Gründe:
I
Im Streit ist (noch) die Übernahme von Zuzahlungen zur gesetzlichen Krankenversicherung sowie die Übernahme der Kosten für
eine Hippotherapie.
Die 1975 geborene Klägerin leidet an einem Louis-Bar-Syndrom, eine vererbte Systemerkrankung, von der insbesondere das Nervensystem,
die Blutgefäße von Augen und Haut und das Immunsystem betroffen sind. Im Zeitraum vom 22.2.2006 bis 14.6.2006 wurde auf privatärztliche
Verordnung eine Hippotherapie durchgeführt. Nach Abschluss der Therapie beantragte die Klägerin bei ihrer Krankenkasse (AOK
Rheinland-Pfalz) unter Vorlage einer Rechnung vom 19.6.2006 die Erstattung der Kosten für die durchgeführte Hippotherapie
in Höhe von 288 Euro. Die an den Beklagten zur Entscheidung weitergeleitete Erstattungsforderung lehnte dieser ab (Bescheid
vom 7.7.2006, Widerspruchsbescheid vom 20.12.2006). Auch verschiedene, von der AOK an ihn weitergeleiteten Anträge auf Erstattung
der in der gesetzlichen Krankenversicherung geleisteten Zuzahlungen lehnte er ab (Bescheid vom 8.6.2006, Widerspruchsbescheid
vom 29.12.2006; Bescheid vom 7.7.2006, Widerspruchsbescheid vom 29.12.2006; Bescheid vom 27.7.2006, Widerspruchsbescheid vom
27.12.2006). Klage und Berufung sind ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Speyer vom 19.11.2008, Urteil
des Landessozialgerichts [LSG] Rheinland-Pfalz vom 20.11.2009). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG die Auffassung
vertreten, eine Verpflichtung des Beklagten zur Erstattung von Zuzahlungen sei mit Wegfall der vollständigen Befreiung von
der Zuzahlungspflicht durch das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung entfallen. Auch Leistungsempfänger
nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) hätten bis zur Belastungsgrenze nach §
62 Abs
1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (
SGB V) Zuzahlungen zu leisten. Ein Erstattungsanspruch wegen der Kosten der durchgeführten Hippotherapie sei nicht gegeben, weil
die Voraussetzungen für die Übernahme der Kosten einer selbst beschafften Leistung nicht vorlägen. Der Klägerin sei es zumutbar
gewesen, sich vor Selbstbeschaffung der Leistung an den zuständigen Leistungsträger zu wenden und dort einen Antrag auf Gewährung
der begehrten Leistung zu stellen. Im Übrigen scheitere ein Erstattungsanspruch daran, dass die Hippotherapie nach § 54 Abs
1 SGB XII als Eingliederungshilfe nicht übernahmefähig sei und eine Kostenübernahme nach §
55 Abs
2 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (
SGB IX) daran scheitere, dass die Hippotherapie direkt an der Behandlung der behinderungsbedingten Störung ansetze und somit nicht
unter den Anwendungsbereich des §
55 SGB IX falle.
Mit ihrer Beschwerde macht die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend. Soweit es die Zuzahlungen betreffe,
stelle sich die grundsätzliche Rechtsfrage, ob zur Schließung einer Gesetzeslücke bei Betroffenen, die - wie die Klägerin
- "von Jugend an an einer erblich bedingten, zu einer Behinderung mit einem Grad von 100 führenden unheilbaren und lebensbedrohlichen
Erkrankung leiden und die weder durch ihre Lebensführung den Ausbruch dieser Krankheit verhindern können, noch durch therapiegerechtes
Verhalten ihre Behandlung und die damit verbundenen Kosten beeinflussen oder steuern können, entsprechend den Regelungen der
§§ 32, 82 Abs. 2 Ziff 2 und 3 SGB XII zu entlasten sind". Die Beantwortung dieser Frage sei für den vorliegenden Fall entscheidungserheblich,
soweit die Übernahme von Zuzahlungen abgelehnt worden sei.
Von grundsätzlicher Bedeutung sei auch die Frage, ob die Klägerin einen Anspruch auf Übernahme der Kosten einer durchgeführten
Hippotherapie nach §
54 SGB XII oder §
55 Abs
2 SGB IX habe, wie dies das Bundessozialgericht (BSG) im Urteil zur Petö-Therapie vom 29.9.2009 (SozR 4-3500 § 54 Nr 6) für diese
Therapie angenommen habe. Damit zusammenhängend sei zu klären, ob die Klägerin auf die vorrangige Inanspruchnahme der gesetzlichen
Krankenversicherung verwiesen werden könne und vor der Durchführung der Therapie die Entscheidung des Rehabilitationsträgers
habe abwarten müssen. Maßgebend sei, ob die Hippotherapie einen Beitrag zur Teilhabe der Klägerin am Leben in der Gemeinschaft
ermöglichen könne. Das LSG habe seiner Entscheidung insoweit die gutachterliche Stellungnahme des Prof. Dr. S. vom 16.2.2004
zu Grunde gelegt, hieraus allerdings (zu Unrecht) gefolgert, dass danach die Hippotherapie "direkt an der Behandlung der behinderungsbedingten
Störung" ansetze, somit eine medizinische Leistung vorliege, für die der Ausschluss im Leistungsumfang der Krankenkassen maßgebend
sei. Auch stelle sich die weitere grundsätzliche Frage, ob angesichts der Möglichkeit einer Überschneidung der medizinischen
Rehabilitation mit der sozialen Rehabilitation in den Fällen, in denen eine Beseitigung der Störung nicht mehr möglich sei,
die Maßnahme aber dennoch an der Behandlung der behinderungsbedingten Störung ansetze, die Kostenübernahme hierfür unter Hinweis
auf den abschließenden Katalog medizinischer Rehabilitationsleistungen vom Anwendungsbereich der §
54 SGB XII, §
55 SGB IX ausgeschlossen werden dürfe. Die Beantwortung dieser Fragen sei auch entscheidungserheblich, da davon der Erstattungsanspruch
der Klägerin gegenüber der Beklagten abhänge.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) nicht in der erforderlichen Weise dargelegt ist (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG). Der Senat konnte deshalb über die Beschwerde ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2
SGG iVm §
169 SGG entscheiden.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus
- aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig
ist. Ein Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb deren Klärung aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung
dieser Rechtsfragen erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht zu genügen, muss er mithin eine konkrete Rechtsfrage aufwerfen,
ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den
Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (so genannte Breitenwirkung) darlegen (vgl nur BSG
SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Diesen Anforderungen wird die vorliegende Beschwerdebegründung nicht gerecht. Zwar werden verschiedene Rechtsfragen formuliert,
die weiteren Ausführungen genügen aber nicht den Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung.
So lassen die Ausführungen zu den Zuzahlungen keine Aussage über die Klärungsfähigkeit der aufgeworfenen Rechtsfrage zu. Abgesehen
davon, dass schon nicht deutlich wird, inwieweit andere Personenkreise die Leistungen von Zuzahlungen "steuern" können, genügt
es zur Darlegung der Klärungsfähigkeit nicht, auf Sinn und Zweck der Zuzahlungsregelung zu verweisen und ohne weitere Auseinandersetzung
mit der Rechtslage hieraus auf eine angebliche Lücke im Gesetz zu schließen. Die Klägerin hätte sich vielmehr zunächst mit
der Regelsatzverordnung (RSV) und der Gesetzesentwicklung auseinandersetzen müssen, weil (erst) seit dem 1.1.2004 Sozialhilfeempfänger wie alle sonstigen
gesetzlichen Versicherten Zuzahlungen von bis zu 2 vH ihres Bruttoeinkommens, chronisch Kranke bis 1 vH ihres Bruttoeinkommens,
zu erbringen haben und dementsprechend § 38 Abs 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) gestrichen und § 1 Abs 1 Satz 2 RSV dahingehend geändert wurde, dass die Wörter "sowie für Körperpflege und für Reinigung" durch die Wörter "für Körperpflege,
für Reinigung sowie die Leistungen für Kosten bei Krankheit, bei vorbeugender und bei sonstiger Hilfe, soweit sie nicht nach
den §§ 36 bis 38 des Gesetzes übernommen werden" ersetzt wurden (Art 29 GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 - BGBl I
2190). Sie hätte sodann Ausführungen dazu machen müssen, weshalb trotz der Gesetzesentwicklung, des Wortlauts der einschlägigen
Normen und der gesetzgeberischen Zielsetzung von einer Gesetzeslücke auszugehen ist und in diesem Zusammenhang auch erläutern
müssen, warum ihr Existenzminimum durch die Zuzahlungen unterschritten und es deshalb unzumutbar ist, diese Aufwendungen aus
dem Regelsatz zu decken. Nur ergänzend sei darauf hingewiesen, dass der Senat mit Urteil vom 16.12.2010 - B 8 SO 7/09 R -
einen Anspruch auf Übernahme von Zuzahlungen zu Arzneimitteln und Praxisgebühren (bis zur jährlichen Belastungsgrenze) bei
Empfängern von Leistungen nach dem SGB XII verneint hat.
Soweit es die Rechtsfrage betrifft, ob die Hippotherapie als Leistung zur Teilhabe am Leben in der Gesellschaft anerkannt
werden kann, fehlen ebenfalls ausreichende Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit und zur Klärungsfähigkeit. Die Klägerin
räumt selbst ein, dass das LSG - gestützt auf die Angaben von Prof. Dr. S. - die Auffassung vertreten habe, dass die Hippotherapie
direkt an der Behandlung der behinderungsbedingten Störung ansetze und somit eine medizinische Leistung vorliege. Die Frage
der Überschneidung von medizinischer und sozialer Rehabilitation, wie sie von der Klägerin aufgeworfen wird, stellt sich damit
nicht. Ob das Urteil des LSG richtig ist, insbesondere ob das Gutachten von Prof. Dr. S. richtig gewürdigt wurde, ist hingegen
eine reine Tatfrage, die nicht Gegenstand einer Nichtzulassungsbeschwerde sein kann. Damit entfällt auch die Klärungsbedürftigkeit
der weiteren Frage grundsätzlicher Bedeutung, die ebenfalls auf die "Überschneidung der medizinischen Rehabilitation mit der
sozialen Rehabilitation" abstellt. Soweit die Klägerin die Auffassung vertreten sollte, dass in der gesetzlichen Krankenversicherung
ausgeschlossene medizinische Rehabilitationsleistungen unter den Anwendungsbereich des SGB XII fallen können, hätte sie sich
zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit mit den von ihr selbst zitierten Entscheidungen des Senats zur Petö-Therapie vom 29.9.2009
(SozR 4-3500 § 54 Nr 6) und zu den Hörgerätebatterien vom 19.5.2009 (BSGE 103, 171 ff = SozR 4-3500 § 54 Nr 5) auseinandersetzen müssen. Dort hat der Senat einen Anspruch auf Leistungen der medizinischen
Rehabilitation mit der Begründung verneint, dass nach § 54 Abs 1 Satz 2 SGB XII Leistungen der medizinischen Rehabilitation
mit den Leistungen der Krankenversicherung so verknüpft sind, dass sie nach Art und Umfang nicht über die Leistungen des
SGB V hinausgehen (dürfen). Sie hätte deshalb darlegen müssen, warum insoweit weiterer Klärungsbedarf besteht. Schließlich fehlen
aber zu beiden genannten Rechtsfragen jegliche Ausführungen zur Entscheidungserheblichkeit. Diese wird nur behauptet. Hier
hätte die Klägerin zumindest darlegen müssen, dass bei Ansetzen eines individuellen Maßstabs (vgl BSG SozR 4-3500 § 54 Nr
6 RdNr 22 f) die Hippotherapie zur sozialen Rehabilitation überhaupt geeignet wäre.
Damit erübrigen sich auch Ausführungen zu der Frage, ob die Klägerin auf die vorrangige Inanspruchnahme der gesetzlichen Krankenversicherung
verwiesen werden kann und vor der Durchführung der Therapie die Entscheidung des Rehabilitationsträgers abwarten musste.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.