Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid, mit dem für ihn Versicherungs- und Beitragspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung
für Selbständige mit nur einem Auftraggeber festgestellt wurde, und begehrt hilfsweise die Befreiung von der Versicherungspflicht.
Der am 1955 geborene Kläger war nach seiner Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland seit 1984 - mit zwischenzeitlicher
Unterbrechung wegen Arbeitslosigkeit - jedenfalls bis 31. Dezember 2016 versicherungspflichtig beschäftigt. Seit 1. Juli 2012
trat daneben wiederholt eine geringfügige abhängige Beschäftigung.
Aufgrund seines Beraterantrages vom 8. Mai 1996 war er jedenfalls ab dem 1. Januar 1997 als Berater der A. GmbH (im Folgenden
A GmbH) tätig. Diese stellte ihm unter dem 21. Mai 1996 einen Beraterausweis aus, wodurch er die Berechtigung erhielt, für
sie tätig zu werden. Hierzu meldete er zum 1. Januar 1997 ein Gewerbe an mit dem Inhalt Vertrieb von Artikeln für Haushalte
und Gewerbebetriebe, insbesondere Reinigungs- und Körperpflegeprodukte, Kosmetika, Haushaltsgeräte, Geschenkartikel, Modeschmuck,
verpackte Lebensmittel, Spielzeug usw.
Nach den vereinbarten Geschäftsbedingungen betreiben die Berater ihr Geschäft als selbständige Gewerbetreibende im eigenen
Namen und für eigene Rechnung. Rechnungslegung und Abrechnung erfolgen immer an den Antragsteller (Berater). Die von der A
GmbH erworbenen Produkte dürfen nur an Endverbraucher und nicht an andere A-Berater verkauft werden. Der Berater muss direkt
bei der A GmbH seine Produkte beziehen. Es gelten die im Beraterhandbuch, in den A Verhaltensstandards und in der Verfahrensordnung
niedergelegten Bestimmungen. Der Berater kann seine Beraterschaft jederzeit beenden. Zur Aufrechterhaltung der Beraterschaft
muss diese jährlich durch Zahlung des jeweils gültigen Pauschalbetrages für Verwaltungsaufwand und Portokosten erneuert werden.
Im Beraterantrag war bestimmt, der Berater darf über die A GmbH und ihre Erzeugnisse nur solche Beschreibungen, Erklärungen
oder Behauptungen abgeben, die mit den offiziellen Veröffentlichungen der Firma übereinstimmen.
Nach dem Internetauftritt von A handelt es sich bei der A GmbH um ein Direktvertriebsunternehmen, das eine breite Palette
an Produkten aus den Bereichen Schönheit, persönliche Pflege und Haushaltspflege sowie aus den Sparten Nahrungsergänzung und
Wellness anbietet. Direktvertrieb bedeutet danach den Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen direkt an den Kunden. Die
Direktvertriebsleute (Berater) von A verdienen Geld durch den Verkauf von Produkten und Dienstleistungen an ihre eigenen Kunden
und an die Kunden anderer in ihrem Netz befindlicher Direktvertriebsleute (Berater). Die Berater müssen keine Mindestmengen
bestellen, keine Pflichtumsätze erwirtschaften und keine Gebühren entrichten oder Kündigungsfristen einhalten. Sie erhalten
eine Vergütung für einerseits ihre Wiederverkaufsleistung (Handelsspanne und Bonus) und andererseits für die Unterstützung
anderer Geschäftspartner, die (als Berater) für das Geschäft gewonnen wurden und die bei der Weiterentwicklung deren Geschäfte
unterstützt werden (Provision).
Der Kläger beschäftigt im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit keinen Arbeitnehmer.
Er erzielte aus der Tätigkeit Einkommen (Einkünfte aus Gewerbebetrieb) seit 2005 wie folgt: 2005 € 13.464,00 (Einkommensteuerbescheid
vom 11. Dezember 2006); 2006 € 7.247,00 (Einkommensteuerbescheid vom 6. September 2007); 2007 € 7.517,00 (Einkommensteuerbescheid
vom 14. August 2008); 2008 € 24.764,00 (Einkommensteuerbescheid vom 26. Oktober 2009); 2009 € 25.813,00 (Einkommensteuerbescheid
vom 9. August 2010); 2010 € 18.597,00 (Einkommensteuerbescheid vom 27. September 2011); 2011 € 10.559,00 (Einkommensteuerbescheid
vom 20. August 2012).
Im Rahmen eines am 30. November 2010 beantragten Kontenklärungsverfahrens gab der Kläger unter dem 24. April 2012 als selbständige
Tätigkeit den Direktvertrieb für die A GmbH seit 1. Januar 1997 an. Sein hieraus erzieltes Monatseinkommen übersteige regelmäßig
€ 400,00. Auf die Frage nach Auftraggebern nannte er ausschließlich die A GmbH. Regelmäßige Arbeits- oder Anwesenheitszeiten
habe er nicht einzuhalten. Weisungen hinsichtlich der Ausführung seiner Tätigkeit würden nicht erteilt.
Mit Bescheid vom 5. Juli 2012 stellte die Beklagte fest, dass der Kläger aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit seit dem
1. Januar 1999 nach §
2 Satz 1 Nr. 9 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) versicherungspflichtig sei, da er keinen rentenversicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftige und im Wesentlichen nur
für einen Auftraggeber tätig sei. Zugleich forderte sie einkommensgerechte Pflichtbeiträge rückwirkend ab dem 1. Januar 2008
(Gesamtsumme bis zum 31. Juli 2012 € 15.266,08), laufend € 316,45. Der Berechnung zugrunde gelegt wurde ab Beginn des zweiten
Kalendermonats nach Ausstellung des jeweiligen Einkommensteuerbescheides das in diesem ausgewiesene Einkommen aus selbständiger
Tätigkeit. Die Beiträge von 1999 bis 2007 würden wegen Verjährung nicht gefordert.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein.
Am 1. August 2012 beantragte er die Befreiung von der Versicherungspflicht nach §
231 Abs.
5 Satz 1 Nr.
2 und
3 SGB VI wegen anderweitig getroffener Altersvorsorge sowie hilfsweise die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung
der Antragsfrist. Er unterhalte eine Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeitszusatzversicherung mit dynamischer Beitragszahlung
(aktuell € 193,03) und einer garantierten Ablaufleistung zum 1. Oktober 2015 und damit nach dem 60. Lebensjahr in Höhe von
€ 44.701,00 (voraussichtliche Ablaufleistung € 52.202,57). Weiter verfüge er zusammen mit seiner Ehefrau über ein fast abbezahltes
Einfamilienhaus. Bis zum Erhalt des Bescheides vom 5. Juli 2012 habe er unverschuldet keine Kenntnis von seiner angeblichen
Rentenversicherungspflicht und damit keine Möglichkeit gehabt, binnen eines Jahres nach Eintritt der Versicherungspflicht
die Befreiung zu beantragen. Der Bescheid habe auch keinen Hinweis auf die Befreiungsmöglichkeit enthalten.
Im Schreiben ohne Rechtsbehelfsbelehrung vom 6. August 2012 verwies die Beklagte darauf, der Antrag auf Befreiung sei nicht
innerhalb der geltenden Ausschlussfrist von einem Jahr nach Eintritt der Versicherungspflicht gestellt worden. Es komme nicht
darauf an, ob der Versicherte von seiner Befreiungsmöglichkeit gewusst habe. Die Möglichkeit einer Widereinsetzung in den
vorigen Stand sei nicht gegeben. Dagegen wandte der Kläger mit Schriftsätzen vom 7. September 2012 und 18. Oktober 2012 ein,
er habe die Antragsfrist unverschuldet versäumt. Er hätte einen solchen Antrag schon früher gestellt, wenn ihm bekannt gewesen
wäre, dass die Beklagte ihn als rentenversicherungspflichtig ansehe.
Nach Vorlage des Einkommensteuerbescheides 2011 änderte die Beklagte durch Bescheid vom 15. Oktober 2012 die Höhe des Beitrags
für die Zeit ab dem 1. November 2012 auf monatlich € 184,88 ab. Zum 1. Januar 2013 erfolgte eine Anpassung auf € 176,51 (Mitteilung
vom 7. Dezember 2012).
Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2013 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch "gegen den Bescheid
vom 5. Juli 2012" als unbegründet zurück. Mit Bescheid vom 5. Juli 2012 sei festgestellt worden, dass der Kläger als Selbständiger
nach §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sei und Pflichtbeiträge ab dem 1. Januar 2008 zu zahlen habe.
Für die Zeit bis zum 31. Dezember 2007 sei dem "Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht entsprochen" worden, wobei
Vorschriften der Verjährung beachtet worden seien. Diese "Befreiung" bewirke lediglich, dass für den "Befreiungszeitraum"
keine Beiträge abzuführen seien. Der Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht nach §
231 Abs.
5 Satz 1 Nr.
2 und
3 SGB VI sowie der hierauf gerichtete Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand seien durch Bescheid vom 6. August 2012 abschlägig
beschieden worden. Die "angefochtenen Bescheide" vom 5. Juli 2012 und 6. August 2012 bzgl. der Versicherungspflicht und der
Befreiung von der Versicherungspflicht seien zu Recht ergangen. Die festgestellte Beitragshöhe sei korrekt ermittelt worden.
Hiergegen erhob der Kläger am 31. Januar 2013 Klage beim Sozialgericht (SG) mit dem Antrag, die Bescheide vom 5. Juli 2012 und 6. August 2012, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.
Januar 2013, aufzuheben. Zur Begründung führte er unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens aus, er erfülle die Voraussetzungen
des §
231 Abs.
5 Nr.
2 und
3 SGB VI für eine Befreiung von der Versicherungspflicht wegen anderweitiger Altersvorsorge. Wegen seiner unverschuldeten Unkenntnis
von der angeblichen Versicherungspflicht und wegen der weittragenden und offensichtlich unangemessenen Rechtsfolgen sei ihm
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der entsprechenden Antragsfrist, jedenfalls Nachsicht zu gewähren.
Jedenfalls die Nacherhebung von Beiträgen für die Zeit vor Erlass des Bescheides vom 5. Juli 2012 sei unverhältnismäßig. Es
sei nicht Sinn und Zweck des §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI, eine bereits vorhandene private Altersvorsorge durch eine andere gesetzliche zu ersetzen, wenn dies nur unter erheblichen,
nicht nur finanziellen Einbußen möglich sei. Zur Finanzierung der Beitragsrückstände müsse er entweder ein Hypothekendarlehen
aufnehmen oder seine Lebens- einschließlich Berufsunfähigkeitsversicherung auflösen. Des Weiteren habe die Beklagte nicht
geprüft, ob er nicht "scheinselbständig" und damit abhängig beschäftigt sei mit der Folge, dass die geforderten Beiträge von
der A GmbH als Arbeitgeberin zu zahlen seien. Jedenfalls sei er nicht nach §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI versicherungspflichtig. Auftraggeber eines A-Beraters seien dessen Kunden, nicht aber die A GmbH (Verweis auf Landessozialgericht
[LSG] Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. März 2013 - L 22 R 881/10 - [...]). Er kaufe bei der A GmbH auf eigene Rechnung Produkte, die er dann an seine Kunden weiter verkaufe. Er sei aber
nicht verpflichtet, überhaupt etwas abzunehmen. Er kaufe Produkte nur in dem Umfang, wie seine Kunden bei ihm bestellten.
Darüber hinaus werbe er weitere Verkäufer, an deren Verkäufen er mit einer Provision beteiligt sei, dies jedoch nur so lange,
wie diese nicht mehr verkauften als er. Für jedes Produkt erhalte er eine Handelsspannenprovision von 30%, ab einem gewissen
Umsatzvolumen gebe es monatliche Bonusprovisionen. Ergänzend legte der Kläger seinen Beraterantrag und -ausweis sowie die
Geschäftsbedingungen der A GmbH vor.
Die Beklagte trat der Klage entgegen. Ausschlaggebend sei, dass die A GmbH der einzige Auftraggeber des Klägers sei. Aus den
vorgelegten Geschäftsbedingungen seien einige Punkte zu entnehmen, die verhinderten, dass der Auftragnehmende ein selbständiges
oder gar ein unabhängiges Geschäftsgebaren hätte führen können.
Mit Urteil vom 5. November 2015 wies das SG die Klage ab. Die Bescheide der Beklagten vom 5. Juli und 6. August 2012, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom
17. Januar 2013, seien rechtmäßig. Der Kläger sei versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung nach §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI. Der Kläger übe die Tätigkeit eines A-Beraters mit Gewinnerzielungsabsicht aus. Dabei könne er, ohne an Vorgaben der A GmbH
gebunden zu sein, den Umfang seiner Arbeitszeit selbst festlegen. Er trage ein eigenes Unternehmerrisiko insoweit, als seine
Vergütung ausschließlich erfolgsabhängig sei. Arbeitnehmer beschäftige er nicht. Des Weiteren sei er im Wesentlichen nur für
einen Auftraggeber, die A-GmbH, tätig. Der Begriff des Auftraggebers in diesem Sinne erfasse jede natürliche oder juristische
Person oder Personenmehrheit, die im Wege eines Auftrags oder in sonstiger Weise eine andere Person mit einer Tätigkeit betraue,
sie ihr vermittele oder ihr Vermarktung oder Verkauf von Produkten nach einem bestimmten Organisations- und Marketingkonzept
überlasse. Letzteres sei bei der A gegeben. Ob es sich um eine vertragliche oder sonstige, insbesondere tatsächliche Beziehung
zwischen dem Kläger und der A GmbH handle, könne dahinstehen. Der Schutzzweck des §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI gebietet es jedenfalls bei einer Geschäftsbeziehung wie der vorliegenden, in der der das Handeln Veranlassende das Marketingsystem
und die Produkte vorgebe sowie die Voraussetzungen für die Auszahlung einer Provision und deren Höhe festlege, Personen wie
den Kläger in den Versicherungspflichttatbestand einzubeziehen (Verweis auf Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 23. April
2015 - B 5 RE 21/14 R - [...]). Die Tätigkeit für nur einen Auftraggeber indiziere eine wirtschaftliche Abhängigkeit und damit
ebenfalls typisierend soziale Schutzbedürftigkeit, ohne dass es auf die konkrete wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit des Klägers
ankomme. Typisierend sozial schutzbedürftig seien nicht nur Personen, die vertraglich an nur einen Auftraggeber gebunden seien,
sondern gleichermaßen Personen in der Situation des Klägers, die im Rahmen eines Marketingsystems für einen "Absatzherrn"
tätig würden, der alleine die Produkte her- und für die Vermarktung zur Verfügung stelle. Eine Befreiung von der Versicherungspflicht
nach §
231 Abs.
5 SGB VI komme nicht in Betracht, da der Kläger die maßgebliche Antragsfrist nicht eingehalten habe. Eine Wiedereinsetzung in den
vorigen Stand könne nicht gewährt werden, da eine unverschuldete Fristversäumnis nicht vorliege, die insbesondere nicht in
der Unkenntnis der Gesetzeslage gesehen werden könne. Nach dem Grundsatz der formellen Publizität bei der Verkündung von Gesetzen
gälten diese mit ihrer Verkündung im Bundesgesetzblatt ohne Rücksicht auf die tatsächliche individuelle Kenntnis allen Normadressaten
als bekannt. Sinn und Zweck der Antragsfrist würden verfehlt, wenn die geltend gemachte Rechtsunkenntnis als unverschuldet
im Sinne der Wiedereinsetzungsregelungen angesehen würde. Soweit der Kläger vortrage, eine rückwirkende Geltendmachung von
Beiträgen sei unbillig, finde dies keine Stütze im Gesetz. Die Beklagte sei nicht davon ausgegangen, dass er Beiträge vorsätzlich
vorenthalten habe, und habe daher die vierjährige Verjährungsfrist angewandt.
Gegen dieses ihm am 17. November 2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 7. Dezember 2015 Berufung beim LSG Baden-Württemberg
eingelegt und zur Begründung vorgetragen, das Urteil sei unter Verstoß gegen den Grundsatz des rechtlichen Gehörs zustande
gekommen. Die Kammervorsitzende habe in der mündlichen Verhandlung vor dem SG eine dem Kläger günstige Rechtsansicht zur Versicherungspflicht geäußert, weshalb er nicht zur Befreiungsmöglichkeit weiter
vorgetragen habe. Gleichwohl habe sich das SG im Urteil auf eine andere Rechtsauffassung gestützt. Bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs hätte er vorgetragen,
dass die letztliche Annahme des SG, bei Insolvenz der A-GmbH ginge auch sein Unternehmen ein, fehlgehe. Vielmehr könnte er aufgrund seiner aufgebauten Geschäftsbeziehungen
und seiner langjährigen Branchenerfahrungen Produkte eines anderen Unternehmens vertreiben. Das SG habe nicht geprüft, ob unter Berücksichtigung seiner - des Klägers - angenommenen Abhängigkeit von der A GmbH von einer abhängigen
Beschäftigung bei dieser auszugehen sei. Anhaltspunkte hierfür seien insbesondere die vom SG angenommene Eingliederung von ihm in das Marketingsystem der A-GmbH sowie die zur Errechnung der Provisionsansprüche notwendige
buchhalterische Eingliederung. Unabhängig davon habe sich das SG zu Unrecht auf das Urteil des BSG vom 13. April 2015 (B 5 BE 21/14 R - [...]) gestützt. Der dort zugrunde liegende Sachverhalt weiche erheblich von dem im
Urteil des LSG Berlin-Brandenburg vom 14. März 2013 (L 22 R 881/10 - [...]) ab, das speziell zur Firma A ergangen sei. Anders als in dem vom BSG entschiedenen Fall müsse er von der A GmbH nichts erwerben, um einen Provisionsanspruch zu haben. Es gebe auch sonst keine
Mindestumsätze, insbesondere nicht bezüglich der von ihm geworbenen Kunden. Darüber hinaus stehe er - der Kläger - in direkter
Konkurrenz zu allen seinen Kunden, die ebenfalls wieder Kunden geworben hätten. Verkauften diese mehr als er, erhalte er für
diesen einstmals geworbenen Kunden keine Empfehlungsprovision mehr.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Stuttgart vom 5. November 2015 sowie den Bescheid vom 5. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 17. Januar 2013 aufzuheben, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 6. August 2012 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013 zu verpflichten, ihn für die Zeit ab dem 1. Januar 1999 in seiner Tätigkeit als
Berater für die A. GmbH von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakten
des Senats und des SG sowie die Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die nach §
151 Abs.
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig, insbesondere statthaft gemäß §
144 Abs.
1 Satz 2
SGG, da sie die laufende Verpflichtung zur Beitragszahlung für mehr als ein Jahr betrifft.
2. Der Kläger wendet sich gegen die Feststellung der Versicherungspflicht nach §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI und die damit verbundene Verpflichtung zur Beitragszahlung. Dabei ergibt sich aus seinem gesamten Klagevorbringen, dass er
sich mit der Klage insoweit nur gegen die ihm gegen ihm auferlegte Zahlungsverpflichtung wendet, weil er das Bestehen von
Versicherungspflicht verneint, und damit jene lediglich dem Grunde nach angreift (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 5 RE 21/14 R - [...], Rn. 16). So macht er geltend, die A GmbH sei nicht Auftraggeber i.S.d.
§
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI; gegebenenfalls sei nicht von einer selbständigen Tätigkeit, sondern einer abhängigen Beschäftigung auszugehen. Insoweit
ist streitbefangen der Bescheid vom 5. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013. Gegen die
in diesen darüber hinaus getroffene Regelung zur Beitragshöhe wendet sich der Kläger im vorliegenden Verfahren nach seinem
gesamten Vorbringen ersichtlich nicht. Später ergangene Bescheide, die lediglich die Beitragshöhe ändern, sind daher nicht
Gegenstand des vorliegenden Verfahrens geworden.
Des Weiteren begehrt er die Verpflichtung der Beklagten, ihn in seiner Tätigkeit als A-Berater ab Eintritt der Versicherungspflicht
von dieser zu befreien. Zwar hat der Kläger in der Klagebegründung vom 30. April 2013 und in der mündlichen Verhandlung vor
dem SG eine solche Verpflichtung der Beklagte nicht ausdrücklich beantragt. Maßgeblich ist jedoch das erkennbare Begehren (§
123 SGG). Dieses wird aus seinem ausführlichen Vorbringen zu den Voraussetzungen der Befreiungsregelung des §
231 Abs.
5 SGB VI und der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der diesbezüglichen Antragsfrist deutlich. Auch das SG hat im angefochtenen Urteil zu den Voraussetzungen einer solchen Befreiung entschieden. Allein mit der im Antrag formulierten
Kassation der dies ablehnenden Entscheidung der Beklagten erreicht der Kläger dieses Begehren nicht. Streitgegenständlich
ist insoweit der Bescheid vom 6. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013. Auch wenn das
Schreiben der Beklagten vom 6. August 2012 nicht als Bescheid bezeichnet und eine Rechtsbehelfsbelehrung nicht beigefügt war,
lehnte die Beklagte damit den Befreiungsantrag des Klägers vom 1. August 2012 ab. Nach dem maßgeblichen objektiven Empfängerhorizont
traf sie damit eine verbindliche Regelung über den Befreiungsantrag. Ausdrücklich wurde ausgeführt, dass eine Befreiung nicht
mehr möglich sei. Der Antrag sei nicht innerhalb der geltenden Ausschlussfrist von einem Jahr nach Eintritt der Versicherungspflicht
gestellt worden. Es komme nicht darauf an, ob der Versicherte (hier der Kläger) von seiner Befreiungsmöglichkeit gewusst habe.
Die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sei nicht gegeben. Dies und die explizite Bezugnahme auf das Antragsschreiben
vom 1. August 2012 war von einem objektiven Dritten in der Position des Klägers als Ablehnung des Antrags zu verstehen. Damit
übereinstimmend wurde das Schreiben auch im Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2013 ausdrücklich als "Bescheid" gewertet.
Das Schreiben der Beklagten vom 6. August 2012 stellt daher einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) dar. Gegen diese Regelung erhob der Kläger mit Schriftsätzen vom 7. September 2012 und 18. Oktober 2012 Einwendungen, die
ersichtlich auf eine Überprüfung der Entscheidung gerichtet waren. Dies ist als Widerspruch zu werten. Der ausdrücklichen
Bezeichnung als solcher bedarf es nicht (vgl. B. Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl., §
84 Rn. 2). Über diesen Widerspruch hat die Beklagte im Widerspruchsbescheid vom 17. Januar 2013 in der Sache entschieden. So
wurde dort ausgeführt, die "angefochtenen Bescheide" vom 5. Juli 2012 und 6. August 2012 bzgl. der Versicherungspflicht und
der Befreiung von der Versicherungspflicht seien zu Recht ergangen. Streitbefangen ist insoweit der Bescheid vom 6. August
2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013. Da dieses Begehren für den Kläger nicht relevant wird,
wenn bereits die Feststellung der Versicherungspflicht dem Grunde nach aufgehoben wird, macht er dieses lediglich hilfsweise
geltend.
3. Die Berufung des Klägers ist nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger ist in seiner Tätigkeit als Berater für die A GmbH nach §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI versicherungspflichtig (dazu a). Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen
Rentenversicherung (dazu b). Der Kläger ist ab dem 1. Januar 2008 dem Grunde nach zur Beitragszahlung verpflichtet (dazu c).
a) Der Bescheid vom 5. Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt
den Kläger nicht in seinen Rechten. Er ist in seiner Tätigkeit als Berater für die A GmbH als Selbständiger versicherungspflichtig.
Nach §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI (in der ab dem 1. Januar 1999 geltenden Fassung des Art. 2 Nr. 1 a nach Maßgabe des Art. 3 Abs. 2 des Gesetzes zur Förderung der Selbständigkeit vom 20. Dezember 1999, BGBl. I S. 2) sind versicherungspflichtig selbständig tätige Personen, die a) im Zusammenhang mit ihrer selbständigen Tätigkeit regelmäßig
keinen versicherungspflichtigen Arbeitnehmer beschäftigen, dessen Arbeitsentgelt aus diesem Beschäftigungsverhältnis regelmäßig
DM 630,00 (ab dem 1. Januar 2001 € 325,00) ab dem im Monat übersteigt, und b) auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen
Auftraggeber tätig sind. Das maßgebliche Arbeitsentgelt eines beschäftigten Arbeitnehmers wurde zum 1. April 2003 (Art. 4
Nr. 1 a, aa Zweites Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23. Dezember 2002, BGBl. I, S. 4621) auf € 400,00 erhöht und entfiel im Wortlaut zum 1. Mai 2007 (Art. 1 Nr. 2 b Rentenversicherungs-Altersgrenzenanpassungsgesetz
vom 20. April 2007, BGBl. I, S. 554). §
2 Satz 1 Nr. 9 b
SGB VI wurde zum 1. Juli 2006 ergänzt um die Regelung, dass bei Gesellschaftern als Auftraggeber die Auftraggeber der Gesellschaft
gelten (Art. 11 Nr. 1 a Haushaltsbegleitgesetz vom 29. Juni 2006, BGBl. I, S. 1402).
Maßgeblich ist insoweit nur die einzelne Tätigkeit. Eine daneben bestehende abhängige Beschäftigung ist für die Versicherungspflicht
in der selbständigen Tätigkeit ohne Bedeutung. Auch eine hauptberufliche selbständige Tätigkeit wird nach dem eindeutigen
Wortlaut nicht vorausgesetzt. Die entspricht auch Sinn und Zweck des Pflichtversicherungstatbestandes, der auf einer typisierend
sozialen Schutzwürdigkeit des Personenkreises des §
2 SGB VI basiert; auf die konkrete wirtschaftliche Schutzwürdigkeit des einzelnen Selbständigen kommt es nicht an (vgl. BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 5 RE 21/14 R - [...], Rn. 29).
aa) Die maßgebliche Tätigkeit des Klägers für die A GmbH ist eine selbständige Tätigkeit, keine abhängige Beschäftigung.
(1) Der gesetzlich nicht definierte Begriff der selbständigen Tätigkeit ist als Abgrenzung zu einer nach §
1 Satz 1 Nr. 1
SGB VI versicherungspflichtigen abhängigen Beschäftigung zu verstehen (BSG, Urteil vom 15. Juni 2000 - B 12 RJ 4/99 R - [...], Rn. 18). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in
einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer,
Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich
bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein.
Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen
Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit
und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale
überwiegen (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - [...], Rn. 15; BSG, Urteil vom 30. April 2013 - B 12 KR 19/11 R - [...], Rn. 13; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R - [...], Rn. 23 -; BSG, Urteil vom 31. März 2015 - B 12 KR 17/13 R - in [...], Rn. 15, BSG, Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R -, in [...] Rn. 19, jeweils m.w.N.). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (zum Ganzen z.B. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - [...], Rn. 15; BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - [...], Rn. 15 f.; BSG, Urteil vom 30. Oktober 2013 - B 12 KR 17/11 R - [...], Rn. 23 ff., BSG, Urteil vom 19. August 2015 - B 12 KR 9/14 R -,[...] Rn.19, jeweils m.w.N.).
Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich
relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige
Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen
tatsächlich vollzogen worden ist. Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so, wie sie praktiziert wird, und die praktizierte Beziehung
so, wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R - [...], Rn. 17; BSG, Urteil vom 29. August 2012 - B 12 KR 25/10 R - [...], Rn. 16).
(2) Nach diesen Maßstäben ist der Senat unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls, die in die Abwägung einzustellen
sind, zu der Überzeugung gelangt, dass der Kläger in der hier zu prüfenden Tätigkeit nicht bei der A GmbH abhängig beschäftigt
war.
(a) Aufgrund des Inhalts des - durch Übersendung des Beraterausweises angenommenen - Beraterantrags vom 8. Mai 1996, der vorgelegten
Geschäftsbedingungen und des Internetauftritts der A GmbH sowie der Angaben des Klägers stehen zur Überzeugung des Senats
folgende Umstände, die seit Beginn der Tätigkeit zum 1. Januar 1997 unverändert sind, fest:
Der Kläger betreibt die Tätigkeit im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Er tritt nicht als Vertreter der A GmbH auf. Er
ist nicht verpflichtet, tatsächlich tätig zu werden oder bestimmte Arbeits- oder Anwesenheitszeiten einzuhalten. Er muss keine
Mindestmengen bestellen oder keine Pflichtumsätze erwirtschaften. Er kann seine Tätigkeit jederzeit ohne Einhaltung einer
Kündigungsfrist beenden. Die von der A GmbH erworbenen Produkte darf der Kläger nur an Endverbraucher, nicht an andere A-Berater
verkaufen und muss direkt bei der A GmbH seine Produkte beziehen. Es gelten von der A GmbH festgelegte Verhaltensstandards.
Als Berater darf er über die A GmbH und ihre Erzeugnisse nur solche Beschreibungen, Erklärungen oder Behauptungen abgeben,
die mit den offiziellen Veröffentlichungen der Firma übereinstimmen. Der Kläger erhält eine Vergütung für einerseits seine
Wiederverkaufsleistung (Handelsspanne und Bonus) und andererseits für die Unterstützung anderer Geschäftspartner, die (als
Berater) für das Geschäft gewonnen wurden und die bei der Weiterentwicklung deren Geschäfte unterstützt werden (Provision).
Letzteres entfällt, wenn der vom Kläger "geworbene" Berater seinerseits eine höhere Handelsspanne erwirtschaftet als dieser.
Eine Mindestvergütung kann der Kläger nicht beanspruchen. Rechnungslegung und Abrechnung erfolgen immer an den Antragsteller
(Berater).
(b) Danach liegen die Voraussetzungen für eine abhängige Beschäftigung nicht vor. Der Kläger war nicht verpflichtet, überhaupt
für die A GmbH eine Arbeitstätigkeit durchzuführen. Diese konnte ihn mithin nicht wie ein Arbeitgeber zur Durchführung ihm
übertragener Aufgaben verpflichten oder anweisen. Mangels einer Vorgabe von Pflichtumsätzen oder Mindestbestellmengen wurde
eine solche Verpflichtung auch nicht auf andere Art etabliert. Bei tatsächlicher Ausführung einer Tätigkeit für die A GmbH
konnte diese dem Kläger keine Arbeits- oder Anwesenheitszeiten vorschreiben. Gleiches gilt für den Arbeitsort. Der Kläger
trug insoweit auch ein eigenes Unternehmerrisiko, als seine Vergütung ausschließlich erfolgsabhängig war. Eine Vergütung für
einerseits seine Wiederverkaufsleistung (die Handelsspanne, die er durch unabhängige Festsetzung der Verkaufspreise erzielte,
und den Bonus) sowie andererseits für Leistungen aus Geschäften der von ihm gewonnenen Berater (Provisionen) erhielt er lediglich,
wenn er zuvor die dazu erforderlichen Tätigkeiten erfolgreich unternommen hatte und seinerseits erfolgreicher war als dieser.
Eine Vergütung für das Tätigwerden als solches, wie sie abhängig Beschäftigten als Gehalt oder Lohn gezahlt wird, stand dem
Kläger nicht zu.
Ob die bei Ausführung der Tätigkeit bestehenden Vorgaben (von der A GmbH festgelegte Verhaltensstandards; Angaben über die
A GmbH und ihre Erzeugnisse) Ausdruck eines einseitigen Weisungsrechts der A GmbH sind oder bei Beginn der Tätigkeit einvernehmlich
vereinbart wurden, kann offenbleiben. Selbst wenn insoweit von einer Weisungsbefugnis der A GmbH auszugehen wäre, beträfe
sie nur einen Teil der Ausführung der Tätigkeit und träte bei der notwendigen Gesamtwürdigung hinter die weiteren und gewichtigeren
Umstände - insbesondere keine Verpflichtung zur Arbeitsleistung, keine Weisungen bzgl. Arbeitszeit und -ort, unternehmerisches
Risiko - zurück.
bb) Der Kläger übte die auf Dauer angelegte Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht aus.
Die Tätigkeit muss subjektiv darauf gerichtet sein, positive Einkünfte zu erzielen; das ist etwa ausgeschlossen, wenn sie
der Liebhaberei dient. Die erforderliche Gewinnerzielungsabsicht kann bereits daraus hergeleitet werden, dass der Betroffene
Einkommen aus selbständiger Tätigkeit erzielen wollte, das einkommensteuerpflichtig war. Nicht erforderlich ist, dass tatsächlich
positive Einkünfte erzielt werden (BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 5 RE 21/14 R - [...], Rn. 21 m.w.N.).
Diese Voraussetzungen sind bei der Tätigkeit des Klägers für die A GmbH erfüllt. Er hat diese bereits zum 1. Januar 1997 aufgenommen
und hierzu ein Gewerbe angemeldet. Über Jahre hinweg hat er durch diese Tätigkeit nicht unbeträchtliche Einnahmen erzielt,
die er als Einkünfte aus Gewerbebetrieb/selbständiger Tätigkeit versteuert hat. Dies entnimmt der Senat den vorliegenden Einkommensteuerbescheiden
für die Jahre 2005 bis 2011. Dabei liegen die geringsten Einkünfte in den Jahren 2006 und 2007 (€ 7.247,00 bzw. € 7.517,00)
mit monatlich € 603,62 bzw. € 626,42 jeweils über der damaligen Geringfügigkeitsgrenze des §
8 SGB Viertes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB IV) von € 400,00. Der Kläger selbst hat nie behauptet, dass er insgesamt oder zu bestimmten Zeitpunkten nicht mit Gewinnerzielungsabsicht
gehandelt habe. Der Senat hat auch keine anderweitigen Hinweise drauf, dass sich die Verhältnisse insoweit geändert hätten.
Eine Qualifizierung der Tätigkeit für die A GmbH als Liebhaberei - etwa vergleichbar dem Werben für eine Zeitschrift gegen
ein Werbegeschenk - kommt daher nicht in Betracht.
cc) Der Kläger hat seit Beginn der Tätigkeit für diese zu keinem Zeitpunkt einen Arbeitnehmer beschäftigt.
dd) Der Kläger wurde und wird auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber, die A GmbH, tätig.
(1) Er wird im Rahmen seiner hier zu beurteilenden Tätigkeit ausschließlich für die A GmbH tätig. Für andere Personen oder
Unternehmen nimmt er keinen Direktvertrieb vor. Die Beziehungen zu seinen eigenen Kunden, also den Endabnehmern der Produkte
der A GmbH, beschränken sich auf Kaufverträge.
(2) Die A GmbH ist Auftraggeber des Klägers i.S.d. §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI.
(a) Der Rechtsprechung des BSG (Urteile vom 4. November 2009 - B 12 R 3/08 R - [...], Rn. 18 ff.; vom 9. November 2011 - B 12 R 1/10 R - [...], Rn. 27 ff.; vom 23. April 2015 - B 5 RE 21/14 R - [...], Rn. 25 ff.) folgend, legt der Senat einen weit zu verstehenden
Begriff des Auftraggebers zugrunde. Danach erfasst dieser jede natürliche oder juristische Person oder Personenmehrheit, die
im Wege eines Auftrags oder in sonstiger Weise eine andere Person mit einer Tätigkeit betraut, sie ihr vermittelt oder ihr
Vermarktung oder Verkauf von Produkten nach einem bestimmten Organisations- und Marketingkonzept überlässt.
Diese Voraussetzungen liegen beim Kläger in seiner Tätigkeit für die A GmbH vor. Bei der A GmbH handelt es sich um ein Direktvertriebsunternehmen,
das eine breite Palette an Produkten aus den Bereichen Schönheit, persönliche Pflege und Haushaltspflege sowie aus den Sparten
Nahrungsergänzung und Wellness anbietet. Direktvertrieb bedeutet dabei den Vertrieb von Produkten und Dienstleistungen direkt
an den Kunden. Hierfür erhalten sie jeweils Vergütungen. Die von der A GmbH erworbenen Produkte dürfen nur an Endverbraucher
und nicht an andere A-Berater verkauft werden. Der Berater muss direkt bei der A GmbH seine Produkte beziehen. Die Direktvertriebsleute
(Berater) der A GmbH verdienen Geld durch den Verkauf von Produkten an ihre eigenen Kunden und an die Kunden anderer in ihrem
Netz befindlicher Berater. Es handelt sich somit um ein einheitliches, von der A GmbH vorgegebenes Organisations- und Marketingkonzept,
in dessen Rahmen diese dem Berater (hier dem Kläger) die Vermarktung und den Verkauf ihrer Produkte überlässt.
(b) Nicht erforderlich ist das Bestehen einer vertraglichen Bindung, die es dem selbständig Tätigen ermöglicht, sich des Organisations-
und Marketingkonzepts zu bedienen, und ihm zugleich nicht nur unwesentliche Verpflichtungen auferlegen, für den Auftraggeber
auch tätig zu werden (BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 5 RE 21/14 R - [...], Rn. 28 ff auch zum Folgenden; a.A. das vom Kläger herangezogene Urteil
des LSG Berlin-Brandenburg vom 14. März 2013 - L 22 R 881/10 - [...], Rn. 45).
§
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI erstreckt die Rentenversicherungspflicht auf selbständig Tätige, die nach Auffassung des Gesetzgebers nicht weniger sozial
schutzwürdig sind als die sonstigen von §
2 Satz 1
SGB VI erfassten Selbständigen. Als kennzeichnend für den Personenkreis wurde nicht die Zugehörigkeit zu bestimmten Berufsgruppen,
sondern wurden vielmehr typische Tätigkeitsmerkmale angesehen. Wer ohne versicherungspflichtigen Arbeitnehmer selbständig
tätig wird, ist typischerweise nicht in der Lage, so erhebliche Verdienste zu erzielen, dass er sich außerhalb der gesetzlichen
Rentenversicherung absichern könnte, und damit nach seiner wirtschaftlichen Lage sozial schutzbedürftig. In gleicher Weise
indiziert auch die weitere Voraussetzung der Tätigkeit nur für einen Auftraggeber eine wirtschaftliche Abhängigkeit und damit
ebenfalls typisierend soziale Schutzbedürftigkeit, ohne dass es auf eine konkrete wirtschaftliche Schutzbedürftigkeit des
Klägers ankäme. Typisierend sozial schutzbedürftig im dargelegten Sinn sind nicht nur Personen, die vertraglich an (nur) einen
Auftraggeber gebunden sind, sondern gleichermaßen Personen, die im Rahmen eines Marketingsystems für einen "Absatzherrn" tätig
werden, der allein die Produkte her- und für die Vermarktung zur Verfügung stellt. Anderes ist auch dem Urteil des BSG vom 4. November 2009 (B 12 R 3/08 R - [...], Rn. 27) nicht zu entnehmen (a.A. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14. März 2013 - L 22 R 881/10 - [...], Rn. 45). Danach sei "jedenfalls in Fällen wie dem vorliegenden, in dem die Klägerin als Franchise-Nehmer ... neben
dem Vertrieb von Backwaren/Handelswaren, zu dem sie vertraglich verpflichtet war, rechtlich und faktisch keine Möglichkeit
zu weiterer (nennenswerter) unternehmerischer Betätigung hatte und sich keine (nennenswerten) zusätzlichen Verdienstmöglichkeiten
erschließen konnte", der selbständige Franchise-Nehmer "arbeitnehmerähnlich". Dies bedeutet lediglich, dass bei Verträgen,
die einen derartigen Inhalt aufweisen, der Handelnde als "arbeitnehmerähnlicher" Selbständiger und der die Handlung Veranlassende
als Auftraggeber einzustufen sind. Hingegen schließen diese Ausführungen nicht aus, dass auch bei sonstigen Beziehungen eine
derartige Bewertung zutreffen kann (BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 5 RE 21/14 R - [...], Rn. 33). Der Senat schließt sich unter Berücksichtigung des Schutzzweckes
der gesetzlichen Regelung dieser Rechtsprechung des BSG an und folgt damit nicht der rechtlichen Bewertung der vom Kläger herangezogenen Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg
(Urteil vom 14. März 2013 - L 22 R 881/10 - [...], Rn. 45).
Der Schutzzweck des §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI gebietet es, die vorliegende Geschäftsbeziehung typisierend in den Pflichtversicherungstatbestand einzubeziehen. Ohne die
Produkte und das Vertriebs- und Marketingsystem der A GmbH könnte der Kläger ein Direktmarketing in der ausgeübten Art und
Weise nicht betreiben sowie keine Provisionen des Unternehmens beziehen. Diese gibt das Vertriebs- und Marketingsystem, die
Produkte und die Voraussetzungen für die Auszahlung einer Provision und deren Höhe vor. Er ist insoweit allein aufgrund der
tatsächlichen Gegebenheiten von diesem Unternehmen wirtschaftlich abhängig. Ob der Kläger für einen anderen Auftraggeber im
Rahmen dessen Vertriebs- und Marketingsystems tätig werden könnte, ist nicht maßgeblich. Denn jedenfalls die hier konkret
zu beurteilende Tätigkeit könnte er nicht unabhängig von der A GmbH ausüben. Darüber hinaus kommt es auf die konkrete soziale
Schutzwürdigkeit des Klägers gerade nicht an.
Ebenso wenig steht der Annahme eines Auftragsverhältnisses im Sinn der Norm entgegen, dass der Kläger nicht verpflichtet ist,
für die A GmbH tätig zu werden. Vielmehr ist es gerade für die selbständige Tätigkeit charakteristisch, dass der sie Ausübende
seine Tätigkeit frei gestalten und insbesondere bestimmen kann, ob und für wen er tätig werden will (BSG, Urteil vom 23. April 2015 - B 5 RE 21/14 R - [...], Rn. 35).
b) Der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Der Bescheid
vom 6. August 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013 ist rechtmäßig und verletzt ihn nicht in
seinen Rechten.
aa) Die Voraussetzungen einer Befreiung nach §
6 Abs.
1a Satz 1
SGB VI liegen nicht vor.
Danach werden Personen, die nach §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI versicherungspflichtig sind, von der Versicherungspflicht befreit 1. für einen Zeitraum von drei Jahren nach erstmaliger
Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, die die Merkmale des §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI erfüllt, 2. nach Vollendung des 58. Lebensjahres, wenn sie nach einer zuvor ausgeübten selbständigen Tätigkeit erstmals nach
§
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI versicherungspflichtig werden. Die Befreiung wirkt vom Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen an, wenn sie innerhalb von
drei Monaten beantragt wird, sonst vom Eingang des Antrags an (§
6 Abs.
4 SGB VI).
(1) Der Kläger hat die Befreiung erstmals am 1. August 2012 beantragt. Nach §
6 Abs.
4 SGB VI kann die Befreiung nach §
6 Abs.
1a Satz 1 Nr.
1 SGB VI daher nicht mehr für die ersten drei Jahre der bereits am 1. Januar 1997 aufgenommenen und seit 1. Januar 1999 versicherungspflichtigen
selbständigen Tätigkeit erteilt werden. Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung
der Antragsfrist liegen nicht vor (dazu unten).
(2) Der Kläger ist nicht i.S.d. §
6 Abs.
1a Satz 1 Nr.
2 SGB VI nach Vollendung des 58. Lebensjahres erstmals nach §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI versicherungspflichtig geworden. Er Kläger hat das 58. Lebensjahr vollendet am 11. Mai 2013 und damit nach Eintritt der Versicherungspflicht
am 1. Januar 1999.
bb) Der Kläger ist nicht nach §
231 Abs.
5 SGB VI von der Versicherungspflicht zu befreien.
Danach werden Personen, die am 31. Dezember 1998 eine selbständige Tätigkeit ausgeübt haben, in der sie nicht versicherungspflichtig
waren, und danach gemäß §
2 Satz 1 Nr. 9
SGB VI versicherungspflichtig werden, auf Antrag von dieser Versicherungspflicht befreit, wenn sie
1. vor dem 2. Januar 1949 geboren sind oder
2. vor dem 10. Dezember 1998 mit einem öffentlichen oder privaten Versicherungsunternehmen einen Lebens- oder Rentenversicherungsvertrag
abgeschlossen haben, der so ausgestaltet ist oder bis zum 30. Juni 2000 oder binnen eines Jahres nach Eintritt der Versicherungspflicht
so ausgestaltet wird, dass
a. Leistungen für den Fall der Invalidität und des Erlebens des 60. oder eines höheren Lebensjahres sowie im Todesfall Leistungen
an Hinterbliebene erbracht werden und
b. für die Versicherung mindestens ebenso viel Beiträge aufzuwenden sind, wie Beiträge zur Rentenversicherung zu zahlen wären,
oder
3. vor dem 10. Dezember 1998 eine vergleichbare Form der Vorsorge betrieben haben oder nach diesem Zeitpunkt bis zum 30. Juni
2000 oder binnen eines Jahres nach Eintritt der Versicherungspflicht entsprechend ausgestalten; eine vergleichbare Vorsorge
liegt vor, wenn
a. vorhandenes Vermögen oder
b. Vermögen, das aufgrund einer auf Dauer angelegten vertraglichen Verpflichtung angespart wird,
insgesamt gewährleisten, dass eine Sicherung für den Fall der Invalidität und des Erlebens des 60. oder eines höheren Lebensjahres
sowie im Todesfall für Hinterbliebene vorhanden ist, deren wirtschaftlicher Wert nicht hinter dem einer Lebens- oder Rentenversicherung
nach Nummer 2 zurückbleibt. Satz 1 Nr. 2 gilt entsprechend für eine Zusage auf eine betriebliche Altersversorgung, durch die
die leistungsbezogenen und aufwandsbezogenen Voraussetzungen des Satzes 1 Nr. 2 erfüllt werden. Die Befreiung ist binnen eines
Jahres nach Eintritt der Versicherungspflicht zu beantragen; die Frist läuft nicht vor dem 30. Juni 2000 ab. Die Befreiung
wirkt vom Eintritt der Versicherungspflicht an.
(1) Der Kläger hat die Antragsfrist des §
231 Abs.
5 Satz 3
SGB VI nicht gewahrt.
Die Versicherungspflicht des Klägers in der hier zu beurteilenden Tätigkeit trat am 1. Januar 1999 ein. Die Antragsfrist lief
daher am 30. Juni 2000 ab. Den Antrag auf Befreiung stellte der Kläger jedoch erst am 1. August 2012. Diese Frist ist auch
dann nicht gewahrt, wenn man das Datum der Einleitung des Kontenklärungsverfahrens durch den Kläger als Antragsdatum für die
Befreiung von der Versicherungspflicht unterstellte. Denn der Kontenklärungsantrag wurde am 30. November 2010 und damit weit
außerhalb der Antragsfrist nach §
231 Abs.
5 Satz 3
SGB VI gestellt.
(2) Die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Antragsfrist liegen nicht vor.
§ 27 Abs. 1 SGB X bestimmt hierzu: War jemand ohne Verschulden verhindert, eine gesetzliche Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung
in den vorigen Stand zu gewähren. Das Verschulden eines Vertreters ist dem Vertretenen zuzurechnen.
Eine Wiedereinsetzung kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil die Frist nicht ohne Verschulden versäumt wurde. Nach
dem Grundsatz der formellen Publizität bei der Verkündung von Gesetzen gelten diese mit ihrer Verkündigung im Bundesgesetzblatt
allen Normadressaten als bekannt, ohne Rücksicht darauf, ob und wann diese individuell und tatsächlich Kenntnis erlangt haben.
Eine Unkenntnis solcher Rechte, deren befristete Ausübung das Gesetz selbst ausdrücklich regelt, kann daher eine Wiedereinsetzung
grundsätzlich nicht rechtfertigen (BSG, Urteil vom 6. Mai 2010 - B 13 R 44/09 R - [...], Rn. 24 m.w.N.). Sinn und Zweck der Antragsfrist würden verfehlt, wenn die geltend gemachte Rechtsunkenntnis als
unverschuldet im Sinne der Wiedereinsetzungsregelungen angesehen würde und die eingetretene Rechtssicherheit hinsichtlich
einer unbestimmten Vielzahl von Versicherungsverhältnissen unter einseitiger Betonung von Rechten der Versicherten erneut
in Zweifel gezogen werden könnte. Unter diesen Umständen scheidet unabhängig davon, ob hierfür im vorliegenden Zusammenhang
überhaupt Raum bleibt, auch eine Nachsichtgewährung aus (BSG, Urteil vom 24. November 2005 - B 12 RA 9/03 R - [...], Rn. 19 m.w.N.; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 8. Oktober 2008 - L 33 R 1203/08 - [...], Rn. 77 ff.).
Ein anderer Grund als die Unkenntnis vom Eintritt der Versicherungspflicht wurde vom Kläger nicht benannt und ist für den
Senat nach Akteninhalt und dem Vorbringen der Beteiligten nicht erkennbar. Der Kläger kann auch nicht geltend machen, seine
Unkenntnis beruhe auf einem Fehlverhalten der Beklagten. Diese erfuhr erst im Rahmen des Kontenklärungsverfahrens durch die
Angabe des Klägers vom 24. April 2012 von der selbständigen Tätigkeit des Direktvertriebs für die A GmbH. Selbst bei unmittelbar
darauf erteiltem Hinweis auf die Befreiungsmöglichkeit hätte die schon am 30. Juni 2000 abgelaufene Antragsfrist nach §
231 Abs.
5 Satz 3
SGB VI nicht gewahrt werden können.
c) Der Kläger ist ab dem 1. Januar 2008 dem Grunde nach zur Zahlung von Pflichtbeiträgen verpflichtet. Der Bescheid vom 5.
Juli 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. Januar 2013 ist auch insoweit rechtmäßig und verletzt den Kläger
nicht in seinen Rechten.
aa) Die Pflicht des Klägers zur Zahlung der Pflichtbeiträge ergibt sich aus §
169 Nr. 1
SGB VI. Danach werden die Beiträge bei selbständig Tätigen von ihnen selbst getragen.
bb) Eine Pflicht zur Zahlung von Beiträgen für die Zeit vor dem 1. Januar 2008 hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden
nicht geregelt. Zutreffend ist sie aber davon ausgegangen, dass die Beiträge für die Zeit ab dem 1. Januar 2008 nicht verjährt
sind.
Nach §
25 Abs.
1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche
auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden
sind. Für die ab 1. Januar 2008 fälligen Beiträge lief das erste (vollständige) Kalenderjahr am 31. Dezember 2009 ab, das
vierte mithin am 31. Dezember 2012, so dass sie zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides vom 5. Juli 2012 noch nicht verjährt
waren. Diese Beschränkung der Zahlungspflicht auf die Zeit ab dem 1. Januar 2008 trägt auch der Unkenntnis des Klägers von
seiner Versicherungs- und Beitragspflicht Rechnung. Andernfalls wäre die dreißigjährige Verjährungsfrist nach §
25 Abs.
1 Satz 2
SGB IV zur Anwendung gekommen. Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang die vom Kläger geltend gemachte Härte der Beitragszahlung
in einem Verfahren nach §
76 Abs.
2 SGB IV Beachtung finden können, hat der Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden (vgl. BSG, Urteil vom 2. Juni 2004 - B 7 AL 56/03 R - [...], Rn. 21; BSG, Urteil vom 17. April 1996 - 3 RK 13/95 - [...], Rn. 23).
d) Der vom Kläger gerügte Verstoß gegen das rechtliche Gehör führt schon deshalb nicht zur Aufhebung des erstinstanzlichen
Urteils, weil der Senat aus oben genannten Gründen in der Sache selbst entscheiden kann (vgl. §
159 Abs.
1 Nr.
2 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 Satz 1, Abs.
4 SGG.
5. Die Revision war nicht zuzulassen, da Gründe hierfür (vgl. §
160 Abs.
2 SGG) nicht vorliegen.