LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 07.12.2017 - 6 VG 4996/15
Anspruch auf Feststellung des Grades der Schädigungsfolgen für eine Beschädigtenversorgung nach dem Opferentschädigungsgesetz wegen schwerer sozialer Anpassungsschwierigkeiten
Anforderungen an die Glaubhaftmachung von Angaben des Antragstellers
Zulässigkeit der Berufungserweiterung im sozialgerichtlichen Verfahren
1. Ein Beklagter als Berufungskläger kann eine eingeschränkt eingelegte Berufung während des Berufungsverfahrens bis zum vollen
Umfang seiner erstinstanzlichen Verurteilung erweitern.
2. Angaben eines Antragstellers allein reichen für eine Glaubhaftmachung nicht aus, wenn nicht sicher gestellt ist, dass sie
auf eigenen Erinnerungen beruhen, insbesondere wenn die Beweisaufnahme einzelne Angaben widerlegt bzw. Zeugen Umstände, die
sie sicher hätten bemerken müssen, nicht bestätigen, ohne dass Gründe für Falschangaben ersichtlich sind.
3. Ein Grad der Schädigungsfolgen von 80 oder mehr wegen schwerer sozialer Anpassungsschwierigkeiten setzt bemerkbare Schwierigkeiten
im sozialen Zusammenleben und Einschränkungen in der Alltagskompetenz, einen weitgehenden Rückzug von sozialen Aktivitäten
und in der Regel eine engmaschige psychiatrische bzw. psychotherapeutische Behandlung voraus.
Normenkette: BVG § 30 ,
KOVVfG § 15 S. 1
,
,
,
,
Vorinstanzen: SG Heilbronn 10.11.2015 S 2 VG 3732/13
Tenor
Auf die Berufung des Beklagten werden der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. November 2015 aufgehoben und
die Klage abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Der beklagte F. B. (Beklagter) wendet sich mit seiner Berufung gegen seine Verurteilung zur Gewährung von Versorgungsbezügen,
wobei er zum einen den Beginn der Leistungen, zum anderen die Höhe des zu Grunde liegenden Grades der Schädigungsfolgen (GdS)
rügt.
Der Kläger ist im Oktober 1965 geboren und bei seinen Eltern sowie mit fünf älteren Geschwistern und einem jüngeren Bruder
in dem kleinen Ort T., heute Ortsteil des Marktes K. in einem Landkreis im bayerischen Regierungsbezirk Oberfranken aufgewachsen.
Er besuchte dort Volks- und Hauptschule, die er 1981 erfolgreich abschloss. In der Folgezeit absolvierte er eine Ausbildung
zum Brauer und Mälzer (1981 bis 1984) und war bis 2002 mit mehreren Unterbrechungen wegen Arbeitslosigkeit in diesem Beruf
erwerbstätig. Währenddessen begann er 1989 eine Ausbildung zum Maschinenbauer, die er 1990 ohne Abschluss wieder aufgab. 1997
oder 1998 verließ der Kläger das elterliche Haus. Im Jahre 2002 zog er aus seiner Heimatregion wegen einer Partnerschaft zu
einer Frau mit drei Kindern nach Baden-Württemberg, wo er noch heute wohnt. Die Partnerschaft ging etwa im Jahre 2007 in die
Brüche. Von 2003 bis 2005 ließ sich der Kläger zum Fachinformatiker umschulen. Nach längerer Arbeitslosigkeit war er von 2007
bis 2009 als Arbeiter tätig, verlor dann dort seinen Arbeitsplatz und war ab 2010 bei einem Unternehmen der Filtertechnologie
als Systemtechniker - in Vollzeit - berufstätig. Seit etwa Januar 2011 ist er arbeitsunfähig erkrankt.
Der Kläger beantragte am 3. November 2011 beim Landratsamt (LRA) seines baden-württembergischen Wohnortlandkreises Beschädigtenversorgung
nach dem Opferentschädigungsgesetz ( OEG). Er gab an, er sei ab etwa seinem sechsten Lebensjahr an über mehrere Jahre hinweg von seinem Onkel H. K., bereits verstorben,
seinem Vater J. K., unbekannten Aufenthalts, und einem Nachbarn in dem Ort T., dessen Nachname Ho. laute, sexuell missbraucht
worden. Es habe sich um Oral- und Analverkehr gegen seinen, des Klägers, Willen gehandelt. Der Missbrauch durch den Onkel
habe mehrfach und über mehrere Jahre hinweg in seinem Wohnhaus in der Gemeinde D. stattgefunden, wobei zum Teil sein Vater
und auch seine Tante (die spätere Zeugin L. K.) anwesend bzw. beteiligt gewesen seien. Zu Hause hätten sein Vater und der
Nachbar den Missbrauch gemeinsam begangen, sie hätten im Keller des Hauses des Nachbarn Oralverkehr erzwungen und dabei Fotos
gemacht. Wegen dieser Missbräuche, so der Kläger, leide er seit Jahren an einer rezidivierenden depressiven Störung und an
einer posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS). Der Kläger legte den Entlassungsbericht der Klinik Sch. vom 26. Oktober
2011 über einen stationären Aufenthalt vor, in dem die genannten Diagnosen zuzüglich einer koronaren Herzerkrankung aufgeführt
waren und demzufolge der Kläger dort angegeben hatte, dass sowohl er als auch alle seine Geschwister von Vater und Onkel sexuell
missbraucht worden seien. Aus der Rehabilitationsmaßnahme war er als "arbeitsunfähig auf seinem jetzigen Arbeitsplatz", aber
erwerbsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und mit guter Prognose entlassen worden.
Das LRA leitete den Antrag an den Beklagten weiter, auf dessen Gebiet die Taten begangen worden seien. Dieser forderte vom
Kläger Angaben und Unterlagen zu seinem Lebensweg und zu seinen Behandlungen an. Der Kläger legte seine Schul- und Berufszeugnisse
vor, listete die Ärzte auf, bei denen er nach seiner Erinnerung als Kind in Behandlung gewesen war und verwies auf einen Krankenhausaufenthalt
in der F.-Klinik in K. im November/Dezember 1973. Zur Akte gelangten ferner Arztberichte von Dr. P.-Ko. vom 27. Juli 2011
(seit zwei bis drei Jahren schubweise depressive Verstimmungen, Erschöpfungszustände, sozialer Rückzug und zeitweise Suizidgedanken,
zugespitzt seit 10/10 bzw. 12/10 im Rahmen beruflicher Probleme), von Dr. Sch. vom 23. März 2012 (im August 2009 Vorstellung
wegen Depressionen, der Kläger habe als Grund seiner Beschwerden die Kündigung durch seinen Arbeitgeber genannt) sowie von
Allgemeinmediziner R. vom 16. Januar 2012, wonach der Kläger bei ihm - bereits - im Mai und Juni 2002 wegen eines Erschöpfungszustands
und einer Gastroenteritis in Behandlung gewesen sei. Aus zwei weiteren Berichten über stationäre bzw. längerfristige Behandlungen
im Krankenhaus B. vom 1. Juli 2011 und des psychologisches Dienstes des TÜV Rh. vom 2. Februar 2012 ergab sich, dass der Kläger
dort über Missbrauchserfahrungen gesprochen hatte, ohne dass diese näher beschrieben worden wären.
Der Beklagte lud den Kläger zu seiner "Schwerpunktstelle für Gewaltopferentschädigung" und hörte ihn dort an. Der Kläger gab
dort am 23. April 2012 an, er könne den Missbrauch als solchen im geschützten Bereich ansprechen, es falle ihm aber schwer,
Tatabläufe darzustellen. Zu seiner Kindheit berichtete er, der Vater sei sehr streng gewesen, Gefühle seien nicht gewünscht
gewesen, im schlimmsten Falle habe es Prügel ins Gesicht oder auf den nackten Po gegeben, er habe immer Angst vor dem Vater
gehabt, bis heute. Der Vater habe auch die Mutter geschlagen. Der Onkel habe etwa 50 km entfernt gewohnt. Der Vater habe ihn
- den Kläger - öfters mit dem Moped hingefahren, er habe keinen Führerschein gehabt. Der Vater habe gewusst, was dort geschehe.
Der Onkel habe sich in einem Nebenzimmer an ihm vergangen, es seien Onkel und Tante gewesen. Es sei mit 6 oder 7 Jahren losgegangen,
er sei auf jeden Fall einmal im Jahr bei dem Onkel gewesen, es habe über zwei bis drei Jahre gedauert. Wenn die ganze Familie
mit dem Auto des Bruders zu Besuch dort gewesen sei, sei nichts passiert. Der Kläger beschrieb das Nebenzimmer im Detail,
wobei er angab, "oben" bzw. "bis unter die Decke" hätten Bilder gehangen. Er - der Kläger - sei ganz nackt gewesen und habe
auf dem Rücken gelegen. Der Onkel, der auch nackt gewesen sei, sei im Knien über ihn gekommen. Er habe ihn oral befriedigen
müssen. Die Tante habe nur den Oberkörper entkleidet. Sie habe ihm - dem Kläger - ihren Busen ins Gesicht gedrückt. Der Onkel
sei vor sechs Jahren gestorben, er - der Kläger - sei auf der Beerdigung gewesen. Zu dem Missbrauch zu Hause gab der Kläger
an, der Vater habe ihn einmal nachmittags in seinem Kinderzimmer, das er mit seinem Bruder geteilt habe, zum Analverkehr gezwungen.
Gleitmittel bzw. Öl sei benutzt worden. Er könne sich nur an dieses eine Mal erinnern. Es sei geschehen, als er 6 oder 7,
vielleicht acht Jahre alt gewesen sei. Es müsse während der Ölkrise gewesen sein, 1973 oder 1974. Kurze Zeit später sei er
wegen der Mandeln im Krankenhaus gewesen, dort habe er gehofft, dass man etwas merke. Man habe die Temperatur rektal messen
wollen, er habe sich dagegen gewehrt, auch im Mund habe er das Thermometer nicht haben wollen. Keiner habe etwas gemerkt.
Ein weiterer Vorfall sei geschehen, als ihn der Vater zu dem Nachbarn, Herrn Ho., mitgenommen habe. Den Namen habe er sich
gut merken können, weil im Dorf ein anderer Nachbar mit ähnlichem Namen gewohnt habe. Im Keller des Nachbarn habe er - der
Kläger - sich ausziehen müssen, es seien dann Fotos gemacht worden, auf denen er nackt zu sehen gewesen sei, er sei auch fotografiert
worden, als er dort seinen Vater oral habe befriedigen müssen. Der Nachbar habe ihm auch etwas angetan, dies glaube er zumindest.
Es sei gewesen, bevor er zur Schule gekommen sei, also mit 6 oder 7 Jahren. Der Kläger berichtete weiter, positiv wisse er
von seiner Schwester Ch., dass auch sie - von dem Großvater - missbraucht worden sei, er glaube, dass auch der Vater sie missbraucht
habe. Nach dem Ende des Missbrauchs habe er alles verdrängt, auch wenn immer Auffälligkeiten da gewesen seien. Er habe Zeit
seines Lebens Selbstmordgedanken gehabt. 2009 sei er dann zu einer Neurologin gegangen, ihr habe er nur erzählen können, dass
der Vater streng gewesen sei, mehr habe er damals nicht herausgebracht. Im neuen Job sei anfangs alles gut gegangen, im Oktober
2010 sei ein neuer Teamleiter gekommen, der von seiner Statur her dem Vater geähnelt habe. Da sei alles vorbei gewesen, er
habe seinem Leben wirklich ein Ende setzen wollen. Er sei dann aber zum Arzt gegangen. Seitdem sei er arbeitsunfähig. In der
Tagesklinik im letzten Jahr (2011) habe er erstmals über den Missbrauch sprechen können. Die Mutter sei 1989 verstorben, der
Vater sei jetzt 79 Jahre alt, aber er habe seit 15 Jahren keinen Kontakt mehr zu ihm. Wegen der weiteren Angaben des Klägers
und der Einzelheiten wird auf das Protokoll der mündlichen Anhörung vom 23. April 2012 verwiesen, bei dem sich auch eine Einschätzung
des Gesprächspartners ("Einvernehmender") über die Glaubhaftigkeit der Angaben unter Beschreibung des äußeren Ablaufs des
Gesprächs befindet.
Mit "Teil-Bescheid" vom 14. Juni 2012 stellte der Beklagte fest, dass der Kläger "im Zeitraum von 1971 bis 1975 Opfer von
Gewalttaten geworden" sei. Wegen der Anerkennung von Gesundheitsschäden und einer etwaigen Versorgung würden gesonderte Entscheidungen
ergehen. Die Feststellung beruhe auf den glaubhaften Angaben des Klägers am 23. April 2012.
Im Auftrag des Beklagten erstattete die Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Kr. das Gutachten vom 20. Januar 2013. Diese
teilte mit, der Kläger habe bei ihr angegeben, der Missbrauch habe mit sechs Jahren begonnen und etwa sechs Jahre angedauert.
Zu den Geschwistern habe er keinen Kontakt, nur zu der seines Wissens ebenfalls missbrauchten Schwester Ch. Details der sexuellen
Übergriffe habe er bei der Untersuchung nicht angeben können. Der Vater habe nach dem Tod der Mutter wieder geheiratet, er
sei damals 55 Jahre alt gewesen. Anzeige gegen den Vater habe er bislang nicht erstattet, weil er sich vor den Aussagen fürchte.
Der Kläger habe seinen Tagesablauf geschildert. Er stehe spät auf und benötige zwei bis drei Stunden, bis er die Wohnung verlassen
könne, z.B. zum Einkaufen oder zum Arzt. Am Abend sei er völlig erschöpft. Er habe zur zwei Bekannte, die er beide bei Klinikaufenthalten
kennengelernt habe, er telefoniere mit ihnen, eine davon treffe er alle drei Wochen zum Kaffee. Er versetze sich in eine Traumwelt,
höre Musik mit Kopfhörern. Wenn der Paketdienst komme, bekomme er Panik. Er gehe vier- bis fünfmal pro Woche "stramm" spazieren,
einmal pro Woche schwimmen. Er liege nachts oft wach. Im psychischen Befund gab Dr. Kr. an, der Kläger sei wach, in allen
drei Dimensionen orientiert, im Kontakt freundlich, aber schüchtern, zurückhaltend, angespannt. Mnestische und kognitive Funktionen
seien ungestört, formales und inhaltliches Denken intakt. Die Stimmung sei deutlich zum depressiven Pol hin verschoben, der
Antrieb gemindert. Es beständen keine Störungen der Wahrnehmung und des Ich-Erlebens und auch keine Suizidalität. Diagnostisch
handele es sich um eine PTBS, eine rezidivierende depressive Episode, zurzeit mittelgradig, zeitweise schwer, sowie eine Angst-
und Panikstörung. Diese Erkrankungen beruhten auf dem sexuellen Missbrauch, denn vor der Schädigung habe kein pathologisches
Geschehen, keine Schadensanlage vorgelegen und danach seien keine schädigungsunabhängigen Entwicklungen eingetreten, die mit
einer weiteren gesundheitlichen Beeinträchtigung verbunden gewesen sein könnten. Der GdS sei seit der Antragstellung auf 80
zu schätzen.
Der Beklagte holte Stellungnahmen seines versorgungsärztlichen Dienstes ein. Dr. Kl. führte am 6. Juni 2013 aus, bezüglich
der Diagnosen könne Dr. Kr. gefolgt werden, nicht hinsichtlich der Höhe des GdS. Es sei zu berücksichtigen, dass bei depressiven
Episoden schwankender Intensität ein Mittelwert zu bilden sei. Ferner werde zwar einerseits Arbeitsunfähigkeit, aber eine
selbstständige Lebensführung mit Kochen, Einkäufen, Spazierengehen und Schwimmen sowie Interesse an Musik und PC geschildert,
es hätten auch keine kognitiven Defizite oder ähnliches vorgelegen. Für die auch von der Gutachterin beschriebene "kombinierte
Symptomatik" mit den beschriebenen sozialen Anpassungsschwierigkeiten sei ein GdS von 50 anzunehmen. Dr. Si., Internist und
Kardiologe, führte in seiner Stellungnahme vom 14. Juni 2013 aus, bei dem Kläger beständen bei familiärer Vorbelastung (Tod
der Mutter durch Herzinfarkt mit 58 Jahren) ein Nikotinmissbrauch mit 20 Zigaretten am Tag seit 20 Jahren, erhöhte Cholesterinwerte
und ein Bluthochdruck sowie eine koronare Eingefäßerkrankung, die noch nicht derart ausgeprägt sei, dass eine Dilatation habe
vorgenommen werden müssen. Diese Erkrankungen seien nicht mit Wahrscheinlichkeit auf die geltend gemachten Gewalttaten zurückzuführen
und könnten daher nicht als Schädigungsfolge anerkannt werden.
Der Beklagte zog noch Unterlagen über den Lebensunterhalt des Klägers seit Beginn der Arbeitsunfähigkeit bei. Daraus ergab
sich, dass vom 7. März 2011 bis Juli 2012 Kranken- bzw. zeitweise Übergangsgeld gewährt worden war, der Kläger vom 2. Juli
2012 bis 11. September 2012 und erneut vom 11. Oktober 2012 bis 5. August 2013 Arbeitslosengeld bezogen hatte, wobei zwischendurch
vom 12. September bis 10. Oktober 2012 die Deutsche Rentenversicherung (DRV) Baden-Württemberg wiederum Übergangsgeld gewährt
hatte. Seit August 2013 lebte der Kläger von Arbeitslosengeld II. Wegen der Beträge der Leistungen wird auf die beigezogenen
Unterlagen verwiesen. Der Beklagte berechnete anhand dieser Unterlagen nach § 10a Opferentschädigungsrecht ( OEG), ob der Kläger bedürftig sei und kam zu dem Ergebnis, dass dies sicher erst ab August 2012, eventuell schon im Juli 2012
der Fall gewesen sei, während zuvor wegen des höheren Krankengeldbezugs sowie einer Abfindung bzw. eines Überstundenausgleichs
durch den Arbeitgeber im Februar 2012 bis jedenfalls Juni 2012 keine Bedürftigkeit vorgelegen habe. Wegen der Einzelheiten
der Berechnung wird auf den Aktenvermerk vom 8. Juli 2013 verwiesen.
Mit weiterem Bescheid vom 22. Juli 2013 stellte der Beklagte "als Folgen einer Schädigung im Sinne des (...) OEG ab 1. November 2011" eine PTBS, rezidivierende mittelgradige bis schwere Depressionen und Angst- und Panikstörungen im Sinne
der Entstehung fest. Der GdS betrage 50. Über eine besondere berufliche Betroffenheit werde später entschieden (S. 5 des Bescheids).
Versorgungsrente stehe dem Kläger in Anwendung der Härtefallregelung des § 10a OEG erst ab dem 1. Juli 2012 zu. Ab diesem Zeitpunkt bestehe Anspruch auf Beschädigtenversorgung. Anspruch auf Heilbehandlung
wegen der Schädigungsfolgen bestehe ab 1. November 2011. Nicht als Folge der Schädigung könne die koronare Herzerkrankung
anerkannt werden. Die Berechnung der Versorgungsbezüge erfolge durch gesonderten Bescheid. Zur Begründung stützte sich der
Beklagte im Wesentlichen auf die Ausführungen von Dr. Kr. und Dr. Kl. Zum Beginn der Versorgung führte er aus, da die Gewalttaten
vor dem In-Kraft-Treten des OEG am 16. Mai 1976 stattgefunden hätten, greife die Härtefallklausel des § 10a OEG ein. Der Kläger sei zwar allein wegen der Schädigung schwerbeschädigt, aber er sei erst ab dem 1. Juli 2012 bedürftig im
Sinne dieser Vorschrift gewesen.
Der Kläger erhob am 5. August 2013 Widerspruch.
Mit Bescheid vom 9. August 2013 berechnete der Beklagte die Versorgungsbezüge. Er bewilligte Beschädigtengrundrente in Höhe
von € 233,00 monatlich ab Juli 2012 und von € 234,00 ab Juli 2013, wobei der Betrag für Juli 2012 wegen einer "Minderung nach
§ 10a Abs. 3 OEG" auf € 157,00 gekürzt wurde. Die Nachzahlung für den Zeitraum Juli 2012 bis August 2013 wurde mit € 3.188,00 zuzüglich €
48,62 Zinsen festgesetzt. Ausführungen zu einer besonderen beruflichen Betroffenheit enthielt auch dieser Bescheid nicht,
die Berechnungen gingen allein von dem anerkannten "medizinischen" GdS von 50 aus. Statt einer Rechtsbehelfsbelehrung enthielt
der Bescheid den Hinweis, er werde Gegenstand des laufenden Vorverfahrens.
In der Widerspruchsbegründung vom 18. September 2013 ließ der Kläger ausführen, der GdS müsse entsprechend dem Vorschlag Dr.
Kr.s höher festgestellt werden, ferner wende er sich gegen die Anwendung der Härtefallregelung.
Der Beklagte erließ den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 21. Oktober 2013. Nach den einschlägigen rechtlichen Vorgaben
für die Bemessung eines GdS lasse sich auch nach erneuter Überprüfung kein höherer GdS als 50 vergeben. Die Bewertung berücksichtige
insbesondere die Schwankungen im Gesundheitszustand bei längerem Leidensverlauf. Eine Versorgung vor Juli 2012 scheide nach
der Härtefallregelung aus, da das Einkommen des Klägers zuvor deutlich die Bedürftigkeitsgrenze überschritten habe.
Der Kläger hat am 28. Oktober 2013 Klage beim Sozialgericht Heilbronn (SG) erhoben. In der Klagebegründung hat er angekündigt, der Missbrauch habe etwa von seinem sechsten bis zu seinem elften Lebensjahr
angedauert. Täter seien Onkel, Vater, Nachbarn und weitere Verwandte gewesen. Mit der Klage gehe es vor allem um einen höheren
GdS. Zudem mache er geltend, dass er auch nach dem 15. Mai 1976 Opfer sexuellen Missbrauchs geworden sei und daher die Leistungen
früher beginnen müssten, insoweit sei jedoch noch eine Rücksprache nötig. In seinem Schriftsatz vom 16. April 2014 ließ der
Kläger vortragen, der Missbrauch habe bis zu seinem 12. Lebensjahr, mithin bis in das Jahr 1977, angedauert. Diesbezüglich
habe er bei dem Beklagten auch einen Überprüfungsantrag gestellt.
Nachdem der Beklagte der Klage entgegengetreten ist, hat das SG zunächst das Gutachten des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie Dr. V. vom 8. April 2014 beigezogen, das in einem parallel
anhängigen Klageverfahren des Klägers gegen die DRV Baden-Württemberg wegen der Gewährung einer Erwerbsminderungsrente erhoben
worden ist. Dr. V. hat darin ausgeführt, der Kläger sei allein mit dem Auto gekommen, habe etwas nachlässig gekleidet gewirkt,
der Kontakt sei offen gewesen, der Kläger nicht klagsam, es ergäben sich keine Hinweise auf Simulation oder Aggravation. Während
der Untersuchung habe der Kläger zunehmend unruhig und in seiner Auffassungsgabe eingeschränkt gewirkt, eine psychometrische
Testung habe er nicht mehr bewältigen können. Er habe von massivem sexuellem Missbrauch während seiner Kindheit berichtet.
Nach seinen Angaben nehme er lediglich Venlafaxin in niedrigster Dosis, weswegen auf eine Wirkstoffspiegelbestimmung verzichtet
worden sei. Er werde einmal wöchentlich psychotherapeutisch behandelt, wobei eine Traumabehandlung durchgeführt werde. Seit
2014 stehe die Diagnose einer bipolaren Störung im Raum, wobei der Kläger seine ein- bis zweimal im Monat auftretenden, jeweils
zwei bis drei Tage andauernden Hochphasen dem Therapeuten oft nicht mitteile. Es bestehe seit den 1990er Jahren auch eine
Schwerhörigkeit, versuchsweise seien Hörgeräte benutzt, diese aber wieder abgenommen worden. Kontakt habe er zu seinem ältesten
Bruder und der Schwester Ch. Zu diagnostizieren seien eine bipolare Störung, eine derzeit schwere depressive Episode und eine
PTBS. Das Leistungsvermögen sei auch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt aufgehoben.
Im Auftrag des SG hat Dr. V. das Ergänzungsgutachten nach Aktenlage vom 14. September 2014 erstattet. Er hat ausgeführt, die PTBS sei kausal
auf den sexuellen Missbrauch zurückzuführen. Die Symptomatik sei für einen sexuellen Missbrauch typisch geschildert worden,
Hinweise auf andere Traumatisierungen hätten sich nicht ergeben. Auch die bei der Untersuchung schwer ausgeprägte depressive
Symptomatik und die "wahrscheinlich vorliegende" bipolare Störung könnten auf die Traumatisierung zurückgeführt werden, nähere
Alternativableitungen hätten sich nicht erschlossen. Die funktionellen Einschränkungen seien erheblich. Bis auf die manischen
Phasen von ein bis zwei Tagen im Monat habe sich der Kläger sozial weitgehend zurückgezogen und verlasse die Wohnung nur sporadisch.
Kontakte beständen nur zu zwei Geschwistern, daneben werde gelegentlich gechattet. Entsprechend den Versorgungsmedizinischen
Grundsätzen (VG) sei der GdS für diese schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten aktuell auf 80 zu schätzen. Da sich die
depressive Symptomatik seit 2013 ausgeprägter entwickelt habe und 2012 noch eine mittelgradige Episode diagnostiziert worden
sei, sei der GdS für die Zeit bis 2012 mit 50 anzunehmen. Anders als Dr. Kl. angenommen habe, lägen zwischenzeitlich keine
leichten oder mittleren depressiven Episoden mehr vor. Auch die kurzzeitigen manischen Phasen könnten nicht als "Erholung",
sondern nur gleichfalls im Sinne einer krankhaften Veränderung gewertet werden.
Der Beklagte hat dem Kläger im Vergleichswege angeboten, ab Oktober 2013 Beschädigtenversorgung nach einem GdS von 60 zu gewähren
und über eine Erhöhung wegen besonderer beruflicher Betroffenheit gesondert zu entscheiden. Er hat sich hierzu auf die versorgungsärztliche
Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie B. vom 16. Oktober 2014 gestützt. Diese hat ausgeführt, weiterhin
könne ein Kausalzusammenhang zwischen der Schädigung und der PTBS angenommen werden. In Bezug auf die ebenfalls bereits anerkannte
Depression sei die Kausalität allerdings angesichts der neuen Diagnose einer bipolaren Störung nochmals zu diskutieren. Diese
Form der affektiven Psychose zeige in der Regel eine familiäre Belastung und habe eine multikausale Verursachung, wobei die
Erstmanifestation jenseits des 40. Lebensjahrs typisch sei. Insoweit sei von einem Nachschaden mit einem (fiktiven) GdS von
30 auszugehen. Die Verschlimmerung des Schweregrades der depressiven Erkrankung sei allerdings nachvollziehbar. Insofern könne
eine Höherbewertung mit einem GdS von 60 (rein medizinisch) ab Oktober 2013 vertreten werden. Hinzu komme wahrscheinlich eine
besondere berufliche Betroffenheit, auch im Hinblick darauf, dass der neue Vorgesetzte Erinnerungen an den Vater ausgelöst
habe und schon mehrere Umschulungen gescheitert seien, sodass insgesamt ein GdS von 70 angenommen werden könne.
Seit Juli 2014 bezieht der Kläger neben der Grundrente eine Rente wegen voller Erwerbsminderung von der DRV Baden-Württemberg.
Das SG hat die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten erörtert und den Kläger persönlich angehört. Auf das Protokoll der nichtöffentlichen
Sitzung vom 27. November 2014 wird Bezug genommen. Der Beklagte hat hierbei sein Angebot - Versorgung nach einem GdS von 60
ab Oktober 2013 - aufrecht erhalten, dies aber nur im Rahmen eines Vergleichs, während er in der Sache weiterhin Abweisung
der Klage in vollem Umfang beantragt hat.
Mit angekündigtem Gerichtsbescheid vom 10. November 2015 hat das SG den Bescheid vom 22. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Oktober 2013 abgeändert und den Beklagten
verurteilt, dem Kläger ab dem 1. November 2011 eine Beschädigtenversorgung nach einem GdS von 80 zu gewähren. In den Entscheidungsgründen
hat das SG ausgeführt, die Schädigungsfolgen hätten beim Kläger zunächst einen GdS von 50 und einen GdS von 80 jedenfalls ab dem 1.
Januar 2013 bedingt. Dies ergebe sich aus den sachverständigen Ausführungen von Dr. Kr. und Dr. V. Insbesondere Dr. V.s Ausführungen
zum zeitlichen Verlauf ständen mit den aktenkundigen medizinischen Unterlagen im Einklang. Ein Mittelwert, wie von Dr. Kl.
vorgeschlagen, könne zumindest nicht mehr gebildet werden, seit keine leichten oder mittleren Phasen mehr geschildert worden
seien. Eine bipolare Störung sei bislang, auch im Klinikum L., nur als Verdachtsdiagnose genannt worden, außerdem habe Dr.
V. schlüssig und nachvollziehbar auch diese Erkrankung auf die traumatischen Erlebnisse in der Kindheit zurückgeführt. Hiernach
habe der Kläger Anspruch auf Beschädigtenversorgung. Der Leistungsbeginn sei mit dem 1. November 2011 anzunehmen. Dem stehe
§ 10a Abs. 1 Nr. 2 OEG nicht entgegen. Zwar sei der Kläger bis einschließlich Juni 2012 noch nicht bedürftig gewesen. Jedoch habe er glaubhaft geschildert,
dass der Missbrauch jedenfalls bis 1977 angedauert habe. Die genannte Regelung sei nicht anwendbar, wenn eine schädigende
Einwirkung über einen längeren Zeitraum und auch über den 15. Mai 1976 hinaus fortbestanden habe. Die Norm greife nur ein,
wenn zu diesem Stichtag die Tat bereits abgeschlossen gewesen sei. Eine anderweitige Lösung widerspreche dem Wortlaut und
führe in der Praxis zu nicht mehr lösbaren medizinischen Abgrenzungsfragen. Dieser Entscheidung stehe auch nicht entgegen,
dass der Beklagte in dem Bescheid vom 14. Juni 2012 - nur - Gewalttaten von 1971 bis 1975 anerkannt habe. Damit habe er nicht
die Anerkennung späterer Gewalttaten abgelehnt.
Gegen diesen Gerichtsbescheid hat der Beklagte am 3. Dezember 2015 Berufung beim Landessozialgericht Baden-Württemberg erhoben.
In seinem Berufungsschriftsatz hat er die Aufhebung des angegriffenen Gerichtsbescheids beantragt, "soweit Beschädigtenversorgung
nach einem höheren GdS als 60 sowie für die Zeit vor dem 1. Januar 2013 zuerkannt wurde".
Der Kläger hat auf die Vollstreckung aus dem angegriffenen Gerichtsbescheid bis zum Ende des Berufungsverfahrens verzichtet.
Ein Ausführungsbescheid ist bislang nicht ergangen.
Der Beklagte rügt, der Tenor und die Entscheidungsgründe des Gerichtsbescheids widersprächen sich, wenn Versorgung nach einem
GdS von 80 bereits ab November 2011 zuerkannt worden sei, nach Auffassung des SG der GdS von 80 dagegen erst ab Januar 2013 vorgelegen habe. § 10a OEG greife sehr wohl ein, denn eine Fortsetzung der Gewalttaten nach dem 15. Mai 1976 sei nicht glaubhaft gemacht. Der Kläger
habe im Verwaltungsverfahren, nachdem er jeweils auf seine Wahrheitspflichten hingewiesen worden sei, für den Missbrauch durch
den Onkel zwei bis drei Jahre ab seinem sechsten Geburtstag angegeben und den ein- bzw. zweimaligen Missbrauch durch den Vater
bzw. den Nachbarn in die Zeit der Ölkrise 1973 gelegt. Den Teilbescheid vom 14. Juni 2012, in dem das Ende des Missbrauchs
für 1975 festgestellt worden sei, habe er demenentsprechend nicht mit Widerspruch angefochten. Dies decke sich mit seinen
aktenkundigen Angaben während der stationären Behandlungen. Erst nachdem in den Bescheiden ausgeführt worden sei, dass der
Stichtag 16. Mai 1976 relevant sei, habe der Kläger im Klageverfahren seine Angaben ausgeweitet. Hinsichtlich der Folgen der
Gesundheitsschädigung sei zwar eine Verschlechterung eingetreten, jedoch "allenfalls" bis zu einem GdS ab 60; ferner sei dieser
frühestens ab Oktober 2013 aus den aktenkundigen medizinischen Unterlagen zu entnehmen.
Der Senat hat den Beteiligten in dem Erörterungstermin am 4. Mai 2016 vorgeschlagen, den Rechtsstreit vergleichsweise dahin
zu erledigen, dass der Beklagte dem Kläger ab Oktober 2013 Beschädigtenversorgung nach einem GdS von 70 unter Einschluss einer
möglicherweise bestehenden besonderen beruflichen Betroffenheit zuerkennt, es aber insgesamt bei dem Leistungsbeginn am 1.
Juli 2011 zu belassen. Der Beklagte hat sich mit diesem Vorschlag "im Rahmen eines Vergleichs" einverstanden erklärt, nicht
aber der Kläger.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 7. Dezember 2017 hat der Beklagte - abweichend von dem Berufungsschriftsatz
vom 3. Dezember 2015 - seine gesamte Verurteilung zur Überprüfung des Senats gestellt.
Der Beklagte beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Heilbronn vom 10. November 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
Er verteidigt den angegriffenen Gerichtsbescheid. Er bleibt schriftsätzlich bei seinem Vortrag, der Missbrauch durch den Onkel
habe über 1976 hinaus angedauert, bis zu seinem zwölften Lebensjahr. Er trägt ergänzend vor, er habe bereits als Jugendlicher,
mit 12 oder 13 Jahren, einen Nervenarzt aufsuchen müssen, seine Mutter habe ihn begleitet. Damals sei in der Familie eventuell
bemerkt worden, dass etwas nicht stimme, und danach hätten die Täter von weiteren Missbrauchshandlungen Abstand genommen.
In dem Erörterungstermin vom 4. Mai 2016 hat der Berichterstatter den Kläger persönlich angehört. Dieser hat bekundet, die
Missbräuche bei dem Onkel seien nur dann geschehen, wenn er allein mit seinem Vater auf dem Mofa dorthin gefahren sei, jedoch
nicht bei Besuchen mit der ganzen Familie. Sie hätten sich über einen längeren Zeitraum erstreckt als zu Hause, es seien mehrere
Jahre gewesen. Anfangs habe er auf dem Mofa keinen Helm getragen, später jedoch. Warum die Missbräuche durch den Onkel irgendwann
aufgehört hätten, wisse er nicht. Die Nervenärztin in L., bei der er mit 12 oder 13 gewesen sei, sei damals schon älter gewesen.
Den zweiten Termin dort habe er gehabt, als er schon selbst Auto gefahren sei. Später sei er bei einem männlichen Nervenarzt
in K. in Behandlung gewesen. Auf die Nachfrage, ob die beiden - in der Akte namentlich benannten - Haus- bzw. Kinderärzte
etwas bemerkt hätten, hat der Kläger erwidert, er sei sich sicher, dass er nichts gesagt habe, ebensowenig wie in der F.-Klinik
im Jahre 1973. Der Kläger hat nähere Angaben zu dem Nachbarn "Ho." gemacht und dessen Haus und Adresse beschrieben. Im Übrigen
hat er berichtet, wann und wie er die Missbrauchsfälle in der Familie offenbart habe und dass die Geschwister davon überwiegend
nichts hätten hören wollen, nur Ch. habe in etwa mit "was, du auch?" reagiert. Wegen der Angaben im Einzelnen wird auf das
Protokoll der nichtöffentlichen Sitzung verwiesen.
Der Senat hat im Wege der Amtshilfe durch die Polizeiinspektion K. Ermittlungen durchführen lassen. Von dort sind für einige
der Familienmitglieder die heutigen und früheren Meldeadressen mitgeteilt worden. Die Existenz eines Nachbarn namens "Ho."
in den 1970er Jahren in dem Ort T. hat nicht festgestellt werden können.
Auf Grund der Angaben des Klägers im Erörterungstermin hat der Senat die amtliche Auskunft des Marktes K. vom 1. Juli 2016
eingeholt. Darin wird mitgeteilt, nach einer Recherche im dortigen Einwohnermelde- und Standesamt habe festgestellt werden
können, in einer der vier vom Kläger beschriebenen Straßen in T. habe vom 24. April 1971 bis zum 10. September 1999 eine 1915
geborene Frau mit dem vom Kläger angegebenen Nachnamen "Ho." gewohnt. Ihr Ehemann, geboren 1911, sei bereits vor dem Zuzug,
im Jahre 1966, in einem anderen Ort verstorben gewesen. Bei der Frau habe ansonsten nur eine Tochter gleichen Nachnamens gewohnt,
geb. 1941. Ein Sohn der Eheleute Ho. sei nicht verzeichnet.
Mit Beweisbeschluss vom 23. Juni 2016 hat der Senat die Vernehmung des Vaters, der Tante, dreier Brüder und einer Schwester
(Ch.) des Klägers als Zeugen im Amtsgericht B. in Oberfranken am 8. August 2016 angeordnet. Die zweite Ehefrau des Vaters
hat telefonisch mitgeteilt, ihr Ehemann sei am 5. Juni 2016 verstorben. Auf Bitten des Senats hat sie die Sterbeurkunde des
Standesamts S. vom 8. Juni 2016 eingereicht, die den Tod des Vaters des Klägers zu diesem Tage bestätigt. Nachdem sich auch
die Tante und einige Geschwister telefonisch gemeldet und z.T. angegeben haben, keine Angaben machen zu können, hat der Senat
den Beschluss über die mündliche Zeugenvernehmung aufgehoben und die noch lebenden Familienmitglieder schriftlich als Zeugen
vernommen.
Die Schwester Ch. S. des Klägers, geb. 1962, hat schriftlich bekundet, sie habe bis 1982 in T. gewohnt. Sie könne sich nur
an einen Nachbarn mit dem Nachnahmen "Hi." erinnern (den auch der Kläger vergleichsweise angegeben hatte), jedoch nicht an
den Namen "Ho." Die Besuche bei dem Onkel und der Tante in D. seien ihr sehr verhasst gewesen. Man sei mit dem Auto des größeren
Halbbruders gefahren, der Vater sei auch mit dem Kläger auf dem Moped dorthin gefahren, es habe sich um sein Elternhaus gehandelt.
Das Haus sei düster und beklemmend gewesen. Der Kontakt der Familie zu Onkel und Tante sei Ende der 1970er Jahre abgerissen.
Es habe sich in dem Haus ein schmales Nebenzimmer befunden, ob darin ein Bett gestanden habe, wisse sie nicht mehr. Sie habe
als Kind und Jugendliche nichts von einem sexuellen Missbrauch ihres Bruders bemerkt oder erfahren. Der Kläger sei als Kind
niemals ausgelassen oder fröhlich gewesen, sondern verschlossen und habe sehr alt gewirkt, viel geweint und große Angst vor
dem Vater gehabt. Der Kläger habe als Kind die Angewohnheit gehabt, sich vor das Sofa zu knien, beide Hände darauf zu legen
und seinen Oberkörper hin- und herzuschaukeln, bis zu einer Stunde lang. Sie selbst sei Opfer sexuellen Missbrauchs geworden.
Dieser habe mit dem Großvater mütterlicherseits stattgefunden, damals sei sie noch sehr klein gewesen. Es habe mit einem Freund
bzw. Bekannten des Vaters geendet. Das abverlangte Versprechen zu schweigen, verbunden mit Todesdrohungen, wirke noch heute
nach. Der Kläger habe vor einigen Jahren in der Familie von den Missbräuchen erzählt. Seine Mitteilung sei für sie gleichermaßen
belastend wie erleichternd gewesen, weil auch eines der Geschwister, noch dazu eine Junge, ebenfalls Opfer geworden sei und
sie nicht mehr habe meinen müssen, verrückt zu werden. Ausführlichere Gespräche über die Missbräuche mit ihrem Bruder habe
sie aber vermieden.
Die Tante des Klägers, L. K., hat ihre Aussage über den von ihr bevollmächtigten Rechtsanwalt übermittelt. Sie hat alle vom
Kläger gegen sie und ihren verstorbenen Ehemann erhobenen Vorwürfe zurückgewiesen und mitgeteilt, sie werde nach Abschluss
dieses Verfahrens straf- und zivilrechtlich gegen den Kläger vorgehen. In der Sache hat sie bekundet, der Kläger sei niemals
allein bei ihnen in D. zu Besuch gewesen. Es habe insgesamt nur wenig Kontakt zur Familie des Schwagers gegeben. Diese sei
von 1971 bis etwa 1980 vielleicht drei- bis viermal zu Besuch gewesen. Sie sei dabei immer mit der Bahn gekommen, weil der
Vater des Klägers kein Auto gehabt habe. Ihr Mann habe die Familie an einem nahegelegenen Bahnhof abgeholt. Der Kläger sei
nur bis etwa zu seinem 15. Geburtstag dabei gewesen. Nur einmal sei der Kläger mit seinem Vater mit dem Moped gekommen, es
habe an diesem Tag Schlachtschüssel gegeben. Es habe in dem Haus in D. ein Nebenzimmer gegeben, in etwa wie es der Kläger
beschrieben habe. In diesem Zimmer habe bis 1977 die Oma geschlafen, anschließend bis 1990 der Opa. Das Zimmer sei voller
religiöser Bilder gewesen. Ihr Ehemann, der Onkel des Klägers, sei bereits 1994 verstorben. Der Kläger sei bei der Beisetzung
nicht dabei gewesen, nur sein Vater mit der zweiten Ehefrau.
Der Kläger ist den Aussagen dieser Zeugin entgegengetreten und hat unter anderem daran festgehalten, er habe an der Beerdigung
seines Onkels teilgenommen, nach der Beisetzung sei er zusammen mit der Zeugin und ihrem Sohn in das Haus in D. zurückgefahren.
Die Zeugin L. K. hat hierzu über ihren Verfahrensbevollmächtigten erwidert, sie bleibe bei ihren Angaben, insbesondere habe
es nach der Beisetzung keinen Leichenschmaus gegeben, sich die Trauergemeinde vielmehr unmittelbar am Friedhof aufgelöst.
Die Zeugin L. K. hat ferner über ihren Bevollmächtigten Einsicht in die Akten des Beklagten und des Gerichtsverfahrens begehrt.
Beide Beteiligte haben einer Akteneinsicht nicht bzw. nicht vollständig zugestimmt. Der Senat hat das Akteneinsichtsgesuch
der Zeugin mit Beschluss vom 24. Oktober 2016 abgelehnt.
Der älteste Bruder des Klägers G. P., ein Halbbruder, geb. 1953, hat schriftlich mitgeteilt, an einen Nachbarn "Ho." könne
er sich nicht erinnern, er sei nur zweimal bei dem Onkel in D. gewesen, von einem sexuellen Missbrauch des Klägers damals
habe er nichts mitbekommen, Freunde der Familie, die etwas mitbekommen haben könnten, habe es nicht gegeben. In dem Haus der
Familie habe oft eine gedrückte und angespannte Stimmung geherrscht. An körperliche Gewalt könne er sich nicht erinnern, aber
oft an verbale, durch Schreien und durch "die körperliche Präsenz" des Vaters (Stiefvaters), er sei groß und kräftig gewesen.
Er selbst, der Zeuge, beschäftige sich schon lange mit seiner Kindheit und wundere sich, dass so wenig Erinnerung da sei,
es müssten Verdrängungsmechanismen stattgefunden haben. Er habe seine Mutter immer bedauert, die wie eine Haussklavin behandelt
worden sei. Die Schwester Co. habe oft und lang mit ihrem Kopf hin- und hergeschüttelt und ihre Strumpfhose bis unter die
Achseln hochgezogen.
Der Bruder des Klägers Hu., geb. 1961, hat von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch gemacht.
Die Schwester des Klägers Ma., geb. 1959, hat schriftlich mitgeteilt, sie habe bis 1978 in dem elterlichen Haus gewohnt, an
einen Nachbarn "Ho." erinnere sie sich nicht, die Familie sei insgesamt drei- bis fünfmal bei Onkel und Tante in D. zu Besuch
gewesen, man sei anfangs mit dem Zug und am Ende mit dem Auto des großen Bruders (G. P.) gefahren. Sie wisse nicht, ob ihr
Bruder allein oder mit dem Vater dort gewesen sei. An ein Zimmer in D., wie es der Kläger beschrieben hatte, könne sie sich
nicht erinnern. Von einem sexuellen Missbrauch ihres Bruders habe sie nichts gewusst, bis dieser das Thema vor drei oder vier
Jahren selbst angesprochen habe. Auf ihre Nachfragen habe sie jedoch eher zurückhaltende Antworten bekommen. Er habe angegeben,
der Missbrauch habe gedauert, bis er etwa zwölf gewesen sei, also bis 1976/1977.
Die Schwester des Klägers Co., geb. etwa 1958, hat schriftlich bekundet, sie habe bis 1980 in dem Haus der Eltern gewohnt,
an einen Nachbarn "Ho." könne sie sich nicht erinnern, der Kläger sei nach ihrer Erinnerung niemals allein und auch nicht
nur mit dem Vater zu dem Onkel nach D. gefahren, sie selbst sei zum letzten Male 1974 dort gewesen, an das beschriebene Zimmer
dort könne sie sich erinnern, der große Bruder habe es als Schlafzimmer benutzt, es sei voller Bilder (Heilige bzw. Engel)
gehangen, ihr sei nichts über einen sexuellen Missbrauch des Klägers bekannt, er habe solches auch nicht erzählt.
Zum Beweis dafür, dass er bereits im Jahre 2011, zu Beginn seiner Behandlungen, die Dauer des Missbrauchs bis zu seinem zwölften
Lebensjahr angegeben habe, hat sich der Kläger auf das Zeugnis zweier damals behandelnder Therapeuten und einer Mitpatientin
während der Rehabilitation im Herbst 2012 berufen. Der Senat hat von diesen - nur - die Fachärztin für Psychotherapie und
psychosomatische Medizin Dr. La.-Ka. vernommen. Diese hat am 12. November 2016 bekundet, sie habe den Kläger erstmals am 8.
Dezember 2011 interviewt, es habe damals eine schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome mit kurzfristigen Stimmungsaufhellungen
im Sinne einer bipolaren Störung bei PTBS vorgelegen, der Kläger habe schon bei den ersten Sitzungen über sexuellen Missbrauch
bzw. Missbrauchsversuche berichtet, im Alter von neun bis elf Jahren, begangen von Vater, Onkel und manchmal auch von einem
in der Nähe wohnenden Nachbarn, einmal in Anwesenheit der Tante. Mit Schreiben vom 12. Februar 2017 hat die Zeugin ohne vorherige
Nachfrage des Senats mitgeteilt, der Kläger habe jetzt angegeben, vom sechsten bis zum zwölften Lebensjahr missbraucht worden
zu sein.
Mit Beschluss vom 11. Januar 2017 hat der Senat Prof. Dr. Sch., Psychiatrisches Zentrum N., zum Gerichtssachverständigen ernannt
und mit einer Begutachtung beauftragt. Dabei sind dem Sachverständigen (nach § 118 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG] i.V.m. § 411a Abs. 1 bis 3 Zivilprozessordnung [ZPO]) verschiedene alternative Tatsachenabläufe (nur die sexuellen Missbräuche zwei- bis dreimal bei dem Onkel, einmal im
Kinderzimmer, einmal im Keller des Nachbarhauses bis vor 1976, daneben auch sexuelle Missbräuche durch den Onkel nach dem
15. Mai 1976) vorgegeben worden.
Prof. Dr. Sch. hat sein schriftliches Gutachten nach zwei persönlichen Untersuchungen des Klägers im März 2017 am 2. Juni
2017 erstattet. Der Kläger hat ihm gegenüber die sexuellen Missbräuche umfassender geschildert als gegenüber dem Beklagten
und dem Senat. Er hat unter anderem ausgeführt, die Missbräuche bei dem Onkel hätten bis zu seinem 12. Geburtstag, eventuell
darüber hinaus, aber sicher nicht bis zu seinem 13. Geburtstag angedauert. Ferner hat er angegeben, der Missbrauch (auch)
durch den Vater sei häufiger gewesen und habe länger, bis 1978, angedauert (S. 61 Gutachten). Der Vater habe weiter an den
Missbräuchen durch Onkel und Tante mitgewirkt, dies sei zwei- bis dreimal pro Jahr zwischen seinem 8. und seinem 12. Lebensjahr
gewesen. Der Vater habe auch allein - nach der bislang allein geschilderten analen Vergewaltigung 1973 - bis zu etwa seinem
10. Lebensjahr noch fünf- bis zehnmal Oralverkehr erzwungen. Der einmalige Missbrauch im Keller des Nachbarn "Ho." sei im
September oder Oktober 1972 gewesen.
Zu seinen Erinnerungen hat der Kläger bei Prof. Dr. Sch. zunächst angegeben, sie seien immer "in seinem Kopf" gewesen, auf
Nachfrage dann, sie seien ab seinem 18. oder 19. Lebensjahr "wie weggeblasen" gewesen (S. 33 Gutachten) und erst ab Oktober
2010 "nach und nach wiedergekommen", nach einem Urlaub, zu der Zeit, als der neue Teamleiter gekommen sei, der ihn stark an
seinen Vater erinnert habe (S. 25). An die ersten sechs Jahre seines Lebens könne er sich nicht erinnern. Der Kläger hat ferner
detailliertere Angaben über eine gewalttätige und verbal erniedrigende Behandlung sowie eine Vernachlässigung als Kind durch
den Vater gemacht. Als Kind sei er meist weinerlich und ängstlichschüchtern gewesen, habe jedoch auch, zum ersten Male mit
20, Hochphasen von bis zu mehreren Wochen gehabt.
Prof. Dr. Sch. hat umfangreiche Angaben zum Tagesablauf und zu den sozialen Kontakten des Klägers erhoben (S. 39 ff. Gutachten).
Die Medikation hat er mit Lamotrigin 25 mg 2-0-1-0 und Dominal forte 4 mg 1x1 abends nach Bedarf angegeben. Im psychischen
(psychopathologischen) Befund hat Prof. Dr. Sch. ein anfangs vorsichtiges, später freundlichzugewandtes, durchgängig kooperatives
Sozialverhalten, keine Einbußen in Vigilanz, Bewusstsein oder Orientierung und ein ungestörtes formales Denken bei leichter
grüblerischer Neigung beschrieben. Die kognitiven Funktionen seien grundsätzlich unbeschädigt bei allerdings deutlichen Anzeichen
von Erschöpfbarkeit mit nachlassender Konzentration im Explorationsverlauf. Zwänge oder Wahn lägen nicht vor. Die Stimmungslage
sei deutlich herabgemindert bei mäßiger Einengung der Schwingungsfähigkeit und ausgeprägten Schuld-, Scham- und Insuffizienzgefühlen.
Der Antrieb sei situationsadäquat gewesen. Prof. Dr. Sch. hat mehrere psychische Testungen durchgeführt, die der Kläger jeweils
gültig bearbeitet hat. Hierbei hat u.a. der Test "Impact of Event Scale" (IES-R) auf eine PTBS hingedeutet. In dem SFSS ("Strukturierter
Fragebogen simulierter Symptome") hat der Kläger einen auffälligen Wert von 30 (bei 75 Fragen und einem cutoff-Wert von 16)
erzielt, dies sei ein Hinweis auf Verdeutlichungstendenzen in Bezug auf neurologische, affektive, amnestische und Mangelintelligenz-Symptome.
Die beiden weiteren Validierungstestungen (TOMM und WMT) seien dagegen unauffällig gewesen.
Auf diagnostischer Ebene hat Prof. Dr. Sch. ausgeführt, beim Kläger lägen eine rezidivierende depressive Episode, gegenwärtig
schwergradig ohne psychotische Symptome (F33.2 nach der ICD-10 GM, der Internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten
und verwandter Gesundheitsprobleme, 10. Auflage, Deutsche Fassung), sowie eine PTBS mit verzögertem Beginn (F43.1 ICD-10 GM)
vor. Die PTBS sei seit Antragstellung im Vollbild ausgeprägt. Der vom Kläger in der Begutachtung nunmehr als qualitativ und
quantitativ erheblicher geschilderte Missbrauch (S. 61 Gutachten) sei nach wissenschaftlicher Ansicht als A-Kriterium einer
PTBS geeignet. Wiedererinnerungen habe der Kläger zumindest seit Ende 2010 in unregelmäßigen Abständen gehabt, teils intrusiv
tagsüber, teils durch tatbezogene Hinweisreize, teils in Albträumen. Das C-Kriterium (Vermeidungsverhalten) könne darin gesehen
werden, dass der Kläger seitdem sexuelle Kontakte und Beziehungen meide. Auch dass sich der Kläger nicht fotografieren lasse,
könne in diesem Kontext gesehen werden. Dem D-Kriterium stehe die zeitweise Amnesie des Klägers nicht entgegen. Dass keine
Erinnerungen an die ersten (bis zu vier) Lebensjahre beständen, sei medizinisch erklärbar, ansonsten sprächen Erinnerungslücken
bei gleichzeitiger Angabe einzelner unzusammenhängender, auch nebensächlicher Details, im Kontext traumatischer Belastungen
für eine authentische Beschwerdeschilderung. Die depressive Episode unterliege gewissen Schwankungen, so sei sie 2011 noch
als mittelgradig beschrieben worden, insgesamt dürfte sich die Ausprägung aber seitdem verschlechtert haben. Die Einschätzung
der Klinik Sch. im Oktober 2011, der Kläger sei bei Entlassung vollschichtig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbsfähig,
könne mit den dem jetzigen Zustand und der Entwicklung der letzten Jahre in keiner Weise in Einklang gebracht werden.
Zum Kausalverlauf hat der Sachverständige ausgeführt, beide psychische Erkrankungen beruhten auf den Missbräuchen. Für die
PTBS sei dies definitionsgemäß. Depressive Episoden seien zwar in der Regel multifaktoriell bedingt, es sei jedoch epidemiologisch
bestens gesichert, dass sie mit psychischen Traumatisierungen in der Kindheit zusammenhingen. Bereits die drei Missbrauchsvorfälle
der Jahre 1972 bis 1975, die anerkannt seien, könnten mit Wahrscheinlichkeit als Ursache der aktuellen psychischen Gesundheitsschäden
eingestuft werden. Wegen der Spezifika der anerkannten Schädigungsereignisse und wegen der individuellen und sozialen Rahmenbedingungen
damals liege hier eine besondere Pathogenität vor. Die möglichen weiteren Schädigungsereignisse, die der Kläger nunmehr angegeben
habe, insbesondere jene nach 1976, hätten die "deletären Folgen der vorangegangenen sexuellen Missbrauchserlebnisse nicht
(mehr) substanziell verschlechtern" können (S. 75 Gutachten).
Den GdS zur Bewertung der Schädigungsfolgen hat Prof. Dr. Sch. mit 80 vorgeschlagen. Soziale Anpassungsschwierigkeiten seien
nach den Empfehlungen des Sachverständigenbeirats beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) nur so lange als mittelgradig
einzustufen, wie noch grundsätzliche weitere (berufliche) Tätigkeiten möglich seien und noch kein sozialer Rückzug in einem
Umfang, wie er z.B. eine Ehe gefährden könnte, vorliege. Diese Kategorie könne die Einbußen des Klägers nicht mehr erfassen.
Es sei von schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten auszugehen. Angesichts der aufgezeigten Restkompetenzen bei der Lebensführung
und Lebensgestaltung sei der GdS aus dem unteren Rahmen der dafür vorgesehenen Spanne von 80 bis 100 zu nehmen. Die zwischenzeitlichen
"Hochphasen", die der Kläger gegenüber Vorgutachtern und Vorbehandlern angegeben habe, seien nirgends in den Vorbefunden und
Vorgutachten gesichert worden, auch nicht während der mehrwöchigen stationären Behandlungen, es könne daher nicht von einer
bipolaren Störung ausgegangen werden, zumal dafür diagnostisch mindestens vier Tage andauernde "Hypomanien" zu fordern seien.
Prof. Dr. Sch. hat seinem Gutachten aktuelle Arztberichte beigefügt. Danach hat der Neurologe und Psychiater Dr. Be. am 30.
September 2015, dem 4. Februar 2016 und zuletzt dem 10. März 2017 berichtet, der Krankheitsverlauf sei bei genereller Progredienz
instabil, der Kläger berichte regelmäßig von wiederholten Phasen mit guter Stimmung und vermehrter sozialer Aktivität ohne
problematische Verhaltensweisen, zuletzt - ab Februar 2016 - werde er wegen Unverträglichkeit von Elontril, Sertralin und
Venlafaxin nur "phasenprophylaktisch" mit Lamotrigin behandelt. Am 30. September 2015 hat Dr. Be. u. a. berichtet, eine stationäre
oder teilstationäre Behandlung komme für den Kläger weiterhin nicht in Betracht.
Der Beklagte ist den Feststellungen, Schlussfolgerungen und Vorschlägen des Gerichtssachverständigen entgegengetreten und
hat hierzu die versorgungsärztliche Stellungnahme der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. Bo. vom 21. Juni 2017
vorgelegt. Der Bewertung mit einem GdS von 80 sei zu widersprechen. Ein solcher GdS setze neben Gefährdungen der beruflichen
Tätigkeit und schwerwiegenden Problemen in der Familie bereits die Erforderlichkeit umfassender Betreuungsmaßnahmen voraus.
Außerdem wäre zu erwarten, dass darüber hinaus und längerfristig eine intensive fachspezifische nervenärztliche Behandlung
stattfinde, dies unter Einschluss von medikamentöser Behandlung, meist engmaschiger Psychotherapie und auch stationären psychiatrischen
und psychosomatischen Aufenthalten. All diese Umstände lägen bei dem Kläger nicht vor oder sie seien nicht belegt. Einerseits
gebe der Kläger an, er habe nahezu keine sozialen Kontakte mehr, andererseits habe er berichtet, noch 2012 habe es eine viermonatige
Beziehung gegeben, man sei gute Freunde geblieben und telefoniere zweimal pro Woche. Der Kläger habe als Hobbys Musik, insbesondere
deutschen Rock und Pop der 1970er und 1980er Jahre, angegeben. Die Selbstversorgung (Einkaufen, Nahrungszubereitung, Körperpflege,
Haushalt) funktioniere ohne Hilfe. Der Kläger habe weiterhin einen Führerschein und sei zu der Begutachtung bei Prof. Dr.
Sch. eineinhalb Stunden allein mit dem Auto gefahren, auch Nacht- und Autobahnfahrten gelängen. Sexualität werde erst seit
2010 nicht mehr praktiziert. Dr. Bo. hat weiter auf Dr. Be.s aktuellen Angaben über Phasen der Hochstimmung mit vermehrten
sozialen Kontakten und die niedrigdosierte medikamentöse und niederfrequente psychotherapeutische Behandlung verwiesen. Ferner
sei der psychopathologische Befund, wie ihn Prof. Dr. Sch. festgestellt habe, nicht so gravierend wie ihn dieser letztlich
bewerte. Insgesamt reiche zur Bewertung der anfangs zuerkannte GdS von 50 aus, jedenfalls betrage dieser maximal 60.
Prof. Dr. Sch. hat zu den Einwänden des Beklagten am 16. November 2017 ergänzend Stellung genommen. Er hat ausgeführt, Dr.
Bo. habe keine Quelle im Sinne eines Rechtstextes oder eines Kommentars für ihre Anforderung gegeben, dass ein GdS von 80
bereits umfassende Betreuung und eine intensive und längerfristige Behandlung mit stationären Aufenthalten voraussetze. Der
Beschluss des Sachverständigenbeitrags beim BMAS vom 18./19. März 1998 setze solches nicht voraus. Es sei auch ein epidemiologisch
gut belegtes Faktum, dass gerade schwer psychisch Erkrankte keine intensive Behandlung erhielten, eine solche vielmehr tendenziell
mieden. Die von Dr. Bo. geschilderten Aktivitäten des Klägers beträfen die Zeit vor 2011. Es sei an dem Vorschlag eines GdS
von 80 festzuhalten.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen und der Ergebnisse der Beweisaufnahme im Einzelnen wird auf die Verwaltungsakten
des Beklagten und die Gerichtsakten beider Rechtszüge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des SG vom 10. November 2015 ist nach § 143 SGG statthaft. Insbesondere ist sie nicht nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG zulassungsbedürftig, denn der Beklagte ist verurteilt worden, laufende - höhere - Sozialleistungen für mehr als ein Jahr
zu gewähren (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).
Sie ist auch im Übrigen zulässig. Der Beklagte hat sie mit Telefax vom 3. Dezember 2015 form- und fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) erhoben.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zulässigerweise den gesamten Gerichtsbescheid des SG zur Überprüfung durch den Senat gestellt und Klageabweisung im Ganzen beantragt. Zwar hatte er in seinem Berufungsschriftsatz
vom 5. Dezember 2015 nur eine eingeschränkte Berufung erhoben, nämlich nur gegen seine Verurteilung zur Gewährung einer Beschädigtenversorgung
nach einem GdS von mehr als 60 ab Leistungsbeginn bzw. Oktober 2013. Ein echtes Teil-Anerkenntnis, das nach einer Annahme
durch den Kläger den Streitgegenstand bindend verkleinert hätte, hat er jedoch - auch in den beiden Vergleichsvorschlägen
erster und zweiter Instanz - nicht abgegeben, insoweit lägen auch keine Annahmeerklärungen des Klägers (vgl. § 101 Abs. 2 SGG) vor. Dementsprechend ist bei dem Kläger durch Bescheid bislang durchgängig nur ein GdS von 50 festgestellt. Ferner hat der
Beklagte durch die beschränkte Berufungseinlegung auch nicht - teilweise - auf sein Rechtsmittel verzichtet. Daher konnte
er seine Berufung während des zweitinstanzlichen Verfahrens erweitern. Eine solche Berufungserweiterung bzw. Berufungsänderung
ist in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Klageänderung möglich, weil § 99 SGG nach § 153 Abs. 1 SGG auch im Berufungsverfahren gilt (so auch Bayerisches LSG, Urteil vom 27. April 2006 - L 10 AL 264/02 -, [...], Rz. 20). Der Senat lässt offen, ob es sich dabei nur um eine Berufungserweiterung handelt, die entsprechend § 99 Abs. 3 Nr. 2 SGG ohne Weiteres zulässig ist. Selbst wenn es sich um eine echte Berufungsänderung nach § 99 Abs. 1 SGG handelt, so ist sie hier zuzulassen, weil sich der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 7. Dezember 2017 rügelos auf den
erweiterten Antrag der Beklagten eingelassen hat (§ 99 Abs. 1 Var. 1, Abs. 2 Var. 2 SGG).
In diesem Rahmen ist die Berufung in ihrem vollen Umfang begründet. Der angegriffene Gerichtsbescheid war insgesamt aufzuheben
und die Klage war im Ganzen abzuweisen. Die Bescheide des Beklagten, die der Kläger mit seiner Anfechtungs- und Leistungsklage
(§ 54 Abs. 1 Satz 1 Var. 1, Abs. 4 SGG) angegriffen hat, waren rechtmäßig.
Dabei wendet sich der Kläger zu Recht nur gegen den Bescheid vom 22. Juli 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
21. Oktober 2013. Mit diesen Bescheiden hat der Beklagte über die geltend gemachte Gesundheitsschädigung in Folge von Gewalttaten
nach dem OEG entschieden und Beschädigtenversorgung bewilligt. Der "Teil-Bescheid" vom 14. Juni 2012 hatte lediglich über ein Element
des Versorgungsanspruchs, nämlich die Eigenschaft als Opfer einer Gewalttat, entschieden. Diesen Bescheid musste der Kläger
nicht anfechten, sein Regelungsgehalt wurde vollständig durch den Bescheid vom 22. Juli 2013 ersetzt. Es kann daher offen
bleiben, ob ein solcher Teil-Bescheid über nur ein Element des Versorgungsanspruchs ergehen durfte. Gegenstand des Verfahrens
ist auch nicht der Bescheid vom 9. August 2013. Zwar hatte der Beklagte darin ausgeführt, der Bescheid werde Gegenstand des
laufenden Widerspruchsverfahrens. Einer solchen Einbeziehung kraft Gesetzes unterliegt nach § 86 Satz 1 SGG jedoch nur ein Verwaltungsakt, der einen früheren Verwaltungsakt "abändert". Damit bleibt diese Einbeziehungsnorm noch hinter
§ 96 Abs. 1 SGG zurück, wonach auch ein neuer Bescheid, der einen früheren ersetzt, in ein laufendes Gerichtsverfahren eingeht. Mit dem Bescheid
vom 9. August 2013 hat der Beklagte jedoch nur die Versorgungsbezüge des Klägers konkret berechnet, was in dem Bescheid vom
22. Juli 2013 nicht geschehen war. Es liegt daher gerade keine Änderung vor.
In der Sache bestehen die geltend gemachten Ansprüche nicht, das SG hätte daher der Klage nicht stattgeben dürfen. Weder kann der Kläger eine Beschädigtenversorgung vor dem 1. Juli 2012 verlangen
noch ist diese ab diesem Tag nach einem höheren GdS als 50 zu berechnen.
Rechtsgrundlage für den Anspruch des Klägers ist § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 1, §§ 30 ff. Bundesversorgungsgesetz (BVG). Danach erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung
der Vorschriften des BVG, wer im Geltungsbereich des OEG oder auf einem deutschen Schiff oder Luftfahrzeug infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine
oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Die Versorgung
umfasst die Beschädigtenrente (§§ 29 ff. BVG), insbesondere die Beschädigtengrundrente nach § 30 Abs. 1 und ggfs. Abs. 2 BVG (vgl. Urteil des Senats vom 18. Dezember 2014 - L 6 VS 413/13 -, [...], Rz. 42).
Für einen Anspruch auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG in Verbindung mit dem BVG sind folgende rechtlichen Grundsätze maßgebend (vgl. BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 V 1/12 R -, [...]; Urteil des Senats vom 9. November 2017 - L 6 VG 2118/17 -, [...], Rz. 33 ff.):
Ein Versorgungsanspruch setzt zunächst voraus, dass der allgemeine Tatbestand des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG gegeben ist (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23. April 2009 - B 9 VG 1/08 R -, [...], Rz. 27 m. w. N). Dieser besteht aus drei Gliedern (tätlicher Angriff, Schädigung und Schädigungsfolgen), die durch
einen Ursachenzusammenhang miteinander verbunden sind.
Bei der Auslegung des Begriffs eines rechtswidrigen vorsätzlichen tätlichen Angriffs ist entscheidend auf die Rechtsfeindlichkeit,
vor allem verstanden als Feindlichkeit gegen das Strafgesetz, abzustellen; von subjektiven Merkmalen, wie etwa einer kämpferischen,
feindseligen Absicht, hat sich die Auslegung insoweit weitestgehend gelöst (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 7. April 2011 - B 9 VG 2/10 R -, [...], Rz. 32 m. w. N.). Dabei sind je nach Fallkonstellation unterschiedliche Schwerpunkte gesetzt und verschiedene Gesichtspunkte
hervorgehoben worden. Leitlinie ist insoweit der sich aus dem Sinn und Zweck des OEG ergebende Gedanke des Opferschutzes. Danach setzt ein tätlicher Angriff grundsätzlich eine unmittelbar auf den Körper eines
anderen zielende gewaltsame Einwirkung voraus ist, wobei die Angriffshandlung in aller Regel den Tatbestand einer - jedenfalls
versuchten - vorsätzlichen Straftat gegen das Leben oder die körperliche Unversehrtheit erfüllt (st. Rspr.; vgl. nur BSG, Urteil vom 29. April 2010 - B 9 VG 1/09 R -, [...], Rz. 25 m. w. N.), während die bloße Drohung mit einer wenn auch erheblichen Gewaltanwendung oder Schädigung hierfür
nicht ausreicht (vgl. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 V 1/13 R -, [...], Rz. 23 ff.). In Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern im Sinne von § 176, § 176a StGB hat das BSG den Begriff des tätlichen Angriffes noch weiter verstanden. Danach kommt es nicht darauf an, welche innere Einstellung der
Täter zu dem Opfer hatte und wie das Opfer die Tat empfunden hat. Es ist allein entscheidend, dass die Begehensweise, also
eine sexuelle Handlung, eine Straftat war (vgl. BSG, Urteil vom 29. April 2010 - B 9 VG 1/09 R -, [...], Rz. 28 m. w. N.). Auch der "gewaltlose" sexuelle Missbrauch eines Kindes kann demnach ein tätlicher Angriff im
Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG sein (BSG, Urteile vom 18. Oktober 1995 - 9 RVg 4/93 -, und - 9 RVg 7/93 -, [...]). Diese erweiternde Auslegung des Begriffes des tätlichen Angriffs ist speziell in Fällen eines sexuellen Missbrauchs
von Kindern aus Gründen des sozialen und psychischen Schutzes der Opfer unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des OEG geboten (Urteil des Senats vom 9. November 2017 - L 6 VG 2118/17 -, [...], Rz. 35).
Hinsichtlich der entscheidungserheblichen Tatsachen kennen das soziale Entschädigungsrecht und damit auch das OEG drei Beweismaßstäbe. Grundsätzlich bedürfen die drei Glieder der Kausalkette (schädigender Vorgang, Schädigung und Schädigungsfolgen)
des Vollbeweises. Für die Kausalität selbst genügt gemäß § 1 Abs. 3 BVG die Wahrscheinlichkeit. Nach Maßgabe des § 15 Satz 1 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG), der gemäß § 6 Abs. 3 OEG anzuwenden ist, sind bei der Entscheidung die Angaben der Antragsteller, die sich auf die mit der Schädigung, also insbesondere
auch mit dem tätlichen Angriff im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, zugrunde zu legen, wenn sie nach den Umständen
des Falles glaubhaft erscheinen.
Für den Vollbeweis muss sich das Gericht die volle Überzeugung vom Vorhandensein oder Nichtvorhandensein einer Tatsache verschaffen.
Allerdings verlangt auch der Vollbeweis keine absolute Gewissheit, sondern lässt eine an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit
ausreichen. Denn ein darüber hinausgehender Grad an Gewissheit ist so gut wie nie zu erlangen (vgl. Keller, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl. 2017, § 128 Rz. 3b m. w. N.). Daraus folgt, dass auch dem Vollbeweis gewisse Zweifel innewohnen können, verbleibende Restzweifel mit
anderen Worten bei der Überzeugungsbildung unschädlich sind, solange sie sich nicht zu gewichtigen Zweifeln verdichten (vgl.
BSG, Urteil vom 24. November 2010 - B 11 AL 35/09 R -, [...], Rz. 21). Eine Tatsache ist bewiesen, wenn sie in so hohem Grade wahrscheinlich ist, dass alle Umstände des Falles
nach vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens und nach der allgemeinen Lebenserfahrung geeignet sind, die
volle richterliche Überzeugung zu begründen (vgl. Keller, a. a. O.).
Der Beweisgrad der Wahrscheinlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 3 Satz 1 BVG ist dann gegeben, wenn nach der geltenden wissenschaftlichen Lehrmeinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammenhang
spricht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B -, [...], Rz. 4). Diese Definition ist der Fragestellung nach dem wesentlichen ursächlichen Zusammenhang (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 16. Dezember 2014 - B 9 V 6/13 R -, [...], Rz. 18 ff.) angepasst, die nur entweder mit ja oder mit nein beantwortet werden kann. Es muss sich unter Würdigung
des Beweisergebnisses ein solcher Grad von Wahrscheinlichkeit ergeben, dass ernste Zweifel hinsichtlich einer anderen Möglichkeit
ausscheiden. Für die Wahrscheinlichkeit ist ein "deutliches" Übergewicht für eine der Möglichkeiten erforderlich. Sie entfällt,
wenn eine andere Möglichkeit ebenfalls ernstlich in Betracht kommt.
Bei dem "Glaubhafterscheinen" im Sinne des § 15 Satz 1 KOVVfG handelt es sich um den dritten, mildesten Beweismaßstab des Sozialrechts. Glaubhaftmachung bedeutet das Dartun einer überwiegenden
Wahrscheinlichkeit (vgl. Keller, a. a. O., Rz. 3d m. w. N.), also der guten Möglichkeit, dass sich der Vorgang so zugetragen
hat, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B -, [...], Rz. 5). Dieser Beweismaßstab ist durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit
des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die gute
Möglichkeit aus, also es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon
relativ am wahrscheinlichsten ist (vgl. Keller, a.a.O.), weil nach der Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese
Möglichkeit spricht. Von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss einer den übrigen gegenüber
ein gewisses, aber kein deutliches Übergewicht zukommen. Wie bei den beiden anderen Beweismaßstäben reicht die bloße Möglichkeit
einer Tatsache nicht aus, um die Beweisanforderungen zu erfüllen. Das Tatsachengericht ist allerdings mit Blick auf die Freiheit
der richterlichen Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG) im Einzelfall grundsätzlich darin nicht eingeengt, ob es die Beweisanforderungen als erfüllt ansieht (vgl. BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B -, [...], Rz. 5).
Sofern der Anspruch des Gewaltopfers auf eine Beschädigtenversorgung gerichtet ist, insbesondere auf eine Grundrente, richtet
sich diese nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG nach dem GdS (bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007 [BGBl I S. 2904] am 21. Dezember 2007 als
Minderung der Erwerbsfähigkeit [MdE] bezeichnet). Mit diesem Wert werden die allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen,
welche durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind,
in allen Lebensbereichen - also nicht allein und auch nicht vorrangig im Arbeitsleben - beurteilt. Der GdS ist nach Zehnergraden
von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Beschädigte erhalten gemäß § 31 Abs. 1 BVG eine monatliche Grundrente ab einem GdS von 30. Liegt der GdS unter 25, besteht kein Anspruch auf eine Rentenentschädigung
(vgl. Urteil des Senats vom 18. Dezember 2014 - L 6 VS 413/13 -, [...], Rz. 42; Dau, in: Knickrehm, Gesamtes Soziales Entschädigungsrecht, 2012, § 31 BVG, Rz. 2).
Sofern die geltend gemachte Tat, soweit sie die Ursache der vorhandenen Gesundheitsbeeinträchtigungen darstellt, vor den in
§ 10a Absatz Satz 1 und Satz 2 OEG genannten Stichtagen erlitten worden ist, hat eine Versorgung weitere Voraussetzungen. Bei diesen beiden Daten handelt es
sich um das In-Kraft-Treten des OEG in den Ländern der früheren Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlins (West) am 16. Mai 1976 (Satz 1) bzw. in dem
in Art. 3 des Einigungsvertrags genannten Gebiet (die ostdeutschen Länder sowie Ost-Berlin) am 3. Oktober 1990 (Satz 2). In solchen "Altfällen" erhalten
nach der "Härteregelung" in § 10a Abs. 1 Satz 1 OEG geschädigte Personen nur dann Versorgung, solange sie allein infolge dieser Schädigung schwerbeschädigt und bedürftig sind
sowie im Geltungsbereich des OEG ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben. Eine Schwerbeschädigung liegt nach § 31 Abs. 2 BVG vor, wenn ein GdS von mindestens 50 festgestellt ist. Die Voraussetzungen der Bedürftigkeit sind in § 10a Abs. 2 OEG im Einzelnen geregelt. Der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt wird nach § 30 Abs. 3 Erstes Buch Sozialgesetzbuch ( SGB I) ermittelt.
Nach diesen Voraussetzungen steht dem Kläger zunächst für den ersten Teil des streitigen Zeitraums, der nach § 60 Abs. 1 Satz 1 BVG mit dem Ersten des Monats beginnt, in dem der Versorgungsantrag gestellt worden ist, also ab dem 1. November 2011, bis zum
30. Juni 2012, keine Versorgung zu.
§ 10a Abs. 1 Satz 1 OEG greift hier ein. Eine Schädigung des Klägers nach dem hier geregelten Stichtag kann zur Überzeugung des Senats nicht festgestellt
werden.
Zwar ist zwischen den Beteiligten nicht mit Bindungswirkung (§ 77 SGG) festgestellt, dass es nach dem 15. Mai 1976 keine Gewalttaten gegeben habe. Der Teil-Bescheid vom 14. Juni 2012 hat zu Gunsten
des Klägers einige Taten in den Jahren 1971 bis 1975 festgestellt. Es finden sich darin aber weder positive noch negative
Ausführungen zu der Frage, ob auch danach noch Taten begangen worden sind. Ebenso wie das SG geht der Senat daher davon aus, dass der Beklagte über solche Taten bislang gar nicht entschieden hat. Es kann daher offen
bleiben, ob ein solcher Bescheid wie jener vom 14. Juni 2012 rechtmäßig ist oder ob es sich um eine rechtlich unzulässige
"Elementenfeststellung" einer einzelnen Vorfragen eines Leistungsanspruchs handelt.
Bei einer Überprüfung in der Sache kann sich der Senat nicht im Rahmen des dafür erforderlichen Beweismaßstabs davon überzeugen,
dass der Kläger auch nach dem 15. Mai 1976 geschädigt worden ist.
Der Senat wendet zu Gunsten des Klägers hier den abgesenkten Beweismaßstab der Glaubhaftmachung aus § 15 Satz 1 KOVVfG an.
Nach dieser Vorschrift sind die Angaben eines Antragstellers, die sich auf die mit der Schädigung im Zusammenhang stehenden
Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne
Verschulden des Antragstellers oder seiner Hinterbliebenen verlorengegangen sind, soweit die Angaben nach den Umständen des
Falles glaubhaft erscheinen. Diese Beweiserleichterung ist auch dann anwendbar, wenn für den schädigenden Vorgang keine Zeugen
vorhanden sind (vgl. BSG, Urteil vom 31. Mai 1989 - 9 RVg 3/89 -, [...], Rz. 12). Nach dem Sinn und Zweck des § 15 Satz 1 KOVVfG sind damit nur Tatzeugen gemeint, die zu den zu beweisenden Tatsachen aus eigener Wahrnehmung Angaben machen können. Personen
etwa, die von ihrem gesetzlichen Zeugnisverweigerungsrecht (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i. V. m. §§ 383 ff. ZPO) Gebrauch gemacht haben, sind dabei nicht als solche Zeugen anzusehen. Denn die Beweisnot des Opfers, auf die sich § 15 Satz 1 KOVVfG bezieht, ist in diesem Fall nicht geringer, als wenn Angreifende unerkannt geblieben oder flüchtig sind (BSG, Urteil vom 17. April 2013 - B 9 V 1/12 R -, [...], Rz. 41 m. w. N.). Ob Entsprechendes bezogen auf eine für die Tatbegehung in Betracht kommende Person gilt, die
eine schädigende Handlung bestreitet, und die Beweiserleichterung des § 15 Satz 1 KOVVfG damit auch zur Anwendung gelangt, wenn sich die Aussagen des Opfers und des den behaupteten schädigenden Vorgang bestreitenden
vermeintlichen Täters gegenüberstehen sowie unabhängige Tatzeugen nicht vorhanden sind (BSG, a. a. O.), ist zweifelhaft (Bayerisches LSG, Urteil vom 30. April 2015 - L 15 VG 24/09 -, [...], Rz. 61; Urteil des Senats vom 22. September 2016 - L 6 VG 1927/16 -, [...], Rz. 72 f.).
Im Falle des Klägers kann jedoch offen bleiben, ob § 15 Satz 1 KOVVfG auch dann eingreifen kann, wenn zumindest noch der als Täter Beschuldigte als Zeuge auszusagen bereit ist. Für die hier allein
streitige Zeit nach dem 15. Mai 1976 hat der Kläger bei seinen Anhörungen vor dem SG, dem Senat und bei der Begutachtung durch Prof. Dr. Sch. lediglich den Onkel und den Vater als Täter benannt. Beide sind
verstorben, ohne zu den Vorwürfen vernommen worden zu sein. Die einzige noch lebende Person, die der Kläger als Tatbeteiligte
beschuldigt, seine Tante L. K., hat zwar eine Tatbeteiligung bestritten, jedoch beziehen sich die Anschuldigungen des Klägers
gegen sie nur auf eine Tat, die vor Mai 1976 gelegen hat, nämlich auf eine jener bis zu drei Taten im Wohnhaus seines Onkels
bis etwa 1975, die der Kläger schon bei seiner Anhörung beim Beklagten im Jahre 2012 angegeben hatte. Auch sie kommt daher
als Tatzeugin für Taten nach Mai 1976 nicht in Betracht. Die anderen angehörten Zeugen haben die angeschuldigten Taten nicht
beobachten können und auch sonstige Beweise, insbesondere ärztliche Unterlagen, die entsprechende Verletzungen im Analbereich
bestätigen, liegen nicht vor.
Die Angaben des Klägers, die danach gemäß § 15 Satz 1 KOVVfG - allein - der Entscheidung zu Grunde gelegt werden können, sind nicht ausreichend glaubhaft. Es besteht aus Sicht des Senats
allenfalls eine Möglichkeit, aber nicht die gute Möglichkeit, dass der Kläger nach dem 15. Mai 1976 Opfer sexuellen Missbrauchs
durch seinen Vater oder seinen Onkel geworden ist.
Zweifel liegen zunächst deshalb vor, weil nicht festgestellt werden kann, dass die Angaben des Klägers auf eigenen, objektiven
Erinnerungen beruhen (zu dieser Problematik vgl. Urteil des Senats 9. November 2017 - L 6 VG 2118/17 -, [...], Rz. 43). Zwar war der Kläger in diesem Teil des behaupteten Tatzeitraums älter als zehn Jahre und sieben Monate.
In diesem Lebensalter ist das autobiographische Gedächtnis ausgeprägt, die so genannte "infantile Amnesie" betrifft in aller
Regel lediglich Erinnerungen an die ersten drei Lebensjahre (Urteil des Senats vom 22. September 2016, a. a. O., Rz. 87 m.
w. N.), wie dies aktuell auch Prof. Dr. Sch. in seinem Gutachten bestätigt hat. Es erscheint aber nicht ausgeschlossen, dass
die behaupteten Erinnerungen des Klägers erst nachträglich entstanden sind, sei es spontan, sei es durch Selbst- oder Fremdsuggestion,
z.B. im Rahmen einer Traumatherapie (vgl. Urteil des Senats vom 9. November 2017 - L 6 VG 2118/17 -, [...], Rz. 44). Denn der Kläger hat eigene Erinnerungen an einen Missbrauch erstmals im Rahmen einer Therapie 2010 geschildert.
Dies entnimmt der Senat insbesondere dem zeitnahen Bericht der Schwerpunktstelle. Bei seiner Begutachtung bei Prof. Dr. Sch.
hat er dagegen ausgesagt, die Erinnerungen an den Missbrauch seien etwa ab seinem 18. oder 19. Lebensjahr "wie weggeblasen"
gewesen und erst "nach und nach" wieder zurückgekehrt, nachdem er im Oktober 2010 einen neuen Vorgesetzten bekommen habe,
der ihn an seinen Vater erinnert habe. Eine solche über Jahrzehnte bestehende, grundlose (also z.B. nicht auf eine Verletzung
zurückzuführende) Amnesie ist zumindest ungewöhnlich. Es ist nämlich nicht ersichtlich, warum, z.B. im Rahmen einer Verdrängung,
die Erinnerungen nach dem behaupteten Ende der Taten im 13. Lebensjahr noch fünf oder sechs Jahre vorhanden und dann plötzlich
verschwunden gewesen sein sollen.
Vor allem aber spricht die Genese der Angaben des Klägers ab 2010 bzw. 2011 dagegen, dass es sich um wirklichkeitsbasierte
Erinnerungen handelt. Generell gilt, dass eher von einer - objektiv zutreffenden - Erinnerung auszugehen ist, wenn die Schilderungen
über einen längeren Zeitraum konstant bleiben, während Geschehensabläufe, die sich so nicht zugetragen haben, an die aber
subjektiv ein Gedächtnisinhalt besteht, im Laufe der Zeit eher ausufernd beschrieben werden (vgl. LSG Rh.-Pfalz, Urteil vom
19. August 2015 - L 4 VG 5/13 -, [...], Rz. 28; Urteil des Senats vom 22. September 2016 - L 6 VG 1927/15 -, [...], Rz. 90; Rademacker, in: Knickrehm, a.a.O., § 1 OEG Rz. 49 m. w. N.; generell zur Konsistenz mit früheren Aussagen auch Schneider, Beweis und Beweiswürdigung, 5. Aufl. 1994,
Rz. 1101). Der Kläger hat in seinen frühesten Anhörungen, so vor allem bei seiner Anhörung beim Beklagten am 23. April 2012
auch auf umfangreiche Nachfragen hin seinen Onkel nur zweier oder dreier Taten beschuldigt, bei denen einmal die Tante oder
der Vater beteiligt gewesen seien, die aber nach seinen Angaben vor 1976 gelegen hätten. Daneben hat er eine Vergewaltigung
durch den Vater im Kinderzimmer 1973 (oder nach seinen späteren Angaben 1972) und einen Missbrauch im Keller des Nachbarhauses
bekundet. Taten nach dem 15. Mai 1976 hatten sich aus seinen Angaben nicht ergeben, weswegen der Beklagte den Tatzeitraum
auch mit dem Teil-Bescheid vom 14. Juni 2012 auf die Jahre 1971 bis 1975 eingegrenzt hat. Erst später hat er nach und nach
über Taten auch nach dem Stichtag berichtet. Dies geschah zuerst bei der Untersuchung bei Dr. Kr. mit der Angabe, die Taten
hätten begonnen, als er sechs gewesen sei und hätten etwa sechs Jahre angedauert; hiernach wäre als Tatzeitraum Herbst 1971
bis Herbst 1977 in Betracht gekommen. Das war aber eine völlig pauschale Angabe, konkret konnte der Kläger keine Ereignisse
nach Mai 1976 beschreiben. Das Gleiche gilt für die Klagebegründung, mit der nur pauschal ein längerer Tatzeitraum vorgetragen
wurde, ohne dass konkrete Zeitabschnitte oder bestimmte Taten beschrieben worden wären. Bei seiner Anhörung am 4. Mai 2016
hat der Kläger dann zwar konkretisiert, nach 1976 habe es - nur - den Missbrauch durch den Onkel gegeben, aber mit vagen Angaben.
Bei der Begutachtung bei Prof. Dr. Sch. wurden die Angaben dann noch etwas konkreter und haben sich ausgeweitet. Dort gab
der Kläger an, sein Onkel habe ihn - öfters im Beisein des Vaters - auch nach 1976 noch fünf- bis zehnmal missbraucht. Außerdem
wurde jetzt erstmals auch ein Missbrauch durch den Vater bis 1978 angegeben (S. 61 Gutachten). Insgesamt zeigt sich eine anfangs
sehr vage und pauschale und später - leicht - ausgeweitete Schilderung, die in ihrer Genese jedenfalls nicht eindeutig als
erlebnisbasiert eingestuft werden kann, da es insbesondere an jeglichen Detailschilderungen für diese Taten fehlt.
Gegen die Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers zu den Taten nach 1976 spricht auch, dass sie nicht nur nach und nach gemacht
worden sind, sondern zum Teil erst dann, wenn eine verfahrensrechtliche Notwendigkeit dafür sprach. Weder nach dem SGG noch nach der ZPO gibt es zwar eine Beweisregel in dem Sinne, dass frühere Aussagen oder Angaben grundsätzlich einen höheren Beweiswert besitzen
als spätere; im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§ 128 Abs. 1 Satz 1 SGG, § 286 ZPO) sind vielmehr alle Aussagen, Angaben und sonstigen Einlassungen zu würdigen. Gleichwohl kann das Gericht im Rahmen der Gesamtwürdigung
den zeitlich früheren Aussagen aufgrund der Gesichtspunkte, dass die Erinnerung hierbei noch frischer war und sie von irgendwelchen
Überlegungen, die darauf abzielen, das Klagebegehren zu begünstigen, noch unbeeinflusst waren, einen höheren Beweiswert als
den späteren zumessen (vgl. BSG, Urteil vom 11. November 2003 - B 2 U 41/02 R -, SozR 4-2700 § 4 Nr. 1, Rz. 12; Urteile des Senats vom 12. August 2014 - L 6 VH 5821/10 ZVW - [...], Rz. 144 und vom 21. Mai 2015 - L 6 U 1053/15 -, [...], Rz. 34). Dass er auch nach 1976 missbraucht worden sei, hat der Kläger erstmals beim SG behauptet, als aus der Begründung der angefochtenen Bescheide klar geworden war, dass wegen der Härteklausel in § 10a Abs. 1 Satz 1 OEG dieser Zeitraum relevant geworden war. Dass der Kläger zunächst allenfalls Missbräuche bis zu seinem 11. Lebensjahr beschrieben
hatte und erst später, während des laufenden Prozesses, auf den 12. oder sogar bis kurz vor den 13. Geburtstag ausgeweitet
hat, hat auch Dr. La.-Ka. in ihrer Zeugenaussage vom 12. November 2013 und ihrer ergänzenden Äußerung vom 12. Februar 2017
bestätigt. Und die noch konkreteren und umfangreicheren Angaben des Klägers bei Prof. Dr. Sch. können unter Umständen dem
Hinweis des Senats in dem Beweisbeschluss geschuldet gewesen sein, dass Missbräuche nach 1976 bislang weder bewiesen noch
ausreichend glaubhaft gemacht seien und der Senat trotz des Gutachtensauftrags über diese Frage noch entscheiden werde.
Eine gute Möglichkeit, dass es nach Mai 1976 zu Missbrauchstaten gekommen ist, ergibt sich auch nicht aus den - übrigen -
Ergebnissen der Beweisaufnahme.
Keiner der schriftlich vernommenen Zeugen hat Missbrauchstaten gegenüber dem Kläger wahrgenommen, insbesondere nicht in dem
Haus des Onkels in D. Mehrere Zeugen habe ferner bestritten, dass der Kläger überhaupt des Öfteren allein mit seinem Vater
auf dem Mofa dorthin zu Besuch gefahren sei. Die Zeugin L. K. hat nur einen solchen Besuch bestätigt, die anderen Zeugen konnten
dazu gar nichts Bestätigendes sagen. In diesem Zusammenhang ist bei der Beweiswürdigung zu berücksichtigen, dass der Kläger
anfangs, wie sich aus dem Entlassungsbericht der Klinik Sch. vom 26. Oktober 2011 ergibt, behauptet hatte, dass "alle" seine
Geschwister von Vater und Onkel missbraucht worden seien, was aber keiner der Zeugen bestätigt hat, obwohl nach dem Versterben
beider angeschuldigten Personen kein Grund mehr zum Schweigen bestand. Allein die Zeugin Ch. S. hat eigene Missbrauchserfahrungen
beschrieben, mit denen sie aber sie nur den Großvater und einen Bekannten des Vaters, der allerdings nicht Ho. geheißen habe,
beschuldigt hat. Ferner haben die Zeugenaussagen zwar bestätigt, dass der Kläger ab etwa 2011 ganz generell über Missbräuche
gesprochen hat, auch in seiner Familie, dass dies aber wenig konkret geschehen sei und Einzelheiten gar nicht angesprochen
worden seien.
Die Beweisaufnahme hat keine mittelbaren Zeugen aufgetan, also Zeugen für Verletzungen des Klägers als Kind oder Jugendlicher,
oder nur Zeugen vom Hörensagen, die zeitnah zu den behaupteten Taten "etwas mitbekommen" hätten, obwohl dies bei den geschilderten
gewaltsamen Analvergewaltigungen eines Kindes mit entsprechenden Verletzungen zu erwarten gewesen wäre, was dem Senat aus
anderen vergleichbaren Missbrauchsfällen bekannt ist. Der Kläger konnte die (ältere) Nervenärztin, bei der er mit 12 oder
13 in Behandlung war, nicht mehr benennen. Zu den anderen Ärzten aus Kindheitstagen, die in den Akten aufgelistet sind, hat
der Kläger bei seiner Anhörung ausgeführt, sie hätten nichts bemerkt bzw. bemerken können, er habe ihnen auch nichts gesagt.
Sie gleichwohl zu vernehmen, wäre deswegen eine Beweiserhebung ins Blaue hinein gewesen, zu der die Gerichte nicht verpflichtet
sind. In den Schulzeugnissen, die der Kläger vollständig zur Akte des Beklagten gereicht hat, und die als Urkunden (§ 118 Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 415 ff. ZPO) verwertet werden können, finden sich ebenfalls keine Hinweise auf Schädigungen oder Missbräuche im Elternhaus, der Kläger
wurde dort weitgehend als sehr ruhig, "brav", "still", aber aufmerksam, der Fleiß wurde ab dem Zeugnis vom 17. Februar 1978
als besser beschrieben. Allein aus dieser Veränderung im Verhalten des Klägers ab etwa 1977 auf einen Missbrauch zu schließen,
der zu dieser Zeit geendet haben könnte, wäre eine reine Mutmaßung.
Diese Zweifel, die der Senat auf Grund der genannten Umstände an der objektiven Wahrheit der klägerischen Angaben hat, werden
auch nicht durch ihren Inhalt ausgeräumt. Dabei verkennt der Senat nicht, dass einzelne Angaben von den Zeugen bestätigt worden
sind. Dies gilt z.B. für die Ausstattung des Nebenzimmers im Haus der Tante und des Onkels. Die - nach den Zeugenaussagen
- wohl religiösen Bilder an der Wand hatte auch der Kläger bei seiner Anhörung durch den Beklagten angesprochen. Aber dies
ist ein Detail, das nicht das Kerngeschehen betrifft. Ferner konnten die Zeugen andere Angaben des Klägers zu den äußeren
Umständen, die sie eigentlich selbst wahrgenommen haben müssten, nicht bestätigen. Hier ist z.B. auf die Diskrepanzen hinzuweisen,
mit welchem Fahrzeug (Mofa, Auto des Halbbruders oder Zug bis zum Bahnhof A.) die Familie des Klägers bei dem Onkel zu Besuch
war. Die Aussagen des Klägers zum Zeitpunkt des Todes seines Onkels sind widerlegt (bei der Anhörung beim Beklagten im April
2012 hatte er hierzu "vor sechs Jahren" angegeben, während die Auskunft des Einwohnermeldeamts aus D. das Jahr 1994 genannt
hat). Daneben bestehen Diskrepanzen zwischen seinen Angaben und denen seiner Tante zu seiner Teilnahme an der Beerdigung des
beschuldigten Onkels.
Der Versorgungsanspruch hängt demnach von den drei Voraussetzungen in § 10a Abs. 1 Satz 1 OEG ab. Bis zum 30. Juni 2012 war der Kläger jedoch noch nicht bedürftig im Sinne von Nr. 2 dieser Vorschrift. Bedürftigkeit liegt nach § 10a Abs. 2 OEG vor, wenn des Antragstellers Einkommen im Sinne des § 33 BVG den Betrag, von dem an die nach der Ausgleichsrentenverordnung (AusglV) nach § 33 Abs. 6 BVG zu berechnenden Leistungen nicht mehr zustehen, zuzüglich des Betrages der jeweiligen Grundrente, der Schwerstbeschädigtenzulage
sowie der Pflegezulage nicht übersteigt. Der hier in Bezug genommene Betrag nach § 33 Abs. 6 BVG betrug bei dem Kläger in der Zeit von der Antragstellung im November 2011 bis Juni 2012 (und darüber hinaus) € 1.809,00,
bestehend aus einem Einkommen von € 1.581,00 zuzüglich einer Grundrente von € 228,00 monatlich (vgl. Bl. 239 f. Verwaltungsakte).
Diese Berechnung hat der Kläger nicht angegriffen. Auch der Senat hat bei einer Nachprüfung keine Fehler gefunden. Der Betrag
von € 1.581,00 ist derjenige, der in der Tabelle in der Anlage zu § 2 AusglV (in der gemäß § 33 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 1 BVG zweihundert Einkommensstufen aufgelistet sind) bei der Stufenzahl (StZ) 123 festgelegt ist (die Tabelle ist abgedruckt bei
Dau, a.a.O., Anh 2 zu § 33 BVG). Diese Stufe hat der Beklagte zu Recht gewählt. Es ist jene Stufe, ab der einem Beschädigten mit einem GdS von 50 oder 60
erstmals keine Ausgleichsrente mehr zustehen kann ("0 €" in der Spalte Ausgleichsrente). In der vorherigen Stufe 122 mit einem
Einkommen von € 1.571,00 ist dagegen für einen GdS von 50 oder 60 noch eine (geringfügige) Ausgleichsrente von € 3,00 monatlich
aufgelistet. Die Grundrente von € 223,00, die der Beklagte zu Recht nach § 10a Abs. 2 OEG hinzugerechnet hat, ergab sich bei einem GdS von 50 für Juli 2011 bis Juni 2012 aus § 31 Abs. 1 Satz 1 BVG in der damaligen Fassung. Beim Kläger war in diesem Zeitraum ein GdS von 50 anerkannt. Das tatsächliche Einkommen des Klägers
in diesem Zeitraum lag über diesem Grenzbetrag, es betrug € 2.862,60 im Monat. Der Beklagte hat hierbei zu Recht nicht den
Brutto-Betrag oder den ausgezahlten Leistungsbetrag des Krankengeldes berücksichtigt, das der Kläger in dieser Zeit bezog,
sondern das der Berechnung des Krankengeldes zu Grunde liegende Bemessungsentgelt von € 95,42 kalendertäglich. Diese Berechnungsweise
ist in § 33 Abs. 2 Satz 2 BVG für Versorgungskrankengeld, Krankengeld und Verletztengeld ausdrücklich vorgeschrieben. Von diesen Einkünften sind auch keine
Werbungskosten abzusetzen gewesen, eine solche Absetzung ist nach § 6 Abs. 1 AusglV nur bei Einkünften aus nichtselbstständiger
Arbeit, also daher nicht bei Erwerbsersatzeinkünften, vorgeschrieben.
Für die Zeit danach, ab dem 1. Juli 2012, steht dem Anspruch des Klägers die Härtefallregelung in § 10a Abs. 1 Satz 1 OEG nicht mehr entgegen. Wie der Beklagte zutreffend errechnet hat, war der Kläger ab diesem Monat, in dem sein Krankengeld-Anspruch
endete und er Arbeitslosengeld bezog, bedürftig im Sinne von § 10a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 OEG. Der gewöhnliche Aufenthalt lag in Deutschland. Und der Kläger war auch schwerbeschädigt, sein GdS betrug anerkanntermaßen
50.
Ein höherer GdS war beim Kläger damals nicht anzuerkennen, auch bis zuletzt, dem Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung beim
Senat, beträgt der GdS nicht auf mehr als 50.
Der Senat weist an dieser Stelle darauf hin, dass es sich hierbei nur um den "medizinischen" GdS nach § 30 Abs. 1 BVG handelt. Eine etwaige Erhöhung des GdS um zehn oder mehr Punkte wegen einer besonderen beruflichen Betroffenheit - bbB -
(§ 30 Abs. 2 BVG) ist hierbei nicht berücksichtigt. Zwar handelt es sich bei der Feststellung des GdS insgesamt und der Berechnung der daraus
folgenden Versorgung um einen einheitlichen Streitgegenstand, weil der GdS im allgemeinen Erwerbsleben nach § 30 Abs. 1 BVG und das berufliche Betroffensein nach § 30 Abs. 2 BVG als Teilfaktoren des einheitlichen Rentenanspruchs nur Berechnungsmodalitäten für den nur einmal zu bildenden einheitlichen
GdS darstellen (vgl. Urteil des Senats vom 19. Dezember 2013 - L 6 VU 2550/11 -, nicht veröffentlicht; BSG, Urteile vom 6. Oktober 1977 - 9 RV 66/76 - [...], Rz. 12, und vom 29. November 1973 - 10 RV 617/72 -, [...], 1. Orientierungssatz). Die bbB ist lediglich ein Umstand, der ebenso wie andere - medizinische - Bemessungsfaktoren
für den Grad des GdS in Betracht kommen soll (vgl. BSG, Urteil vom 13. Dezember 1979 - 9 RV 56/78 -, [...]). Der Beklagte hat aber in dem hier angegriffenen Bescheid vom 22. Juli 2013 nur über die Höhe des "medizinischen"
GdS entschieden, indem er ausgeführt hat, über eine besondere berufliche Betroffenheit werde noch gesondert Bescheid ergehen.
Auch später, im Verfahren, hat der Beklagte mehrfach ausgeführt, er habe noch nicht über diesen Punkt entschieden. Daraus
folgt, dass es sich bei dem Bescheid vom 22. Juli 2013 um einen Teilbescheid gehandelt hat, der, soweit er seinen Adressaten
beschwert, ohne Weiteres angefochten werden kann. Und im Rahmen der damit kombinierten Leistungsklage wegen einer höheren
Grundrente lässt es der Senat, da eine derartige getrennte Entscheidung in der Praxis der Versorgungsverwaltungen oft vorkommt,
zum Schutze der geschädigten Menschen zu, die Versorgung anhand nur des "medizinischen" GdS vorab zu überprüfen (Urteil des
Senats vom 28. Oktober 2014 - L 6 VS 5037/13 -, [...], Rz. 58).
Beim Kläger liegt eine entschädigungspflichtige Gesundheitsschädigung nach dem OEG vor. Er leidet in Folge sexueller Missbräuche in den Jahren 1971 bis 1975 als einer Schädigung im Sinne des OEG an einer PTBS und rezidivierenden mittelgradigen bis schweren Depressionen.
Dies hat der Beklagte mit dem Teil-Bescheid vom 14. Juni 2012 und dem Bescheid vom 22. Juli 2013 festgestellt. Diese Feststellungen
sind, da sie der Kläger nicht angefochten hat, zu seinen Gunsten teilbestandskräftig und damit bindend (§ 77 SGG). Dieser feststellende Teil des Bescheids ist auch keine rechtlich unzulässige Elementenfeststellung, vielmehr können nach
§ 55 Abs. 1 Halbsatz 1 Nr. 3 SGG sowohl die Sozialgerichte Feststellungsurteile mit diesem Inhalt erlassen als gleichermaßen die Behörden der Versorgungsverwaltung
entsprechende Anerkennungsbescheide erlassen. Mit diesem Bescheid ist zugleich bindend festgestellt, dass zwischen den Schädigungen
und den gesundheitlichen Einbußen des Klägers der von § 1 Abs. 1 OEG geforderte Wahrscheinlichkeitszusammenhang besteht. Ob beim Kläger als weitere Schädigungsfolge auch eine Angst- und Panikstörung
vorliegt - dies hat der Beklagte ebenfalls anerkannt, aber diese Diagnose ist insbesondere auf Grund der Ausführungen des
Sachverständigen Prof. Dr. Sch. wieder zweifelhaft geworden -, kann offen bleiben.
Der Senat hat keinen Anlass, daran zu zweifeln, dass der Kläger an diesen Erkrankungen leidet. Dass bei ihm eine im Vollbild
ausgebildete PTBS und eine depressive Episode vorliegen, haben die beiden Gerichtssachverständigen überzeugend dargelegt.
Sie haben dabei im Einklang mit der Rechtsprechung anerkannte Diagnosemethoden, insbesondere die ICD-10 GM, angewandt und
ihre Einordnungen anhand der erhobenen Symptomatik nachvollziehbar begründet. Die Zweifel, die insbesondere nach dem auffälligen
Ergebnis des Klägers in dem Validierungstest "SFSS" entstanden waren, hat Prof. Dr. Sch. in seiner ergänzenden Stellungnahme
vom 16. November 2017 ausgeräumt. Seine Einschätzung, es sei letztlich nicht von Simulation oder Aggravation auszugehen, wird
durch die unauffälligen Ergebnisse des Klägers im TOMM- und im WM-Test gestützt, die ebenfalls der Validierung gezeigter Symptome
dienen. Ob daneben auch eine bipolare Störung vorliegt, wie zwischenzeitlich angenommen worden war, was aber insbesondere
Prof. Dr. Sch. verneint hat, kann offen bleiben.
Ebenso haben die Gutachter überzeugend dargelegt, dass die Schädigungen des Klägers in den Jahren 1971 bis 1975, die der Beklagte
anerkannt hat und die ihnen daher bei den Begutachtungen als Tatsachengrundlage vorzugeben waren, mit Wahrscheinlichkeit die
Ursache der Erkrankungen sind. Insbesondere Prof. Dr. Sch. hat ausgeführt, dass bereits diese Schädigungen allein ausgereicht
hatten, die Erkrankungen des Klägers zu verursachen. Er hat dabei überzeugend auf die besonders gewalttätige und erniedrigende
Ausführung einschließlich der Anfertigung von Fotografien und die besondere Vulnerabilität des Klägers im Alter von sechs
bis zehn Jahren hingewiesen. Ebenso kann am Ende nicht beanstandet werden, dass er die weiteren Belastungen des Klägers in
seinem Leben nicht als gleichermaßen gewichtige Ursachen für die Erkrankungen eingestuft hat. In Betracht kamen insoweit die
vor allem verbalen Gewalttätigkeiten durch seinen Vater, eventuell auch die körperliche Gewalt, die allerdings die Zeugen
nicht bestätigt haben, aber z.B. auch die Trennung von seiner Partnerin oder die Entlassung aus seiner Arbeitsstelle im Jahre
2009, die der Kläger bei seiner Behandlung bei Dr. Sch. im August 2009 als Ursache seiner damaligen psychischen Beeinträchtigungen
angegeben hatte.
Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte den GdS des Klägers ab Leistungsbeginn am 1. Juli 2012 zutreffend mit 50 festgesetzt.
Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 BVG ist der GdS - bis zum Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des BVG und anderer Vorschriften des Sozialen Entschädigungsrechts vom 13. Dezember 2007 (BGBl I S. 2904) am 21. Dezember 2007 als Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) bezeichnet - nach den allgemeinen Auswirkungen der Funktionsbeeinträchtigungen,
welche durch die als Schädigungsfolge anerkannten körperlichen, geistigen oder seelischen Gesundheitsstörungen bedingt sind,
in allen Lebensbereichen zu beurteilen. Der GdS ist nach Zehnergraden von 10 bis 100 zu bemessen; ein bis zu fünf Grad geringerer
GdS wird vom höheren Zehnergrad mit umfasst (§ 30 Abs. 1 Satz 2 BVG). Beschädigte erhalten gemäß § 31 Abs. 1 BVG eine monatliche Grundrente ab einem GdS von 30. Liegt der GdS unter 25, besteht kein Anspruch auf eine Rentenentschädigung
(vgl. Urteil des Senats vom 18. Dezember 2014 - L 6 VS 413/13 -, [...], Rz. 42).
Die Regelungen über die medizinische Bewertung von Schädigungsfolgen und die Feststellung des GdS sind in der nach § 30 Abs. 16 BVG vom BMAS erlassenen Rechtsverordnung, der Versorgungsmedizinverordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl I S. 2412), enthalten. Die Anlage zu § 2 VersMedV, die VG, sind seit dem 1. Januar 2009 an die Stelle der bis zum 31. Dezember 2008 im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung
als antizipierte Sachverständigengutachten angewandten "Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht"
(AHP) getreten (Urteil des Senats vom 27. August 2015 - L 6 VG 2141/13 -, [...], Rz. 48). Die Bewertung der aus einer psychischen Erkrankung folgenden Einbußen sind dabei in Teil B Nr. 3.7 VG
geregelt.
Diese Vorschriften stellen - in diesem Krankheitsbereich - allein auf die funktionellen Einbußen ab, die aus der Erkrankung
folgen. Zumindest im Rahmen einer Leistungsklage wie hier ist es für die Bewertung der Beeinträchtigungen mit einem GdS nicht
zwingend notwendig, die Erkrankung oder Behinderung auf Grund eines der üblichen Diagnosesysteme und unter Verwendung der
dortigen Schlüssel zu bezeichnen. Dies ist nur im Rahmen einer Feststellungsklage nach § 55 Halbsatz 1 Nr. 3 SGG bzw. einer entsprechenden Klage auf behördliche Feststellung notwendig (Urteil des Senats vom 12. Januar 2017 - L 6 VH 2746/15 -, [...], Rz. 55). Gleichwohl kann die Diagnose im Rahmen der Bewertung mit einem GdS Bedeutung haben, wenn auch sie - also
bereits auf medizinischem Gebiet - an das Ausmaß der Symptome, soweit es sich um Funktionsbeeinträchtigungen handelt, anknüpft.
Dies gilt z.B. für die verschiedenen Grade depressiver Episoden (F32. und F33. ICD-10 GM). Dagegen hat die Diagnose einer
PTBS (F43.1 ICD-10 GM) keine Bedeutung für die Bewertung der funktionellen Einbußen. Insbesondere folgt aus dem Beschluss
des Sachverständigenbeirats "Versorgungsmedizin" beim BMAS vom 6./7. November 2008 nicht, dass der GdS "mindestens 30" beträgt,
soweit eine PTBS im Vollbild vorliegt (Urteile des Senats vom 23. Juni 2016 - L 6 VH 4633/14 -, [...], Rz. 96, und vom 12. Januar 2017 - L 6 VH 2746/15 -, [...], Rz. 56).
Nach Teil B Nr. 3.7 VG ist für Neurosen, Persönlichkeitsstörungen, Folgen psychischer Traumen im Falle leichterer psychovegetativer
oder psychischer Störungen ein GdS von 0 bis 20 anzunehmen. Bei stärker behindernden Störungen mit wesentlicher Einschränkung
der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit (z.B. ausgeprägtere depressive, hypochondrische, asthenische oder phobische Störungen,
Entwicklungen mit Krankheitswert, somatoforme Störungen) beträgt der GdS 30 bis 40. Bei schweren Störungen (z.B. schwere Zwangskrankheit)
mit mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten beträgt der GdS 50 bis 70, mit schweren sozialen Anpassungsschwierigkeiten
80 bis 100. Aus diesen Vorgaben ergibt sich, dass zu einem höheren GdS insbesondere Einschränkungen auf sozialkommunikativem
Gebiet führen. Weiter sind aber, wie generell bei der Bewertung der Folgen psychischer Erkrankungen, auch die körperlichfunktionelle
Leidensdimension, insbesondere Schmerzen, sowie die psychischemotionale Ebene zu berücksichtigen (vgl. Urteil des Senats vom
12. Januar 2017 - L 6 VH 2746/15 -, [...], Rz. 61 ff.). Für die gutachtliche Beurteilung sozialer Anpassungsschwierigkeiten hat auf dieser Grundlage der Sachverständigenbeirat
beim BMAS in seinem Beschluss vom 18./19. März 1998 Abgrenzungskriterien definiert. Dieser Beschluss betraf zwar noch die
AHP, die aber insoweit mit den jetzt geltenden VG gleichlautend waren. Hiernach liegen leichte soziale Anpassungsschwierigkeiten
vor, wenn die Berufstätigkeit trotz Kontaktschwäche und/oder Vitalitätseinbuße auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch ohne
wesentliche Beeinträchtigung möglich ist. Eine wesentliche Beeinträchtigung der familiären Situation oder bei Freundschaften
ist nicht erforderlich. Eine mittelgradige Anpassungsschwierigkeit ist dann gegeben, wenn in den meisten Berufen auswirkende
psychische Veränderungen vorliegen, die zwar weitere Tätigkeiten grundsätzlich noch erlauben, jedoch eine verminderte Einsatzfähigkeit
bedingen und eine Gefährdung der beruflichen Tätigkeit einschließen. Außerdem liegt eine mittelgradige soziale Anpassungsschwierigkeit
vor, wenn erhebliche familiäre Probleme durch Kontaktverlust und affektive Nivellierung bestehen. Erforderlich ist aber noch
keine Isolierung und noch kein sozialer Rückzug in einem solchen Umfang, der z.B. eine vorher intakte Ehe stark gefährden
könnte. Eine schwere soziale Anpassungsschwierigkeit ist dann anzunehmen, wenn eine weitere berufliche Tätigkeit stark gefährdet
oder ausgeschlossen ist, außerdem bei schwerwiegenden Problemen in der Familie oder im Freundes- bzw. Bekanntenkreis bis zur
Trennung von der Familie, vom Partner oder Bekanntenkreis (Urteil des Senats vom 12. Januar 2017 - L 6 VH 2746/15 -, [...], Rz. 59 ff.; ebenso LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 21. April 2015 - L 7 VE 5/11 -, [...], Rz. 49).
Bei dem Kläger liegen zwar soziale Anpassungsschwierigkeiten vor, die allerdings zur Überzeugung des Senats seit dem 1. Juli
2012 nur mittelgradig ausgeprägt sind und bislang nicht als schwer eingestuft werden können. Wie sich aus den Anamnesen ergibt,
die die beiden Gerichtssachverständigen Dr. V. (zunächst in einem nach § 118 Abs. 1 SGG i.V.m. § 411a ZPO verwerteten Gutachten aus einem Rentenstreitverfahren) und Prof. Dr. Sch. im Berufungsverfahren erhoben haben, ist der Kläger
zwar krankheitsbedingt nicht mehr berufstätig und bezieht inzwischen eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Allerdings
liegen bei ihm mit der koronaren Eingefäßerkrankung und der Hörminderung weitere, nicht schädigungsbedingte Beeinträchtigungen
mit rentenbegründenden Auswirkungen auf das Leistungsvermögen auf dem Arbeitsmarkt vor. Die durch die Schädigung begründeten
funktionellen Beeinträchtigungen im allgemeinen Leben bewertet der Senat - in Abweichung von den Vorschlägen der beiden Gerichtssachverständigen
- nicht als so erheblich, dass daraus bereits schwere soziale Anpassungsschwierigkeiten folgen. Auf die hierbei relevanten
Punkte hat bereits Dr. Bo. in ihrer versorgungsärztlichen Stellungnahme vom 21. Juni 2017 hingewiesen. Zwar trifft der Hinweis
von Prof. Dr. Sch. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 16. November 2017 zu, wonach ein bestimmter GdS - hier von 80 -
keine Betreuungsbedürftigkeit (etwa im Sinne des § 1896 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch [BGB] oder gar des Nachteilsausgleichs "H" nach § 33b Abs. 6 Einkommensteuergesetz [EStG]) voraussetzt. Andererseits liegen soziale Anpassungsschwierigkeiten bereits vom Wortlaut her nur dann vor, wenn der
behinderte Mensch im üblichen Umgang mit anderen Menschen Auffälligkeiten hat, die zu einer Zurückweisung durch andere und
damit besonderen Schwierigkeiten beim Leben in der Gemeinschaft führen können. Eine solche Funktionseinbuße, zumindest wenn
sie schwergradig im Sinne eines GdS von 80 oder mehr sein soll, ist in der Regel mit einer erheblichen Störung der Alltagsgestaltung
und ggfs. einem Bedarf an Hilfestellungen bei sozialen Aktivitäten verbunden. So hat z.B. das LSG Rh.-Pfalz (Urteil vom 6.
März 2013 - L 4 VG 11/11 -, [...], Rz. 45) die sozialen Anpassungsstörungen eines behinderten Menschen nur im Übergangsbereich von mittel- bis schwergradig
angesiedelt, der "unfähig" war, seinem häuslichen Alltag nachzukommen, viel weinte und den ganzen Tag auf dem Sofa saß und
wartete, dass sein Zustand vorübergehe und außerdem an Essstörungen litt. Ein solches Bild zeigen die sozialen Anpassungsschwierigkeiten
des Klägers nicht, der noch zu einer selbstständigen Lebensführung in der Lage ist. Er hat noch 2012, also nach dem angegebenen
Zusammenbruch Ende 2010/Anfang 2011, eine mehrmonatige Beziehung zu einer Partnerin aufnehmen und führen können, mit der er
selbst nach der Trennung noch zweimal wöchentlich telefoniert. Wie sich aus seinen Angaben bei seiner Anhörung vor dem Berichterstatter
des Senats und zum Teil aus den Aussagen seiner Geschwister als Zeugen ergibt, hält er in der Familie noch - geringe - Kontakte
aufrecht. Der Kläger führt seinen Haushalt allein, kauft mindestens einmal wöchentlich ein, besucht regelmäßig Ärzte und nimmt
mit seinem Pkw als Fahrer allein am Straßenverkehr teil - dies bestätigt durch die jeweils mehr als eine Stunde dauernden
Autofahrten zu den Begutachtungen bei Dr. V. und Prof. Dr. Sch. Der Senat berücksichtigt in diesem Zusammenhang weiter, dass
der Kläger nach wie vor Hobbys ausübt. Bei der Begutachtung bei Dr. V. hatte er sogar noch mehrmaliges "strammes Spazierengehen"
und einmaliges Schwimmen pro Woche angegeben, bei Prof. Dr. Sch. dann zwar nur noch Musik und Fernsehen sowie Computer. Jedenfalls
aber belegen seine Angaben bei Prof. Dr. Sch., er schaue allabendlich "nach den E-Mails", dass noch soziale Kontakte in nennenswertem
Umfang vorhanden sind. Bei der Bewertung mit einem GdS berücksichtigt der Senat des Weiteren die mehrtägigen "Hochphasen",
in denen der Kläger nach den Arztbriefen seines behandelnden Psychiaters Dr. Be. eine gute Stimmung und vermehrte soziale
Aktivität aufweist. Zwar soll hier Prof. Dr. Sch. Darlegung nicht in Frage gestellt werden, diese Phasen nicht ausgeprägt
genug sind, um als echte Hypomanien im Sinne der Diagnose einer bipolaren Störung (F31.- ICD-10 GM) eingestuft werden zu können,
auf diese Diagnostik kommt es aber, wie ausgeführt, bei der Anwendung von Teil B Nr. 3.7 VG nicht an. Sofern die funktionellen
Einbußen, hier auf sozialkommunikativem Gebiet, schwankenden Ausmaßes sind, ist der GdS unabhängig von der Diagnose nach einem
Durchschnittswert zu ermitteln. Dies hatten die AHP (Nr. 18 Abs. 5 der Ausgaben 2004) ausdrücklich so vorgesehen, es gilt
aber auch nach den VG, Teil A, Nr.2 f. (Urteil des Senats vom 12. Januar 2017 - L 6 VS 5036/15 -, [...], Rz. 70). Nach alledem liegen bei dem Kläger zwar erhebliche Einbußen auf sozialkommunikativem Gebiet vor, die aber
noch nicht das Ausmaß schwerer sozialer Anpassungsschwierigkeiten erreichen. Bei seiner Einschätzung, dass ein GdS von mehr
als 50 nicht vorliegt, berücksichtigt der Senat, dass die beiden weiteren Leidensdimensionen psychischer Erkrankungen eher
geringfügig ausgeprägt erscheinen. Körperlichfunktionelle Defizite außer einer gewissen Konzentrationsschwäche nach längerer
Exploration waren bei dem Kläger nicht festzustellen, was damit im Einklang steht, dass er sich bis zu drei Stunden täglich
am Computer zu beschäftigen vermag, von dem aus er Einkäufe über Ebay und Amazon tätigt. Und auf psychisch-emotionaler Ebene
ist nicht von einem Leidensdruck auszugehen, der zu einer Bewertung mit einem GdS von 60 oder mehr zwänge. Nach ständiger
Rechtsprechung des LSG setzt bereits ein GdS von 30, also eine - nur - wesentliche Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit
voraus, dass eine engmaschige psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung stattfindet. Dem genügt die Behandlung des
Klägers nicht, zumal die Argumentation von Prof. Dr. Sch., dass gerade schwer psychisch Erkrankte keine intensive Behandlung
erhielten, eine solche sogar tendenziell meiden, im Falle des Klägers nicht trägt, der bei Bedarf seinen Therapeuten aufsucht,
und auch stationäre Behandlungen durchgeführt hat. Nach dem letzten aktenkundigen Arztbrief von Dr. Be. wird der Kläger medikamentös
nur noch "phasenprophylaktisch" mit Lamotrigin behandelt, nachdem andere Psychopharmaka nicht vertragen worden seien. Auch
lehnt der Kläger eine - erneute - stationäre oder teilstationäre Behandlung ab. Eine psychotherapeutische Behandlung findet
ebenfalls nicht durchgängig und vor allem nicht höherfrequent statt. Die Behandlerin, Dr. La.-Ka., hat in ihrer Zeugenaussage
vom 13. November 2016 ausgeführt, der Kläger sei bei ihr - nur - vom 8. Februar 2011 "bis Dezember 2014" in Behandlung gewesen
und nur "anfangs" in wöchentlichen Intervallen. Anscheinend hat der Kläger die Behandlung dort erst wieder nach dieser Zeugenaussage
aufgenommen, denn Dr. La.-Ka. hat am 12. Februar 2017 ohne Nachfrage des Senats ergänzend mitgeteilt, der Kläger stehe - jetzt
- in ihrer psychotherapeutischen Behandlung, ohne allerdings Angaben zur Frequenz zu machen. Es ist daher von einer Therapiepause
von mehr als zwei Jahren auszugehen, und von einer Wiederaufnahme der Behandlung erst in einem laufenden Gerichtsverfahren,
in dem diese Frage thematisiert worden ist.
Während des laufenden Verfahrens haben sich die Anpassungsschwierigkeiten des Klägers nicht so weit vergrößert, dass nunmehr
ein GdS von mehr als 50 anzunehmen ist. Zu dieser Einschätzung kommt der Senat losgelöst von den Vergleichsvorschlägen des
Beklagten, einen GdS von 60 bzw. sogar einen solchen von 70 - dies allerdings unter Einschluss einer besonderen beruflichen
Betroffenheit - festzustellen.
Der Senat verkennt nicht, dass sich der Gesundheitszustand des Klägers etwa Mitte 2013 verschlechtert hat. Noch in der stationären
Behandlung in der Klinik Sch. und bei der Begutachtung bei Dr. Kr. am 20. Januar 2013 war die depressive Episode mittelgradig
ausgeprägt (F32.1 ICD-10 GM). Vor allem hatte jene Klinik den Kläger als erwerbsfähig auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt und
mit guter Prognose entlassen. Bei Dr. V. und Prof. Dr. Sch. hat sich die depressive Episode dann bereits als schwergradig
dargestellt, wenn auch ohne psychotische Symptome (F32.2 ICD-10 GM). Dies bedeutet eine Zunahme der bei F32.- ICD-10 GM genannten
affektiven Symptome, die zu Teilen auch funktionelle Einbußen darstellen.
Diese Veränderung führt jedoch - bezogen auf das Ausmaß der Funktionseinbußen - nicht zu einem GdS von 60. Hierbei berücksichtigt
der Senat, dass vielmehr die frühere Diagnose - also eine nur mittelgradig ausgeprägte depressive Episode - nach seiner Rechtsprechung
in der Regel nur zu einem GdS von 30 bis 40 führt (vgl. VG, Teil B, Nr. 3.7) und erst eine schwergradig ausgeprägte depressive
Episode überhaupt einen GdS von 50 zu begründen vermag. Unabhängig davon kann sich der Senat aber auch nicht davon überzeugen,
dass insbesondere die sozialkommunikativen Einschränkungen des Klägers ab etwa Oktober 2013 sehr stark angewachsen sind. Zwar
hat er bei Prof. Dr. Sch. seine Hobbys etwas eingeschränkter dargestellt als noch bei Dr. V., so wurde vom alltäglichen strammen
Spazierengehen und dem einmaligen Schwimmen pro Woche nicht mehr berichtet. Aber diese Veränderung in den eigenanamnestischen
Angaben kann auch der Situation der mehrfachen Begutachtung zugeschrieben werden (Knittel, Wissensgewinnung und Aufarbeitung
des Prozessstoffes in der Sozialgerichtsbarkeit, SGb 2016, 124 ff.). Nicht verändert dargestellt wurde die übrige Alltagsgestaltung (Einkaufen, E-Mails, Musik), und auch zu Prof. Dr. Sch.
konnte der Kläger allein mit dem Auto fahren. Zu berücksichtigen ist ferner, dass auch Prof. Dr. Sch. selbst - wie schon Dr.
Kr. im Verwaltungsverfahren - keine nennenswerte Veränderung in der GdS-Bewertung ab Antragstellung gesehen hat.
Deswegen ist der Senat zu der Einschätzung gelangt, dass die funktionellen Einbußen des Klägers auf Grund der anerkannten
Schädigungen bis heute mit einem GdS von 50 angemessen bewertet sind. Auf dieser Basis ist ihm eine Versorgung aber bereits
zuerkannt worden.
Die Entscheidung über die Kosten beider Instanzen beruht auf § 193 SGG.
Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) sind nicht ersichtlich.
|