Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin für den Besuch eines Gymnasiums nach §
2 Abs.
1 a Satz 1 Nr.
1
BAföG Ausbildungsförderung beanspruchen kann.
Die 1976 in B. geborene Klägerin besuchte bis September 1990 das dortige Gymnasium. 1990 verzog sie mit ihren Eltern nach
Brasilien und besuchte dort bis zu ihrem High-School-Abschluß am 9. Juni 1994 die Escola Americana do R. Seit dem 22. August
1994 besuchte die Klägerin in der Bundesrepublik Deutschland die Klasse 12 des S. R.-Gymnasiums in H.
Den Antrag der Klägerin, ihr für den Besuch der vorbezeichneten Schule Ausbildungsförderung zu gewähren, lehnte der Beklagte
ab: Eine Nachfrage beim deutschen Generalkonsulat in R. habe ergeben, daß zahlreiche vergleichbare Schulen von der Wohnung
der Eltern aus erreichbar seien. Dem widersprach die Klägerin: Ihr amerikanischer High-School-Abschluß werde nach Auskunft
des Oberschulamtes S. bestenfalls als Realschulabschluß anerkannt. An keiner Schule in R. und Umkreis bestehe die Möglichkeit,
einen Abschluß zu erwerben, der in Deutschland als Hochschulzugangsberechtigung anerkannt werde. Mit Bescheid vom 10. Juli
1995 wies das Regierungspräsidium S. den Widerspruch zurück: Ein Abschluß der High-School in Verbindung mit einem zweijährigen
Studium am College berechtige zum Studium an einer deutschen Hochschule. Diese Abschlußkombination entspreche deshalb dem
deutschen Abitur. Da nach Auskunft des Generalkonsulats in unmittelbarer Nähe des Wohnorts der Eltern der Klägerin zahlreiche
Colleges existierten, seien die Förderungsvoraussetzungen nicht gegeben.
Die darauf erhobene Klage, gerichtet auf Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin Ausbildungsförderung in gesetzlicher Höhe
für den Besuch des S. R.-Gymnasiums in H. im Schuljahr 1994/95 ab September 1994 zu gewähren, hatte in beiden Rechtszügen
Erfolg. Der Verwaltungsgerichtshof hat sein die Berufung des Beklagten zurückweisendes Urteil wie folgt begründet:
§
2 Abs.
1 a Satz 1 Nr.
1
BAföG bringe mit der Beschränkung der Schülerförderung auf Fallgestaltungen, in denen eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte
von der Wohnung der Eltern nicht erreichbar ist, zum Ausdruck, daß die Finanzierung der Ausbildung bis zum Abschluß der Allgemeinbildung
originäre und vorrangige Aufgabe der Eltern und nicht des Staates sei. Diesem Grundgedanken entsprechend gelte §
2 Abs.
1 a Satz 1 Nr.
1
BAföG auch für Auszubildende, deren Eltern im Ausland wohnten, mit der Wirkung, daß sie grundsätzlich auf den Besuch einer Ausbildungsstätte
im Wohnsitzland der Eltern verwiesen seien; §
6
BAföG begründe keinen Vorrang für eine allgemeinbildende Schule im Bundesgebiet. Der Auszubildende könne aber auf die Inanspruchnahme
ausländischer Ausbildungsstätten nur dann verwiesen werden, wenn die ihm dort vermittelte Ausbildung seinem Anspruch auf angemessene
Schulbildung Rechnung trage und ihm insbesondere auch ermögliche, später wieder in Deutschland zu leben.
Ausgehend von diesen Grundsätzen stehe der Klägerin der geltend gemachte Anspruch zu. Nach den im Verwaltungsverfahren eingeholten
Auskünften des Deutschen Generalkonsulats und der vom Senat angeforderten Stellungnahme der Zentralstelle für ausländisches
Bildungswesen stehe für den Senat fest, daß die Klägerin von der Wohnung der Eltern aus keine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte
habe erreichen können. Die Klägerin habe die ihr in Brasilien zur Verfügung stehenden schulischen Bildungsmöglichkeiten ausgeschöpft;
eine weiterführende allgemeinbildende Schule, auf deren Besuch die Klägerin verwiesen werden könnte, bestehe nicht. Entgegen
der Auffassung des Beklagten könne die Klägerin auch nicht darauf verwiesen werden, zunächst in Brasilien ein zweijähriges
Hochschulstudium zu absolvieren, um damit die deutsche Hochschulzugangsberechtigung zu erwerben. Brasilianische Hochschulen
seien anderer Art als Gymnasien und könnten schon von daher keine entsprechende Ausbildungsstätte i.S. von §
2 Abs.
1 a Satz 1 Nr.
1
BAföG sein. Vor allem aber würde die Klägerin damit auf eine Ausbildung verwiesen, die für sie mit erheblichen Belastungen und
Nachteilen verbunden sei (Ablegen einer Hochschulaufnahmeprüfung mit u.U. erheblichem Vorbereitungsbedarf, insbesondere im
Bereich portugiesischer Sprachkenntnisse; Risiko der Anrechnung dieser Ausbildungszeit auf die Förderungshöchstdauer; Probleme
im Falle eines Fachrichtungswechsels). Das sei für die Klägerin unzumutbar.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten, mit der er seinen Klagabweisungsantrag weiterverfolgt. Er rügt
Verletzung materiellen Rechts.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil.
II.
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet, so daß sie zurückzuweisen ist (§ 144 Abs. 2 VwG0). Die Annahme des Berufungsgerichts,
die Klägerin könne für den Besuch der Klasse 12 des S. R.-Gymnasiums in H. im Schuljahr 1994/95 nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr.
1 i.V.m. Abs.
1 a Satz 1 Nr. 1
BAföG in der hier anzuwendenden Fassung des Art. 5 des Zweiten Gesetzes zur Umsetzung des Spar-, Konsolidierungs- und Wachstumsprogramms (2. SKWPG) vom 21. Dezember 1993 (BGBl
I S. 2374) Ausbildungsförderung dem Grunde nach beanspruchen, verletzt Bundesrecht nicht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwG0).
Ausbildungsförderung wird nach §
2 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1
BAföG geleistet u.a. für den Besuch von weiterführenden allgemeinbildenden Schulen ab Klasse 10, wenn der Auszubildende die Voraussetzungen
des Absatzes 1 a erfüllt, von denen im vorliegenden Fall die des Absatzes 1 a Satz 1 Nr. 1 einschlägig sind, daß der Auszubildende
nicht bei seinen Eltern wohnt und von der Wohnung der Eltern aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar
ist. Im Ergebnis zu Recht hat der Verwaltungsgerichtshof entschieden, daß diese Voraussetzungen im Falle der Klägerin erfüllt
sind. §
2 Abs.
1 a
BAföG ist durch das 12.
BAföG-Änderungsgesetz vom 22. Mai 1990 (BGBl I S. 936) eingefügt worden, um die zuvor in verschiedenen, in den §§
2,
10,
12 und 68 Abs. 2
BAföG enthaltenen Teilregelungen über die Förderungsfähigkeit einer Ausbildung aus Gründen der Vereinfachung und besseren Übersichtlichkeit
des Gesetzes in § 2 Abs. 1 und 1 a zusammenzufassen (vgl. Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. 11/5961, S. 18). Die
hier streitgegenständliche Regelung in Nummer 1 war bis dahin inhaltsgleich in § 68 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. §
12 Abs.
2 Satz 2 Nr.
1
BAföG enthalten. Bei der Frage, ob nach §
2 Abs.
1 a Satz 1 Nr.
1
BAföG ein Anspruch auf Ausbildungsförderung dem Grunde nach besteht, kann mithin auf die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts
entwickelten Grundsätze zur Auslegung des § 68 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. §
12 Abs.
2 Satz 2 Nr.
1
BAföG zurückgegriffen werden. Danach ist eine der tatsächlich besuchten Ausbildungsstätte entsprechende Ausbildungsstätte vorhanden,
wenn auch die von der Wohnung der Eltern aus erreichbare Ausbildungsstätte nach Lehrstoff und Bildungsgang zu dem angestrebten
Ausbildungs- und Erziehungsziel führt (BVerwGE 51, 354, 356 unter Bezugnahme auf die Begründung zum Regierungsentwurf, BT-Drucks. VI/1975, S. 27 zu §
12 Abs.
2
BAföG, und Urteil vom 21. Juni 1990 - BVerwG 5 C 3.88 -, Buchholz 436.36 § 68
BAföG Nr. 11 S. 8 = NVwZ-RR 1990, 611 m.w.N.; ebenso Tz. 12.2.7 Abs. 1 BAföGVwV).
Die Klägerin besucht ein deutsches Gymnasium, um mit dem deutschen Abitur die allgemeine Hochschulreife für den Besuch deutscher
Hochschulen zu erwerben. Diese Wahl der Klägerin hat das Ausbildungsförderungsrecht als solche hinzunehmen. Zu Recht hat das
Berufungsgericht insoweit auf die grundrechtlich fundierte Befugnis der Klägerin als deutscher Staatsangehöriger hingewiesen,
mit Erreichen der Mündigkeit ihr Leben eigenverantwortlich zu bestimmen und ggf. auch allein nach Deutschland zurückzukehren,
um dort eine ihrer Neigung, Eignung und Leistung entsprechende Ausbildung als Grundlage einer späteren eigenständigen beruflichen
Existenz zu erwerben (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 5. Juni 1997 - BVerwG 5 C 4.96 -, Buchholz 436.0 § 119
BSHG Nr. 3 S. 11). Die Entscheidung der Klägerin für den Erwerb der allgemeinen deutschen Hochschulreife ist zudem aus der Sicht
des auf Ausbildungsförderung angewiesenen Auszubildenden nahezu zwingend, weil jedenfalls für den Besuch von Hochschulen (§
2 Abs.
1 Satz 1 Nr.
6
BAföG) Ausbildungsförderung grundsätzlich nur geleistet wird, wenn die Ausbildung an einer Hochschule im Inland stattfindet (vgl.
§§
4,
6
BAföG und BVerwGE 59, 1 ,5).
Weiterführende allgemeinbildende Schulen, die nach Art eines deutschen Gymnasiums die allgemeine Hochschulreife vermitteln,
gibt es - so hat das Berufungsgericht nach Maßgabe des §
137 Abs.
2
VwGO für das Bundesverwaltungsgericht bindend festgestellt - in Brasilien nicht. Damit fehlt es an einer der tatsächlich besuchten
Ausbildungsstätte entsprechenden Ausbildungsstätte am Wohnort der Eltern. Denn §
2 Abs.
1 a Satz 1 Nr.
1
BAföG setzt nach seinem eindeutigen Wortlaut voraus, daß die miteinander zu vergleichenden Außbildungstätten der gleichen, in §
2 Abs.
1 Satz 1 Nr.
1
BAföG bezeichneten Ausbildungsstättenart zugehören (vgl. Wilts, in: Rothe/Blanke,
BAföG, 5. Aufl., Stand: 31. Juli 1998, §
12 Rdn. 23). Einschränkungen oder Modifikationen für Fallgestaltungen, in denen die Eltern des Auszubildenden im Ausland wohnen,
enthält das Gesetz nicht. Darauf, ob die Klägerin in einer anderen Ausbildungskombination (brasilianische Hochschulaufnahmeprüfung
und zwei Jahre erfolgreiches brasilianisches Hochschulstudium) an Ausbildungsstätten anderer Art eine dem deutschen Abitur
gleichwertige Hochschulzugangsberechtigung von der Wohnung ihrer Eltern hätte erwerben können, kommt es demnach nicht an.
Es kann deshalb auch unentschieden bleiben, ob der von dem Beklagten aufgezeigte Weg zum Erwerb einer der deutschen allgemeinen
Hochschulreife gleichwertigen Qualifikation angesichts der mit ihm verbundenen zeitlichen Verzögerungen und zusätzlichen,
für ein deutsches Hochschulstudium unter Umständen wertlosen Qualifikationsanforderungen für die Klägerin zumutbar wäre.
Der Einwand des Beklagten, die Hochschulausbildung in Brasilien könne nicht einer Hochschulausbildung in Deutschland gleichgestellt
werden, weil hier Ausbildungsinhalte vermittelt würden, die es erst ermöglichten, an einer Hochschule in Deutschland zugelassen
zu werden, geht fehl. Denn anders als im Rahmen des §
5
BAföG kommt es für §
2 Abs.
1 und
1 a
BAföG nicht darauf an, ob der Besuch der ausländischen Ausbildungsstätte dem Besuch der im Inland tatsächlich besuchten Ausbildungsstätte
gleichwertig ist (vgl. §
5 Abs.
4
BAföG und BVerwGE 106, 5, 10 f.), sondern ob die ausländische Ausbildungsstätte der tatsächlich besuchten inländischen nach Lehrstoff, Bildungsgang
und Ausbildungs-/Erziehungsziel entspricht. Dies ist beim Vergleich eines deutschen Gymnasiums mit einer brasilianischen Hochschule
zu verneinen. Mögen auch einige Semester an einer solchen Hochschule allgemeinbildender Art sein, so prägen sie doch weder
den Charakter dieser Ausbildungsstättenart, noch führen sie zur allgemeinen Hochschulreife, sondern sind vielmehr integraler
Bestandteil der ausländischen Hochschulausbildung.
Verfassungsrecht gebietet eine andere Beurteilung ebenfalls nicht. Durch die Gewährung von Ausbildungsförderung an Schüler,
die wie die Klägerin eine einem deutschen Gymnasium entsprechende Ausbildungsstätte am ausländischen Wohnsitz ihrer Eltern
nicht besuchen können, werden deutsche Eltern, die im Ausland wohnen, nicht gegenüber inländischen gleichheitswidrig (zum
Maßstab vgl. BVerfGE 97, 103, 114, m.w.N.) bevorzugt. Die der Schülerförderung zugrunde liegende gesetzgebungspolitische Leitvorstellung orientiert sich
an der Unterhaltsbelastung der Eltern: Grundüberlegung ist dabei, daß die Ausbildungsfinanzierung bis zum Abschluß der Allgemeinbildung
originäre Aufgabe der Eltern ist. Deshalb wird Ausbildungsförderung grundsätzlich nur noch Schülern gewährt, die nicht bei
ihren Eltern leben können, weil von deren Wohnung aus eine entsprechende zumutbare Ausbildungsstätte nicht erreichbar ist;
denn in diesen Fällen haben die Eltern wegen der notwendigen auswärtigen Unterbringung besonders hohe Ausbildungskosten zu
tragen (vgl. die Regierungsbegründung eines 12.
BAföG-Änderungsgesetzes, BT-Drucks. 11/5961, S. 15). Legt man diesen gesetzgeberischen Leitgedanken als Maßstab an, werden deutsche
Eltern, die im Inland wohnen, nicht anders behandelt als Eltern, die im Ausland wohnen. Ungleich behandelt werden vielmehr
Eltern, deren Kinder an ihrem Wohnort zur Schule gehen können, und Eltern, deren Kinder auf eine auswärtige Unterbringung
angewiesen sind, um ihren Wunsch zur Erlangung einer ihrer Neigung, Eignung und Leistung entsprechenden Ausbildung (vgl. §
1
BAföG) verwirklichen zu können. Diese Ungleichbehandlung aber ist durch den Zweck der Regelung, die unterschiedliche Unterhaltsbelastung
auszugleichen, hinreichend gerechtfertigt (so bereits Urteil des Senats vom 21. Juni 1990, aaO., S. 10 f. = S. 612).
Ob innerhalb der Gruppe der im Ausland wohnenden Eltern diejenigen, deren Kinder zum Besuch einer allgemeinbildenden Schule
in Deutschland notwendig auswärts untergebracht sind, bei Anwendung der dargelegten Auslegungsgrundsätze den Regelfall bilden,
bedarf keiner Untersuchung. Denn selbst wenn dies der Fall sein sollte, würde dadurch allenfalls dann - wie der Beklagte meint
- der Regelungszweck des §
2 Abs.
1 a Satz 1 Nr.
1
BAföG unterlaufen und das der Norm zugrundeliegende Verhältnis von Regel und Ausnahme in sein Gegenteil verkehrt, wenn die Gruppe
der wegen auswärtiger Unterbringung geförderten Schüler durch den Einbezug der Kinder von Auslandsdeutschen insgesamt gegenüber
der Gruppe der nicht geförderten Schüler allgemeinbildender Schulen ab Klasse 10 nicht mehr den Ausnahmefall repräsentierten.
Dies hat weder einer der Beteiligten behauptet noch ist dafür sonst irgend etwas ersichtlich.
Die Kostenentscheidung folgt aus §
154 Abs.
2
VwGO, die Gerichtskostenfreiheit aus §
188 Satz 2
VwGO.