrage sei
durch das Urteil vom 11.12.2013 auch für die von ihm zu entscheidende Konstellation hinreichend geklärt. Angesichts der im
Zeitpunkt der Berufungsentscheidung bereits vorhandenen Rechtsprechung des erkennenden Senats zum ÄBD von angestellten Ärzten
eines MVZ ging es auch objektiv nachvollziehbar in erster Linie darum, verfahrensbeschleunigend eine hieran anknüpfende Entscheidung
für ermächtigte Krankenhausärzte herbeizuführen. Diese besonderen Umstände rechtfertigen jedenfalls die Entscheidung durch
die Berichterstatterin, sodass die Handhabung des §
155 Abs
4 SGG nicht ermessensfehlerhaft ist.
Selbst wenn dies mit der Beklagten anders gesehen würde, hätte das nicht zwangsläufig zur Folge, dass der Rechtsstreit an
das LSG zurückverwiesen werden muss. Eine abschließende Entscheidung durch das Revisionsgericht kommt vielmehr auch dann in
Betracht, wenn auf Grundlage eines in tatsächlicher Hinsicht geklärten und nicht umstrittenen Sachverhalts in rechtlicher
Hinsicht nach den konkreten Gegebenheiten des Falles nur in einer ganz bestimmten Weise entschieden werden kann, weil unter
keinem rechtlichen Gesichtspunkt eine andere Entscheidung denkbar ist (vgl hierzu BSG Urteil vom 25.6.2009 - B 3 KR 2/08 R - SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 13; BSG Urteil vom 7.8.2014 - B 13 R 37/13 R - Juris RdNr 19; vgl auch BSG Urteil vom 6.9.2018 - B 2 U 3/17 R - Juris RdNr 22 f). Dies gilt für den Erfolg einer Klage wie für deren Abweisung. In den vom 9. und 13. Senat entschiedenen
Fällen war aus Sicht dieser Senate eine Zurückverweisung nur geboten, weil die jeweiligen Berichterstatter bereits den Streitgegenstand
ungenau erfasst hatten bzw der Sachverhalt noch nicht hinreichend geklärt war. Im vorliegenden Fall ist der Sachverhalt jedoch
in tatsächlicher Hinsicht geklärt und nicht umstritten. In rechtlicher Hinsicht kommt eine andere Entscheidung nicht in Betracht
(dazu sogleich unter 3.). Bereits aus diesem Grunde konnte der Senat von einer Zurückverweisung absehen.
Der Senat weicht damit nicht von der Entscheidung des 2. Senats vom 6.9.2018 (B 2 U 3/17 R - Juris) ab. Die Frage, ob sich die Sachentscheidung des Revisionsgerichts nicht auf die vom Einzelrichter festgestellten
Tatsachen stützen darf, unabhängig davon, ob die Tatsachen unstreitig sind oder von den Beteiligten bestritten werden, hat
der 2. Senat jedenfalls im Ergebnis dahinstehen lassen und die Entscheidung tragend (vgl dazu Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
41 RdNr 10, 10a) auf den Umstand gestützt, dass er auf der Grundlage der festgestellten Tatsachen zu keiner abschließenden und
alternativlosen, dh inhaltlich nicht anders treffbaren Entscheidung gelangen konnte (BSG Urteil vom 6.9.2018 - B 2 U 3/17 R - Juris RdNr 23 aE).
b) Der von der Beklagten gerügte Verstoß gegen den in §
124 Abs
1 SGG normierten Grundsatz, dass ein Rechtsstreit aufgrund einer mündlichen Verhandlung entschieden wird, liegt schon deswegen
nicht vor, weil das LSG eine mündliche Verhandlung durchgeführt hat. Sofern die Beklagte hinreichenden Anlass für die Annahme
sieht, dass die Entscheidung des Rechtsstreits nicht unter Berücksichtigung der Eindrücke und des Vorbringens in der mündlichen
Verhandlung zustande gekommen sei, sondern im Zuge der Terminvorbereitung durch die Berichterstatterin bereits festgestanden
habe, geht der Einwand in der Sache fehl. Allein die Anhörung zu einer Aussetzung des Verfahrens L 4 KA 19/15 bereits zu Beginn des Verhandlungstermins trägt diesen Schluss nicht. Im Übrigen bestand in der mündlichen Verhandlung noch
ausreichend Gelegenheit zu weiteren Darlegungen durch die Beklagte.
2. Das von dem Kläger in eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellte Klagebegehren ist - wie die Vorinstanzen zutreffend
ausgeführt haben - zulässig. Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist nach §
131 Abs
1 S 3
SGG statthaft, wenn sich ein Verwaltungsakt während eines laufenden Klageverfahrens durch Zurücknahme oder anders erledigt hat.
Der Begriff der Erledigung in §
131 Abs
1 S 3
SGG entspricht nach herrschender Meinung dem in § 39 Abs 2 SGB X (vgl BSG Urteil vom 29.11.2017 - B 6 KA 34/16 R - BSGE 124, 294 = SozR 4-2500 § 34 Nr 20, RdNr 30 mwN). Von einer Erledigung "auf andere Weise" iS des § 39 Abs 2 SGB X ist auszugehen, wenn der Verwaltungsakt nicht mehr geeignet ist, rechtliche Wirkungen zu entfalten oder wenn die Steuerungsfunktion,
die ihm ursprünglich innewohnte, nachträglich entfallen ist (BSG Urteil vom 13.5.2015 - B 6 KA 14/14 R - BSGE 119, 57 = SozR 4-2500 § 34 Nr 17, RdNr 38 mwN). Eine solche Situation ist hier hinsichtlich des Bescheides der Beklagten vom 21.3.2014
eingetreten. Mit Ablauf des Tages, an dem der Kläger zum ÄBD herangezogen werden sollte (5.10.2014), hat sich der Bescheid
ihm gegenüber erledigt. Das erforderliche besondere Feststellungsinteresse folgt aus der Wiederholungsgefahr, da der Kläger
weiterhin zur vertragsärztlichen Versorgung ermächtigt ist und von der Beklagten zum ÄBD herangezogen wird.
3. In der Sache hat die Revision der Beklagten keinen Erfolg. Der Kläger kann nicht zum Bereitschaftsdienst herangezogen werden.
Zwar sieht § 3 Abs 1 BDO in der seit 1.10.2013 geltenden Fassung vor, dass alle Arztsitze in einer ÄBD-Gemeinschaft und alle ermächtigten Krankenhausärzte
grundsätzlich zur Teilnahme am ÄBD verpflichtet sind. § 3 Abs 1 S 4 BDO bestimmt, dass ermächtigte Krankenhausärzte im Umfang von 0,25 eines Versorgungsauftrages am ÄBD teilnehmen, wobei nach §
3 Abs 1 S 5 BDO die KÄV den Teilnahmeumfang auch höher festlegen kann, wenn im konkreten Einzelfall ein höherer Teilnahmeumfang des ermächtigten
Krankenhausarztes an der vertragsärztlichen Versorgung vorliegt. Durch diese Regelungen wird der Kläger als ermächtigter Krankenhausarzt
indes nicht wirksam zur Teilnahme am ÄBD verpflichtet, weil sie gegen höherrangiges Recht verstoßen, soweit sie auch die ermächtigten
Krankenhausärzte unmittelbar zur Teilnahme am ÄBD verpflichten.
a) Die BDO, bei der es sich um Landesrecht handelt (§
162 SGG), und auf deren Grundlage die beklagte KÄV den Kläger zum Bereitschaftsdienst heranziehen möchte, ist nach den für den Senat
gemäß §
202 SGG iVm §
560 ZPO maßgebenden Feststellungen des LSG zum Landesrecht (zur fehlenden Revisibilität der Notdienstordnungen vgl BSG Urteil vom 28.9.2005 - B 6 KA 73/04 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 18; BSG Urteil vom 28.10.1992 - 6 RKa 2/92 - SozR 3-2500 § 75 Nr 2 S 5 f) allein von der Beklagten und damit ohne Beteiligung der Ärztekammer erlassen worden. Dementsprechend ist nur
darüber zu entscheiden, ob der Kläger auf der Grundlage der bestehenden vertragsarztrechtlichen Bestimmungen und der dazu
ergangenen Satzung der Beklagten zur Teilnahme am ÄBD verpflichtet ist (vgl BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 39/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 14 RdNr 13).
b) Nach ständiger Rechtsprechung des Senats folgt die grundsätzliche Verpflichtung eines jeden Vertragsarztes zur Teilnahme
am Bereitschaftsdienst nicht aus der Satzungsgewalt der KÄV, sondern aus dem Zulassungsstatus des Arztes (BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 39/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 14 RdNr 14; BSG Urteil vom 11.5.2011 - B 6 KA 23/10 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 11 RdNr 14; BSG Urteil vom 6.2.2008 - B 6 KA 13/06 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 7 RdNr 13; BSG Urteil vom 6.9.2006 - B 6 KA 43/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 5 RdNr 10; BSG Urteil vom 12.10.1994 - 6 RKa 29/93 - Juris RdNr 10; BSG Urteil vom 11.6.1986 - 6 RKa 5/85 - MedR 1987, 122, 124; BSG Urteil vom 15.9.1977 - 6 RKa 8/77 - BSGE 44, 252, 256 = SozR 2200 § 368n Nr 12 S 34). Hieran hält der Senat fest. Die Zulassung ist ein statusbegründender Akt (BSG Urteil vom 25.11.1998 - B 6 KA 4/98 R - BSGE 83, 135, 137 = SozR 3-2500 § 95 Nr 18 S 65), der nach der Rechtsprechung des Senats eine höchstpersönliche Rechtsposition des Vertragsarztes
und auch des MVZ begründet (so ausdrücklich im Hinblick auf ein MVZ: BSG Urteil vom 21.3.2012 - B 6 KA 22/11 R - BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr 24, RdNr 21). Mit der Zuteilung dieses Status ist die Berechtigung und Verpflichtung zur Teilnahme
an der vertragsärztlichen Versorgung (§
95 Abs
3 SGB V) sowie die Teilnahme an der Honorarverteilung (vgl §
87b Abs
1 SGB V) notwendig verbunden.
Mit der Zulassung als Vertragsarzt hat sich der Arzt freiwillig einer Reihe von Einschränkungen seiner ärztlichen Berufsausübung
unterworfen, die mit der Einbeziehung in ein öffentlich-rechtliches Versorgungssystem notwendig verbunden sind. Zu diesen
der Berufsausübung im vertragsärztlichen Bereich immanenten Einschränkungen gehört auch die Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst,
ohne den eine ausreichende Versorgung der Versicherten nicht gewährleistet ist (BSG Urteil vom 15.9.1977 - 6 RKa 8/77 - BSGE 44, 252, 256 = SozR 2200 § 368n Nr 12 S 34). Die Teilnahme am Bereitschaftsdienst hat der Gesetzgeber als Annex zur Niederlassung
in freier Praxis ausgestaltet (BSG Urteil vom 12.12.2012 - B 6 KA 3/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 13 RdNr 23; BSG Urteil vom 28.9.2005 - B 6 KA 73/04 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 3 RdNr 22).
c) Die Regelung des §
75 Abs
1 S 2
SGB V (in der bis zum 22.7.2015 geltenden Fassung, jetzt §
75 Abs
1b SGB V) stellt eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Ermächtigungsgrundlage für Eingriffe in die Freiheit der
Berufsausübung dar, die mit der Verpflichtung von Ärzten zur Teilnahme am ärztlichen Notfalldienst einhergehen (vgl BSG Urteil vom 12.10.1994 - 6 RKa 29/93 - Juris RdNr 10). Danach umfasst die den KÄVen obliegende Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung auch die Versorgung
zu den sprechstundenfreien Zeiten (Notdienst), nicht jedoch die notärztliche Versorgung im Rahmen des Rettungsdienstes, soweit
Landesrecht nichts anderes bestimmt. Der Begriff "sprechstundenfreie Zeit" bezieht sich allein auf die niedergelassenen Ärzte,
dagegen nicht auf die ermächtigten Krankenhausärzte.
"Sprechstundenfreie Zeit" ist die Zeit, in der die Praxis des niedergelassenen Arztes geschlossen ist. Der Zulassungsstatus
verpflichtet den Vertragsarzt, nicht nur in bestimmten Zeiträumen (zB Sprechstunden), sondern zeitlich umfassend für die Sicherstellung
der vertragsärztlichen Versorgung zur Verfügung zu stehen (BSG Urteil vom 11.6.1986 - 6 RKa 5/85 - Juris RdNr 13). Der einzelne Arzt wird dadurch, dass die gesamte Ärzteschaft einen Notdienst organisiert, von der täglichen
Dienstbereitschaft rund um die Uhr entlastet, muss dafür aber den Notdienst gleichwertig mittragen, solange er in vollem Umfang
vertragsärztlich tätig ist (vgl BSG Urteile vom 11.5.2011 - B 6 KA 23/10 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 11 RdNr 14 und vom 6.9.2006 - B 6 KA 43/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 5 RdNr 10). Mit der Heranziehung zum Bereitschaftsdienst wird die in der Zulassung enthaltene "Sozialbindung"
der ärztlichen Berufsausübung näher konkretisiert (BSG Urteil vom 15.9.1977 - 6 RKa 8/77 - SozR 2200 § 368n Nr 12 S 34).
d) Anders als die zugelassenen, in eigener Praxis niedergelassenen Vertragsärzte und die MVZ ist der Kläger als ermächtigter
Krankenhausarzt nicht zur Teilnahme am ÄBD verpflichtet (so im Ergebnis für ermächtigte Krankenhausärzte auch Bäune in Eichenhofer/von
Koppenfels-Spies/Wenner,
SGB V, 3. Aufl 2018, §
75 RdNr 7; Debong, ArztRecht 2018, 145, 147 ff; vgl auch Bahner, Recht im Bereitschaftsdienst, 3.1, S 41, 3.2.1. S 47; aA wohl
Nebendahl in Spickhoff, Medizinrecht, 3. Aufl 2018, §
75 SGB V RdNr 27; Legde in Hänlein/Schuler,
SGB V, 5. Aufl 2016, §
75 RdNr 8; vgl allgemein auch Häser, Klinikarzt 2017, 360 f). Die Differenzierung zwischen Zulassung und Ermächtigung ist insoweit
keine rein begriffliche, sondern drückt einen grundsätzlich anderen Grad der Einbeziehung in die vertragsärztliche Versorgung
aus.
aa) Zwar treffen den ermächtigten Arzt vergleichbare Verpflichtungen wie den zugelassenen Vertragsarzt. Wie die Zulassung
beinhaltet die Ermächtigung eine konstitutiv-rechtsgestaltende Statuserteilung (Düring in Schallen, Zulassungsverordnung,
9. Aufl 2018, § 31 RdNr 47). Die Ermächtigung bewirkt, dass auch der ermächtigte Arzt (oder die ermächtigte ärztlich geleitete
Einrichtung) zur Teilnahme an der ärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist (§
95 Abs
4 S 1
SGB V). Zudem ist er an die vertraglichen Bestimmungen über die vertragsärztliche Versorgung gebunden (§
95 Abs
4 S 2
SGB V) und zur fachlichen Fortbildung verpflichtet (§
95d Abs
4 SGB V). Ermächtigte Krankenhausärzte sind ferner Mitglieder der KÄV (§
77 Abs
3 SGB V). Diese Gemeinsamkeiten vermögen jedoch eine Heranziehung der ermächtigten Krankenhausärzte zum ÄBD nicht zu rechtfertigen.
Bezogen auf die Pflicht zur Teilnahme am ÄBD kommt den grundlegenden Unterschieden zwischen Zulassung und Ermächtigung größeres
Gewicht zu.
Die Ermächtigung stellt eine andere Form der Teilnahme ("aliud") an der vertragsärztlichen Versorgung dar als die Zulassung
(Pawlita in juris-PK
SGB V, 3. Aufl 2016, §
95 RdNr 119). Während nämlich die Erfüllung des Sicherstellungsauftrages primär den freiberuflichen, in eigener Praxis tätigen
Vertragsärzten und zugelassenen MVZ vorbehalten ist (vgl nur BSG Urteil vom 12.9.2001 - B 6 KA 86/00 R - SozR 3-2500 § 116 Nr 23 S 102), die die Versicherten (im Rahmen der dafür maßgeblichen Rechtsvorschriften) kraft ihrer
Zulassung umfassend ärztlich versorgen dürfen (§
95 Abs
3 SGB V), sind Ermächtigungen nach §
116 SGB V, § 31 Ärzte-ZV regelmäßig von der qualifizierten Prüfung eines Versorgungsbedarfs abhängig und werden daher zeitlich, räumlich, hinsichtlich
ihres medizinischen Gegenstandes und ggf hinsichtlich der überweisungsbefugten Ärzte begrenzt (vgl § 31 Abs 7 Ärzte-ZV). Nach Ablauf des Zeitraums, für den eine Ermächtigung erteilt wurde, muss neu und ohne Bindung an frühere Festlegungen geprüft
werden, ob weiterhin Bedarf für eine Ermächtigung nach §
116 SGB V besteht. Dies bekräftigt die vom Gesetzgeber gewollte "Abschwächung" der Position des ermächtigten Arztes, um dem Vorrang
der niedergelassenen Ärzte bei der ambulanten Versorgung Rechnung zu tragen.
bb) Krankenhausärzte sind grundsätzlich gerade nicht befugt, allgemein ambulante ärztliche Leistungen zu erbringen (Quaas
in Quaas/Zuck/Clemens, Medizinrecht, 4. Aufl 2018, § 16 RdNr 67). Eine Zulassung kommt für sie in der Regel nicht in Betracht,
da sie wegen ihres Beschäftigungsverhältnisses für die ambulante Versorgung persönlich nicht in erforderlichem Maße zur Verfügung
stehen (vgl BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 19/15 R - BSGE 120, 197 = SozR 4-5520 § 20 Nr 4; BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 5/15 R - MedR 2016, 823). Vielmehr ist die ambulante vertragsärztliche Versorgung den in eigener Praxis tätigen Ärzten und den MVZ vorbehalten. Ermächtigungen
kommen - ausnahmsweise und subsidiär - immer erst dann in Betracht, wenn die gebotene quantitative oder qualitativ-spezielle
Versorgung von den vorrangig niedergelassenen Vertragsärzten und MVZ nicht gewährleistet werden kann, also wenn Versorgungslücken
anders nicht geschlossen werden können (vgl zB BSG Urteil vom 27.2.1992 - 6 RKa 15/91 - BSGE 70, 167, 173 = SozR 3-2500 § 116 Nr 2 S 15; BSG Urteil vom 12.9.2001 - B 6 KA 86/00 R - SozR 3-2500 § 116 Nr 23 S 102; BSG Urteil vom 19.7.2006 - B 6 KA 14/05 R - SozR 4-2500 § 116 Nr 3 RdNr 16).
Ausfluss dieses Vorrang-Nachrang-Verhältnisses zwischen Zulassung und Ermächtigung ist die Zulässigkeit einer Konkurrentenklage
eines zugelassenen Vertragsarztes gegen eine im Bereich seiner Praxis erteilte Ermächtigung eines Krankenhausarztes (BSG Urteil vom 7.2.2007 - B 6 KA 8/06 R - BSGE 98, 98 = SozR 4-1500 § 54 Nr 10). Weiterhin hat der Senat in ständiger Rechtsprechung aus dem Rangverhältnis zwischen Zulassung
und Ermächtigung den Schluss gezogen, dass es auch unter Berücksichtigung von Art
3 Abs
1 und Art
12 Abs
1 GG hinnehmbar ist, für Ermächtigungen geringere Anforderungen an die zeitliche Verfügbarkeit (§ 20 Ärzte-ZV) zu stellen als bei zugelassenen Ärzten (vgl BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 19/15 R - BSGE 120, 197 = SozR 4-5520 § 20 Nr 4, RdNr 37-38; BSG Urteil vom 11.9.2002 - B 6 KA 23/01 R - SozR 3-5520 § 20 Nr 4 S 42). Auch eine unterschiedliche Honorarverteilung für zugelassene und ermächtigte Ärzte/Institutionen
hat der Senat als zulässig erachtet, soweit dies durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist (BSG Urteil vom 20.10.2004 - B 6 KA 30/03 R - BSGE 93, 258 = SozR 4-2500 § 85 Nr 12 RdNr 10). Hierbei wurde ua darauf abgestellt, dass Leistungsspektren und Leistungsumfang der Ermächtigten
im Regelfall erheblich kleiner sind und sich häufiger als bei Vertragsärzten ändern (BSG, aaO, RdNr 22).
cc) Die Ermächtigung nach §
116 S 1
SGB V wird zudem nur "mit Zustimmung" des Krankenhausträgers erteilt, und ihre Ausübung stellt nur einen Annex zur hauptamtlichen
Tätigkeit des Arztes im Krankenhaus dar. Auf der Grundlage des §
116 SGB V iVm § 31a Ärzte-ZV können nämlich nur Ärzte ermächtigt werden, die hauptberuflich in einem Krankenhaus bzw einer der anderen dort genannten
Einrichtungen beschäftigt sind (BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 6 KA 26/12 R - SozR 4-2500 § 116 Nr 8 RdNr 30 mwN). Der Beschäftigungsumfang muss dabei so ausgestaltet sein, dass er die ärztliche Berufstätigkeit
prägt, und darf - ausgedrückt in Stunden der regelmäßigen vertragsgemäßen Beschäftigung - die Hälfte des insoweit für einen
vollzeitbeschäftigten Arzt maßgeblichen Volumens nicht unterschreiten (BSG aaO). Der angestellte Krankenhausarzt hat seine Arbeitskraft in erster Linie der stationären Behandlung der Krankenhauspatienten
zu widmen. Dadurch wird seine Arbeitszeit im Wesentlichen in Anspruch genommen. Das BVerfG (Beschluss vom 23.7.1963 - 1 BvL 1/61, 1 BvL 4/61 - BVerfGE 16, 286, 295) spricht - im Hinblick auf die Tätigkeit eines Chefarztes - von der ambulanten Tätigkeit als "Nebenfunktion" der Krankenhaustätigkeit.
So trifft den ermächtigten Krankenhausarzt - hierauf weist die Beklagte zutreffend hin - bereits keine Sprechstundenpflicht
im Rahmen der ermächtigten vertragsärztlichen Tätigkeit.
Bereits aus der Entstehungsgeschichte sowie aus Sinn und Zweck der Regelung des §
116 SGB V ist abzuleiten, dass es bei der Beteiligung/Ermächtigung von Krankenhausärzten stets um die Einbeziehung der an Krankenhäuser
gebundenen ärztlichen Kompetenz in die ambulante Versorgung geht (BSG Urteil vom 20.3.2013 - B 6 KA 26/12 R - SozR 4-2500 § 116 Nr 8 RdNr 34; Düring in Schnapp/Wigge, Handbuch des Vertragsarztrechts, 3. Aufl 2017, § 5 B RdNr 32).
Neben der fachlichen Kompetenz der Krankenhäuser (sichergestellt durch die Beschäftigung ärztlicher Berufsträger) spielt deren
technisch-apparative Infrastruktur für die ambulante Versorgung eine Rolle. Über §
116 S 1
SGB V wird die - persönliche - fachliche Qualifikation des Arztes mit den sächlichen Mitteln, die in dem Krankenhaus vorgehalten
werden, verbunden. §
116 SGB V zielt darauf ab, dass diese personellen und sächlichen Ressourcen für die ambulante Versorgung nutzbar gemacht werden. Das
setzt die Zugriffsmöglichkeit des Arztes hierauf voraus, weshalb - ua - auch die Zustimmung des jeweiligen Krankenhausträgers
zu einer Ermächtigung erforderlich ist. Das wiederum verlangt entsprechende vertragliche Vereinbarungen zwischen dem Arzt
und dem Träger. Maßgebliches Kriterium ist, dass der Arzt seiner Weiterbildung entsprechend in die Wahrnehmung des Versorgungsauftrages
des Krankenhauses eingebunden ist (LSG für das Land Nordrhein-Westfalen Urteil vom 13.1.1999 - L 11 KA 185/98 - Juris RdNr 29; vgl auch Hencke in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, §
116 SGB V RdNr 2, Stand April 2018; Köhler-Hohmann in juris-PK
SGB V, 3. Aufl 2016, §
116 RdNr 17), die Ermächtigung also nur gelegentlich einer ohnehin ausgeübten Tätigkeit an dem Krankenhaus erteilt wird. Die
ambulante Behandlung von Versicherten aufgrund der Ermächtigung ist für den Krankenhausarzt somit lediglich "Nebenbeschäftigung"
(Flint in Hauck/Noftz,
SGB V, K §
116 RdNr 29, Stand Juni 2013).
Demgegenüber ist der zugelassene Vertragsarzt nach § 19a Abs 1 Ärzte-ZV - bei einem vollen Vertragsarztsitz - aufgrund der Zulassung verpflichtet, die vertragsärztliche Tätigkeit in Vollzeit, dh
hauptberuflich auszuüben (vgl BSG Urteil vom 13.10.2010 - B 6 KA 40/09 R - BSGE 107, 56 = SozR 4-5520 § 20 Nr 3, RdNr 18; BSG Urteil vom 16.12.2015 - B 6 KA 19/15 R - BSGE 120, 197 = SozR 4-5520 § 20 Nr 4). Entsprechend dem Bedürfnis nach einer ausreichenden und zweckmäßigen vertragsärztlichen Versorgung
der Versicherten und gemäß den Gegebenheiten seines Praxisbereiches muss er regelmäßig zu den üblichen Sprechzeiten für die
Versorgung zur Verfügung stehen und in den Grenzen der Zumutbarkeit und Üblichkeit auch für Notfallbehandlungen und für andere
wichtige Fälle außerhalb der Sprechzeiten tätig sein können (BSG Urteil vom 30.1.2002 - B 6 KA 20/01 R - BSGE 89, 134, 137 f = SozR 3-5520 § 20 Nr 3 S 21 f). Eine solche Verpflichtung, "rund um die Uhr" für die Sicherstellung der vertragsärztlichen
Versorgung zur Verfügung zu stehen, trifft den ermächtigten Krankenhausarzt gerade nicht.
dd) Die Einbeziehung der ermächtigten Krankenhausärzte in den ÄBD begegnet aber auch praktischen Schwierigkeiten. Da die Ermächtigung
nach §
116 S 1
SGB V nur "mit Zustimmung" des Krankenhausträgers erteilt wird und ihre Ausübung nur eine "Nebenfunktion" zur hauptamtlichen Tätigkeit
des Arztes im Krankenhaus darstellt, könnte der ermächtigte Krankenhausarzt seiner - hypothetischen - Verpflichtung zur Mitwirkung
am Bereitschaftsdienst nur in Abstimmung mit seinem Arbeitgeber nachkommen. Der Dienstplan des Krankenhauses und der Bereitschaftsdienstplan
der KÄV müssten abgestimmt werden.
ee) Demgegenüber tritt die Erwägung der beklagten KÄV zurück, jeder Arzt, der an den Vorteilen der ambulanten Versorgung partizipiere,
müsse auch deren Belastungen - wie eben die Mitwirkung am Bereitschaftsdienst - mittragen. Schon berufsrechtlich greift die
Idee des Belastungsausgleiches nicht: Nach § 26 der Berufsordnung für Ärztinnen und Ärzte in Hessen sind (nur) die niedergelassenen
Ärzte - unabhängig von ihrer Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung - zur Teilnahme am Notdienst verpflichtet, Krankenhausärzte
dagegen nicht.
Auch die Honorareinnahmen aus der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung haben für den ermächtigten Krankenhausarzt
nicht die gleiche existentielle Bedeutung wie für einen niedergelassenen Vertragsarzt (BSG Urteil vom 15.5.1991 - 6 RKa 25/90 - BSGE 69, 1, 5 f = SozR 3-2500 § 120 Nr 1 S 6), da sein berufliches Hauptbetätigungsfeld im Krankenhaus liegt. Der ermächtigte Krankenhausarzt
ist - anders als der zugelassene Vertragsarzt - auch nicht berechtigt, die ihm zustehende Vergütung selbst mit der KÄV abzurechnen.
Die Abrechnung erfolgt nach §
120 Abs
1 S 3
SGB V (vgl BSG aaO, wonach die Regelung verfassungsgemäß ist) vielmehr über den Krankenhausträger, welcher nach Abzug der anteiligen Verwaltungskosten
sowie der dem Krankenhaus entstandenen Personal- und Sachkosten (§
120 Abs
1 S 2
SGB V) die Vergütung an den ermächtigten Krankenhausarzt weiterleitet.
Wenn im Übrigen Ermächtigungen gesetzeskonform erteilt werden, dienen sie allein dazu, Lücken in der vertragsärztlichen Versorgung
zu schließen. Das wirtschaftliche Interesse der ermächtigten Ärzte und ihrer Krankenhäuser steht generell nicht in Zweifel.
Allerdings kann dieses Interesse je nach Art und Inhalt der Ermächtigung auch gering sein. Jedenfalls kann nicht ausgeschlossen
werden, dass Krankenhausärzte, auf deren Mitwirkung an der ambulanten Versorgung die KÄV und vor allem die Versicherten angewiesen
sind, von dem Antrag auf Erteilung einer Ermächtigung absehen, wenn diese - unabhängig von ihrer Ausrichtung und wirtschaftlichen
Attraktivität - mit einer Verpflichtung zur Teilnahme am Notdienst verbunden ist.
ff) Auch der Umstand, dass der Kläger als ermächtigter Krankenhausarzt gemäß §
77 Abs
3 S 1
SGB V Pflichtmitglied der KÄV ist, hat nicht zur Folge, dass er bezogen auf die Pflicht zur Teilnahme am ÄBD einem zugelassenen
Arzt gleichzustellen wäre. Die Teilnahmeverpflichtung am ÄBD ist keine Folge der bloßen Mitgliedschaft in der KÄV (Debong,
ArztRecht 2018, 145, 147). Vielmehr knüpft die Verpflichtung zur Teilnahme an den Zulassungsstatus und der sich aus diesem
ergebenden umfassenden Versorgungspflicht an (dazu bereits RdNr 29). Aus der vertragsärztlichen Zulassung resultiert die Verpflichtung
des Arztes, umfassend für seine Patienten zur Verfügung zu stehen. Ein der Zulassung entsprechender Status wird dem Krankenhausarzt
durch die Ermächtigung gerade nicht vermittelt. Er erhält lediglich einen "abgeschwächten" Status, der es nicht rechtfertigt,
ihn bezogen auf die Pflicht zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst einem zugelassenen Arzt gleichzustellen.
Diese Auslegung widerspricht nicht dem Urteil des Senats vom 23.3.2016 (B 6 KA 7/15 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 16). Darin hat der Senat ausgeführt, dass auch ein belegärztlich tätiger Vertragsarzt zum Notdienst
herangezogen werden darf. Hierbei ergab sich die grundsätzliche Verpflichtung zur Teilnahme am Bereitschaftsdienst zwingend
aus dem Zulassungsstatus. Der Senat hat bereits in seinem Urteil vom 15.9.1977 (6 RKa 12/77 - BSGE 44, 260, 263 f = SozR 2200 § 368n
RVO Nr 13 S 41 f) entschieden, dass ein Kassenarzt, der belegärztlich tätig ist, nicht allein deswegen beanspruchen kann, vom
Bereitschaftsdienst befreit zu werden. Dies findet seine Rechtfertigung darin, dass eine belegärztliche Tätigkeit, die gegenüber
der ambulanten Praxis von untergeordneter Bedeutung sein muss, die Erfüllung der Pflichten, die dem Arzt aus der Beteiligung
an der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung erwachsen, nicht beeinträchtigen darf. Beim ermächtigten Krankenhausarzt verhält
es sich demgegenüber umgekehrt: Die Beteiligung an der vertragsärztlichen Versorgung ist gegenüber den Pflichten, die aus
der Krankenhaustätigkeit folgen, von untergeordnetem Gewicht.
gg) Die Heranziehung kann auch nicht mit dem der Beklagten obliegenden Sicherstellungsauftrag nach §
75 Abs
1 S 2
SGB V aF (jetzt §
75 Abs
1b SGB V) und dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Mitglieder der KÄV gerechtfertigt werden. Gegen nennenswerte Probleme als Folge
der Herausnahme von ermächtigten Krankenhausärzten aus dem zur Teilnahme am ÄBD verpflichteten Personenkreis spricht, dass
bislang nur zwei weitere KÄVen vergleichbare Regelungen erlassen haben (Thüringen - wobei allerdings ermächtigte Krankenhausärzte
nach § 5 Abs 5 BDO in der ab 1.7.2018 geltenden Fassung nicht herangezogen werden, soweit ihr Krankenhaus an der Sicherstellung des Rettungsdienstes
mit mindestens 50 % teilnimmt - und Mecklenburg-Vorpommern). In allen anderen KÄV-Bezirken erfolgt - soweit ersichtlich -
keine Heranziehung von ermächtigten Krankenhausärzten. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass es dort wegen der Begrenzung
des Bereitschaftsdienstes auf niedergelassene Ärzte und MVZ zu Fehlentwicklungen gekommen wäre.
Soweit die Beklagte auf Probleme der Organisation des Bereitschaftsdienstes insbesondere im ländlichen Bereich hingewiesen
hat, bietet sich eine Kooperation mit den Krankenhäusern an. Nach der am 23.7.2015 mit dem GKV-Versorgungsstärkungsgesetz
in Kraft getretenen Regelung des §
75 Abs
1b S 2
SGB V sollen die KÄVen den von ihnen zu organisierenden Notdienst zu den sprechstundenfreien Zeiten auch durch Kooperation und
eine organisatorische Verknüpfung mit zugelassenen Krankenhäusern sicherstellen. Diese Regelung wurde durch das Krankenausstrukturgesetz
mit Wirkung zum 1.1.2016 dahingehend konkretisiert, dass hierzu entweder Notdienstpraxen in oder an Krankenhäusern eingerichtet
oder Notfallambulanzen der Krankenhäuser unmittelbar in den Notdienst eingebunden werden. Es besteht insoweit eine grundsätzliche
Kooperationsverpflichtung. Die Regelung des §
75 Abs
1b S 3
SGB V bestimmt ausdrücklich, dass die Krankenhäuser und Ärzte, die aufgrund einer solchen Kooperationsvereinbarung in den Bereitschaftsdienst
einbezogen sind, zu diesem Zweck an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen. Das verdeutlicht, dass die KÄVen den Bereitschaftsdienst
ergänzend zur Heranziehung niedergelassener Ärzte und der MVZ durch Kooperation und eine organisatorische Verknüpfung mit
zugelassenen Krankenhäusern sicherstellen sollen.
hh) Schließlich würden Krankenhausärzte durch die Heranziehung zum Bereitschaftsdienst im Umfang von wenigstens 0,25 eines
Versorgungsauftrages unverhältnismäßig belastet, wenn sie tatsächlich nur in sehr geringem Umfang als Ermächtigte tätig werden.
Grundsätzlich ist einem Arzt (nur) ein Vertragsarztsitz und (nur) ein voller Versorgungsauftrag zugeordnet (BSG Beschluss vom 9.2.2011 - B 6 KA 44/10 B - Juris RdNr 10 f). Für den Umfang der Heranziehung zum ÄBD ist deswegen der sich aus der Zulassung ergebende Umfang des
Versorgungsauftrages maßgebend. Es würde der aus Art
3 Abs
1 GG folgenden Verpflichtung der Beklagten, alle Ärzte gleichmäßig zum Bereitschaftsdienst heranzuziehen (stRspr des BSG; vgl zuletzt Urteil vom 6.2.2008 - B 6 KA 13/06 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 7 RdNr 14 f; Urteil vom 6.9.2006 - B 6 KA 43/05 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 5 RdNr 18), widersprechen, wenn Praxen mit halbem Versorgungsauftrag und Praxen mit vollem Versorgungsauftrag
in gleicher Weise zum ÄBD herangezogen würden. Der Senat hat deshalb für ein MVZ entschieden, dass dieses entsprechend dem
Umfang seiner Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung zum Notfalldienst heranzuziehen ist (BSG Urteil vom 11.12.2013 - B 6 KA 39/12 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 14 RdNr 23). Ebenso darf durch die Heranziehung zum ÄBD keine überproportionale Beanspruchung des Arztes
erfolgen. Dementsprechend darf beispielsweise die gleichzeitige Teilnahme eines Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen am vertragsärztlichen
und vertragszahnärztlichen Bereitschaftsdienst diesen nicht so belasten, als wäre er in vollem Umfang ärztlich und zahnärztlich
tätig (BSG Urteil vom 23.3.2016 - B 6 KA 7/15 R - SozR 4-2500 § 75 Nr 16 RdNr 22).
In Anwendung dieser Grundsätze kann nicht unberücksichtigt bleiben, dass Krankenhausärzte, jedenfalls soweit auf deren Arbeitsverhältnisse
ein Tarifvertrag wie zB der Tarifvertrag für Ärztinnen und Ärzte an kommunalen Krankenhäusern im Bereich der Vereinigung der
kommunalen Arbeitgeberverbände (TV-Ärzte/VKA) Anwendung findet, zur Teilnahme an Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft verpflichtet
sind (vgl § 10 Abs 1 und Abs 8 TV-Ärzte/VKA). Soweit daneben die Heranziehung zum vertragsärztlichen Bereitschaftsdienst erfolgen
würde, bestünde die Gefahr einer überproportionalen Belastung.
Jedenfalls aber spricht viel dafür, dass die Heranziehung zum ÄBD nur (genähert) im Umfang der Teilnahme des ermächtigten
Krankenhausarztes an der vertragsärztlichen Versorgung erfolgen darf. Bei der Ermächtigung gibt es anders als bei der Zulassung
gerade keinen quantifizierbaren Versorgungsauftrag (halb oder voll). Für den Umfang der Tätigkeit sind vielmehr der konkrete
Inhalt der Ermächtigung und die Nebenbestimmungen maßgebend. Daraus kann im Einzelfall auch eine ambulante Tätigkeit in sehr
geringem Umfang folgen. Das zeigt auch der konkrete Fall des Klägers deutlich: Der Durchschnittsumsatz der hessischen Urologen
im Quartal 1/2016 lag bei etwa 50 000 Euro, der Kläger hat mithin aus seiner Ermächtigung weniger als 1/10 des Umsatzes eines
Vertragsarztes erzielt, müsste aber ein Viertel der Belastung des Bereitschaftsdienstes eines solchen Arztes auf sich nehmen.
Es ist wenig naheliegend, dass ein solches Missverhältnis auch unter Berücksichtigung der Befugnis zur Pauschalierung mit
Art
3 Abs
1 GG vereinbar ist. Angesichts der grundsätzlichen Rechtswidrigkeit der Heranziehung von ermächtigten Krankenhausärzten kann dies
jedoch dahingestellt bleiben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
197a Abs
1 S 1 Teils 3
SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§
154 ff
VwGO. Danach hat die Beklagte die Kosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen (§
154 Abs
1 VwGO).