Gründe
I
Der Kläger beansprucht in der Hauptsache mit Wirkung ab dem 11.6.2016 die Feststellung eines Grades der Behinderung (GdB)
von mindestens 50 anstelle von bisher 40. Diesen Anspruch hat das LSG verneint (Urteil vom 21.5.2019). Nachdem der Bescheid des Beklagten vom 7.6.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.9.2016, mit dem der mit Bescheid
vom 4.7.2007 wegen einer Funktionsbehinderung des Hüftgelenks beidseitig mit beidseitigem Kunstgelenkersatz festgesetzte GdB
von 40 auf 20 herabgesetzt worden sei, vom SG aufgehoben worden sei, sei Streitgegenstand des Berufungsverfahrens nur noch das Begehren des Klägers auf Heraufsetzung des
bei ihm bereits festgestellten GdB von 40 auf mindestens 50 mit Wirkung ab dem 11.6.2016. Maßgeblich für dieses Verpflichtungsbegehren
sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Nach den zu diesem Zeitpunkt geltenden Versorgungsmedizinischen
Grundsätzen (VMG) der Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) sei gemäß Teil B 18.12 für die Versorgung des Klägers mit beidseitiger Hüftprothese von einem Einzel-GdB von 20 auszugehen.
Für die bei ihm zusätzlich noch vorliegende Funktionsstörung in Gestalt einer Alkoholabhängigkeit mit depressiven Komponenten
sei vom SG zutreffend in Übereinstimmung mit dem gehörten Sachverständigen nach Teil B 3.8 VMG ein Einzel-GdB von 30 bestimmt worden.
Ob durch die eingesetzte Knieprothese eine relevante Funktionsbeeinträchtigung verblieben sei, könne nicht festgestellt werden,
weil der Kläger diesbezüglich ausdrücklich keine medizinischen Unterlagen habe einreichen wollen. Könnten beim Kläger demnach
als gesichert nur eine Funktionsbeeinträchtigung der Hüfte mit einem GdB von 20 und eine Funktionsbeeinträchtigung der Psyche
mit einem GdB von 30 festgestellt werden, komme nach Teil A 3.d ee VMG die vom Kläger begehrte Bildung eines Gesamt-GdB von
50 nicht in Betracht.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde beim BSG eingelegt. Er macht als Zulassungsgrund die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend.
II
Die Beschwerde des Klägers ist unzulässig. Seine Begründung vom 7.8.2019 genügt nicht der gesetzlich vorgeschriebenen Form,
weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG) nicht in der hierfür erforderlichen Weise dargelegt worden ist (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
Eine Rechtssache hat nur dann grundsätzliche Bedeutung im Sinne von §
160 Abs
2 Nr
1 SGG, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die über den Einzelfall hinaus aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des
Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist.
Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung
angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen
der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung
erwarten lässt. Ein Beschwerdeführer muss daher, um seiner Darlegungspflicht zu genügen, eine Rechtsfrage, ihre (abstrakte)
Klärungsbedürftigkeit, ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) sowie die über den Einzelfall hinausgehende
Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) darlegen (zum Ganzen vgl Senatsbeschluss vom 10.9.2018 - B 9 SB 40/18 B - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 2.5.2017 - B 5 R 401/16 B - juris RdNr 6).
Der Vortrag des Klägers genügt diesen Anforderungen nicht.
Er trägt vor, die Entscheidung des LSG beruhe auf den Fragen,
"ob für die Feststellung der Höhe des Gesamtgrades der Behinderung des Klägers die zum Zeitpunkt der Antragstellung geltende
3. Fassung der Versorgung Medizin-Verordnung heranzuziehen ist und der Beklagte deshalb von Amts wegen ein Abänderungsverfahren
auf der Grundlage des § 48 SGB X einleiten muss, sobald sich die Versorgungsmedizin-Verordnung bezüglich der Bewertung des Grades der Behinderung für einzelne gesundheitliche Beeinträchtigungen ändert",
"ob der Beklagte bei der Begründung des Gesamtgrades der Behinderung auf die bei Implantation der künstlichen Gelenke geltende
Vorschrift zur Bewertung des Grades der Behinderung (hier Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht
und nach dem Schwerbehindertenrecht) oder auf die zum Zeitpunkt der Antragstellung oder des von Amts wegen eingeleiteten Verfahrens
nach § 48 SGB X geltende Vorschrift (hier: 3. Änderungsverordnung zur Versorgungsmedizin-Verordnung) zurückgreifen muss",
"ob der Beklagte berechtigt war wegen eines Änderungsantrages vom Amts wegen ein Abänderungsverfahren nach § 48 SGB X ohne eine gesonderte Anhörung des Klägers zu dessen Nachteil durchzuführen".
Der Senat lässt offen, ob der Kläger damit abstrakt-generelle Rechtsfragen iS des §
160 Abs
2 Nr
1 SGG in hinreichend klarer Formulierung bezeichnet hat. Ebenso dahingestellt bleiben kann, ob er deren Klärungsbedürftigkeit dargelegt
hat. Denn er hat bereits die Klärungsfähigkeit der Fragen nicht dargetan. Der Kläger trägt in seiner Beschwerdebegründung
selbst vor, dass die Vorinstanzen den Bescheid des Beklagten vom 7.6.2016 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 7.9.2016,
mit welchem der GdB von 40 auf 20 herabgesetzt worden ist, insoweit aufgehoben haben. Er versäumt es aber aufzuzeigen, warum
in dem angestrebten Revisionsverfahren die vom ihm in diesem Kontext noch (sinngemäß) aufgeworfenen Fragestellungen, ob die
Versorgungsverwaltung eine Änderung der zu § 2 der VersMedV ergangenen Anlage (AnlVersMedV = VMG) zum Anlass nehmen dürfe oder gar müsse, ein Verfahren von Amts wegen auf Herabsetzung des Gesamt-GdB durchzuführen, ob die
Versorgungsverwaltung einen Änderungsantrag zum Anlass für die Durchführung eines solchen Verfahrens nehmen könne und ob die
Versorgungsverwaltung in seinem solchen Verfahren auf eine Anhörung verzichten dürfe, in einem zukünftigen Revisionsverfahren
überhaupt noch entscheidungserheblich sein könnten. Nähere Ausführungen zur Klärungsfähigkeit dieser Fragen wären hier schon
deshalb notwendig gewesen, weil der Streitgegenstand (vgl §
123 SGG) im Berufungsverfahren nur noch die vom Kläger beanspruchte Feststellung eines Gesamt-GdB von mehr als 40 mit Wirkung ab dem
11.6.2016 ist.
Vor diesem Hintergrund fehlen auch Darlegungen zur Klärungsfähigkeit der weiteren vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob die Versorgungsverwaltung
bei der Entscheidung über die Höhe des GdB im Rahmen eines Verpflichtungsbegehrens auf Basis der jeweils geltenden Fassung
der VersMedV bzw der AnlVersMedV (= VMG) entscheiden oder ob sie bei Implantation von künstlichen Gelenken auf die zu diesem Zeitpunkt
geltenden Vorschriften (hier: Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach
dem Schwerbehindertenrecht - AHP) zurückgreifen muss. Eingehender Begründungsbedarf wäre hier schon deshalb erforderlich,
weil eine Klage, mit welcher ein Kläger - wie hier - die Verurteilung der Versorgungsverwaltung zur Feststellung einer Behinderung
und des Grades der durch sie bewirkten Gesamtbehinderung betreibt, eine mit der Anfechtung des Verwaltungsakts der Versorgungsverwaltung
einhergehende Verpflichtungsklage ist, da die Feststellung des GdB durch die Behörden der Versorgungsverwaltung zu erfolgen
hat. Dabei handelt es sich um einen Sonderfall der Leistungsklage. Für eine derartige Klage ist die Sach- und Rechtslage zum
Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz bzw bei - wie hier - einer Entscheidung ohne mündliche
Verhandlung der Zeitpunkt der LSG-Entscheidung maßgeblich (vgl stRspr, zB Senatsurteil vom 2.12.2010 - B 9 SB 3/09 R - SozR 4-3250 § 69 Nr 12 RdNr 24; Senatsurteil vom 12.4.2000 - B 9 SB 3/99 R - SozR 3-3870 §
3 Nr 9 S 21 f; vgl auch Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl 2017, §
54 RdNr 34). Aus welchem Grund bezogen auf den hier in der Hauptsache vom Kläger im Rahmen einer Verpflichtungsklage nur noch geltend
gemachten Anspruch auf Feststellung eines Gesamt-GdB von mindestens 50 mit Wirkung ab 11.6.2016 insbesondere für die Beurteilung
des Einzel-GdB aus der Funktionseinschränkung der Hüftgelenke durch die beidseitige Hüftprothese nicht auf Teil B Nr 18.12
VMG zurückgegriffen werden, sondern unter Heranziehung der lediglich bis zum 31.12.2008 maßgebenden Nr 26.18 der MdE/GdB-Tabelle
der AHP zu entscheiden sein soll, zeigt der Kläger nicht substantiiert auf. Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass so genannte
Einzel-GdB, die den GdB separat für eine einzelne Erkrankung bzw Funktionseinschränkung in einem Bescheid ausweisen, nur Begründungselemente
(§ 35 SGB X) des Gesamt-GdB sind; nur letzterer steht im Verfügungssatz des Bescheids und hat Feststellungswirkung (Senatsbeschluss vom 1.6.2015 - B 9 SB 10/15 B - juris RdNr 8). Auch mit den Auswirkungen dieser Rechtsprechung des Senats auf den vorliegenden Fall setzt sich der Kläger in seiner Beschwerdebegründung
nicht auseinander.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.