LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.12.2017 - 6 SB 4936/15
Anspruch auf Feststellung des Grades der Behinderung im Schwerbehindertenrecht bei schizophrenen und affektiven Psychosen
1. Der Anwendungsbereich von Teil B, Nr. 3.6 der Anlage zu § 2 VersMedV (schizophrene und affektive Psychosen) ist bei Gesundheitsstörungen ohne psychotische Symptome nicht eröffnet.
2. Den Schwankungen im Gesundheitszustand ist bei längerem Leidensverlauf mit einem Durchschnittswert Rechnung zu tragen .
Vorinstanzen: SG Reutlingen 30.10.2015 S 5 SB 2682/12
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. Oktober 2015 abgeändert,
soweit er verpflichtet wurde, beim Kläger einen höheren Grad der Behinderung als 30 ab 6. Februar 2012 festzustellen, und
die Klage insoweit abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Klägers sind von dem Beklagten in beiden Instanzen zu einem Viertel zu erstatten.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob beim Kläger der Grad der Behinderung (GdB) mit 50 festzustellen ist und damit die Schwerbehinderteneigenschaft
vorliegt.
Der 1960 geborene Kläger besuchte nach der Grundschule das Gymnasium, wechselte jedoch, weil er die Anforderungen nicht bewältigte,
auf die Hauptschule, wo er auch Schulsprecher war. Nachdem er diese abgeschlossen hatte, absolvierte er eine dreijährige Ausbildung
zum Einzelhandelskaufmann. Anschließend arbeitete er ein Jahr in einer Gaststätte, bevor er als Zeitsoldat zwei Jahre bei
der Bundeswehr diente. Seit 1983 ist er bei der E. AG in D. an der E., einem Automobilzulieferer, beschäftigt, 6 km von seinem
Wohnort entfernt. Anfangs war er als Hilfsarbeiter an einer Maschine, später bis zum stationären Rehabilitationsaufenthalt
in der Psychosomatik der Klinik am S. in B. N. Ende 2011 als Feinsteuerer und seit Frühjahr 2012 als Disponent eingesetzt.
Nach der stationären Behandlung in der Abteilung für Alterspsychiatrie und Alterspsychotherapie der Südwürttembergischen Zentren
für Psychiatrie (ZfP) Z. Mitte 2014 ist er im Bereich der Produktionsoptimierung in Vollzeit tätig. Zum ersten Mal heiratete
er mit 23 Jahren. Die Ehe wurde nach sechs Jahren geschieden, nachdem seine Ehefrau, welche noch heute im selben Unternehmen
wie er arbeitet, von einem anderen Mann schwanger wurde. Er ist seit 1997 in zweiter Ehe verheiratet. Seine jetzige Ehefrau,
mit der er in einer Eigentumswohnung lebt, brachte drei Kinder mit in die Beziehung, welche mittlerweile erwachsen sind. Zu
den beiden Stieftöchtern besteht ein sehr gutes und enges Verhältnis, der Stiefsohn brach den Kontakt nach einem Auslandseinsatz
mit der Bundeswehr ab.
Der Kläger beantragte am 6. Februar 2012 erstmals die Feststellung des GdB ab Antragstellung. Er wies auf eine depressive
Episode, eine Anpassungsstörung und eine arterielle Hypertonie hin.
Das Landratsamt R. zog den Entlassungsbericht von Dr. A., Chefärztin der Psychosomatik der Klinik am S. in B. N., über den
stationären Rehabilitationsaufenthalt des Klägers vom 22. Dezember 2011 bis 2. Februar 2012 bei. Diagnostiziert worden seien
eine mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F32.1), eine arterielle Hypertonie (ICD-10 I10.90) und eine Hypercholesterinämie
(ICD-10 E78.0), welche sich sämtlich zum Zeitpunkt der Entlassung gebessert hätten. Der Kläger habe keine Schlafstörungen,
allerdings einen schlechten Appetit erwähnt. Bei einer Körpergröße von 1,69 m habe er bei der Aufnahme 73 kg und der Entlassung
76 kg gewogen. An sportlichen Aktivitäten habe er Skifahren im Winter angeführt. Die Aufnahme zum stationären Heilverfahren
sei durch den behandelnden Psychiater veranlasst worden. Der Kläger habe über eine Belastungssituation am Arbeitsplatz verbunden
mit Erschöpfung, Leistungsabfall, Konzentrationsschwäche, Vergesslichkeit, Schlafstörungen, Reizbarkeit, emotionaler Gleichgültigkeit
und Affektlabilität berichtet. Normalerweise sei er ein lustiger Mensch, davon sei aktuell nichts spürbar. Er sitze manchmal
zu Hause apathisch da und empfinde keine Freude mehr. Er habe sich aus dem sozialen Leben völlig zurückgezogen und übe seine
gewohnten Sportaktivitäten überhaupt nicht mehr aus. Bei der Arbeit und im Alltag habe er das Gefühl, in einem Hamsterrad
zu stecken. Er habe nicht mehr gewusst, wie er sich selbst helfen könne. Schon bei geringer Anstrengung steige sein Blutdruck
an und er habe Sorge, eines Tages einen Herzinfarkt zu erleiden. Er habe einen belastenden Job und eine lange Anfahrtszeit.
Die Gesprächsthemen kreisten nur noch um Berufliches. Es trete kaum noch eine Freude auf oder fänden Freizeitvergnügen statt.
Der Kläger habe ein sehr enges Verhältnis sowohl zu seiner Schwester als auch seiner Nichte, die sein Patenkind sei, angeführt.
Viele soziale Kontakte habe er im letzten halben Jahr vernachlässigt oder eingestellt. Er habe früher gerne Sport wie Radfahren,
Angeln und Nordic Walking betrieben. Im Moment sei alles eingestellt. Er habe keinen Antrieb. Durch das Herauslösen aus der
häuslichen Umgebung und den Abstand zur bestehenden Problematik habe er sich gut erholen und seine Entspannungsfähigkeit verbessern
können. Seine Beschwerden hätten sich spürbar verändert. Nach einer stufenweisen Wiedereingliederung sei ab Anfang März 2012
mit der vollen Arbeitsfähigkeit zu rechnen. Die Medikation bei der Entlassung habe aus Ramipril, 5 mg (1/2-0-0), Citalopram,
20 mg (1 1/2-0-0) und Mirtazapin, 15 mg (0-0-0-1) bestanden. Der Blutdruck sei im Sitzen mit 135/75 mmHg gemessen worden.
Beim Erstkontakt habe sich der Kläger unter großem Druck und mit einer Anspannung gezeigt. Er sei gesprächsbereit und offen
gewesen, habe allerdings immer wieder weinen müssen. Konzentrationsstörungen seien anamnestisch beschrieben worden, jedoch
beim Aufnahmegespräch nicht beobachtet worden. Der Kläger habe depressiv, ratlos gereizt und erschöpft gewirkt, mit eingeschränkter
affektiver Schwingungsfähigkeit. Der Antrieb sei gemindert gewesen. Es hätten sich eine latente Aggression und eine Hilfslosigkeit
angesichts seiner Situation gezeigt. Störungen der Wahrnehmung oder des Ich-Erlebens seien nicht zu erkennen gewesen.
Ende Februar 2012 wurde der Kläger in der Inneren Abteilung der E. B. U. ambulant untersucht, nachdem er beim Einkaufen für
etwa zehn Minuten einen "Blackout" hatte. Dr. N., Fachärztin für Allgemeinmedizin, stellte beim Eintreffen noch einen Tremor,
Schwitzen und eine Tachykardie fest. Der Kläger habe berichtet, innerhalb weniger Minuten völlig orientierungslos gewesen
zu sein, so dass er nur mit Hilfe seiner Ehefrau den Ladenausgang gefunden habe. Der Bluthochdruck sei mit 150/90 mmHg gemessen
worden. Die Symptomatik habe sich nicht mit letzter Sicherheit einordnen lassen, sei am ehesten psychogen oder ein Begleiteffekt
der Medikation mit Citalopram gewesen. Am Ende der Untersuchung sei er wieder komplett beschwerdefrei gewesen.
Dr. A.-F. bewertete in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme von April 2012 eine Depression und Anpassungsstörung mit
einem Einzel-GdB von 20 sowie den Bluthochdruck mit einem Einzel-GdB von 10, woraus ein Gesamt-GdB von 20 zu bilden sei. Das
Landratsamt R. stellte daraufhin mit Bescheid vom 14. Mai 2012 den GdB mit 20 seit 6. Februar 2012 fest. Der Widerspruch wurde
vom Regierungspräsidium St. mit Widerspruchsbescheid vom 5. September 2012 zurückgewiesen.
Hiergegen hat der Kläger am 27. September 2012 Klage beim Sozialgericht Reutlingen (SG) erhoben, welches Dr. W., Facharzt für Allgemeinmedizin, Dr. C., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Dr. A., Dr. H.,
Psychotherapeut, sowie Dr. H., Facharzt für Hals-, Nasen- und Ohren (HNO)-Heilkunde, schriftlich als sachverständige Zeugen
befragt hat, welche im Februar 2013 geantwortet haben.
Dr. W. hat ausgeführt, es liege eine mittelgradige depressive Episode und eine Anpassungsstörung, eine arterielle Hypertonie
sowie ein Tinnitus vor. Unmittelbar nach Wiederaufnahme der Arbeit infolge des stationären Rehabilitationsaufenthaltes bis
Anfang Februar 2012 sei es zu rezidivierenden Angstattacken und einer zunehmenden depressiven Symptomatik gekommen. Die seelische
Störung habe eine erhebliche Beeinträchtigung der Funktion zur Folge, weshalb ein GdB von 50 leidensgerecht sei.
Dr. C. hat mitgeteilt, er behandle den Kläger seit Ende Februar 2012. Bei ihm bestünden rezidivierende depressive Symptome,
teils mit Ängsten beziehungsweise einer Somatisierung. Zu Beginn hätten sich deutliche reaktive Momente wegen Überforderungen
am Arbeitsplatz gezeigt. Es seien durchgehende Konzentrationsstörungen und eine allgemein verminderte Leistungsfähigkeit angeführt
worden. Eine durchgreifende Besserung der Beschwerden habe sich trotz zuletzt erfolgter Intensivierung der medikamentösen
Therapie nicht erreichen lassen. Der versorgungsärztlich eingeschätzte GdB auf psychiatrischem Fachgebiet sei zutreffend.
Dr. A. hat kundgetan, es seien keine gravierenden Funktionseinschränkungen während des stationären Aufenthaltes festgestellt
worden. Es habe sich damals um eine mittelgradige depressive Episode gehandelt, wofür ein GdB zwischen 20 und 30 gerechtfertigt
sei.
Dr. H. ist darauf eingegangen, den Kläger zwischen April und September 2012 behandelt zu haben. Es bestehe noch ein genehmigtes
Restkontingent von siebzehn Therapiesitzungen, für deren Nutzung bislang keine Notwendigkeit bestanden habe. Er habe eine
bipolare affektive Störung, gegenwärtig leichte oder mittelgradige depressive Episode (ICD-10 F31.3) diagnostiziert. Es lägen
keine Befunde vor.
Dr. H. hat nach einmaliger Konsultation des Klägers im Oktober 2012 einen Tinnitus (ICD-10 H93.1) und den Verdacht auf eine
Störung des Zentralnervensystems (ICD-10 G96.9) diagnostiziert. Das Hörvermögen habe nach der audiometrischen Untersuchung
im Normbereich gelegen. Eine Hörstörung sei damit ausgeschlossen worden. Ohrgeräusche, rechts mehr als links, habe er seit
einem Burnout-Syndrom vor etwa einem Jahr beschrieben. Tagsüber könne er das beidseitige Pfeifen ertragen, abends benötige
er ein überdeckendes Geräusch.
Der Kläger hat daraufhin die Erklärung von Dr. W. von August 2013 vorgelegt, wonach er die Einschätzungen von Dr. A., Dr.
C. und Dr. H. nicht nachvollziehen könne. Er sei als Hausarzt die erste Anlaufstelle und habe ihn als reduziert physisch belastbar,
mit Konzentrationsproblemen, einem Libidoverlust, motivationslos und affektlabil erlebt. Soziale Kontakte würden nicht mehr
gepflegt. Es bestehe ein Rückzug aus den sozialen Strukturen. Zudem lägen Panikattacken bei alltäglichen Verrichtungen wie
dem Besuch eines Supermarktes oder bei der Arbeit vor.
Des Weiteren hat der Kläger den Entlassungsbericht der Chefärztin G. der ZfP Z. über den stationären Aufenthalt des Klägers
vom 19. Mai bis 13. August 2014 übersandt. Sie habe eine rezidivierende depressive Störung, gegenwärtig schwere Episode ohne
psychotische Symptome (ICD-10 F33.2), Anpassungsstörungen (ICD-10 F43.2), kombinierte und andere Persönlichkeitsstörungen
(ICD-10 F61), eine nicht näher bezeichnete essentielle Hypertonie ohne Angabe einer hypertensiven Krise (ICD-10 I10.90) sowie
eine reine Hypercholesterinämie (ICD-10 E78.0) diagnostiziert. Der Kläger habe seit Ende letzten Jahres wieder eine schleichende
Befundverschlechterung bemerkt. Sobald er von der Arbeit nach Hause komme, fühle er sich nur noch erschöpft. Er könne, außer
auf dem Sofa zu sitzen und fernzusehen, nichts mehr tun. Inzwischen habe er sich von fast allen sozialen Kontakten zurückgezogen
und auch frühere Freizeitaktivitäten wie Fahrradfahren abgebrochen. Seit einer Auseinandersetzung mit einem Arbeitskollegen
vor etwa fünf Wochen sei es ihm nochmals wesentlich schlechter gegangen. Dies sei schließlich der Auslöser gewesen, sich für
den stationären Aufenthalt zu entscheiden. Auf Suizidalität angesprochen, habe der Kläger Ruhewünsche und Suizidgedanken angeführt.
Letztes Jahr habe er bereits einmal einen Abschiedsbrief geschrieben und sich einen Baum entlang des Weges zum Arbeitsort
ausgesucht, gegen den er mit seinem Auto habe fahren wollen. Lediglich das Bewusstsein, seine Ehefrau damit allein zu lassen,
habe ihn davon abgehalten. Für die Dauer des stationären Aufenthaltes habe er sich von akuter Suizidalität distanziert gehabt.
Nach der ersten depressiven Episode Ende 2011/Anfang 2012 mit einem anschließend sechswöchigen stationären Rehabilitationsaufenthalt
habe sich die Symptomatik gut zurückgebildet. Er leide an einer Durchschlafstörung, welche sich unter der aktuellen Medikation
gebessert habe. Zudem habe ein Appetitverlust mit Gewichtsreduzierung um 7 kg in fünf Wochen bestanden. Die Miktion und der
Stuhlgang seien ohne Probleme gewesen. Der Vater des Klägers sei alkoholkrank und gegenüber der Familie gewalttätig gewesen.
Sein Vater habe ihn regelmäßig geschlagen. Es sei ihm bedeutet worden, dass er nichts wert sei. Er habe vier Geschwister,
zu denen, bis auf den zweitältesten Bruder, ein enger Kontakt bestehe. Alle drei Brüder arbeiteten im gleichen Unternehmen
wie er. Neben einer arteriellen Hypertonie bestehe seit zwei Jahren ein Tinnitus. Die Konzentration, die Aufmerksamkeit und
das Gedächtnis seien leicht beeinträchtigt gewesen. Das Denken sei formal geordnet gewesen. Inhaltlich hätten seine Gedanken
um depressive Kognitionen gekreist. Die Stimmung sei deutlich niedergedrückt und die Schwingungsfähigkeit herabgesetzt gewesen.
Der Antrieb sei vermindert und die Psychomotorik gehemmt gewesen. Hinweise auf einen Wahn, eine Sinnestäuschung oder eine
Ich-Störung hätten sich nicht ergeben. Medikamentös behandelt worden sei er antidepressiv mit Venlafaxin. Zur Nacht sei ihm
Mirtazapin verabreicht worden. Außerdem sei zusätzlich Perazin eindosiert worden. Durch die Herausnahme aus dem häuslichen
Milieu habe er entlastet werden können. Es sei deutlich geworden, dass der Kläger nahezu keine Wahrnehmung für die Grenzen
seiner eigenen Leistungsfähigkeit habe und diese dadurch wiederholt weit überschreite.
Das SG hat Dr. St., Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie sowie Psychosomatische Medizin, mit der Erstattung eines
Gutachtens beauftragt. Nach der ambulanten Untersuchung des Klägers am 30. April 2015 hat er eine rezidivierende depressive
Störung, gegenwärtig leichte depressive Episode (ICD-10 F33.0) diagnostiziert. Daneben liege ein Bluthochdruck vor. Seit der
stationären Behandlung in den ZfP Z. gehe er für die psychische Störung von einem Einzel-GdB von 50 aus. Der versorgungsärztlich
angenommene geringere Wert sei zuvor gerechtfertigt gewesen, da die Störung als depressive Episode bei den VG, Teil B, Nr.
3.6 ("Schizophrene und affektive Psychosen") und nicht Nr. 3.7 ("Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen")
einzuordnen gewesen sei. Weil depressive Episoden immer zum erneuten Auftreten neigten und eine verstärkte Empfindlichkeit
bereits nach der ersten bestehen bleibe, sei nach dem einmaligen Auftreten einer solchen Störung ein Einzel-GdB von 30 zu
diskutieren. Insofern gehe er ab Anfang Februar 2012 bereits von einem Einzel-GdB von 30 und nicht nur von 20 aus. Von den
Einschätzungen des Dr. C. und der Dr. A. weiche er ab, da sich inzwischen das Krankheitsbild verschlechtert habe. Es sei eine
erneute schwere depressive Episode aufgetreten, welche mit fortbestehender Depressivität bis zum heutigen Tage, also von rezidivierenden
depressiven Störungen, begleitet worden sei. Es bestehe immer noch eine, wenn auch inzwischen leichte depressive Episode.
Die Störung habe bereits zu beginnenden mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten geführt. Es habe eine berufliche
Gefährdung bestanden, weshalb für den Kläger ein eigener Arbeitsplatz geschaffen worden sei, an dem er seine Tätigkeit ohne
Gefahr für seine Gesundheit habe bewältigen können. Die beschäftigungsbezogene Einsatzfähigkeit sei daher beschränkt. Zudem
sei es zu einer gewissen Kontaktschwäche im Umgang mit anderen Menschen und einer sozialen Rückzugstendenz gekommen. Der nach
Aktenlage gelegentlich noch vorgetragene Tinnitus scheine nicht zur wirklichen Beeinträchtigung oder zum Nachsuchen ernsthafter
Behandlungen geführt zu haben. Der Einzel-GdB erreiche insoweit keinen messbaren Wert. Zum Zeitpunkt seiner gutachtlichen
Untersuchung sei die Depression nicht komplett remittiert gewesen. Es habe noch eine leichte depressive Episode bestanden.
Diese Feststellung habe auf der nach wie vor leichtgradig erhobenen Antriebsstörung mit einer vermehrt wirkenden Erschöpfung
sowie einer Beeinträchtigung der Stimmung mit Nachdenklichkeit und Besorgtheit sowie einem leichten Verlust von Interesse
und Freude sowie der früher gerne ausgeübten Aktivitäten bestanden. Es seien alle drei Grundkriterien einer Depression in
Form des Antriebes, der Stimmung und der Interessenabnahme tangiert gewesen, wenn auch jeweils nur leichtgradig. Die Diagnose
stütze sich außerdem auf die Beeinträchtigung des Selbstwertgefühles, Insuffizienzgefühle, die Grübelneigung und das aufgehobene
affektive Stimmungsvermögen. Weiter lägen medikamentös behandelte Schlafstörungen vor. Eine nur leichte depressive Episode
sei auch wegen der noch aufrechterhaltenen Berufstätigkeit angenommen worden. Zu jeder depressiven Episode gehörten Angstkomponenten
und -attacken. Eine eigene Angststörung neben einer depressiven Episode sei nur dann zu diagnostizieren, wenn die Kriterien
bereits vor der aufgetretenen Depression oder zu einer Zeit als die Erkrankung abgeklungen sei erfüllt gewesen seien. Bei
parallel auftretenden Symptomen, wie vorliegend, sei keine Angststörung festzustellen. Hinweise auf eine Persönlichkeitsstörung
hätten sich nicht ergeben. In den ZfP Z. sei zwar eine solche diagnostiziert worden. Dieses abrechnungstechnische Phänomen
sei indes häufiger zu beobachten, um längere stationäre Behandlungen zu begründen. Eine bipolare affektive Störung, welche
der Psychotherapeut Dr. H. als Diagnose angeführt habe, sei von ihm nicht objektiviert worden. Die Aktenlage stehe dem ebenfalls
entgegen. Der Kläger habe geäußert, keine Probleme mit den Nachbarn zu haben. Ein weiterer Kontakt bestehe jedoch nicht. Die
ganze Woche vor dem Untersuchungstermin habe er aufgrund des Abbaus von Überstunden frei gehabt. Gestern habe er bei seinem
Patenkind den Boden verlegt. Während einer Arbeitswoche stehe er um 5:45 Uhr auf, dusche und lese die Zeitung. Er arbeite
von 6:45 Uhr bis 15:15 Uhr, wenn nichts dazwischen komme. Am Abend und am Wochenende unternehme er nur höchst selten etwas.
Gelegentlich gehe er auf eine Geburtstagsfeier. Bis vor einem Jahr ging er ab und zu in eine Kneipe, um im Bezahlfernsehen
Fußball zu schauen. Einen solchen privaten Fernsehsender empfange er nun zu Hause, da müsse er nicht mehr weggehen. Ins Bett
gehe er um 21:30 Uhr. Manchmal angle er, aber alleine. Für September 2015 sei ein Urlaub auf F. geplant. Er sei mit seiner
Ehefrau auch manchmal in den B. Wald oder zum Skifahren nach S. gefahren, seit zwei Jahren allerdings nicht mehr. Vorstand
im Minigolfverein sei er nicht mehr. Er sei aus sämtlichen Vereinen ausgetreten, es interessiere ihn nicht mehr. Die Stimmungsschwankungen
machten ihn fertig. Die Tagesdosis des Medikamentes Venlafaxin sei von 150 mg auf 225 mg gesteigert worden, zuvor sei es ihm
schlechter gegangen. Er schlafe wegen des Tinnitus mit Musik ein. Seit vier Jahren habe er mit seiner Ehefrau, die sein Rückhalt
sei, keinen Sex mehr gehabt. Er habe keine Lust mehr. Außer RamiLich, 2,5 mg (1-0-0), Venlafaxin retard (125 mg-75 mg-0) und
Valdoxan, 25 mg (0-0-0-2) nehme er bei Ängsten eine Tablette Tavor, welche er auf der Zunge zergehen lasse. Der Kläger sei
am Steuer seines Personenkraftwagens (Pkw) zur Begutachtung gekommen. Er habe nicht antriebsarm, jedoch etwas vermehrt erschöpflich
gewirkt. Das affektive Schwingungsvermögen sei fast aufgehoben gewesen. Der Gedankengang sei zusammenhängend und von einer
Grübelneigung geprägt gewesen. Es seien keine klaren phobischen, zwanghaften oder wahnhaften Denkinhalte aufgefallen. Es hätten
weder Wahrnehmungs- noch Ich-Störungen bestanden. Während der Begutachtung seien keine Einschränkungen des Konzentrationsvermögens
oder der Aufmerksamkeit aufgefallen. Sozial habe sich eine Aktivitätsabnahme und eine Rückzugstendenz erfassen lassen.
Daraufhin hat der Beklagte, gestützt auf die versorgungsärztliche Einschätzung einer Depression und von Verhaltensstörungen
durch Dr. R. mit einem Einzel-GdB von 30, ein Vergleichsangebot mit der Feststellung des GdB in dieser Höhe ab 6. Februar
2012 und einer Erstattung der außergerichtlichen Kosten dem Grunde nach zu einem Viertel unterbreitet. Dieses hat der Kläger
nicht angenommen.
Nach vorheriger Anhörung der Beteiligten hat das SG den Beklagten mit Gerichtsbescheid vom 30. Oktober 2015 sinngemäß unter teilweiser Aufhebung der angefochtenen Verwaltungsentscheidung
verpflichtet, beim Kläger einen GdB von 50 ab 6. Februar 2012 festzustellen und ihm dessen außergerichtliche Kosten auferlegt.
Nach den VG, Teil B, Nr. 3.7 hätten die Funktionsstörungen wegen der psychiatrischen Erkrankung einen Einzel-GdB von 50 zur
Folge. Es sei von einer beruflichen Gefährdung auszugehen. Im Privatleben liege ebenfalls ein ausgeprägter sozialer Rückzug
vor. Insoweit seien unschwer mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeiten gegeben. Der Bluthochdruck habe einen Einzel-GdB
von 10 zur Folge, weshalb sich bei der Gesamtbetrachtung ein Gesamt-GdB von 50 stützen lasse.
Hiergegen hat der Beklagte am 30. November 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG) eingelegt. In der
nichtöffentlichen Sitzung am 22. Juli 2016 ist der Kläger gehört worden. Im Herbst letzten Jahres sei er auf den Kanarischen
Inseln gewesen. Im selben Hotel auf F. sei auch für dieses Jahr der Urlaub geplant. Ihn belaste nur die Situation am Arbeitsplatz.
Nennenswerte Probleme in seiner zweiten Ehe gebe es nicht. Er gehe nur zu Geburtstagsfeiern, nicht zu sonstigen Festen. Bei
seinem Patenkind habe er Laminat verlegt.
Daraufhin hat der Kläger beantragt, Dr. L., Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Neurologie, im Rahmen von § 109 Sozialgerichtsgesetz ( SGG) als Sachverständigen zu hören. Nachdem dieser hierzu bestellt worden ist, hat er sich im Oktober 2016 gemeldet und um Entbindung
von seinen Pflichten gebeten, da er sich als dessen behandelnder Arzt nicht imstande sehe, vorliegend ein Gutachten zu erstatten.
Dem ist das LSG nachgekommen und hat nach klägerischer Antragsänderung Dr. M., Chefarzt der Abteilung für Psychosomatische
Medizin der ZfP Z., Facharzt für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychotherapeutische Medizin, mit der Erstattung eines Gutachtens
beauftragt. Nach dessen ambulanter Untersuchung am 23. Dezember 2016 hat er ausgeführt, es liege eine "rezidivierende depressive
Episode, derzeit schwer (ICD 10: F 33.20)" vor. Diese Diagnose stütze sich auf den aktuellen Querschnittsbefund, den bereits
länger dauernden Krankheitsverlauf und auf den testpsychologisch erfassten Befund des Beck-Depression-Inventars. Es seien
bereits seit 2011 depressive Episoden dokumentiert, wenn auch in unterschiedlich ausgeprägter Schwere. Beschwerdefreie Intervalle
seien nicht bekannt. Vorherrschend seien eine gravierende depressive Verstimmung mit Antriebslosigkeit, eine Einschränkung
der Konzentration, ein sozialer Rückzug, eine verminderte geistige Leistungsfähigkeit mit rascher Erschöpfung sowie eine Labilität
der Gefühle. Beeinträchtigt seien dadurch die Flexibilität und Umstellungsfähigkeit, das Durchhaltevermögen, die Fähigkeit
zur Selbstbehauptung, die Kontaktfähigkeit zu Dritten, die Fähigkeit, sich in Gruppen einzufügen, sowie die Möglichkeit, spontane
Aktivitäten zu initiieren und durchzuführen. Diese Behinderungen wirkten sich im beruflichen und privaten Kontext aus. Seit
dem stationären Aufenthalt in den ZfP Z., wo eine schwere depressive Episode diagnostiziert worden sei, habe sich das Störungsbild
weiter verschlechtert. Der Kläger nehme eine ausreichende Dosis an wirksamen Antidepressiva in Form einer Kombinationstherapie
ein und befinde sich zusätzlich in ambulanter psychotherapeutischer und psychiatrischer Behandlung, was seine Kooperation
und Einsicht in das vorhandene Krankheitsbild zum Ausdruck bringe. Trotz dieser an sich suffizienten Maßnahmen habe sich das
Krankheitsbild tendenziell verschlechtert und zeige eine Chronifizierung. Es bestünden eine depressive Grundstimmung, Antriebsstörungen,
eine verminderte affektive Resonanzfähigkeit, ein sozialer Rückzug, eine verminderte psychische Belastbarkeit sowie Schlafstörungen
mit Albträumen. Den Einzel-GdB hierfür schätze er mit 50 ein. Bei der rezidivierenden depressiven Erkrankung handle es sich
um eine Störung, die bei den VG, Teil B, Nr. 3.6 einzuordnen sei. Es gehe um eine schwerere Erkrankung als eine Neurose, Persönlichkeitsstörung
oder eine Folge psychischer Traumen, wie sie sich in Nr. 3.7 fänden. Die in der Vergangenheit diagnostizierte kombinierte
Persönlichkeitsstörung habe nicht vorgelegen. Es sei nichts aus der Kindheit und Jugend beschrieben, was hierauf schließen
lasse, zumal solche Störungen auch bereits im jungen Alter auffällig und behandlungsbedürftig würden. Der Kläger habe von
traumatischen Erfahrungen mit seinem Vater berichtet. Als er in der Grundschule einmal die Hausaufgaben vergessen habe, sei
er von ihm vor der ganzen Familie auf den Tisch gelegt worden. Der Vater habe ihm ein Messer an den Hals gehalten und ihm
gedroht, er werde abgestochen wie eine Sau, falls sich ein entsprechender Vorfall wiederhole. Dieser sei auch einmal mit der
Axt auf ihn losgegangen. Die beschriebenen Albträume bezögen sich jedoch nicht auf die damaligen Ereignisse. Ferner seien
weder Flashbacks noch typische Vermeidungsmuster im Zusammenhang mit Situationen traumatischen Ausmaßes bekannt, welche eine
posttraumatische Belastungsstörung belegten. Der Einschätzung von Dr. St. sei im Grundsatz zuzustimmen und seiner Argumentationslinie
zu folgen. Die von ihm festgestellte leichtgradige rezidivierende depressive Störung lasse nicht auf die Abwesenheit depressiver
Symptome schließen, sondern bewerte nur deren Schweregrad. Aktuell habe eine schwere depressive Episode bestanden. Die teilweise
geringer angenommenen GdB-Werte könnten auch mit dem Bemühen des Klägers zusammenhängen, möglichst wenig Schwäche zu zeigen
und sich nicht zu seinen Leistungsgrenzen zu bekennen. Im Rahmen der Anamnese habe er angeführt, im privaten Bereich keine
Probleme zu haben, diese gebe es nur bei der Arbeit. Er verlange von sich 150 % und könne sich mit 100 % nicht zufriedengeben.
Er sei jetzt in der Produktionsoptimierung beschäftigt, eine Stelle, welche extra für ihn geschaffen worden sei. Jüngst habe
es einen Konflikt am Arbeitsplatz wegen eines Auftrages gegeben, weshalb er sich an seinen Vorgesetzten gewandt habe. Dieser
habe ihm entgegnet, ihn ginge dieser Auftrag nichts an, er solle sich heraushalten. Er habe sich deshalb als Versager gefühlt,
weil er anscheinend schon wieder das Falsche gemacht habe. Seit vier Jahren leide er an einem Tinnitus auf beiden Ohren, welcher
bei Ruhe, aber auch bei Stress deutlich schlimmer sei. Tagsüber sei er erträglich. Er leide unter Durchschlafstörungen, weshalb
der Schlaf nicht erholsam sei. Er habe etwa zweimal in der Woche Albträume, in denen er sich von seinem Bruder oder von Hunden
verfolgt fühle oder er sich mit jemandem schlage. Sein Appetit sei mäßig, in den letzten vier Wochen habe er 4 kg an Gewicht
abgenommen. Bei einer Körpergröße von 1,69 m habe er derzeit 71 kg gewogen. Seit fünf Jahren habe er keinerlei sexuellen Kontakt
mit seiner Ehefrau, er habe keine Lust darauf. Er stehe um 5:15 Uhr auf, frühstücke und lese die Zeitung. Um 6:15 gehe er
zur Arbeit, die um 7 Uhr beginne. Die Schicht sei um 15:15 Uhr zu Ende. Er ziehe sich zu Hause um und sehe dann fern. Wenn
seine Ehefrau nach Hause komme, gebe es um 18:30 Uhr ein gemeinsames Abendessen. Bis etwa 21:30 Uhr sehe er wieder fern und
gehe schließlich zu Bett. Der Kläger habe etwas vorgealtert und deutlich angespannt gewirkt. Die Stimmung sei gedrückt und
zum depressiven Pol verschoben gewesen. Die affektive Schwingungsfähigkeit sei eingeschränkt gewesen. Er habe bei der Schilderung
kränkender Erlebnisse geweint. Die Konzentration sei mäßiggradig vermindert gewesen. Die Mimik habe angestrengt gewirkt. Der
formale Denkablauf sei geordnet gewesen. Die zeitliche Zuordnung von Ereignissen habe etwas unscharf gewirkt. Inhaltlich hätten
keine Hinweise für Ich-Störungen oder eine psychotische Symptomatik bestanden. Der Kläger habe dazu geneigt, bei kränkenden
Erfahrungen sich selbst zu bezichtigen. Hinweise für eine akute Suizidalität hätten nicht vorgelegen. Es hätten hohe Selbstanforderungen
und Ansprüche an Perfektion bestanden.
Der Beklagte hat hierzu, gestützt auf die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. K. von Februar 2017, eingewandt, der
Kläger habe gegenüber Dr. M. berichtet, dass sich sein Zustand wieder so verschlechtert habe, dass er ihn wie vor der Zeit
des stationären Aufenthaltes in den ZfP Z. empfinde. Als Ursache sei ein Konflikt am Arbeitsplatz angegeben worden. Daher
sei hinsichtlich der gutachterlich angenommenen schweren Episode nicht von einem dauerhaften Zustand der beschriebenen Symptomatik
auszugehen. Bei einer Längsschnittbetrachtung sei kein höherer Gesamt-GdB als 30 begründet.
In seiner ergänzenden Stellungnahme von Juni 2017 hat Dr. M. kundgetan, Ursache für die Arbeitsunfähigkeit zum Zeitpunkt seiner
Begutachtung sei ein Konflikt am Arbeitsplatz gewesen. Aus den Umständen sei zu entnehmen, dass es sich lediglich um ein kränkendes
Erlebnis gehandelt habe, welches die Schwere der festgestellten depressiven Symptomatik nicht habe erklären können. Es habe
keine erneute depressive Symptomatik bei zuvor weitgehend unauffälligem psychischen Befinden bestanden. Diese habe sich demgegenüber
nach der stationären Behandlung in den ZfP Z. nur unwesentlich verändert. Hierfür sprächen die Schlafstörungen, die regelmäßig
auftretenden Albträume und die seit Jahren bestehende sexuelle Inappetenz. Zudem bestehe nach den Angaben des Klägers seit
vier Jahren ein beidseitiger Tinnitus, der sich unter Stress verschlimmere. Da depressive Symptome immer auch Schwankungen
unterlägen, sei davon auszugehen, dass diese nie leichtgradig gewesen seien, sondern eher zwischen mittelschwer bis schwer
geschwankt seien. Anzunehmen sei beim Kläger zudem eine zwanghafte Persönlichkeitsstruktur, ohne hierbei von einer Persönlichkeitsstörung
zu sprechen. Diese erkläre, dass er sich im besonderen Maße für die Erfüllung seiner Arbeitsaufgaben einsetze und rasch unter
Stress gerate, wenn er seine selbst gesteckten Anforderungen nicht erfüllen könne. Aus der Biografie ließen sich diese Charakterzüge
aufgrund schwieriger Kindheitserfahrungen nachvollziehen, welche ihn in höherem Maße für enttäuschende Erlebnisse mit daraus
resultierenden depressiv-resignativen Verhaltensweisen anfällig machten. Der vom Kläger beschriebene Tagesablauf während einer
Arbeitswoche weise zwar wenig Auffälliges auf. In seiner Freizeit entwickle er jedoch nur wenig Aktivität und pflege insbesondere
keine Außenaktivitäten. Dass er ab und zu zum Angeln gehe, entspreche nicht einem regelmäßigen Hobby. Von Urlaubsreisen sei
ihm bei der Begutachtung nichts berichtet worden. Die ambulante Psychotherapie werde vom Kläger seit 2013 und damit seit vier
Jahren, also in Langzeittherapie, wahrgenommen. Die Behandlung solle fortgesetzt werden. Die angenommene antidepressive Medikation
mit Venlafaxin, 225 mg entspreche einer therapeutisch wirksamen Dosis, die mittlere liege bei etwa 150 mg. Zudem nehme der
Kläger noch Quetiapin, 50 mg ein, ein atypisches Neuroleptikum, welches zum einen depressive Symptome reduziere und zum anderen
beruhigend als Einschlafhilfe eingesetzt werde. Insoweit handele es sich um eine höherdosierte Medikation in Verbindung mit
einer ambulanten Psychotherapie. Ein hoher Leidensdruck sei vorhanden, was sich anhand der durchgehenden pharmakologischen
und psychotherapeutischen Behandlung zeige. Dem Kläger sei zwar von der Arbeitgeberin ein besonderer Arbeitsplatz zugewiesen
worden. Gleichwohl fänden sich aus den beschriebenen Symptomen deutliche Einschränkungen in der Erlebnisfähigkeit, etwa die
erhöhte Kränkbarkeit bei hohen Selbstansprüchen und der Neigung zu eigener Schuldzuweisung. Die Alltagsgestaltung sei ebenfalls
reduziert. Soziale Außenkontakte fehlten und es mangele an der sexuellen Erlebnisfähigkeit. Er fühle eine Wesensveränderung,
erlebe eine Beeinträchtigung in der Flexibilität und Umstellungsfähigkeit und erfahre, nicht lange durchhalten und sich behaupten
zu können.
Der Beklagte trägt im Wesentlichen vor, das SG sei von einem GdB mit 50 bereits ab Antragstellung ausgegangen, wohingegen der Sachverständige Dr. St. vor dem stationären
Aufenthalt in den ZfP Z. einen Einzel-GdB von 30 für ausreichend erachtet habe. Nach den vom Kläger diesem gegenüber geschilderten
Einschränkungen in der Alltagsbewältigung könne nicht von mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten in allen Lebensbereichen
ausgegangen werden. Dr. St. habe zum Begutachtungszeitpunkt nur eine leichte depressive Episode festgestellt. Bei Schwankungen
im Gesundheitszustand und bei längerem Leidensverlauf sei ein Mittelwert zu bilden. Ein GdB von 30 werde den behinderungsbedingten
Funktionseinschränkungen hinreichend gerecht. Die von Dr. M. vorgenommene Einschätzung eines GdB von 50 werde durch sein Gutachten
nicht untermauert. Nach der vom Kläger beschriebenen Alltagsstruktur, den Angaben über die vorhandenen Hobbys wie Angeln oder
Urlaubsreisen und diejenigen über die niedrigfrequente Psychotherapie, welche etwa alle drei Wochen stattfinde, der antidepressiven
medikamentösen Behandlung sowie unter Berücksichtigung der sozialen Kontakte, die im Rahmen der durchaus großen Familie als
regelrecht beschrieben worden seien, ergebe die Längsschnittbetrachtung nach den VG, Teil B, Nrn. 3.6 und 3.7 keinen höheren
Durchschnitts-GdB als 30. Bei der Nr. 3.6 seien die Art und die Ausprägung der Symptome zu beurteilen. Bei der finalen Betrachtung
seien die aus der beschriebenen Symptomatik resultierenden Einschränkungen der Erlebnisfähigkeit und der Alltagsgestaltung
gemäß Nr. 3.7 zugrunde zu legen. Bei den zum Zeitpunkt der jeweiligen Begutachtung feststellbaren Zeichen der mittelgradigen
bis schweren depressiven Störung sei eine dauerhafte Auswirkung im Sinne der fortbestehenden mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten
in allen Lebensbereichen weder von Dr. M. noch zuvor von Dr. St. beschrieben worden.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Reutlingen vom 30. Oktober 2015 abzuändern, soweit er verpflichtet wurde, beim Kläger
einen höheren Grad der Behinderung als 30 ab 6. Februar 2012 festzustellen, und die Klage insoweit abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er trägt im Wesentlichen vor, die beiden Sachverständigen Dr. St. und Dr. M. untermauerten mit ihren Gutachten den vom ihn
erstrebten GdB von 50 ab Antragstellung. Er sei nicht mehr so belastbar wie früher. Im Bereich der Produktionsoptimierung
sitze er abgeschieden und allein in einem Zimmer. Er fühle sich nicht mehr gebraucht und aussortiert.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen
sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 i. V. m. § 105 Abs. 1 Satz 3, Abs. 3 Halbsatz 1 SGG) eingelegt worden, im Übrigen zulässig, insbesondere statthaft (§ 143, § 144 SGG), sowie im beantragten Umfang begründet.
Gegenstand dieses Rechtsmittelverfahrens ist der angefochtene Gerichtsbescheid des SG vom 30. Oktober 2015, mit dem der Beklagte aufgrund der als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 SGG, vgl. zur Klageart BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 SB 6/12 R -, [...], Rz. 25 m. w. N.) erhobenen Klage sinngemäß unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 14. Mai 2012 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides vom 5. September 2012 verpflichtet wurde, beim Kläger den GdB mit 50 ab 6. Februar 2012 festzustellen.
Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bezogen auf die vorliegende Klageart der Zeitpunkt
der letzten mündlichen Verhandlung in den Tatsacheninstanzen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar
zum SGG, 12. Aufl. 2017, § 54 Rz. 34), welche am 7. Dezember 2017 stattfand.
Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet. Der Kläger hat lediglich Anspruch auf behördliche Feststellung des GdB mit
30 ab 6. Februar 2012. Das SG hätte der Klage daher nicht umfänglich stattgeben dürfen, sondern sie teilweise abweisen müssen.
Der Anspruch des Klägers gründet auf § 69 Abs. 1 und 3 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB IX) in der aktuellen Fassung durch Art. 2 Ziff. 2 des Gesetzes zur St.ung der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen (Bundesteilhabegesetz -
BTHG) vom 23. Dezember 2016 (BGBl I S. 3234). Danach stellen auf Antrag des Menschen mit Behinderung die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden das Vorliegen einer Behinderung und den GdB zum Zeitpunkt der Antragstellung fest (§ 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Auf Antrag kann festgestellt werden, dass ein GdB bereits zu einem früheren Zeitpunkt vorgelegen hat (§ 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX). Menschen sind nach § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger
als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft
beeinträchtigt ist. Schwerbehindert sind gemäß § 2 Abs. 2 SGB IX Menschen, wenn bei ihnen ein GdB von wenigstens 50 vorliegt. Die Auswirkungen der Behinderung auf die Teilhabe am Leben in
der Gesellschaft werden als GdB nach 10er Graden abgestuft festgestellt. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)
wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Grundsätze aufzustellen, die für die Bewertung
des GdB maßgebend sind, die nach Bundesrecht im Schwerbehindertenausweis einzutragen sind (§ 70 Abs. 2 SGB IX). Von dieser Ermächtigung hat das BMAS Gebrauch gemacht und die am 1. Januar 2009 in Kraft getretene Verordnung zur Durchführung
des § 1 Abs. 1 und 3, des § 30 Abs. 1 und des § 35 Abs. 1 BVG (Versorgungsmedizin-Verordnung - VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412) erlassen, um unter anderem die maßgebenden Grundsätze für die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung
des Grades der Schädigungsfolgen im Sinne des § 30 Abs. 1 BVG zu regeln (vgl. § 1 VersMedV). Die zugleich in Kraft getretene, auf der Grundlage des aktuellen Standes der medizinischen Wissenschaft unter Anwendung
der Grundsätze der evidenzbasierten Medizin erstellte und fortentwickelte Anlage "Versorgungsmedizinische Grundsätze" (VG)
zu § 2 VersMedV ist an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 heranzuziehenden "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im Sozialen
Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertenrecht" <AHP> getreten. In den VG wird der medizinische Kenntnisstand für
die Beurteilung von Behinderungen wiedergegeben (BSG, Urteil vom 1. September 1999 - B 9 V 25/98 R -, SozR 3-3100 § 30 Nr. 22). Hierdurch wird eine für den Menschen mit Behinderung nachvollziehbare, dem medizinischen Kenntnisstand
entsprechende Festsetzung des GdB ermöglicht.
Allgemein gilt, dass der GdB auf alle Gesundheitsstörungen, unabhängig ihrer Ursache, final bezogen ist. Der GdB ist ein Maß
für die körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Auswirkungen einer Funktionsbeeinträchtigung aufgrund eines Gesundheitsschadens.
Ein GdB setzt stets eine Regelwidrigkeit gegenüber dem für das Lebensalter typischen Zustand voraus. Dies ist insbesondere
bei Kindern und älteren Menschen zu beachten. Physiologische Veränderungen im Alter sind bei der Beurteilung des GdB nicht
zu berücksichtigen. Als solche Veränderungen sind die körperlichen und psychischen Leistungseinschränkungen anzusehen, die
sich im Alter regelhaft entwickeln, also für das Alter nach ihrer Art und ihrem Umfang typisch sind. Demgegenüber sind pathologische
Veränderungen, also Gesundheitsstörungen, die nicht regelmäßig und nicht nur im Alter beobachtet werden können, bei der Beurteilung
des GdB auch dann zu berücksichtigen, wenn sie erstmalig im höheren Alter auftreten oder als "Alterskrankheiten" (etwa "Altersdiabetes"
oder "Altersstar") bezeichnet werden (VG, Teil A, Nr. 2 c). Erfasst werden die Auswirkungen in allen Lebensbereichen und nicht
nur die Einschränkungen im allgemeinen Erwerbsleben. Da der GdB seiner Natur nach nur annähernd bestimmt werden kann, sind
beim GdB nur Zehnerwerte anzugeben. Dabei sollen im Allgemeinen Funktionssysteme zusammenfassend beurteilt werden (VG, Teil
A, Nr. 2 e). Liegen mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft vor, so wird nach § 69 Abs. 3 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen
festgestellt. Bei mehreren Funktionsbeeinträchtigungen sind zwar zunächst Teil-GdB anzugeben; bei der Ermittlung des Gesamt-GdB
durch alle Funktionsbeeinträchtigungen dürfen jedoch die einzelnen Werte nicht addiert werden. Auch andere Rechenmethoden
sind für die Bildung eines Gesamt-GdB ungeeignet. Bei der Beurteilung des Gesamt-GdB ist in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung
auszugehen, die den höchsten Teil-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen,
ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen
dem ersten GdB 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden. Die Beziehungen
der Funktionsbeeinträchtigungen zueinander können unterschiedlich sein. Die Auswirkungen der einzelnen Funktionsbeeinträchtigungen
können voneinander unabhängig sein und damit ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen. Eine Funktionsbeeinträchtigung
kann sich auf eine andere besonders nachteilig auswirken, vor allem dann, wenn Funktionsbeeinträchtigungen paarige Gliedmaßen
oder Organe betreffen. Funktionsbeeinträchtigungen können sich überschneiden. Eine hinzutretende Gesundheitsstörung muss die
Auswirkung einer Funktionsbeeinträchtigung aber nicht zwingend verSt.en. Von Ausnahmefällen abgesehen, führen leichte Gesundheitsstörungen,
die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung. Dies gilt auch dann, wenn
mehrere derartige leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen. Auch bei leichten Funktionsbeeinträchtigungen mit einem
GdB von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen.
Der Gesamt-GdB ist nicht nach starren Beweisregeln, sondern aufgrund richterlicher Erfahrung, gegebenenfalls unter Hinzuziehung
von Sachverständigengutachten, in freier richterlicher Beweiswürdigung festzulegen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2004 - B 9 SB 1/03 R -, [...], Rz. 17 m. w. N.). Dabei ist zu berücksichtigen, dass die auf der ersten Prüfungsstufe zu ermittelnden nicht nur
vorübergehenden Gesundheitsstörungen und die sich daraus abzuleitenden Teilhabebeeinträchtigungen ausschließlich auf der Grundlage
ärztlichen Fachwissens festzustellen sind. Bei den auf zweiter und dritter Stufe festzustellenden Teil- und Gesamt-GdB sind
über die medizinisch zu beurteilenden Verhältnisse hinaus weitere Umstände auf gesamtgesellschaftlichem Gebiet zu berücksichtigen
(vgl. BSG, Beschluss vom 9. Dezember 2010 - B 9 SB 35/10 B -, [...], Rz. 5).
Eine rechtsverbindliche Entscheidung nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX umfasst nur die Feststellung einer unbenannten Behinderung und des Gesamt-GdB. Die dieser Feststellung im Einzelfall zugrundeliegenden
Gesundheitsstörungen, die daraus folgenden Funktionsbeeinträchtigungen und ihre Auswirkungen dienen lediglich der Begründung
des Verwaltungsaktes und werden nicht bindend festgestellt (BSG, Urteil vom 24. Juni 1998 - B 9 SB 17/97 R -, [...], Rz. 13). Der Teil-GdB ist somit keiner eigenen Feststellung zugänglich. Er erscheint nicht im Verfügungssatz des
Verwaltungsaktes und ist nicht isoliert anfechtbar. Es ist somit auch nicht entscheidungserheblich, ob von Seiten des Beklagten
oder der Vorinstanz Teil-GdB-Werte in anderer Höhe als im Berufungsverfahren vergeben worden sind, wenn der Gesamt-GdB hierdurch
nicht beeinflusst wird.
In Anwendung dieser durch den Gesetz- und Verordnungsgeber vorgegebenen Grundsätze sowie unter Beachtung der höchstrichterlichen
Rechtsprechung steht zur Überzeugung des Senats fest, dass die behinderungsbedingten Funktionseinschränkungen des Klägers
ab 6. Februar 2012 mit einem GdB von 30 ausreichend bewertet sind.
Das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" hat einen Teil-GdB von 30 zur Folge.
Der Kläger leidet nach einer erstmals Ende 2011 aufgetretenen depressiven Episode in mittelgradiger Ausprägung (ICD-10-GM-2017
F32.1), welche einen annähernd sechswöchigen stationären Aufenthalt in der Psychosomatik der Klinik am S. in B. N. zur Folge
hatte, währenddessen sie von der sachverständigen Zeugin Dr. A. erhoben wurde, mittlerweile an einer rezidivierenden depressiven
Störung (ICD-10-GM-2017 F33.-). Diese Diagnose stellten nachvollziehbar die Chefärztin G. während des stationären Aufenthaltes
des Klägers in den ZfP Z. Mitte 2014 und der Sachverständige Dr. M. nach der gutachtlichen Untersuchung im Dezember 2016,
jeweils mit gegenwärtig schwerer Episode ohne psychotische Symptome (ICD-10-GM-2017 F33.2), Letzterer sinngemäß; der Sachverständige
Dr. St. diagnostizierte die Gesundheitsstörung nach seiner Begutachtung im April 2015 mit einer gegenwärtig leichten depressiven
Episode (ICD-10-GM-2017 F33.0).
Demgegenüber ließen sich die von der Chefärztin G. angeführten kombinierte und andere Persönlichkeitsstörungen (ICD-10-GM-2017
F61) und die von dem sachverständigen Zeugen Dr. H. befürwortete bipolare affektive Störung, gegenwärtig leichte oder mittelgradige
depressive Episode (ICD-10-GM-2017 F31.3), zumal ohne Befunderhebung, nicht mittels des Sachverständigenbeweises sichern.
Dahinstehen kann, ob es sich um ein abrechnungstechnisches Phänomen handelt, um längere stationäre Behandlungen zu begründen,
was Dr. St. gemutmaßt hat. Jedenfalls ergab sich bei seiner gezielten gutachtlichen Untersuchung kein Hinweis auf eine Persönlichkeitsstörung.
Dr. M. nahm zwar eine zwanghafte Persönlichkeitsstruktur an, verneinte jedoch schlüssig ebenfalls eine solche Erkrankung.
Aus der Kindheit und Jugend ist nichts beschrieben, was hierauf schließen lässt, zumal solche Störungen bereits im jungen
Alter auffällig und behandlungsbedürftig werden. Der Kläger berichtete zwar von traumatischen Erfahrungen mit seinem Vater.
Die beschriebenen Albträume bezogen sich jedoch nicht auf die damaligen Ereignisse. Ferner wurden weder Flashbacks noch typische
Vermeidungsmuster im Zusammenhang mit Situationen traumatischen Ausmaßes angeführt, welche eine posttraumatische Belastungsstörung
belegten, die in eine Persönlichkeitsstörung hätte übergehen können. Eine bipolare affektive Störung stellte Dr. St. nicht
fest, was die Aktenlage untermauert. Zudem liegt keine Angststörung (ICD-10-GM-2017 F40.- und F41.-) vor. Zu jeder depressiven
Episode gehören zwar, wie dieser schlüssig ausgeführt hat, Angstkomponenten und -attacken. Eine eigene Angststörung neben
einer depressiven Episode ist jedoch nur dann zu diagnostizieren, wenn die Kriterien bereits vor der aufgetretenen Depression
oder zu einer Zeit, als sie abgeklungen war, erfüllt waren. Bei parallel auftretenden Symptomen, wie vorliegend, ist keine
Angststörung festzustellen. Die von der Chefärztin G. diagnostizierten Anpassungsstörungen (ICD-10-GM-2017 F43.2) konnte der
Senat nicht nachvollziehen. Hierbei handelt es sich nach den Diagnosekriterien um Zustände von subjektiver Bedrängnis und
emotionaler Beeinträchtigung, die im Allgemeinen soziale Funktionen und Leistungen behindern und während des Anpassungsprozesses
nach einer entscheidenden Lebensveränderung oder nach belastenden Lebensereignissen auftreten. Die Belastung kann das soziale
Netz des Betroffenen beschädigt haben, wie bei einem Trauerfall oder Trennungserlebnissen, oder das weitere Umfeld sozialer
Unterstützung oder soziale Werte wie bei Emigration oder nach Flucht. Sie kann auch in einem größeren Entwicklungsschritt
oder einer Krise wie einem Schulbesuch, einer Elternschaft, einem Misserfolg, dem Erreichen eines ersehnten Zieles und des
Ruhestandes bestehen. Die individuelle Prädisposition oder Vulnerabilität spielt bei dem möglichen Auftreten und bei der Form
der Anpassungsstörung eine bedeutsame Rolle; es ist aber dennoch davon auszugehen, dass das Krankheitsbild ohne die Belastung
nicht entstanden wäre. Die Anzeichen sind unterschiedlich und umfassen eine depressive Stimmung, Angst oder Sorge oder eine
Mischung von diesen. Außerdem kann ein Gefühl bestehen, mit den alltäglichen Gegebenheiten nicht zurechtzukommen, diese nicht
vorausplanen oder fortsetzen zu können. Störungen des Sozialverhaltens können insbesondere bei Jugendlichen ein zusätzliches
Symptom sein. Der Anlass für die stationäre Aufnahme in den ZfP Z. im Mai 2014 war indes keine entscheidende Lebensveränderung
oder ein entsprechend belastendes Lebensereignis mit den angeführten Folgen, sondern die Situation am Arbeitsplatz, insbesondere
eine Auseinandersetzung mit einem Arbeitskollegen etwa fünf Wochen zuvor, was der Senat dem Entlassungsbericht entnimmt.
In Anlehnung an die VG, Teil B, Nr. 3.7, wonach Neurosen, Persönlichkeitsstörungen und Folgen psychischer Traumen bei leichteren
psychovegetativen oder psychischen Störungen mit einem GdB von 0 bis 20, bei St.er behindernden Störungen mit wesentlicher
Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z. B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische
Störungen, Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) mit einem GdB von 30 bis 40 sowie bei schweren Störungen
(z. B. schwere Zwangskrankheit) mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einem GdB von 50 bis 70 und mit
schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten mit einen GdB von 80 bis 100 zu bewerten sind, rechtfertigen die wegen der rezidivierenden
depressiven Störung bestehenden Funktionsbeeinträchtigungen in Analogie zu diesen vergleichbaren Gesundheitsstörungen (VG,
Teil B, Nr. 1 b) beim Kläger ab 6. Februar 2012 bis aktuell einen Einzel-GdB von 30, aber keinen höheren.
Die VG, Teil B, Nr. 3.6 (schizophrene und affektive Psychosen) finden demgegenüber weder direkt noch entsprechend Anwendung,
da beim Kläger keine Psychose diagnostiziert wurde und auch die rezidivierende depressive Störung nicht mit psychotischen
Symptomen (ICD-10-GM-2017 F33.3) einhergegangen ist. Störungen der Wahrnehmung oder des Ich-Erlebens erkannte Dr. A. während
des Rehabilitationsaufenthaltes Ende 2011/Anfang 2012 nicht. Hinweise auf einen Wahn, eine Sinnestäuschung oder eine Ich-Störung
ergaben sich beim stationären Aufenthalt Mitte 2014 ebenfalls nicht, wie die Chefärztin G. kundgetan hat. Zwar dosierte sie
das mittelpotente Antipsychotikum Perazin ein und später wurde dem Kläger vom behandelnden Facharzt das atypische Neuroleptikum
Quetiapin, 50 mg rezeptiert. Dr. M. führte zur Wirkung indes schlüssig aus, dass es zum einen depressive Symptome reduziere
und zum anderen beruhigend als Einschlafhilfe bei Schlafstörungen, wie sie beim Kläger vorhanden gewesen sind, diene. Damit
in Einklang steht, dass er keine Anzeichen für Ich-Störungen oder eine psychotische Symptomatik fand. Dr. St. fielen zuvor
keine wahnhaften Denkinhalte auf. Es bestanden bei seiner Begutachtung weder Wahrnehmungsbeeinträchtigungen noch Ich-Störungen.
Demgegenüber attestierte Dr. M. dem Kläger, hohe Selbstanforderungen und einen Anspruch an Perfektion zu haben. Damit hat
allenfalls ein Zustand vorgelegen, die eigenen Fähigkeiten zu hoch einzuschätzen, indes keine Störung in der Verarbeitung
von Sinneseindrücken im Zentralnervensystem.
Der rezidivierenden depressiven Störung ist ab Anfang Februar 2012 bis aktuell ob der Schwankungen im Gesundheitszustand bei
längerem Leidensverlauf mit einem Durchschnittswert Rechnung zu tragen (VG, Teil A, Nr. 2 f). Sie begann Ende 2011 anlassbezogen
nach einem Konflikt am Arbeitsplatz mit einer mittelgradigen Episode. Dr. A. stellte nach ihrer sachverständigen Zeugenauskunft
im erstinstanzlichen Verfahren keine gravierenden Funktionseinschränkungen fest, was der Senat anhand ihres Entlassungsberichtes
nachvollzogen hat. Am Ende des stationären Aufenthaltes Anfang Februar 2012 und mit Abstand zur stattgehabten Problematik
erholte sich der Kläger gut und verbesserte seine Entspannungsfähigkeit. Nach einer stufenweisen Wiedereingliederung wurde
von der vollen Arbeitsfähigkeit bereits ab Anfang März 2012 ausgegangen. Bei Dr. H. begab er sich zwar im Folgemonat in Behandlung,
musste jedoch ein genehmigten Restkontingent von siebzehn Therapiestunden nicht mehr in Anspruch nehmen. Dieser führte hierzu
begründend aus, dass keine Notwendigkeit bestand. Ausweislich des Entlassungsberichtes der Chefärztin G. bemerkte der Kläger
erst Ende 2013 eine schleichende Befundverschlechterung, weshalb wiederum aufgrund eines Konfliktes am Arbeitsplatz der stationäre
Aufenthalt in den ZfP Z. ab Mitte Mai 2014 erforderlich war, wo eine schwere Episode festgestellt wurde. Der Zustand besserte
sich jedoch, Dr. St. erhob knapp ein Jahr später lediglich noch eine leichte depressive Episode. Die von Dr. M. bei seiner
Begutachtung erkannte wiederum schwere Episode hatte ihren Ausgangspunkt abermals in einem Konflikt am Arbeitsplatz, weshalb
mit dem Versorgungsarzt Dr. K. insoweit nicht von einem dauerhaften Zustand ausgegangen werden kann. Der Kläger berichtete
gegenüber Dr. M., dass sich sein Zustand wieder so verschlechterte, dass er ihn wie vor der Zeit des stationären Aufenthaltes
in den ZfP Z. empfand. Soweit der Sachverständige damit konfrontiert davon ausgegangen ist, dass sich die depressive Symptomatik
nach dieser Behandlung nur unwesentlich verändert hat, folgt der Senat ihm nicht. Er hat dies aus den Schlafstörungen, den
regelmäßig auftretenden Albträumen und der seit Jahren bestehenden sexuellen Inappetenz abgeleitet, hierbei aber die mögliche
Ausübung einer beruflichen Tätigkeit in Vollzeit, wenn auch in einem auf die Bedürfnisses des Klägers zugeschnittenen Bereich,
ab Herbst 2014 unberücksichtigt gelassen. Die Begutachtung bei Dr. St. am 30. April 2015, einem Donnerstag, etwa fiel in eine
Arbeitswoche, in welcher der Kläger aufgrund des Abbaus von zuvor angesammelten Überstunden in den drei Tagen davor frei hatte,
weshalb er den Vortag nutzte, um bei seinem Patenkind den Laminatboden zu verlegen. Eine regelmäßige Arbeitswoche in jener
Zeit beinhaltete einen Schichtdienst von 6:45 Uhr bis 15:15 Uhr, wie er gegenüber dem Sachverständigen äußerte. Damit ist
bei der gebotenen Längsschnittbetrachtung der rezidivierenden depressiven Störung mit leichten, mittelgradigen uns zwei kurzzeitigen,
anlassbezogenen schweren Episoden nicht von einer schweren Störung im Sinne der VG, Teil B, Nr. 3.7 auszugehen, welche überhaupt
erst bei mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten einen GdB-Rahmen von 50 bis 70 eröffnen würde, was das SG verkannte.
Bei der rezidivierenden depressive Störung des Klägers handelt es sich demgegenüber um eine stärker behindernde Störung mit
einer wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, welche am unteren Ende des hierfür vorgesehenen GdB-Rahmens,
also mit einem GdB von 30, ausreichend bewertet ist. Als Einschränkung der Erlebnisfähigkeit hat Dr. M. zuletzt nachvollziehbar
die erhöhte Kränkbarkeit bei hohen Selbstansprüchen und die Neigung zu eigener Schuldzuweisung beschrieben. Die Alltagsgestaltung
ist zwar reduziert, gleichwohl nicht maßgeblich, weshalb Dr. M. eingeräumt hat, dass der vom Kläger beschriebene Tagesablauf
während einer Arbeitswoche wenig Auffälliges aufweist. Dieser fährt zwar nicht mehr längere Strecken mit dem Fahrrad, unterlässt
das Skifahren und er hat das Nordic-Walking aufgegeben, aber immerhin geht er noch Angeln, was zwar Dr. M. nicht als Hobby
angesehen, jener indes gegenüber Dr. A. als Sport eingestuft hatte. Weiter verbringt der Kläger jährlich seinen Urlaub auf
einer Kanarischen Insel, welcher mit einer mehrstündigen An- und Abreise mit dem Flugzeug verbunden ist. Dass er Dr. M. hiervon
nicht berichtete, mag daran liegen, dass er ihn unzureichend nicht danach fragte. In der nichtöffentlichen Sitzung beim LSG
im Juli 2016 führte er ausweislich der im Wege des Urkundenbeweises verwerteten Niederschrift (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 415 ff. Zivilprozessordnung - ZPO) an, sie auch für das letzte Jahr geplant zu haben. Ein sozialer Rückzug besteht nur außerhalb der Familie, was sich aus
der Aufgabe des Vorstandes im Minigolfverein und den Vereinsaustritten ableiten lässt. Die Kneipenbesuche, um im Bezahlfernsehen
Fußball zu schauen, beendete er 2014 indes nicht krankheitsbedingt, sondern weil er seither einen solchen privaten Fernsehsender
zu Hause empfängt. Der Kläger zieht sich nicht innerfamiliär zurück. Nennenswerte Probleme in seiner zweiten Ehe verneinte
er in der nichtöffentlichen Sitzung beim LSG. Gegenüber Dr. St. führte er seine jetzige Ehefrau als seinen Rückhalt an. Zu
den beiden Stieftöchtern besteht ein genauso sehr gutes und enges Verhältnis wie zu seiner Schwester und deren Tochter, seinem
Patenkind. Mit zwei von drei Brüdern unterhält er engen Kontakt. Er nimmt an Geburtstagsfeiern teil. Damit in Einklang steht,
dass der Kläger in der nichtöffentlichen Sitzung beim LSG ausdrücklich anführte, nur durch die Situation am Arbeitsplatz belastet
sein. Nach dem stationären Aufenthalt in den ZfP Z. Mitte 2014 wurde ihm von der Arbeitgeberin aus Rücksicht auf seine gesundheitlichen
Beeinträchtigungen ein Arbeitsbereich in der Produktionsoptimierung zugewiesen. Insoweit fühlt er sich zwar isoliert, wie
er in der mündlichen Verhandlung beim LSG herausgestellt hat. Weitere damit verbunden Funktionsbeeinträchtigungen sind indes
weder von ihm benannt worden noch sonst ersichtlich. Zur Begutachtung bei Dr. St. war der Kläger mit dem eigenen Pkw gefahren.
Es bestehen allerdings seit mehreren Jahren eine sexuelle Inappetenz aufgrund des Libidoverlustes und Schlafstörungen. Der
durchweg beschriebene und auf das Essen bezogene Appetitverlust mit Gewichtreduzierungen hat bislang nicht zu einem Untergewicht
geführt. Gegenüber der Chefärztin G. erwähnte der 1.69 m große Kläger einen Gewichtsverlust von 7 kg innerhalb von fünf Wochen.
Das geringste Gewicht wurde von Dr. M. mit 71 kg gemessen. Die angeführten Konzentrationsstörungen ließen sich zwar von Dr.
A. beim Aufnahmegespräch im Dezember 2011 nicht objektivieren. Während der Begutachtung fielen Dr. St. ebenfalls keine Einschränkungen
des Konzentrationsvermögens oder der Aufmerksamkeit auf. Die Konzentration, die Aufmerksamkeit und das Gedächtnis beschrieb
jedoch die Chefärztin G. als leicht beeinträchtigt, Dr. M. die Konzentration als mäßiggradig vermindert, weshalb der Senat
insoweit zeitweise auftretende leichtgradige Beeinträchtigungen berücksichtigt. Mit diesen Funktionsstörungen in Einklang
stehen die von Dr. St. und Dr. M. nahezu identisch erhobenen psychopathologischen Befunde. Der Kläger wirkte angespannt. Die
Stimmung war gedrückt und zum depressiven Pol verschoben. Die affektive Schwingungsfähigkeit war eingeschränkt und der Antrieb
vermindert, aber jeweils nicht aufgehoben. Eine Interessenabnahme lag vor. Unter weiterer Berücksichtigung der zwar langjährigen,
aber mit Sitzungen im Abstand von etwa drei Wochen noch niedrigfrequenten Psychotherapie sowie der eingesetzten erhöhten antidepressiven
Medikation stützen die behinderungsbedingten Funktionsbeeinträchtigungen einen Einzel-GdB von 30, rechtfertigen aber keinen
höheren, was aus medizinischer Sicht auch der sachverständige Zeuge Dr. C. als Facharzt und Dr. A. befürwortet haben. Die
Vermutung von Dr. M., deren Einschätzungen gründeten auf dem Bemühen des Klägers, möglichst wenig Schwäche zu zeigen und sich
nicht zu seinen Leistungsgrenzen zu bekennen, hat sich nicht erhärtet. Die höheren medizinischen Einschätzungen von Dr. W.,
Dr. St. und Dr. M. kann der Senat nicht nachvollziehen. Dr. W. stützt sich hierfür unzureichend allein auf das Beschwerdevorbringen
des Klägers. Die Sachverständigen gehen fehlerhaft von einer Vergleichbarkeit mit schizophrenen und affektiven Psychosen aus.
Das Funktionssystem "Herz-Kreislauf" hat wegen des Bluthochdruckes keinen Teil-GdB von wenigstens 10 zur Folge (VG, Teil B,
Nr. 9.3). Augenhintergrundveränderungen oder eine Organbeteiligung sind nicht objektiviert. Ein diastolischer Blutdruck mehrfach
über 100 mmHg ist nicht belegt. Selbst bei der Akutbehandlung Ende Februar 2012 erhob Dr. N. lediglich einen solchen Wert
von 90 mmHg. Das Funktionssystem "Ohren" erreicht wegen des beidseitigen Tinnitus ohne nennenswerte psychische oder psychovegetative
Begleiterscheinungen ebenfalls keinen Teil-GdB im messbaren Bereich (VG, Teil B, Nr. 5.3). Gegenüber dem sachverständigen
Zeugen Dr. H. beschrieb der Kläger im Oktober 2012 seit einem Jahr bestehende, tagsüber erträgliche Ohrgeräusche, rechts mehr
als links. Abends hat er ein überdeckendes Geräusch benötigt, etwa Musik zum Einschlafen, wie er später gegenüber Dr. St.
kundtat. Bei Dr. M. führte der Kläger die Ohrgeräusche auch zuletzt noch als erträglich an. Das Hörvermögen lag nach der audiometrischen
Untersuchung von Dr. H. beidseits im Normbereich (VG, Teil B, Nrn. 5.2.2 und 5.2.4: 3 + 8 + 2 + 4 = 17 rechts und 3 + 3 +
5 + 4 = 15).
Auch sonst sind insbesondere ob der Hypercholesterinämie (ICD-10-GM-2017 E78.0) keine Gesundheitsstörungen objektiviert worden,
die einem Funktionssystem zuzuordnende Einschränkungen begründen können, welche überhaupt erst geeignet wären, den Gesamt-GdB
zu erhöhen.
Unter Berücksichtigung der Grundsätze für die Bildung des Gesamt-GdB, wonach insbesondere einzelne Teil-GdB-Werte nicht addiert
werden dürfen (VG, Teil A, Nr. 3 a) und grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB von 10 bedingen, nicht
zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen (VG, Teil A, Nr. 3 d ee), ist im Falle des Klägers der Gesamt-GdB
aus dem Teil-GdB von 30 für das Funktionssystem "Gehirn einschließlich Psyche" zu bilden.
Daher war die angefochtene Entscheidung des SG auf die Berufung des Beklagten abzuändern, soweit er verpflichtet wurde, beim Kläger einen höheren GdB als 30 ab 6. Februar
2012 festzustellen, und die Klage insoweit abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt den teilweisen, wenn auch geringen Erfolg des Klägers.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 SGG nicht vorliegen.
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