Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 KV-GKG
Klagerücknahme vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung
Keine anlaoge Anwendung von Gebührentatbeständen des Kostenverzeichnisses
Gründe
I.
Streitig ist eine Gerichtskostenfeststellung des Kostenbeamten in einem Verfahren nach §
197 a Sozialgerichtsgesetz (
SGG) unter dem Gesichtspunkt der Gebührenermäßigung nach Nr. 7111 Kostenverzeichnis (KV) der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz (GKG) (KV GKG).
Das unter dem Aktenzeichen S 15 R 3010/11 beim Sozialgericht (SG) München geführte Klageverfahren (Hauptsacheverfahren) der damaligen Klägerin und jetzigen Beschwerdegegnerin (im Folgenden:
Beschwerdegegnerin) gegen die Deutsche Rentenversicherung Bund endete dadurch, dass der Bevollmächtigte der Beschwerdegegnerin
in der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2013 die Klage teilweise zurücknahm. Im Übrigen wurde die Klage durch Urteil abgewiesen;
dabei wurden die Kosten des Verfahrens der Beschwerdegegnerin auferlegt. Der Streitwert wurde mit Beschluss vom selben Tag
auf 5.000,- EUR festgesetzt. Mit Schreiben vom 05.11.2013 nahm der Bevollmächtigte der Beschwerdegegnerin die Klage dann vollumfänglich
zurück.
Mit Gerichtskostenfeststellung vom 07.11.2013 setzte der Kostenbeamte des SG, ausgehend von vorgenanntem Streitwert, Gerichtkosten in Höhe von 121,- EUR fest und legte dabei eine Gebühr nach Nr. 7111
KV GKG zugrunde.
Dagegen hat der Bezirksrevisor (im Folgenden: Beschwerdeführer) mit Schriftsatz vom 08.11.2013 Erinnerung eingelegt. Die Erinnerung
hat er damit begründet, dass gemäß Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG eine Ermäßigung nur dann stattfinde, wenn die Klage bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung zurückgenommen werde. Der
Schluss der letzten mündlichen Verhandlung, in der hier ein Urteil gesprochen worden sei, sei am 25.10.2013 gewesen. Die Klagerücknahme
mit Schreiben vom 05.11.2013 sei also zu spät für eine Ermäßigung erfolgt. Wie hoch Qualität und Quantität des richterlichen
Aufwands im Einzelfall bei einer verspäteten Klagerücknahme tatsächlich seien, könne wegen des eindeutigen Wortlauts des Ermäßigungstatbestands
keine Rolle spielen.
Auf Nachfrage des Kostengerichts hat der Hauptsacherichter im November oder Dezember 2013 - seine Stellungnahme ist nicht
datiert - angegeben, dass ihn der Bevollmächtigte der Beschwerdegegnerin in der mündlichen Verhandlung gebeten habe, die Angelegenheit
mit seinem Mandanten besprechen zu können. Er werde dann die Klage nachträglich zurücknehmen. Aufgrund dieser Vereinbarung
habe der Hauptsacherichter nicht begonnen, das Urteil abzusetzen. Dies erweitere - so der Hauptsacherichter - den Spielraum
des Vorsitzenden, ohne die Sache vertagen zu müssen. Es wäre nicht sachdienlich, wenn ihm diese Möglichkeit durch zu restriktive
Anwendung des Kostenrechts genommen würde.
Mit Beschluss vom 22.01.2014 hat das SG die Erinnerung zurückgewiesen. Zwar seien - so das SG - die Tatbestände der Nr. 7111 KV GKG ihrem Wortlaut nach nicht erfüllt. Gleichwohl werde im Hinblick auf den Regelungszweck der Norm, Herstellung der Kostengerechtigkeit
und Prozesswirtschaftlichkeit, eine Ausdehnung des Tatbestands der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG für notwendig erachtet. Eine Auslegungsfähigkeit dieses Tatbestands werde trotz des klaren Wortlauts nicht grundsätzlich
ausgeschlossen, obgleich sich hinsichtlich des Ausnahmecharakters der Nr. 7111 KV GKG eine weite Auslegung verbiete. Der Kostengesetzgeber habe wohl die Art der im vorliegenden Fall getroffenen Vereinbarung
nicht bedacht. Es werde für sinnvoll erachtet, es einem Vorsitzenden zu ermöglichen, eine mündliche Verhandlung mit einem
Urteil abzuschließen, ohne zur Vertagung verpflichtet zu sein, und dennoch dem Kläger den Anreiz der Kostenfolge zu geben,
wenn das Verfahren noch durch Rücknahme beendet werde. Denn der mit der Absetzung eines Urteils verbundene richterliche Aufwand,
der durch die Klagerücknahme eingespart werden könne, sei nicht unbeträchtlich. Auch spreche die Kostengerechtigkeit für eine
Reduzierung, wobei zu berücksichtigen sei, dass eine Ermäßigung gemäß Nr. 7111 Nr. 1b KV GKG auch dann anfalle, wenn ein Gerichtsbescheid oder ein Urteil vom Richter bereits fertig gestellt sei. Im Hinblick auf die
im Kostenrecht geforderte Klarheit werde es für sinnvoll erachtet, den Ausnahmetatbestand der Nr. 7111 (Nr. 1a) KV GKG auf die Fälle auszudehnen, in denen das Bestehen einer Vereinbarung zwischen dem Hauptsacherichter und dem Kläger, das Urteil
innerhalb einer gewissen Frist nicht abzusetzen, entweder protokolliert sei oder nach Anfrage durch die Aussage des Vorsitzenden
bestätigt werde.
Gegen den Beschluss des SG vom 22.01.2014 hat der Beschwerdeführer mit Schreiben vom 28.01.2014 Beschwerde eingelegt. Er vertritt die Ansicht, dass
es mit Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG einen unmissverständlich formulierten Tatbestand gebe, der nicht erfüllt sei, weshalb nicht ermäßigt werden dürfe. Die Begriffe
"vor" oder "nach dem Abschluss der mündlichen Verhandlung" seien nicht auslegungsfähig, sondern könnten nur nach Aktenlage
als Fakt festgestellt werden. Eine "planwidrige Regelungslücke" sei daher schwer zu erkennen.
Der Senat hat die Akten des Hauptsacheverfahrens und des Erinnerungsverfahrens des SG beigezogen.
II.
Die gemäß § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG zulässige Beschwerde ist begründet.
Das SG ist, wie zuvor der Kostenbeamte in der Gerichtskostenfeststellung vom 07.11.2013, fälschlicherweise davon ausgegangen, dass
im vorliegenden Fall der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 KV GKG zur Anwendung komme. Tatsächlich ist für die Gerichtskostenfeststellung vorliegend der Gebührentatbestand der Nr. 7110 KV
GKG einschlägig.
Streitig ist ausschließlich die Frage, ob der Erhebung der Gerichtskosten der Ermäßigungstatbestand nach Nr. 7111 KV GKG zugrunde zu legen ist; im Übrigen ist die angefochtene Kostenfestsetzung zweifelsfrei nicht zu beanstanden.
1. Keine Erfüllung der Voraussetzungen der Nr. 7111 KV GKG
Die Voraussetzungen der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG sind nicht erfüllt.
Die Voraussetzungen einer Ermäßigung des Satzes der Gebühr nach § 34 GKG vom 3,0-Fachen für das Verfahren im Allgemeinen (Nr. 7110 KV GKG) auf das 1,0-Fache sind in Nr. 7111 KV GKG wie folgt formuliert:
"Beendigung des gesamten Verfahrens durch 1. Zurücknahme der Klage a) vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung oder, b)
wenn eine solche nicht stattfindet, vor Ablauf des Tages, an dem das Urteil oder der Gerichtsbescheid der Geschäftsstelle
übermittelt wird, 2. Anerkenntnisurteil, 3. gerichtlichen Vergleich oder angenommenes Anerkenntnis oder 4. Erledigungserklärungen
nach §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i. V. m. §
161 Abs.
2 VwGO, wenn keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor mitgeteilten Einigung der Beteiligten über
die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung eines Beteiligten folgt, es sei denn, dass bereits ein Urteil oder ein
Gerichtsbescheid vorausgegangen ist."
Die teilweise Klagerücknahme in der mündlichen Verhandlung am 25.10.2013 begründet die Anwendung des Ermäßigungstatbestands
der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG nicht, da die teilweise Klagerücknahme nicht die Beendigung des gesamten Klageverfahrens bewirkt hat. Eine solche vollständige
Erledigung ist aber Voraussetzung für die Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 KV GKG (dort a.A.: "Beendigung des gesamten Verfahrens ...").
Mit der Klagerücknahme im Übrigen im Schreiben vom 05.11.2013 nach Erlass des Urteils in der mündlichen Verhandlung vom 25.10.2013
wird die Anwendung des Ermäßigungstatbestands nicht eröffnet, auch wenn damit nunmehr das gesamte Verfahren erledigt ist.
Denn nach dem eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist Voraussetzung, dass im Fall einer mündlichen Verhandlung die Zurücknahme
der Klage "vor" dem Schluss der mündlichen Verhandlung erfolgen muss. Die Klagerücknahme im Übrigen ist im vorliegenden Fall
aber erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung erklärt worden.
2. Keine analoge Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG
Die Vorschrift der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG ist einer analogen Anwendung nicht zugänglich.
Das SG hat den Ermäßigungstatbestand der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG analog angewendet, obwohl es selbst darauf hingewiesen hat, dass diese analoge Anwendung entgegen des Wortlauts des Gesetzes
erfolge und der Ausnahmecharakter der Vorschrift der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG einer weiten Auslegung entgegenstehe. Es hat die gleichwohl von ihm vorgenommene analoge Anwendung mit der "Kostengerechtigkeit"
und damit begründet, dass es einem Vorsitzenden ermöglicht werden sollte, eine mündliche Verhandlung mit einem Urteil abzuschließen,
ohne zur Vertagung verpflichtet zu sein, und dennoch dem Kläger den Anreiz der Gebührenermäßigung zu geben, wenn das Verfahren
noch durch Rücknahme beendet werde. Zudem führt das SG als Argument für eine analoge Anwendung des Ermäßigungstatbestands an, dass der mit der Absetzung eines Urteils verbundene
richterliche Aufwand nicht unbeträchtlich sei und dieser Aufwand in einem Fall der Zurückstellung der Absetzung des Urteils
und anschließender Rücknahme eingespart werden könne.
Dieser Argumentation kann sich der Senat nicht anschließen.
Die Regelung der Nr. 7111 KV GKG kann schon wegen ihres Charakters als Ausnahmevorschrift gegenüber Nr. 7110 KV GKG nicht weit ausgelegt werden (ständige Rspr., vgl. z.B. Beschlüsse des Senats vom 04.01.2016, Az.: L 15 SF 171/13 E, und vom 08.01.2016, Az.: L 15 SF 37/12 B; Hartmann, Kostengesetze, 45. Aufl. 2015, GKG KV 7111, Rdnr. 1, GKG KV 1211, Rdnrn. 1 f. - m.w.N.).
Erst recht ist sie nicht einer analogen Anwendung zugänglich. Eine analoge Anwendung von Gebührentatbeständen des Kostenverzeichnisses
wird bereits generell abgelehnt (h.M., vgl. z.B. Bundesgerichtshof - BGH -, Beschlüsse vom 22.02.2006, Az.: RiZ (R) 1/05, und vom 12.03.2007, Az.: II ZR 19/05; Bundessozialgericht - BSG -, Beschluss vom 01.09.2009, Az.: B 1 KR 1/09 D; mangels Entscheidungserheblichkeit offengelassen: Bundesverfassungsgericht
- BVerfG -, Beschluss vom 20.04.2010, Az.: 1 BvR 1670/09). Dies gilt unabhängig davon, ob die im Raum stehende Vorschrift zulasten oder zugunsten eines Kostenpflichtigen angewendet
werden soll. Denn bei der Ermittlung der Analogiefähigkeit einer Rechtsnorm spielt der Gesichtspunkt des Vorbehalts des Gesetzes
keine Rolle. Sofern der Beschluss des BGH vom 22.02.2006, Az.: RiZ (R) 1/05, und die diesen Beschluss inhaltlich aufgreifenden, zeitlich nachfolgenden Beschlüsse (vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 12.03.2007,
Az.: II ZR 19/05BSG; BSG, Beschlüsse vom 01.09.2009, Az.: B 1 KR 1/09 D, und vom 07.09.2010, Az.: B 1 KR 1/10 D) den Eindruck erwecken, dass die fehlende
Analogiefähigkeit auch mit dem Vorbehalt des Gesetzes begründet worden ist, kann sich der Senat dieser Begründung nicht anschließen.
Bezeichnend ist im diesem Zusammenhang auch, dass das BVerfG diesen Gesichtspunkt in seinem Beschluss vom 20.04.2010, Az.:
1 BvR 1670/09, nicht aufgegriffen hat, wodurch sich der Senat in seiner Ansicht bestätigt sieht. Eine analoge Anwendung von Regelungen
des GKG ist daher nicht nur zulasten, sondern auch zugunsten eines kostenpflichtigen Beteiligten ausgeschlossen.
Der Senat sieht zudem im eindeutigen Wortlaut der Regelung der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG ein unüberwindbares Hindernis für eine analoge Anwendung dieser Vorschrift in der vom SG vorgenommen Form. Das Wort "vor" kann nicht im Weg einer analogen Anwendung als sein Gegenteil, nämlich als "nach" ausgelegt
werden. Zudem steht einer analogen Anwendung der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG entgegen, dass es sich bei Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG um eine Ausnahmevorschrift gegenüber Nr. 7110 KV GKG handelt und eine solche Regelung grundsätzlich nicht analogiefähig ist.
Im Übrigen können auch die vom SG für eine analoge Anwendung angeführten Gründen nicht überzeugen.
Wenn das SG zur Begründung der Analogiefähigkeit den Gesichtspunkt heranzieht, dass im vorliegenden Fall der mit der Absetzung eines
Urteils verbundene erhebliche richterliche Arbeitsaufwand durch die nach der mündlichen Verhandlung erklärte Klagerücknahme
verhindert worden sei, und darauf hinweist, dass dies mit dem Fall einer Klagerücknahme vor Schluss der mündlichen Verhandlung
vergleichbar sei, mag dies zwar mit Blick auf den Aufwand für die Absetzung des Urteils nachvollziehbar sein. Das SG verkennt dabei aber, dass es für die Anwendung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 KV GKG nicht ausreichend ist, dass der Aufwand für die Absetzung des Urteils vermieden worden ist. Erforderlich ist vielmehr, dass
das "gesamte" Verfahren beendet sein muss und schon eine Kostenentscheidung, die über eine "unechte" Kostengrundentscheidung
hinausgeht, einer Anwendung des Ermäßigungstatbestands entgegen steht (ständige Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschlüsse des
Senats vom 04.01.2016, Az.: L 15 SF 171/13 E, und vom 07.01.2016, Az.: L 15 SF 95/13 B). Zudem - auch dies hat das SG verkannt - ist gegenüber einer vollständigen Rücknahme vor Schluss der mündlichen Verhandlung dadurch ein erheblich größerer
Aufwand richterlicher Tätigkeit entstanden, dass die Urteilsberatung und -verkündung und möglicherweise auch eine mündliche
Begründung der Entscheidung erfolgen haben müssen. Dass dieser Aufwand in nicht wenigen Fällen vergleichbar oder sogar größer
ist als der einer echten Kostengrundentscheidung, die aber einer Anwendung des Ermäßigungstatbestands ohne den geringsten
Zweifel entgegen steht, liegt auf der Hand. Von einer Vergleichbarkeit des richterlichen Aufwands bei Klagerücknahme vor Schluss
der mündlichen Verhandlung mit dem bei einer Rücknahme danach kann daher keine Rede sein.
Pragmatische Gründe, wie sie das SG für die analoge Anwendung anführt, nämlich es dem Hauptsacherichter zu ermöglichen, in der mündlichen Verhandlung bereits
durch Urteil zu entscheiden und sich gleichwohl die Anreizwirkung des Ermäßigungstatbestands der Nr. 7111 KV GKG zu erhalten, sind grundsätzlich kein maßgeblicher Gesichtspunkt bei der Entscheidung, ob eine gesetzliche Regelung in analoger
Form zur Anwendung kommen soll. Im Übrigen kann diesem Gesichtspunkt im sozialgerichtlichen Verfahren oft auch dadurch Rechnung
getragen werden, dass in der mündlichen Verhandlung nicht durch Urteil entschieden wird, wenn eine Klagerücknahme zeitnah
im Raum steht, sondern stattdessen zum Gerichtsbescheid angehört wird. Damit wird eine Anwendung des Ermäßigungstatbestands
der Nr. 7111 Nr. 1b KV GKG weiterhin offen gehalten. Von einer unzumutbaren Einschränkung des "Spielraums des Vorsitzenden", wie dies der Hauptsacherichter
in seiner Stellungnahme vom November oder Dezember 2013 gemeint hat, kann nicht die Rede sein.
Schließlich sieht der Senat auch nicht aus Gründen der Kostengerechtigkeit einen Grund für eine analoge Anwendung. Es ist
zwar zutreffend, dass im Rahmen der Nr. 7111 Nr. 1b KV GKG nicht auszuschließen ist, dass der Ermäßigungstatbestand zur Anwendung kommt, obwohl der Hauptsacherichter seine Entscheidung
bereits weitgehend fertiggestellt hat. Diese Regelung ist dem Umstand geschuldet, dass die Anwendung des Ermäßigungstatbestands
auch in solchen Fällen nicht ausgeschlossen sein soll, in denen die verfahrensabschließende Entscheidung ohne mündliche Verhandlung
ergeht, bei denen aber für die Beteiligten nicht erkennbar ist, wie weit die richterliche Arbeit schon gediehen ist. Dass
insofern Fälle denkbar sind, in denen der Ermäßigungstatbestand zur Anwendung kommt, obwohl das Gericht für die Entscheidung
in der Hauptsache bereits erhebliche Zeit aufgewendet hat, ist im Rahmen des dem Gesetzgeber zustehenden weiten Ermessensspielraums
hinzunehmen. Zu berücksichtigen ist zudem auch, dass auch die Vorbereitung der mündlichen Verhandlung für den Richter mit
erheblichem Aufwand verbunden ist, dies aber einer Gebührenermäßigung nicht entgegensteht. Verfassungsrechtliche Bedenken,
die unter dem Gesichtspunkt des Gleichbehandlungsgrundsatzes des Art.
3 Grundgesetz eine analoge Anwendung der Nr. 7111 Nr. 1a KV GKG verlangen könnten, bestehen jedenfalls nicht. Der Gebührengesetzgeber verfügt innerhalb seiner Regelungskompetenz über einen
weiten Entscheidungs- und Gestaltungsraum (ständige Rspr., vgl. z.B. BVerfG, Beschluss vom 12.10.1994, Az.: 1 BvL 19/90). Die Frage, ob der Gesetzgeber die "gerechteste" gesetzliche Lösung gewählt hat oder ob auch andere Lösungen denkbar oder
sogar gerechter gewesen wären, ist einer Prüfung unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten entzogen (vgl. BVerfG, Urteil
vom 17.12.1953, Az.: 1 BvR 147/52). Auch wenn der Gleichheitsgrundsatz erfordert, dass Gebührenmaßstäbe so auszugestalten sind, dass sie den unterschiedlichen
Ausmaßen in der erbrachten Leistung Rechnung tragen, um so die verhältnismäßige Gleichheit unter den Gebührenschuldnern sicher
zu stellen, findet dieses Gebot seine Grenzen unter den Gesichtspunkten der Praktikabilität und Wirtschaftlichkeit (vgl. BVerfG,
Beschluss vom 06.02.1979, Az.: 2 BvL 5/76).
3. Kostenfestsetzung
Die Gerichtskosten im Klageverfahren vor dem SG mit dem Aktenzeichen S 15 R 3010/11 sind nach Nr. 7110 KV GKG festzusetzen. Die Gerichtskosten betragen bei einem Streitwert von 5.000,- EUR zum maßgeblichen Zeitpunkt 363,- EUR.
Das Bayer. LSG hat über die Erinnerung gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1, 1. Halbsatz GKG als Einzelrichter zu entscheiden gehabt.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§ 66 Abs. 3 Satz 3 GKG). Sie ergeht kosten- und gebührenfrei (§ 66 Abs. 8 GKG).