Anspruch auf Grundsicherung für Arbeitsuchende, Leistungen für Unterkunft und Heizung, Berücksichtigung von Nebenkostenerstattungen
auch bei Darlehen Dritter
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten besteht Streit über die Höhe des Anspruchs des Klägers auf Leistungen für Unterkunft und Heizung
für die Monate April bis Juni 2007 sowie September 2007 und insoweit um die Anrechnung von an die Mutter des Klägers geflossenen
Nebenkostenrückerstattungen aus Betriebskostenabrechnungen für die Wohnung des Klägers.
Der 1953 geborene, alleinstehende Kläger bezieht seit 13.10.2005 von der Agentur für Arbeit Heidelberg als Trägerin der Regelleistungen
Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende und vom Beklagten Leistungen für Unterkunft und Heizung, jeweils als Darlehen.
In den Bescheiden befindet sich der Hinweis, dass der Kläger dem Beklagten eine Änderung seiner wirtschaftlichen und persönlichen
Verhältnisse unverzüglich und unaufgefordert mitzuteilen habe. Der Kläger bewohnte bis 30.04.2007 eine 90 qm Wohnung, für
die er eine Kaltmiete in Höhe von 560 EUR und Nebenkosten sowie Heizkosten in Höhe von jeweils 70 EUR zu entrichten hatte.
Zum 01.05.2007 bezog der Kläger eine Ein-Zimmer-Wohnung zu einem Kaltmietpreis in Höhe von 280 EUR inklusive der Kosten für
einen Stellplatz in Höhe von 15 EUR zuzüglich Heizkosten in Höhe von 60 EUR und sonstigen Nebenkosten in Höhe von 35 EUR.
Für den Monat Mai 2007 hatte er die Miete sowohl für die alte als auch die neue Wohnung zu entrichten.
Bis April 2006 bewilligte der Beklagte dem Kläger Unterkunftskosten in Höhe von 688,77 EUR (560 EUR plus pauschale Nebenkosten
und Heizkosten jeweils 70 EUR abzüglich Kabel 5 EUR und Energiepauschale für eine Person 6,23 EUR). Ab Mai 2006 wurden die
Unterkunftskosten nach vorangegangener Belehrung, dass sie zu hoch seien, auf 304 EUR reduziert. Mit Darlehensbescheid vom
06.02.2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Monate April bis Juni 2007 Unterkunftskosten in Höhe von 313 EUR monatlich.
Diesen Bescheid hob der Beklagte infolge des Umzugs des Klägers mit Bescheid vom 16.04.2007 mit Wirkung vom 01.05.2007 auf
und bewilligte dem Kläger stattdessen mit Darlehensbescheid vom selben Tag für die Monate Mai bis Juni 2007 Unterkunftskosten
in Höhe von 345,22 EUR monatlich. Mit Darlehensbescheid vom 26.04.2007 wurde außerdem für den Monat Mai 2007 aufgrund der
für diesen Monat angefallenen Doppelmiete ein weiterer Betrag in Höhe von 313 EUR geleistet. Mit Darlehensbescheiden vom 13.06.2007
und 04.09.2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger schließlich auch für die Zeit vom 01.07.2007 bis 30.09.2007 bzw. 01.10.2007
bis 31.12.2007 Unterkunftskosten. Dabei legte er Kosten in Höhe von 345, 22 EUR monatlich zu Grunde.
Am 02.10.2007 wurde dem Beklagten aufgrund einer Einsicht in die Kontounterlagen der Mutter des Klägers bekannt, dass der
ursprüngliche Vermieter des Klägers, Osman Erol, der Mutter des Klägers am 26.03.2007 Nebenkosten für die Jahre 2003 bis 2005
in Höhe von 1.002,71 EUR und am 28.08.2007 ein Nebenkostenguthaben für das Jahr 2006 in Höhe von 190,79 EUR auf deren Konto
überwiesen hatte.
Im Rahmen der Anhörung teilte der Kläger mit, dass es sich hierbei um seine Nebenkostenerstattungen handele. Da ihm die bewilligten
Unterkunftskosten nicht gereicht hätten, die tatsächlich anfallenden Nebenkosten zu begleichen, habe er sich von seiner Mutter
zusätzliche Geldmittel ausleihen müssen. Dies habe er der Agentur für Arbeit auch mitgeteilt. Die Rückzahlung des Geldes habe
teilweise aus Einsparungen bei den Nebenkosten erfolgen sollen. Durch Verzicht auf Heizung sei ihm eine Reduzierung der Nebenkosten
auch tatsächlich gelungen. Die Nebenkostenerstattung stelle für ihn kein Einkommen dar. Ergänzend legte der Kläger die Kostenabrechnungen
2004 bis 2006 und den Wirtschaftsplan 2005 vor.
Mit Bescheid vom 05.12.2007 hob der Beklagte hierauf auf Grund der Nebenkostenrückerstattungen den Bescheid vom 04.09.2007
mit Wirkung vom 01.12.2007 auf. Nachdem der Beklagte im Rahmen des vom Kläger hierauf eingeleiteten Eilverfahrens (Sozialgericht
Mannheim - SG - S 9 AS 4194/07 ER) darauf hingewiesen worden war, dass die Nebenkostenrückerstattungen die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung in den
Monaten nach dem Zufluss, d.h. vorliegend in den Monaten April und folgende bzw. im September 2007 mindern würden, nahm er
mit Abhilfebescheid vom 17.12.2007 den Aufhebungsbescheid vom 05.12.2007 wieder zurück und hob stattdessen mit Aufhebungsbescheid
vom 08.01.2008 die Bescheide vom 06.02., 16.04. und 13.06.2007 für die Zeit vom 01.04. bis 30.04.2007, 01.05. bis 30.06.2007
und 01.09. bis 30.09.2007 auf, forderte mit Rückforderungsbescheid vom selben Tag die Erstattung von Leistungen für Kosten
der Unterkunft in Höhe von insgesamt 1.157,87 EUR und bewilligte dem Kläger mit Darlehensbescheid ebenfalls vom 08.01.2008
für den Monat September 2007 Unterkunftskosten in Höhe von 154,43 EUR.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch, den er unter Vertiefung seines Vorbringens im Rahmen der Anhörung ergänzend damit
begründete, dass eine Rückforderung des Betrages von seiner Mutter derzeit nicht möglich sei, da sie sich in einem Pflegeheim
befinde. Die Nebenkostenrückzahlungen habe er direkt auf das Konto seiner Mutter überweisen lassen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 19.09.2008 fasste der Beklagte den Aufhebungsbescheid vom 08.01.2008 wie folgt neu: "Der Bescheid
vom 16.04.2007 wird gemäß § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) mit Wirkung vom 01.05. bis 31.05.2007 vollständig und vom 01.06.2007 bis 30.06.2007 insoweit, als die Leistung für diesen
Monat auf mehr als 0,73 EUR festgesetzt wurde, aufgehoben". Die Höhe der zu erstattenden Leistung wurde auf 1.193,50 EUR festgesetzt.
Im Übrigen wurden die Widersprüche zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, die Vorschrift des § 22 Abs. 1
Satz 4 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) enthalte eine klarstellende Regelung, wie mit Rückzahlungen und Guthaben, die
den Unterkunftskosten zuzuordnen seien, zu verfahren sei. Sie führten zu einer bedarfsmindernden Direktanrechnung bei den
Aufwendungen für Unterkunft und Heizung im Folgemonat. Die bedarfsmindernde Direktanrechnung erfolge auch dann, wenn der Vermieter
mit einem Guthaben aufrechne, und unabhängig davon, ob das Guthaben vollständig durch eine Minderung der unterkunftsbezogenen
Aufwendungen "aufgebraucht" werde oder nicht. Zu mindern seien die unterkunftsbezogenen Aufwendungen unabhängig davon, ob
sie der Art nach den Aufwendungen entsprächen, bei denen die Rückzahlung angefallen sei oder dem selben Gläubiger geschuldet
seien. Es komme somit nicht darauf an, ob das Guthaben an den Leistungsempfänger tatsächlich zur Auszahlung gekommen und auf
welches Konto es geflossen sei. Nach alledem habe das Guthaben vom 26.03.2007 in Höhe von 1.002,71 EUR die entstandenen Aufwendungen
für Unterkunft und Heizung in der Zeit vom 01.04.2007 bis 30.06.2007, das Guthaben vom 28.08.2007 in Höhe von 190,79 EUR die
entstandenen Aufwendungen vom 01.09.2007 bis 30.09.2007 gemindert. Entstanden seien Aufwendungen wie folgt: 313 EUR im April
2007, jeweils 345,22 EUR in den Monaten Mai, Juni und September 2007. Auf Grund der Minderung nach § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB
II hätten Leistungsansprüche wie folgt bestanden: Im April 2007 in Höhe von 0,00 EUR, im Mai 2007 in Höhe von 0,00 EUR, im
Juni 2007 in Höhe von 0,73 EUR, im September 2007 in Höhe von 154,43 EUR. Dem gesamten Auszahlungsbetrag in Höhe von 1.348,66
EUR stehe somit ein rechtmäßiger Leistungsanspruch in Höhe von nur 155,16 EUR gegenüber. Der Kläger habe somit Leistungen
für Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 1.193,50 EUR zu Unrecht erhalten. Diesen Betrag habe er zu erstatten.
Am 10.10.2008 hat der Kläger Klage zum SG erhoben. Er hat im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen wiederholt und ergänzend darauf hingewiesen, dass eine Meldepflicht
für ihn nicht erkennbar gewesen sei, da die Nebenkostenrückzahlungen, nachdem diese direkt auf das Konto seiner Mutter geflossen
seien, für ihn kein Einkommen dargestellt hätten. Mittlerweile sei seine Mutter verstorben. Die Vorgehensweise des Beklagten
könne er sich nicht erklären, da er sämtliche Leistungen nur als Darlehen erhalten habe.
Auf Nachfrage des SG hat der Kläger mitgeteilt, dass die Nebenkostenabrechnungen keine Kosten für die Warmwasseraufbereitung enthalten hätten.
Der Beklagte hat vorgetragen, der Kläger sei verpflichtet gewesen, ihm, dem kommunalen Träger, den Sachverhalt rechtzeitig
mitzuteilen. Angaben bei der Agentur für Arbeit über eine Darlehensaufnahme bei seiner Mutter genügten dieser Obliegenheit
nicht. Auf eine retrospektive Umlegung und Rückrechnung auf die Bedarfsmonate und auf eine Differenzierung nach Positionen,
die bereits laufend als Bedarf einflössen, komme es nicht an. Entscheidend sei der Zeitpunkt des behördlichen Handlungsbedarfs.
Die Frage der Rechtmäßigkeit einer erbrachten Leistung beurteile sich unabhängig von der Ausgestaltung der Leistung als Beihilfe
oder Darlehen.
Mit Urteil vom 01.07.2009 hat das SG die Bescheide des Beklagten vom 08.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.09.2008 aufgehoben. Zur Begründung
hat es ausgeführt, soweit Rückzahlungen auf Vorauszahlungen beruhten, die von dem Leistungsträger nicht oder nicht in voller
Höhe berücksichtigt worden seien oder für die keine Leistungen erbracht worden seien, widerspreche der vollständige Verrechnungszugriff
des kommunalen Trägers dem Sinn und Zweck der Regelung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II, der darin zu sehen sei, unterkunftsbezogene
Rückzahlungen und Guthaben demjenigen Träger zugutekommen zu lassen, der die entsprechenden Aufwendungen der Unterkunft und
Heizung zuvor getragen habe, also dem kommunalen Träger. Es sei nicht begründbar, weshalb der kommunale Träger sich aber eine
Rückzahlung aus einem früheren Mietverhältnis vor Beginn des SGB II-Leistungsbezugs vollständig sollte einverleiben können.
Nebenkostenerstattungen, für die der kommunale Träger nicht zuvor die Vorauszahlungen erbracht habe, seien als gewöhnliches
Einkommen im Sinne der §§ 11, 19 SGB II zu behandeln und ggf. von der Agentur für Arbeit nach Maßgabe und mit den Einschränkungen
dieser Vorschriften anzurechnen. Unter Berücksichtigung dessen ergebe sich, dass der Kläger für 2005 die Nebenkostenvorauszahlungen
zum weitaus größten Teil selbst aufgebracht habe, so dass das hieraus resultierende Guthaben in Höhe von 183,37 EUR nicht
im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB II bedarfsmindernd zu berücksichtigen sei. Für die Jahre 2003 und 2004 habe der Kläger
gar keine Leistungen nach dem SGB II erhalten, so dass insoweit ebenfalls § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II keine Anwendung finden
könne. Im Jahr 2006 habe der Beklagte nur bis 31.03.2006 die tatsächlichen Unterkunftskosten übernommen, ab Mai 2006 habe
er nur noch die sog. angemessenen Unterkunftskosten bezahlt. Der Kläger sei dementsprechend gezwungen gewesen, die Differenz
bis zum Umzug in eine kleinere Wohnung im Jahr 2007 aus eigenen Mitteln bzw. mit Hilfe Dritter aufzubringen. Der insoweit
vom Kläger selbst aufzubringende Betrag an Kosten der Unterkunft und Heizung übersteige die hier in Rede stehende Nebenkostenrückzahlung
in Höhe von 190,79 EUR bei weitem. Dies gelte auch, sobald man nur die Nebenkosten isoliert betrachte. Auch insoweit ergebe
sich demnach, dass die Rückzahlung für 2006 auf Vorauszahlungen beruhe, die gerade nicht vom Beklagten, sondern vom Kläger
selbst bzw. mit Hilfe Dritter geleistet worden sei. § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II bleibe auch insoweit ausgeschlossen. Die Nebenkostenerstattungen
minderten die Leistungen des Beklagten nicht.
Gegen das am 20.07.2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 18.08.2009 eingelegte Berufung des Beklagten. Er ist der Ansicht,
dass dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 SGB II eine solch restriktive Auslegung wie vom SG vorgenommen, nicht zu entnehmen sei. Die Formulierung: "Rückzahlung und Guthaben, die den Kosten für Unterkunft und Heizung
zuzuordnen sind, ..." umfasse ausnahmslos alle Rückzahlungen bzw. Guthaben, die ihrem Wesen nach dem Bereich der unterkunftsbezogenen
Leistungen angehörten. Es sei davon auszugehen, dass dem Gesetzgeber das Erfordernis einer diesbezüglich eindeutigen, dem
Bestimmtheitsgrundsatz genügenden Formulierung bewusst gewesen sei, da dies bereits in der Vergangenheit im Streit gestanden
habe. Auch die Gesetzesbegründung differenziere nicht zwischen Betriebskostenrückzahlungen aus der Zeit vor und aus der Zeit
nach Leistungsgewährung des (aktuell zuständigen) kommunalen Trägers. Der kommunale Träger werde durch den Erhalt der Rückzahlungen
auch nicht unangemessen begünstigt. Im Gegenzug habe er für Nachzahlungen oder Schulden aufzukommen, welche sich auf den Zeitraum
vor Antragstellung bezögen. Eine Differenzierung zwischen Vorauszahlungen, welche in der Vergangenheit durch den kommunalen
Träger getätigt worden seien und solchen, die aus anderen Mitteln stammten, erweise sich zudem in der praktischen Umsetzung
als kaum handhabbar. Dass die Rückzahlungen bzw. Guthaben zur Tilgung eines Darlehens bei der Mutter Berta Anniser verwendet
worden seien und sich dadurch im Monat der Gutschrift nicht auf die Kosten der Unterkunft ausgewirkt hätten, stehe einer Einkommensanrechung
nicht entgegen. Bereits durch die das Sozialhilferecht bestimmende allgemeine Obliegenheit zur Selbsthilfe sei der Leistungsempfänger
dazu angehalten, keine freiwilligen Vermögensverfügungen vorzunehmen, um Schulden zu begleichen. Vermögensverfügungen in diesem
Sinne seien bei der Beurteilung seiner Bedürftigkeit grundsätzlich nicht zu berücksichtigen. Dies müsse insbesondere dann
gelten, wenn die Schulden auf eine nicht kostenangemessene Unterkunft zurückzuführen seien. Darüber hinaus ordne die Vorschrift
des § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II eine bedarfsmindernde Direktanrechnung der Betriebskostenrückzahlungen auf die nach dem Monat
der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen an, d.h. unabhängig davon, ob z.B. der Vermieter mit einem Guthaben
aufrechne. Die Vorschrift finde selbst dann Anwendung, wenn der Rückzahlungsbetrag dem Leistungsempfänger infolge einer Insolvenz
tatsächlich nicht zur Verfügung stehe. Denn schon nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II minderten nicht nur faktische
Rückzahlungen, sondern bereits auch Guthaben die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen
des Leistungsberechtigten. Dies sei hier jedoch nicht entscheidend, denn durch die Anweisung, die Rückzahlung auf das Konto
von Frau Berta Anniser zu bewirken, habe der Kläger eine freiwillige Vermögensverfügung vorgenommen. Die Aufhebung der Bewilligungsentscheidungen
hinsichtlich der Leistungen für April und September 2007 (Verwaltungsakte vom 02.06.2007 - richtig 06.02.2007 - und 13.06.2007)
richte sich nach § 40 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. §
330 Abs.
3 S. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III) i.V.m. § 48 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 SGB X. Die Rückzahlungen seien Einkommenszuflüsse. Bezüglich der Leistungen für Mai und Juni 2007 sei die Aufhebung (Verwaltungsakt
vom 16.04.2007) auf § 40 Abs. 1 S. 1 Nr.
1 SGB II i.V.m. §
330 Abs.
2 SGB III i.V.m. § 45 Abs. 1, 2 S. 3 Nr. 2 SGB X zu stützen. Das Unterlassen der Mitteilung über einen nicht unbeachtlichen Zufluss finanzieller Mittel sei als grobe Verletzung
der in §
60 Abs.
1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB I) normierten Pflicht zu werten, die dem Kläger bekannt gewesen sei oder sich ihm jedenfalls hätte erschließen müssen.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Mannheim vom 01. Juli 2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verweist auf seinen Vortrag im vorangegangenen Verfahren.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und auf die von der Beklagten beigezogene Verwaltungsakte
verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die nach den §§
143,
151 Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Beklagten, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung gemäß §
124 Abs.
2 SGG entscheidet, ist zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach §
144 SGG liegen nicht vor.
Die Berufung ist auch begründet. Zu Unrecht hat das SG den Aufhebungs- und den Rückforderungsbescheid des Beklagten vom 08.01.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
19.09.2008 aufgehoben. Der Beklagte hat zu Recht die Bescheide vom 06.02.2007 und 13.06.2007 mit Wirkung vom 01.04.2007 bis
30.04.2007 bzw. 01.09.2007 bis 30.09.2007 ganz aufgehoben (I.) und den Bescheid vom 16.04.2007 für die Zeit vom 01.05.2007
bis 31.05.2007 ganz und vom 01.06.2007 bis 30.06.2007 insoweit, als die Leistung für diesen Monat auf mehr als 0,73 EUR festgesetzt
wurde, zurückgenommen (II.), vom Kläger eine Erstattung in Höhe von 1.193,50 EUR gefordert und ihm im Gegenzug vom 01.09.
bis 30.09.2007 wieder Unterkunftskosten in Höhe von 154,43 EUR bewilligt.
I. Rechtsgrundlage für die Aufhebung der mit Bescheid vom 06.02.2007 und 13.06.2007 gewährten Bewilligung von Leistungen ist
§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X i.V.m. §
330 SGB III. Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen
haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben (§ 48 Abs. 1 S. 1 SGB X). Der Verwaltungsakt soll gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes
Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde. Liegen die
in § 48 Abs. 1 S. 2 SGB X genannten Voraussetzungen vor, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben
(§
330 Abs.
3 SGB III).
Durch die Nebenkostenerstattung am 26.03.2007 in Höhe von 1.002,71 EUR und die Erstattung am 28.08.2007 in Höhe von 190,79
EUR ist eine wesentliche Änderung eingetreten, die zur Minderung der Aufwendungen des Klägers für Unterkunft und Heizung in
den Monaten April und September 2007 geführt hat.
Leistungen nach dem SGB II erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65.
Lebensjahr noch nicht vollendet haben (Nr. 1), die erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen
Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger vor. Da er über ausstehende/unbezahlte
Kundenrechnungen verfügt, deren Beitreibung derzeit nicht möglich ist, sind die Leistungen nach § 23 Abs. 5 SGB II als Darlehen
zu erbringen. Der Bedarf des Klägers setzt sich zusammen aus der Regelleistung (§ 20 SGB II) und den Kosten für Unterkunft
und Heizung (§ 22 SGB II). Träger der Grundsicherung ist hier die Bundesagentur für Arbeit, der für die Kosten der Unterkunft
der Beklagte (§ 6 SGB II). Die Kosten für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit
diese angemessen sind. Unangemessene Kosten sind in der Regel für längstens sechs Monate zu berücksichtigen (§ 22 Abs. 1 S.
1-3 SGB II). Die angemessenen Kosten beliefen sich beim Kläger, was auch von diesem nicht bestritten wird, im Monat April
2007 auf 313 EUR und von Mai bis September 2007 auf 345,22 EUR monatlich.
Gemäß § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II mindern Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind,
die nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für
Haushaltsenergie beziehen, bleiben unberührt.
Durch die Nebenkostenerstattung im März 2007 in Höhe von 1.002,71 EUR, die sich nicht auf die Kosten für Haushaltsenergie
bezog, sind demzufolge die Aufwendungen des Klägers für den auf die Erstattung folgenden Monat, d.h. den Monat April 2007,
auf 0,00 EUR gesunken. Im Monat September 2007, dem der im August 2007 erfolgten Erstattung in Höhe von 190,79 EUR - wiederum
ohne Kosten für Haushaltsenergie - folgenden Monat, betrugen die Aufwendungen nur noch 154,43 EUR (345,22 EUR abzüglich 190,79
EUR). Für diesen Monat hat der Beklagte die gewährten Leistungen in Höhe von 345,22 EUR ganz aufgehoben, im Gegenzug dem Kläger
aber wieder mit Darlehensbescheid vom 08.01.2008 Kosten der Unterkunft in Höhe der durch die Erstattung nicht gedeckten Aufwendungen,
d.h. in Höhe von 154,43 EUR bewilligt.
Diese Minderung der Aufwendungen kommt dem Beklagten auf der Grundlage der Sonderregelung in § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II in den
Monaten April und September 2007 zu Gute.
Die Vorschrift des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II ist hier anwendbar, obwohl der Kläger die Rückzahlungsbeträge nicht selbst erhalten,
sondern auf seine Veranlassung hin diese Beträge vom Vermieter direkt an seine Mutter überwiesen wurden.
Die tatsächliche Zahlung eines bestimmten Geldbetrags unmittelbar an den Leistungsberechtigten ist weder nach dem Wortlaut
des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II noch nach seiner Entstehungsgeschichte oder dem Sinne und Zweck bzw. dem gesetzlichen Kontext
erforderlich, um eine Minderung des Leistungsanspruchs im Folgemonat auszulösen (vgl. zum Folgenden: Urteil des Landessozialgerichts
Nordrhein-Westfalen vom 22.09.2009 - L 6 AS 11/09 -, in juris.de).
Nach dem Wortlaut des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II mindern nicht nur faktische Rück"zahlungen", sondern auch Guthaben die nach
dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen des Leistungsberechtigten. Anders als die Rückzahlung
ist das Guthaben lediglich ein positiver Saldo, das heißt eine Forderung, die gegenüber einem anderen geltend gemacht werden
kann. Auch das Wort "Gutschrift" beinhaltet keine Zahlung, sondern allein die schriftliche Fixierung bzw. Eintragung eines
Guthabens als eines bestehenden Anspruchs eines Anderen.
Auch die Gesetzesmotive belegen keine gesetzgeberische Intention dahingehend, dass nur faktische Zahlungen die Aufwendungen
minderten. § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II ist mit dem "Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006"
mit Wirkung vom 01.08.2006 in das SGB II eingefügt worden, um zuvor bestehende Anrechnungsprobleme zu beseitigen. Vor der
Einfügung der Vorschrift wurden Rückzahlungen als Einkommen angerechnet. Dies führte zum einen dazu, dass ein Versicherungspauschbetrag
bzw. Versicherungskosten von der Rückzahlung abgesetzt werden mussten, zum anderen dazu, dass von den Betriebskostenrückzahlungen
im Regelfall oder zum großen Teil der Bund, hier die Bundesagentur für Arbeit, profitierte, obwohl die Kosten der Unterkunft
zu über 70 % von den Kommunen aufgebracht worden waren. Beides sollte mit der Einführung des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II vermieden
werden (vgl. BT-Drs. 16/1696, Seite 26).
Die Tatsache, dass die Rückzahlung als Einkommen des Leistungsberechtigten angesehen wird (vgl. BT-Drs. 16/1696) und nach
§ 22 Abs. 1 S. 4 SGB II lediglich einer besonderen Anrechnungsform auf die Leistungen unterliegt, spricht ebenfalls dafür,
dass auch die Rückerstattung, die zur Schuldentilgung verwendet wird und damit dem Leistungsberechtigten nicht tatsächlich
zur Verfügung steht, seinen Leistungsanspruch mindert. Es handelt sich um Einkommen des Klägers.
Dies gilt im konkreten Fall insbesondere auch unter Beachtung der Tatsache, dass, auch wenn das Geld direkt auf das Konto
der Mutter des Klägers floss, dies auf Veranlassung des Klägers erfolgte. Der Kläger hat seinen Vermieter angewiesen, so zu
verfahren. Er hat damit über diese Beträge verfügt. Wenn ihm der Anspruch nicht zugestanden hätte, hätte er auch nicht darüber
verfügen können. Eine solche Schuldentilgung entspricht nicht der Intention von SGB II-Leistungen. Mit SGB II-Leistungen soll
nicht zur Tilgung von Schulden beigetragen werden. Auch im Rahmen der Grundsicherung gilt wie schon im früheren Sozialhilferecht
der Grundsatz, dass der Hilfesuchende sein Einkommen auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage für sich verwenden
muss, wenn er sich dadurch außerstande setzt, anderweitig bestehende Verpflichtungen zu erfüllen. Mit der bedürftigkeitsabhängigen
Sozialhilfe sollte nicht zur Tilgung von Schulden beigetragen werden. Die zum Sozialhilferecht insoweit ergangene Rechtsprechung
des Bundesverwaltungsgerichts hat das Bundessozialgericht (BSG) in seinem Urteil vom 19.09.2008 (- B 14/7 b AS 10/07 R -, mit weiteren Nachweisen in juris.de), dem sich der Senat anschließt, für SGB II-Leistungen übernommen. Freiwillige Zahlungen
zur Tilgung von Schulden können nicht vom Einkommen abgesetzt werden. Wenn freiwillige Zahlungen zur Tilgung von Schulden
nicht vom Einkommen abgesetzt werden können, gilt dies aber auch im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II. Der Kläger soll
auch hier nicht besser gestellt werden. Bestehende private Schulden hat er aus der Regelleistung zu finanzieren. Die "Nichtanrechnung"
einer Nebenkostenabrechnung bzw. einer Gutschrift würde auch im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II zu einer nach den Grundsätzen
des SGB II - Leistungsrechts nicht gewollten Schuldentilgung mittels Sozialleistungen führen.
Hiervon ist auch nicht unter Berücksichtigung des Urteils des Landessozialgerichts Hamburg vom 16.07.2009 (- L 5 AS 81/08 -, in juris.de) abzuweichen. Es kann offen bleiben, ob § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II entgegen der Auffassung des Landessozialgerichts
Hamburg auch dann Anwendung findet, wenn nicht der Kläger, sondern wie im vom Landessozialgericht Hamburg entschiedenen Fall,
der Vermieter über die Nebenkostenerstattung verfügt, nachdem im vorliegenden Fall durch die Anweisung des Klägers an den
Vermieter das Geld auf das Konto der Mutter zu überweisen, eine eigene Verfügung des Klägers vorlag, so dass die Fälle nicht
vergleichbar sind.
Die Klage hat entgegen der im angefochtenen Urteil vertretenen Auffassung des SG auch nicht deshalb Erfolg, weil die Nebenkostenrückzahlungen auch für die Zeit vor Oktober 2005 erfolgte, in der der Kläger
noch nicht im Leistungsbezug stand, bzw. auch für die Zeit ab Mai 2006, in der er nur noch auf die angemessenen Kosten reduzierte
Kosten der Unterkunft erhielt. Hiernach differenziert § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II nicht. Es heißt - wie ausgeführt - nach dem
Wortlaut allein, dass Rückzahlungen und Guthaben, die den Kosten für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, die nach dem
Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift entstehenden Aufwendungen mindern. Eine Einschränkung auf Nebenkostenabrechnungen
nur für die Zeit des Leistungsbezugs oder für Zeiten, in denen die vollen Kosten der Unterkunft gewährt wurden, enthält der
Wortlaut der Norm nicht. Dies steht auch, worauf der Beklagte zu Recht hingewiesen hat, im Einklang damit, dass der Beklagte
im Gegenzug auch für Nachzahlungen oder Schulden aufzukommen hat, welche sich auf den Zeitraum vor Antragstellung beziehen.
Abzustellen ist nach § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II allein auf den Monat, der dem Monat folgt, in dem die Nachzahlung fällig bzw.
erstattet wird, nicht jedoch auf die Zeit, für die diese Nebenkosten angefallen sind. Nachdem keine Differenzierung danach
zu erfolgen hat, ob die Vorauszahlungen in der Vergangenheit, in denen noch kein Leistungsbezug bestand, angefallen sind oder
während des laufenden Leistungsbezugs, kann es auch nicht darauf ankommen, ob vom Leistungsträger die vollen Kosten der Unterkunft
übernommen worden sind oder nur die angemessenen Kosten. Wenn Rückzahlungen und Guthaben, die die Zeit vor dem Leistungsbezug
betreffen, zu berücksichtigen sind, dann hat dies auch für Rückzahlungen und Guthaben zu gelten, die sich auf Zeiträume beziehen,
in denen nur die angemessenen Mietkosten übernommen worden sind. Im Übrigen steht dies auch im Einklang damit, dass es bei
zufließendem Einkommen nicht darauf ankommt, wann dieses Einkommen erwirtschaftet wurde, sondern zu welchem Zeitpunkt es zufließt.
§ 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II, der - wie ausgeführt - nur eine Anrechnungsvorschrift darstellt, ändert hieran nichts.
Der Beklagte, dem auf Grund der Sonderregelung des § 22 Abs. 1 S. 4 SGB II der Einkommenszufluss zu Gute kommt, hat den Erstattungsanspruch
für die Monate April und September 2007 in Höhe von 658,22 EUR (313 EUR plus 345,22 EUR) auch zutreffend berechnet und die
Erstattung gemäß § 50 Abs. 1 S. 1 SGB X festgesetzt.
II. Rechtsgrundlage für die Rücknahme der Bewilligung für die Monate Mai und Juni 2007 mit Bescheid vom 16.04.2007 ist § 45 SGB X i.V.m. §
330 Abs.
2 SGB III. Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender
Verwaltungsakt) rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze
2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden (§ 45 Abs. 1 SGB X). Nach § 45 Abs. 2 S. 1 SGB X darf ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand
des Verwaltungsakts vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig
ist. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte jedoch gemäß § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 2 SGB X nicht berufen, soweit der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher
Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Der unvollständigen Mitteilung steht das gänzliche Verschweigen gleich,
wenn dem Begünstigten eine Mitwirkungspflicht obliegt. Grobe Fahrlässigkeit liegt nach der gesetzlichen Definition in § 45 Abs. 2 S. 3 Nr. 3 SGB X vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schweren Maße verletzt hat. Liegen die in § 45 Abs. 2 S. 3 SGB X genannten Voraussetzungen für die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes vor, ist dieser auch mit
Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen (§
330 Abs.
2 SGB III).
Bezugnehmend auf die unter I. gemachten Ausführungen war der Bewilligungsbescheid vom 16. 04.2007 hinsichtlich der Kosten
für Unterkunft und Heizung für die Monate Mai und Juni 2007 auf Grund der im März 2007 erfolgten Nebenkostenerstattung in
Höhe von 1.002,71 EUR, die sich nach Abzug der für den Monat April bereits erfolgten Anrechnung in Höhe von 313 EUR noch auf
689,71 EUR belief, für den Monat Mai 2007 (345,22 EUR) ganz und für den Monat Juni 2007, soweit dem Kläger ein Betrag von
mehr als 0,73 EUR bewilligt wurde, von Anfang an rechtswidrig.
Durch die Nichtmitteilung der Nebenkostenerstattung hat der Kläger zumindest grob fahrlässig gehandelt. Der Kläger wurde im
Rahmen der Bewilligungsbescheide über seine Mitteilungspflichten gemäß §
60 Abs.
1 SGB I aufgeklärt. Ihm war bekannt, dass er Änderungen in den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen, die für die Beurteilung
des Leistungsanspruchs erheblich sind, dem Beklagten unverzüglich und unaufgefordert mitzuteilen hatte. Der Kläger hat die
im März 2007 erfolgte Nebenkostenerstattung dem Beklagten nicht mitgeteilt. Dies ist als grobe Verletzung seiner Mitteilungspflicht
zu werten, die dem Kläger bekannt war oder sich ihm jedenfalls erschließen musste.
Etwas anderes ergibt sich auch nicht deshalb, weil der Kläger die Bundesagentur für Arbeit über die Darlehensaufnahme in Kenntnis
gesetzt hat. Abgesehen davon, dass die Mitteilung an den Beklagten zu erfolgen hatte, beinhaltet die Mitteilung einer Darlehensaufnahme
nicht die Mitteilung über den Erhalt von Einkommen, mit dessen Hilfe das Darlehen zurückbezahlt werden kann.
Auch die Tatsache, dass der Kläger davon ausging, dass es sich nicht um seine Einkünfte handelte, nachdem die Überweisung
auf das Konto der Mutter erfolgte, entschuldigt ihn nicht. Der Kläger hätte insoweit bei dem Beklagten nachfragen müssen,
ob diese - seine Rechtsauffassung - richtig ist. Das Unterlassen der Nachfrage ist zumindest grob fahrlässig.
Die Erstattung des Rückforderungsbetrages richtet sich auch insoweit nach § 50 SGB X. Die Berechnung des Beklagten in Höhe von 689,71 EUR ist nicht zu beanstanden.
Insgesamt ergibt sich ein Erstattungsbetrag in Höhe von 1.193,50 EUR (I. April und September 658,22 EUR; II. Mai und Juni
689,71 EUR; insgesamt 1.347,96 EUR; abzüglich Darlehensbescheid für September 154,43 EUR).
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG) zugelassen. Die Frage, ob Rückzahlungen, die Zeiträume betreffen, in denen nur angemessene Kosten der Unterkunft gewährt
wurden, sowie, ob Zahlungen zur Tilgung von Schulden im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 4 SGB II abzusetzen sind, ist grundsätzlich
klärungsbedürftig. Höchstrichterliche Rechtsprechung liegt hierzu noch nicht vor.