Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im sozialgerichtlichen Verfahren
Gründe:
Der Kläger hat persönlich mit Schreiben vom 19. Dezember 2005, eingegangen bei dem Bundessozialgerichts (BSG) am 22. Dezember
2005, gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Hessischen Landessozialgerichts (LSG) vom 18. November 2005,
ihm zugestellt am 25. November 2005, Beschwerde eingelegt sowie Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines
Rechtsanwalts beantragt. Gleichzeitig hat er um Übersendung eines Formulars für die Erklärung über seine persönlichen und
wirtschaftlichen Verhältnisse gebeten. Dem ist die Geschäftsstelle des BSG unter dem 28. Dezember 2005 nachgekommen. Eine
vom 3. Januar 2006 datierende ausgefüllte Formularerklärung ist am 4. Januar 2006 bei dem BSG eingegangen. Auf zweimalige
Nachfrage des Senats, ob er ggf ohne Verschulden an der rechtzeitigen Übersendung der Formularerklärung gehindert gewesen
sei, hat der Kläger zunächst ausgeführt, das Formular versehentlich an das Sozialgericht (SG) Kassel gesandt zu haben. Später hat er ergänzend darauf hingewiesen, den Erklärungsvordruck erst am 30. Dezember 2005 vom
BSG erhalten zu haben.
Der Prozesskostenhilfeantrag des Klägers ist abzulehnen, weil die beabsichtigte Nichtzulassungsbeschwerde keine hinreichende
Aussicht auf Erfolg iS von §
73a Abs
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) iVm §
114 Zivilprozessordnung (
ZPO) hat. Insoweit ist bereits die Monatsfrist für eine formgerechte Einlegung der Beschwerde abgelaufen (vgl §
160a Abs
1 SGG). Zwar kann eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (vgl §
67 SGG) in Betracht kommen, wenn ein Beteiligter infolge seiner Mittellosigkeit gehindert war, eine Beschwerde fristgerecht durch
einen vor dem BSG zugelassenen Rechtsanwalt einzulegen. Dieses gilt allerdings nur dann, wenn innerhalb der Beschwerdefrist
nicht nur ein Prozesskostenhilfeantrag, sondern auch eine Erklärung iS des §
117 Abs
2 ZPO über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem gemäß §
117 Abs
4 ZPO vorgeschriebenen Vordruck eingereicht wird (vgl BSG in SozR 1750 §
177 Nr
1). Das ist hier nicht geschehen.
Zwar wäre eine spätere Wiedereinsetzung auch dann möglich, wenn der Kläger an der rechtzeitigen Abgabe der Erklärung über
die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse ohne Verschulden gehindert war (vgl §
67 SGG). Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden. Auf die rechtzeitige Einreichung des Prozesskostenhilfeantrags sowie der dazu
erforderlichen Erklärung ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung des angegriffenen Urteils hingewiesen worden. Gleichwohl
hat er erst mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2005, eingegangen beim BSG am Donnerstag, dem 22. Dezember 2005, also zwei Tage
vor dem durch die Weihnachtsfeiertage verlängerten Wochenende und damit fünf Tage vor dem Ablauf der Beschwerdefrist (Fristende:
27. Dezember 2005), Prozesskostenhilfe ohne die weiteren insoweit erforderlichen Unterlagen beantragt. Nun steht es dem Kläger
zwar frei, die Rechtsmittelfrist und damit auch die Frist zur Abgabe eines vollständigen Prozesskostenhilfeantrags weitestgehend
auszuschöpfen. Kurz vor Fristablauf erhöht sich allerdings seine Sorgfaltspflicht. Er kann sich daher nicht darauf berufen,
dass die nochmalige Aufklärung über die Erfordernisse eines ordnungsgemäßen Prozesskostenhilfeantrages oder die Übersendung
der einschlägigen Formulare durch das BSG infolge der Feiertage nicht mehr zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, der ihm noch eine
rechtzeitige Übersendung des fehlenden Erklärungsvordrucks ermöglicht hätte.
Eine aus der Ausschöpfung der Frist folgende Versäumung weiterer fristgebundener Prozesshandlungen kann zumindest dann nicht
dem Organisationsbereich des Gerichts zugeordnet und damit als unverschuldet iS des §
67 Abs
1 SGG angesehen werden, wenn der Antrag - wie hier - erst am vorletzten Arbeitstag vor dem Tag des Fristablaufs eingeht. Dieses
gilt selbst dann, wenn mit der Einlegung der Beschwerde zugleich die Übersendung des Prozesskostenhilfeformulars erbeten worden
ist. Liegt einem Beteiligten der Erklärungsvordruck nach §
117 Abs
4 ZPO nicht vor, so gehört es zu seinen prozessualen Sorgfaltspflichten, sich so rechtzeitig um die Beschaffung des Formulars zu
bemühen, dass die Einhaltung der Frist gelingen kann. Hat er dies unterlassen, müssen Gründe dargelegt werden, warum es nicht
möglich gewesen ist.
Der Kläger hat keine Gründe angegeben, die die Annahme nahe legen könnten, er habe die Frist zur Vorlage der Erklärung über
die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse - etwa wegen eines unvorhergesehenen Ereignisses am Tag des Fristablaufs
- ohne Verschulden versäumt. Insbesondere ist eine entsprechende Begründung auch nach den nochmaligen Hinweisen auf die Versäumung
dieser Frist in den Schreiben des Senats vom 3. und 12. Januar 2006 nicht erfolgt. Dem Vorbringen des Klägers lässt sich nur
entnehmen, dass er das Formular am 30. Dezember 2005 vom BSG erhalten und am 3. Januar 2006 ausgefüllt abgesandt habe. In
dieser Zeit war eine rechtzeitige Einreichung der Erklärung ohnehin nicht mehr möglich. Hinderungsgründe für die Zeit bis
zum 27. Dezember 2005 sind benannt worden.
Selbst wenn man jedoch davon ausginge, es falle in den gerichtsorganisatorischen Bereich, dass dem Kläger nicht sogleich bei
Eingang des formlosen Prozesskostenhilfeantrags am 22. Dezember 2005 der erforderliche Vordruck übersandt worden ist und der
Kläger die Erklärung, damit bis zum Ablauf des 27. Dezember 2005 beim BSG formgerecht hätte zurückreichen können, wäre dem
Kläger gleichwohl keine Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Es mangelt hinsichtlich der beabsichtigten Rechtsverfolgung auch
in der Sache an hinreichender Aussicht auf Erfolg. Es liegt hier klar auf der Hand, dass der Kläger letztlich nicht erreichen
kann, was er mit dem Prozess erreichen will. In einem solchen Fall ist Prozesskostenhilfe von vorn herein zu versagen, ohne
das Vorliegen von Zulassungsgründen weiter zu prüfen (vgl BSG Beschlüsse vom 2. Februar 1993 - 11 BAr 109/92; vom 8. August 1994 - 9 BV 93/94). Prozesskostenhilfe hat nicht den Zweck, Bedürftigen die Durchführung solcher Verfahren zu ermöglichen, welche im Ergebnis
nicht zu ihrem Vorteil ausgehen können, die also ein vernünftiger Rechtsuchender nicht auf eigene Kosten führen würde (vgl
BSG SozR 3-6610 Art 5 Nr 1; Beschluss vom 12. Juni 1998 - B 8 KN 2/98 B; Beschluss vom 17. Dezember 2001 - B 7 AL 218/01 B; BVerfG NJW 1997, 2745). So liegt der Fall hier.
Das LSG hat durch Beschluss vom 18. November 2005 das Urteil des SG vom 14. Juli 2005 zu Recht bestätigt. Der Rechtsstreit S 13 V 897/02 ist vor dem SG durch Annahme eines Angebots des Beklagten zur Bezeichnung der Schädigungsfolgen (Schriftsatz des Beklagten vom 23. Oktober
2002) und Klagerücknahme beendet worden. Der Kläger muss sich den Inhalt des Schriftsatzes seiner damals ordnungsgemäßen bevollmächtigten
Vertreterin vom 7. November 2002, beim SG eingegangen am 8. November 2002, zurechnen lassen (vgl §
73 Abs
4 SGG iVm §
85 ZPO), auch wenn er selbst mit der prozessbeendenden Erklärung seiner Prozessbevollmächtigten nicht einverstanden war. Hieran
ändert die spätere Entziehung der Vollmacht nichts. Diese erfolgte erst nach der Klagerücknahme.
Da dem Kläger keine Prozesskostenhilfe zusteht, kann er auch keine Beiordnung eines Rechtsanwalts beanspruchen (§
121 ZPO).
Die von dem Kläger persönlich angebrachte Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig
zu verwerfen, da sie nicht von einem vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 166
SGG) eingelegt worden ist (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2 iVm §
169 SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des §
193 SGG.