Anspruch auf Krankengeld in der gesetzlichen Krankenversicherung
Meldepflichten bei abschnittsweiser Bewilligung für Folge-Arbeitsunfähigkeits-Feststellungen
Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Geschäfts- bzw. Handlungsunfähigkeit
Tatbestand
Der Kläger begehrt von der Beklagten die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 15. - 29.04.2018.
Der im Jahr 1987 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Kläger war ab dem 02.02.2018 arbeitsunfähig erkrankt. Er erhielt
deswegen von seinem Arbeitgeber Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall und ab dem 16.03.2018 von der Beklagten Krankengeld i.H.v.
täglich 64,49 EUR (brutto, netto: 56,47 EUR). Grundlage bildete (zuletzt) eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung der Dres.
M. und F.-Sch. vom 09.04.2018, in der Arbeitsunfähigkeit bis voraussichtlich zum 14.04.2018 bescheinigt worden ist.
Mit einer (Folge-) Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 16.04.2018 ist dem Kläger durch die Dres. M. und F.-Sch. Arbeitsunfähigkeit
bis zum 01.05.2018 bescheinigt worden.
Mit Bescheid vom 02.05.2018 entschied die Beklagte, dass der Anspruch des Klägers auf die Gewährung von Krankengeld vom 15.
- 29.04.2018 ruhe. Sie führte hierzu aus, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 14.04.2018 sei erst am 30.04.2018 und damit
mehr als eine Woche nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit, bei ihr eingegangen.
Hiergegen erhob der Kläger unter dem 14.05.2018 Widerspruch. Er trug begründend vor, ihm könne kein Pflichtverstoß angelastet
werden, er habe insb. wegen der Erkrankung seiner Mutter und deren Krankenhausaufenthalt unter einer erheblichen psychischen
Belastung gestanden und sei deswegen selbst erkrankt. Ein Ruhen des Krankengeldanspruchs könne überdies allenfalls für die
Zeit 15. - 22.04.2018 eingetreten sein, insofern sei die von der Beklagten angeführte Ein-Wochen-Frist zu berücksichtigen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2018 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung führte sie aus,
nach §
49 Abs.
1 Nr.
5 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) sei der Krankenkasse die Arbeitsunfähigkeit grundsätzlich binnen einer Woche zu melden. Da diese Meldefrist überschritten
worden sei, könne für die Zeit bis zur Vorlage am 30.04.2018 Krankengeld nicht gezahlt werden; der Anspruch auf Krankengeld
habe geruht. Bei der Wochenfrist handele es sich um eine Ausschlussfrist, bei der eine Wiedereinsetzung in den vorherigen
Stand nicht möglich sei. Auch die angeführte psychische Belastung des Klägers durch die Erkrankung seiner Mutter rechtfertige
keine abweichende Beurteilung.
Hiergegen hat der Kläger am 31.07.2018 Klage zum Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhoben. Zu deren Begründung hat er vorgetragen, dass ihm eine etwaige verspätete Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
nicht anzulasten sei, da er sich infolge der gesundheitlichen Situation seiner Mutter in einer besonderen Stresssituation
befunden habe. Er habe, auch vor dem Hintergrund der eigenen Erkrankung und Problemen mit seinem Arbeitgeber, schlicht die
Übersicht verloren. Nach der Rspr. des Bundessozialgerichts (BSG) rechneten Fristversäumnisse wegen Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit des Versicherten in den Verantwortungsbereich der
Krankenkassen, weswegen der Anspruch auf Krankengeld nicht geruht habe. Auch sei nicht nachvollziehbar, dass die Beklagte
keine Karenzwoche berücksichtigt habe. In der mündlichen Verhandlung vom 24.06.2019 hat der Kläger ein ärztliches Attest der
Dr. M. vom 04.02.2019 vorgelegt, nach dem der Kläger ab dem 02.02.2018 durch die Erkrankung beider Elternteile einer extremen
psychischen Belastung ausgesetzt gewesen sei, die zu einem schweren Erschöpfungssyndrom geführt hätte. Im Rahmen einer solchen
Belastung käme es, so Dr. M., zu Konzentrations- und Gedächtnisstörungen.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Unter Verweis auf den Widerspruchsbescheid vom 11.07.2018 hat sie vorgebracht,
es sei nicht davon auszugehen, dass der Kläger i.S.d. Rspr. des BSG geschäfts- oder handlungsunfähig gewesen sei. Von einer Handlungsunfähigkeit sei bereits deshalb nicht auszugehen, weil der
Kläger in der Lage gewesen sei, sich regelmäßig bei seinem Arzt vorzustellen.
Mit Urteil vom 24.06.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, nach §
49 Abs.
1 Nr.
5 SGB V ruhe der Anspruch auf Krankengeld, solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet werde; dies gelte nicht,
wenn die Meldung innerhalb einer Woche nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolge. Nach der Rspr. des BSG stelle die rechtzeitige Meldung der Arbeitsunfähigkeit eine Obliegenheit des Versicherten dar, der auch die Folgen einer
etwaigen Verletzung zu tragen habe. Da die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erst am 30.04.2018 bei der Beklagten eingegangen
sei, habe der Anspruch des Klägers auf Krankengeld bis zu diesem Zeitpunkt geruht. Eine Ausnahme hiervon sei vorliegend nicht
zu machen. Zwar habe das BSG entschieden, dass sich die Krankenkasse nicht auf den verspäteten Zugang der dem Versicherten obliegenden Meldung der Arbeitsunfähigkeit
berufen könne, wenn die Fristüberschreitung der Meldung auf Umständen beruhte, die in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse
fiele, wenn der Versicherte geschäfts- bzw. handlungsunfähig gewesen sei oder wenn der Versicherte seinerseits alles in seiner
Macht Stehende unternommen habe, um seine Ansprüche zu wahren, daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende Fehlentscheidung
gehindert worden sei. Zwar habe sich der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum in einer besonderen Belastungssituation
befunden, indes sei nicht davon auszugehen, dass sich der Kläger trotz des von Dr. M. angeführten Belastungssyndroms in einem
Zustand der Handlungs- oder Geschäftsunfähigkeit befunden habe. Insoweit habe die Beklagte zutreffend darauf hingewiesen,
dass der Kläger in der Lage gewesen sei, sich jeweils rechtzeitig bei seinem Arzt vorzustellen. Da dies möglich gewesen sei,
wäre der Kläger, so das SG, auch in der Lage gewesen, die erhaltene Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zeitnah an die Beklagte weiterzuleiten. Auch unter
dem Aspekt einer "Nachsichtgewährung" komme eine Ausnahme nicht in Betracht, da der Kläger nicht alles getan habe, was in
seiner Macht gestanden habe, um den rechtzeitigen Zugang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zu gewährleisten. Der Kläger
habe es vorliegend schlicht versäumt, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung rechtzeitig auf den Postweg oder einen anderen
Übermittlungsweg zu geben.
Gegen das ihm am 10.07.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 09.08.2019 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg
eingelegt. Zu deren Begründung bringt er vor, das SG habe die Reichweite der Grundsätze verkannt, nach denen sich die Beklagte ausnahmsweise nicht auf den verspäteten Eingang
der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung berufen könne. Diese seien nicht auf Fälle der Geschäftsunfähigkeit beschränkt, sondern
erfassten auch die Handlungsunfähigkeit von Versicherten. Hierunter rechne auch der vorliegende Fall einer akuten Überforderungssituation.
Insofern könne dem Kläger auch nicht entgegengehalten werden, dass er in der Lage gewesen sei, sich zum Arzt zu begeben, denn
der Arztbesuch sei nicht in erster Linie vor dem Hintergrund, eine ärztliche Bescheinigung zu erlangen, sondern aus therapeutischen
Gründen erfolgt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 24.06.2019 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 02.05.2018
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2018 zu verurteilen, ihm Krankengeld auch für den Zeitraum vom 15. - 29.04.2018
zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung ihres Antrages verweist die Beklagte auf die aus ihrer Sicht zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil
des SG und ihr erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt sie vor, dass selbst eine schwere Depression nicht ausreiche, um darin
schon einen, die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand der Geistestätigkeit erblicken zu können.
Mit Schriftsatz vom 04.11.2019 hat die Beklagte, mit solchem vom 09.01.2020 der Kläger das Einverständnis mit einer Entscheidung
des Senats ohne mündliche Verhandlung erklärt.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Prozessakten beider Rechtszüge sowie die bei
der Beklagten geführte Verwaltungsakte, die Gegenstand der Entscheidungsfindung geworden sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die form- und fristgerecht (vgl. §
151 Abs.
1 SGG) eingelegte Berufung des Klägers, über die der Senat nach dem erklärten Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung
entscheidet (§§
153 Abs.
1,
124 Abs.
2 SGG), ist zulässig, insb. statthaft, da der erforderliche Wert des Beschwerdegegenstandes von 750,- EUR (§
144 Abs.
1 Satz Nr.
1 SGG) bei einem streitbefangenen Zeitraum von 15 Tagen und einem täglichen Anspruch auf Krankengeld i.H.v. 56,47 EUR netto überschritten
ist.
Die Berufung führt jedoch für den Kläger nicht zum Erfolg. Das SG hat die Klage in nicht zu beanstandender Weise abgewiesen; der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 11.07.2018 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 15. - 29.04.2018.
Nach §
44 Abs.
1 SGB V haben Versicherte Anspruch auf Krankengeld, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse
in einem Krankenhaus, einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Der Anspruch auf Krankengeld entsteht
nach §
46 Satz 1
SGB V in der vom 23.07.2015 - 10.05.2019 geltenden Fassung des Gesetzes zur Stärkung der Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung
(GKV-VSG) vom 16.07.2015 (BGBl. I S.1211) im Falle der Krankenhausbehandlung oder der Behandlung in einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung
von ihrem Beginn an (Nr. 1), im Übrigen von dem Tage der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit an (Nr. 2). Der Anspruch
auf Krankengeld bleibt nach §
46 Satz 2
SGB V jeweils bis zu dem Tag bestehen, an dem die weitere Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit ärztlich festgestellt wird,
wenn diese ärztliche Feststellung spätestens am nächsten Werktag nach dem zuletzt bescheinigten Ende der Arbeitsunfähigkeit
erfolgt; Samstage gelten insoweit nicht als Werktage.
Wird das Krankengeld jeweils aufgrund der von einem Vertragsarzt ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung entsprechend
der dort angegebenen voraussichtlichen Dauer der Arbeitsunfähigkeit gezahlt, liegt hierin eine zeitlich befristete Bewilligung
(vgl. BSG, Urteil vom 25.10.2018 - B 3 KR 23/17 R -, vom 04.03.2014 - B 1 KR 17/13 R - und vom 22.03.2005 - B 1 KR 22/04 R - , jew. in juris).
Bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit, aber abschnittsweiser Krankengeldbewilligung ist jeder Bewilligungsabschnitt eigenständig
zu prüfen. Für die Aufrechterhaltung des Krankengeldanspruchs ist es deshalb erforderlich, dass die Arbeitsunfähigkeit vor
Ablauf des Krankengeldbewilligungsabschnitts erneut ärztlich festgestellt wird (vgl. st. Rspr. des BSG, u.a. Urteil vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R -; Urteil vom 16.12.2014 - B 1 KR 19/14 R -, beide in juris m.w.N.).
Der bei der Beklagten gem. §
5 Abs.
1 Nr.
1 SGB V als Beschäftigter mit Anspruch auf Krankengeld pflichtversicherte Kläger war (auch) im Zeitraum vom 15. - 29.04.2018 arbeitsunfähig
erkrankt, was ihm von Dr. M. rechtzeitig i.S.d. §
46 SGB V mit Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 16.04.2018 bescheinigt worden ist. Dies ist zwischen den Beteiligten zu Recht
nicht streitig.
Der Kläger hat dennoch keinen durchsetzbaren Anspruch auf die Zahlung von Krankengeld, weil der diesbezügliche Anspruch vom
15. - 29.04.2018 geruht hat.
Nach §
49 Abs.
1 Nr.
5 SGB V in der vom 23.07.2015 - 10.05.2019 geltenden Fassung des GKV-VSG vom 16.07.2015 (BGBl. I S.1211) ruht der Anspruch auf Krankengeld,
solange die Arbeitsunfähigkeit der Krankenkasse nicht gemeldet wird; dies gilt nicht, wenn die Meldung innerhalb einer Woche
nach Beginn der Arbeitsunfähigkeit erfolgt. Hieraus folgt, dass den Versicherten hinsichtlich der die begehrten Krankengeld-Leistungen
auslösenden Arbeitsunfähigkeit eine grundsätzlich strikt zu handhabende Meldeobliegenheit gegenüber der Krankenkasse trifft.
Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit an die Krankenkasse ist eine Tatsachenmitteilung, die nicht an die Einhaltung einer bestimmten
Form gebunden ist und die den Versicherten als Obliegenheit trifft. Der Versicherte muss seine Arbeitsunfähigkeit nicht persönlich
mitteilen, sondern kann die Mitteilung auch durch einen Vertreter übermitteln. Es reicht grundsätzlich aus, wenn der Krankenkasse
die ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit bekanntgegeben wird und die Bekanntgabe dem Versicherten zuzurechnen ist.
Dies gilt für jede erneute Inanspruchnahme des Krankengeldes, d.h. auch dann, wenn wegen der Befristung der bisherigen ärztlichen
Arbeitsunfähigkeitsfeststellung über die Weitergewährung von Krankengeld neu zu befinden ist. Die Ruhensvorschrift des §
49 Abs.
1 Nr.
5 SGB V soll die Krankenkassen zum einen davon freistellen, die Voraussetzungen eines verspätet angemeldeten Krankengeld-Anspruchs
im Nachhinein aufklären zu müssen, um Missbrauch und praktische Schwierigkeiten zu vermeiden, zu denen die nachträgliche Behauptung
der Arbeitsunfähigkeit und deren rückwirkende Bescheinigung beitragen können. Überdies soll es den Krankenkassen auch ermöglicht
werden, die Arbeitsunfähigkeit zeitnah durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung überprüfen zu lassen, um Leistungsmissbräuchen
entgegenzutreten und Maßnahmen zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit einleiten zu können (BSG, Urteil vom 08.08.2019 - B 3 KR 18/18 R -, in juris, dort Rn. 17 f).
Die Meldung der Arbeitsunfähigkeit an die Krankenkasse ist entsprechend §
130 Abs.
1 und
3 Bürgerliches Gesetzbuch (
BGB) erst dann erfolgt, wenn sie der Krankenkasse zugegangen ist (BSG, Urteil vom 08.08.2019, a.a.O., dort Rn. 20). Dies ist vorliegend erst am 30.04.2018 erfolgt. Da dieser Zeitpunkt außerhalb
der Wochenfrist des §
49 Abs.
1 Nr.
5 SGB V ab dem Beginn der festgestellten Arbeitsunfähigkeit am 16.04.2018 liegt, ruht der Anspruch des Klägers auf Krankengeld nach
§
49 Abs.
1 Nr.
5 SGB V. Ein zeitlich früherer Zugang der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ist weder ersichtlich noch wird er klägerseits vorgetragen.
Die Rechtsfolgen des Verstoßes gegen §
49 Abs.
1 Nr.
5 SGB V treten unabhängig davon ein, ob den Versicherten ein Verschulden an dem unterbliebenen oder nicht rechtzeitigen Zugang der
Meldung trifft. So kann bspw. auch eine vom Versicherten rechtzeitig zur Post gegebene, aber auf dem Postweg verloren gegangene
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung oder eine Verzögerung der Übermittlung durch die Post den Eintritt der Ruhenswirkung daher
selbst dann nicht verhindern, wenn die Meldung unverzüglich nachgeholt wird oder wenn die Anspruchsvoraussetzungen für die
Gewährung von Krankengeld im Übrigen zweifelsfrei gegeben sind (BSG, Urteil vom 08.08.2019, a.a.O., Rn. 20; Urteil vom 25.10.2018, a.a.O.; nochmals bestätigt durch Urteil vom 05.12.2019 - B 3 KR 5/19 R -, s. Terminbericht Nr. 56/16). Wird, wie vorliegend, dem Versicherten vom Vertragsarzt die für die Krankenkasse bestimmte
Ausfertigung der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ausgehändigt, wird er in die Lage versetzt, den Weg der Meldung an die Krankenkasse
selbst zu bestimmen, das Risiko der Postlaufzeit einzuschätzen und ggf. andere Kommunikationswege zu nutzen, um die Krankenkasse
in Kenntnis der (fortbestehenden) Arbeitsunfähigkeit zu setzen. Dies rechtfertigt es, das Risiko, dass die von ihm zu übersendende
Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung auf dem Postweg verloren geht oder verspätet zugeht, dessen Sphäre zuzuordnen (BSG, Urteil vom 08.08.2019, a.a.O., Rn. 28).
Zwar hat das BSG Ausnahmen von der strikten Anwendung des §
49 Abs.
1 Nr.
5 SGB V für Fälle anerkannt, wenn die Fristüberschreitung der Meldung auf Umständen beruhte, die in den Verantwortungsbereich der
Krankenkasse fallen und der Versicherte weder wusste noch wissen musste, dass diese von der Arbeitsunfähigkeit keine Kenntnis
erlangt hatte, wenn der Versicherte geschäfts- bzw. handlungsunfähig gewesen ist oder aber, wenn der Versicherte seinerseits
alles in seiner Macht Stehende getan hatte, um seine Ansprüche zu wahren, daran aber durch eine von der Krankenkasse zu vertretende
Fehlentscheidung gehindert worden ist (BSG, Urteil vom 25.10.2018, a.a.O. und zuletzt Urteil vom 26.09.2019 - B 3 KR 1/19 R -, in juris, dort Rn. 16). Eine derartige Ausnahmekonstellation liegt jedoch vorliegend nicht vor. Der Senat ist insb. nicht
davon überzeugt, dass der Kläger infolge einer Geschäfts- oder Handlungsunfähigkeit daran gehindert gewesen ist, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
zeitnah bei der Beklagten vorzulegen.
Entsprechend dem Ausnahmecharakter dieser Fallgestaltungen, sind diese eng auszulegen. Liegt der geltend gemachte Grund für
die angeführte Geschäfts- bzw. Handlungsunfähigkeit in einer psychischen Erkrankung ist jedenfalls erforderlich, dass durch
diese über die bloße Passivität hinaus das Aktivitätsausmaß derart reduziert ist, dass es dem Versicherten auch bei einer
entsprechenden Willensanspannung unmöglich ist, die zur Geltendmachung des gegenständlichen Anspruchs auf Krankengeld erforderlichen
Handlungen vorzunehmen (vgl. Sonnhoff in Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGB V, 3. Aufl. 2016, §
46 SGB V, Rn. 42). Hiervon ist jedoch vorliegend nicht auszugehen. Ungeachtet davon, dass der Kläger, worauf die Beklagte zutreffend
hingewiesen hat, trotz der geltend gemachten Belastungssymptomatik in der Lage gewesen ist, einen Arzt aufzusuchen, worin
- obschon diese Besuche zuvorderst unter therapeutischen Gesichtspunkten erfolgt sind - ein ausreichender Antrieb ersichtlich
wird, ist auch in Ansehung des Attestes von Dr. M. vom 04.02.2019 und des hierin mitgeteilten schweren Erschöpfungssyndroms
nicht davon auszugehen ist, dass der Kläger die Willensanstrengung zur Durchführung erforderlicher Verrichtungen nicht hätte
aufbringen können. Es ist nicht von einer, einer Geschäftsunfähigkeit vergleichbaren Einschränkung der psychischen Belastungsfähigkeit
auszugehen. Dies zeigt sich auch und gerade daran, dass Dr. M. mitgeteilt hat, dass der Kläger "in der ganzen Zeit" ständig
mit "Ärzten, Versicherungen und Berufsgenossenschaften" verhandeln habe müssen. Hieraus wird deutlich, dass in der gesundheitlichen
Situation des Klägers im Zeitraum ab dem 02.02.2018 und insb. im April 2018 keine Unfähigkeit, die Arbeitsunfähigkeit rechtzeitig
der Beklagten zu übermitteln, bestanden hat. Die beim Kläger bestehenden Einschränkungen der psychischen Belastbarkeit waren
daher, auch in Ansehung der von Dr. M. mitgeteilten psychopathologischen Befunde, nicht derart gravierend, dass sie mit einer
Geschäftsunfähigkeit i.S.d. §
104 BGB vergleichbar waren (vgl. Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 27.06.2019 - L 9 KR 470/17 -, in juris, dort Rn. 23).
Da die Beklagte in Ermangelung der Kenntnis davon, dass die bestehende Arbeitsunfähigkeit über den 14.04.2018 hinaus andauern
werde, keinerlei Einfluss auf die dem Kläger obliegende Meldeobliegenheit ausüben konnte, ist auch die Ausnahme, dass die
Fristüberschreitung der Meldung auf Umständen beruht, die in den Verantwortungsbereich der Krankenkasse fallen, nicht einschlägig.
Auch der zuletzt vom BSG im Urteil vom 08.08.2019 (a.a.O.) angenommene Ausnahmefall, dass es aufgrund von besonderen Umständen zu keiner Aushändigung
bzw. Überlassung der für die Krankenkasse bestimmten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung gekommen ist, liegt vorliegend ersichtlich
nicht vor.
Bei der Ein-Wochen-Frist des §
49 Abs.
1 Nr.
5 SGB V handelt es sich um eine Ausschlussfrist (BSG, Urteil vom 28.10.1981 - 3 RK 59/80 -, in juris, Urteil vom 25.10.2018, a.a.O., Rn. 18; Schifferdecker in Kasseler Kommentar zum Sozialversicherungsrecht, Bd.
2, §
49 SGB V, Rn. 46), mit der der Eintritt der Rechtsfolgen des §
49 Abs.
1 Nr.
5 SGB V, das Ruhen des Leistungsanspruchs, nicht, wie klägerseits geltend gemacht, zeitlich nach hinten verschoben wird; der Leistungsanspruch
ruht vielmehr bereits mit dem ersten Tag der in der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung benannten Arbeitsunfähigkeit, vorliegend
ab dem 15.04.2018, einem Sonntag.
Auch eine Leistungsgewährung unter dem Gesichtspunkt einer Nachsichtgewährung kommt vorliegend nicht in Betracht. Diese Rechtsfigur,
die maßgebend auf dem Gebot von Treu und Glauben (§
242 BGB) fußt, hat das BSG für Konstellationen unverschuldeter Fristversäumnisse herangezogen, um das damalige Fehlen einer gesetzlichen Wiedereinsetzungsregelung
zu kompensieren Insb. im Zusammenhang mit Ausnahmefällen bei der Versäumung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und der
Meldung derselben an die Krankenkasse ist sie jedoch nicht (mehr) heranzuziehen (BSG, Urteil vom 08.08.2019, a.a.O., Rn. 37). Ungeachtet hiervon lägen auch die Voraussetzungen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 08.11.2005 - B 1 KR 30/04 R -, in juris, dort Rn. 22) nicht vor, da die Fristversäumung nicht auf einer von der Krankenkasse zu vertretenden Fehlentscheidung
beruht.
Mithin ruhte der Anspruch des Klägers auf die Zahlung von Krankengeld für die Zeit vom 15. - 29.04.2018 wegen der verspäteten
Meldung der Arbeitsunfähigkeit. Der Bescheid der Beklagten vom 02.05.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2018
ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Die Berufung des Klägers gegen das klageabweisende Urteil des SG vom 24.06.2019 ist zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision (§
160 Abs.
2 SGG) liegen nicht vor.