Tatbestand:
Die 1927 geborene Klägerin gehörte vom 1. Februar 1965 bis zum 28. Februar 1987 dem Sonderversorgungssystem Nr. 4 nach der
Anlage 2 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG - an (Sonderversorgung der Angehörigen des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit, eingeführt
mit Wirkung vom 1. Januar 1953). Danach bezog sie eine Rente aus diesem Sonderversorgungssystem.
Mit Überführungsbescheid vom 8. Juni 1993 stellte das Bundesverwaltungsamt als Sonderversorgungsträger die Zeit vom 1. Februar
1965 bis zum 28. Februar 1987 als solche der Zugehörigkeit zum Sonderversorgungssystem Nr. 4 fest und begrenzte die Entgelte
nach der damaligen Fassung des § 7 AAÜG auf 70 v. H. des Durchschnittsentgelts der Versicherten des Beitrittsgebiets. Den Widerspruch der Klägerin hiergegen wies
es mit Widerspruchsbescheid vom 13. August 1993 zurück.
Hiergegen hat sich die am 23. August 1993 beim Sozialgericht Berlin erhobene Klage gerichtet, mit der eine Berücksichtigung
der Entgelte bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze begehrt wurde. Die entgegenstehende Regelung des damaligen § 7 AAÜG widerspräche dem Einigungsvertrag und dem
Grundgesetz.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 21. April 1994 unter Hinweis auf § 7 Abs. 1 Satz 1 AAÜG in der damals geltenden Fassung unter Bezugnahme auf die Begrenzung der Anlage 6 zum AAÜG abgewiesen: Diese Vorschriften begegneten keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken.
Gegen dieses dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin am 16. Juni 1994 zugestellte Urteil hat sich die Berufung vom 1. Juli
1994 gerichtet. Die Vermutung des Gesetzgebers in Bezug auf eine Besserstellung der Angehörigen des Sonderversorgungssystems
Nr. 4 gegenüber anderen Arbeitnehmern der DDR träfe nicht zu, so dass die entsprechende Regelung, die davon entgegen den tatsächlichen
Gegebenheiten ausgehe, mit dem
Grundgesetz nicht vereinbar sei.
Auf einen entsprechenden Antrag der Beteiligten hin hat der Senat mit Beschluss vom 25. Oktober 1994 das Ruhen des Verfahrens
angeordnet.
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28. April 1999 (1 BvL 11/94, 1 BvL 33/95, 1 BvR 1560/97) hat die Beklagte mit Änderungsbescheid vom 1. Oktober 1999 den Ausgangsbescheid dahingehend abgeändert, dass die Zugehörigkeit
zum Sonderversorgungssystem des ehemaligen Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit (MfS/ANS) nunmehr
bis zur Höhe des jeweiligen Durchschnittseinkommens im Beitrittsgebiet berücksichtigt wird.
Die Klägerin hat dieses Teilanerkenntnis angenommen und beantragt, das Verfahren weiter ruhen zu lassen, bis feststehe, ob
der Gesetzgeber nach der ihm vom BVerfG aufgetragenen Änderung des AAÜG von der Möglichkeit einer günstigeren Regelung des § 7 AAÜG Gebrauch mache.
Nachdem sich die Beklagte dem angeschlossen hat, hat der Senat mit Beschluss vom 24. Januar 2000 das weitere Ruhen des Verfahrens
angeordnet.
Am 31. Oktober 2001 hat die Klägerin das Verfahren mit dem Begehren wieder aufgenommen, nunmehr 80 v. H. des tatsächlich erzielten
Jahresbruttoeinkommens, bis höchstens 150 v. H. des jeweiligen Durchschnittseinkommens im Beitrittsgebiet zu berücksichtigen
und eine Rente zu zahlen, die einer Rentenleistung aus bis zu 128 v. H. des im gleichen Zeitraum im Beitrittsgebiet erzielten
Durchschnittseinkommens entspreche.
Die Klägerin sei im Bereich des Ministeriums für Staatssicherheit - MfS - als Chemieingenieurin im operativ-technischen Sektor
tätig gewesen und dabei zur leitenden Spezialistin aufgestiegen. Bei Aufnahme ihrer Tätigkeit habe ihr Einkommen 156 v. H.
des Durchschnittseinkommens erreicht und sich dann bis auf 215 v. H. erhöht. Dies entspräche einer Lebensarbeitsleistung,
die auch ohne Tätigkeit im Bereich des MfS erzielt worden wäre. Zum Beweis dessen wurde auf ein Gutachten des Prof. Dr. M
K und des Dr. E N Bezug genommen, aus dem sich ergäbe, dass das Einkommensniveau im MfS lediglich durchschnittlich um 24 v.
H. über dem durchschnittlichen Einkommensniveau in der gesamten Volkswirtschaft der DDR gelegen habe.
Parallel zu dem Verfahren gegen den Sonderversorgungsträger hat sich die Klägerin auch gegen die Rentenbescheide der Beklagten
vom 31. Oktober 2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. April 2004 und vom 17. Januar 2007 gewandt, mit denen
die Rente unter Beachtung der besonderen Beitragsbemessungsgrenze festgesetzt wurde. Das Sozialgericht Berlin hat die Klage
hiergegen mit Gerichtsbescheid vom 8. September 2003 - S 27 RA 2303/03 - abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hiergegen vom 22. September 2003 - L 16 RA 115/03 - hat der Senat mit Beschluss vom 3. März 2004 mit dem hier anhängigen Verfahren verbunden.
In der mündlichen Verhandlung vom 10. März 2006 hat der Senat erneut das Ruhen des Verfahrens angeordnet, nachdem die Prozessbevollmächtigten
der Klägerin dargelegt haben, es werde an einem neuen Gutachten des Instituts für Zeitgeschichte zum Einkommensniveau des
MfS gearbeitet. In diesem Termin hat die Klägerin die Klage gegen den Sonderversorgungsträger zurückgenommen, der somit aus
dem Verfahren ausgeschieden ist.
Am 21. Juli 2008 hat die Klägerin das Verfahren wieder aufgenommen und dargelegt, aus dem eingereichten Gutachten des Prof.
Dr. W und des Dr. Horst M von Juni 2008 ergäbe sich, dass der Gesetzgeber und das BVerfG bei der Begrenzung der Entgelte der
Angehörigen des MfS auf das Durchschnittseinkommen der Versicherten im Beitrittsgebiet von unrichtigen Tatsachen ausgegangen
seien. Tatsächlich seien die Entgelte, wie sich aus dem Gutachten ergebe, nicht überhöht gewesen, sondern hätten der Qualifikation
der Mitarbeiter in diesem Bereich entsprochen.
Die Klägerin beantragt,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 8. September 2003 zu ändern und die Beklagte unter Änderung des Bescheides
vom 17. Januar 2002 zu verpflichten, für die Feststellung der Rente der Klägerin für Versicherungszeiten vom 1. Februar 1965
bis zum 28. Februar 1987 die vom Versorgungsträger ausgewiesenen Jahresbruttoarbeitsentgelte nach Vervielfältigung mit den
Werten der Anlage 10 zum
SGB VI bis zur allgemeinen Beitragsbemessungsgrenze aus §
216 SGB VI zugrunde zu legen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das 2. AAÜG-ÄndG entspreche den Maßgaben der Rechtsprechung des BVerfG.
Der Senat hat mit Beweisbeschluss vom 5. Januar 2009 Dr. J G vom Zentrum für Zeithistorische Forschung Potsdam, Abteilung
I, Kommunismus und Gesellschaft, zum Sachverständigen darüber ernannt, wie die Gehaltsstruktur beim MfS im Verhältnis zu anderen
Beschäftigten gewesen sei, insbesondere ob diese überhöht gewesen sei.
In dem am 11. März 2009 erstatteten Gutachten gelangt der Sachverständige zu der Auffassung, bereits die gesetzlichen Bestimmungen
zur Besoldung ließen eine Besserstellung des MfS gegenüber den anderen bewaffneten Organen der DDR erkennen. Darüber hinaus
habe insgesamt eine Besserstellung der bewaffneten Organe gegenüber dem zivilen Sektor bestanden, wobei das MfS eine signifikante
Sonderrolle gehabt habe. Aus den objektiv vorhandenen Spielräumen zur Ausgestaltung sowie aus den dokumentierten Intentionen
der MfS - Führung ergäben sich deutliche Hinweise auf eine Strategie der Selbstprivilegierung. Das Entlohnungssystem sei formal
starr gewesen, habe aber durch die geheime und nicht kontrollierte Zuordnung konkreter Tätigkeiten erhebliche Spielräume eröffnet.
Die in den frühen Jahren besonders ausgeprägte Privilegierung des MfS unterstreiche den Charakter dieser Privilegierung als
systembedingt politisch gewollt. Dieser Vorsprung habe sich bis 1970 zwar gemindert, sei dann aber unter den Bedingungen einer
insgesamt erheblichen Steigerung des Einkommensniveaus relativ konstant erhalten geblieben.
Wegen des Sachverhalts im Übrigen, insbesondere des Inhalts des eingereichten Privatgutachten und des Sachverständigengutachtens
des Dr. G, wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, im Übrigen auf den Inhalt der Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Streitgegenstand ist die Frage, ob die in § 7 AAÜG i. d. F. des 2. AAÜG-ÄndG angeordnete Begrenzung der Entgelte, die für Angehörige des Sonderversorgungssystems MfS der Rentenzahlung zugrunde
zu legen sind, auf das Durchschnittseinkommen aller Arbeitnehmer des Beitrittsgebietes verfassungsgemäß ist. Wäre der Senat
davon überzeugt, dass dies nicht der Fall ist, hätte er das Verfahren gemäß Art.
100 des Grundgesetzes -
GG - auszusetzen und die Frage dem BVerfG zur erneuten Entscheidung vorzulegen. Das 2. AAÜG-ÄndG Gesetz ordnet in Ausführung des Urteils des BVerfG vom 22. Juni 2004 an, dass die Beitragsbemessungsgrenze dem Durchschnittsentgelt
aller Beschäftigten des Beitrittsgebiets entspricht. Das BVerfG hat in dem Nichtannahmebeschluss vom 22. Juni 2004 - 1 BvR 1070/02 - Orientierungssatz 2 a festgestellt, eine erneute Überprüfung eines bereits in einem früheren Verfahren zur verfassungsrechtlichen
Prüfung gestellten Sachverhalts sei zulässig, sofern neue rechtserhebliche Tatsachen gegen die tragenden Feststellungen des
BVerfG vorliegen, die eine andere Entscheidung rechtfertigen können (Hinweis auf BVerfGE 33, 199, 204). Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, dass diese Voraussetzungen erfüllt sind und § 7 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG verfassungswidrig ist. Dies könnte dann der Fall sein, wenn das BverfG und in der Folge der Gesetzgeber von unrichtigen
Voraussetzungen ausgegangen wären. Dies ist zu Überzeugung des Senats aber nicht der Fall, so dass eine Vorlage gemäß Art.
100 GG nicht erfolgen kann und die Berufung zurückzuweisen war.
Dr. G hat ausführt, das Privatgutachten von Dr. M und Prof. Dr. W sei nicht dazu geeignet, die Frage nach der Selbstprivilegierung
des MfS zu beantworten. Die Annahmen in diesem Privatgutachten beruhten im Wesentlichen auf einem quantifizierenden Vergleich
wie der Zusammenstellung der rechtlichen Regelungen zur Besoldung in den verschiedenen bewaffneten Organen der DDR. Zutreffend
werde festgestellt, dass gleiche Dienstrange bzw. sonstige Qualifikationsgruppen des MfS im Wesentlichen vergleichbare Gehälter
mit Angehörigen in anderen bewaffneten Organen der DDR, insbesondere der NVA, erhielten, diese insgesamt allerdings bereits
höhere Entgelte gegenüber gleich qualifizierten Mitarbeitern des zivilen Sektors. Unbeantwortet jedoch bleibe die Frage nach
der Struktur der Dienstgrade innerhalb des MfS, mithin also, ob die Dienstgrade, die dort verliehen worden und die Grundlage
der Besoldung gewesen seien, im Wesentlichen auf der Qualifikation der Mitarbeiter beruhten oder gegenüber den anderen bewaffneten
Organen und gegenüber gleich qualifizierten Beschäftigten im zivilen Sektor überhöht waren, was bereits eine Selbstprivilegierung
bedeutete. Tatsächlich sei eine deutliche Privilegierung des MfS gegenüber dem zivilen Sektor der DDR zu konstatieren, die
auf dessen hohen Stellenwert im Ordnungsdenken der Partei und Staatsführung beruht habe. Dies entspräche der elementaren Bedeutung
der bewaffneten Organe für die Aufrechterhaltung der nicht auf demokratischer Legitimation beruhenden Gesellschaftsordnung
der DDR. Darüber hinaus sei eine weitere Abweichung der Besoldung der Angehörigen des MfS von denen der anderen bewaffneten
Organe nach oben hin festzustellen. Diese Privilegierung stehe insbesondere im Kontrast zu dem deutlich höheren Qualifikationsniveau
der Angehörigen der NVA, die bei der parallelen Besoldungssystematik eigentlich zu höheren Einkommen in der NVA hätte führen
müssen. Dies habe auf zwei Ursachen beruht. Zum einen habe das MfS auch unter den bewaffneten Organen ein herausgehobenes
Ansehen in den Augen der Partei- und Staatsführung genossen, zum anderen habe die weitgehende Abschottung des Innenlebens
des MfS gegenüber externen Kontrollmechanismen eine derartige Verzerrung ermöglicht. Der entscheidende Mechanismus zur Privilegierung
der MfS-Mitarbeiter unter formal ähnlichen Besoldungsbedingungen wie in der NVA habe darin bestanden, erheblich niedriger
qualifizierte Mitarbeiter mit im Vergleich höheren Dienstgraden, insbesondere in den unteren Offiziersdienstgraden (Unterleutnant
bis Hauptmann) und mit höheren Dienststellungen auszustatten. Darüber hinaus hätten markante Bevorzugungen des MfS im Bereich
der Dienstalterszulagen bestanden. Der Sachverständige legt dar, das Privatgutachten habe beim Vergleich zwischen Beschäftigten
des MfS und denjenigen des Ministeriums des Inneren- MdI - im Falle des MdI lediglich die Mitarbeiter des Zentralen Ministeriums,
nicht aber diejenigen der Volkspolizei insgesamt berücksichtigt. Da jedoch der Stellenkegel und mithin das Besoldungsniveau
im Ministerium selbst deutlich höher sei als in den nachgeordneten Einrichtungen, seien die Differenzen zwischen MfS und MdI
im Privatgutachten praktisch nicht aussagefähig, und es sei mithin unerheblich, dass das Einkommensniveau des gesamten MfS
ähnlich dem der Mitarbeiter im Zentralen Bereich des MdI gewesen sei.
Der Sachverständige Dr. G legte weiter dar, dass im Privatgutachten die Auffassung vertreten werde, das Einkommen im Bereich
des MfS sei 1988 ca. 59 v. H. höher gewesen als im zivilen Sektor. Nach der internen Statistik des MfS hingegen, die aber
nicht mehr zu überprüfen sei, betrage diese Differenz sogar 67 v. H. bis 79 v. H.. Auch sei der Einkommensunterschied nach
der internen MfS- Statistik so gewesen, dass dieser um ca. 244 Mark pro Monat höher als im Privatgutachten angenommen gewesen
sei. Dr. G weist darauf hin, dass ein Abbau der Selbstprivilegierung nach diesen Tabellen nur bis 1970 stattgefunden habe
und die Selbstprivilegierung dann bis 1988 relativ stabil geblieben sei. Zu berücksichtigen sei auch, dass das MfS im Untersuchungszeitraum
bis 1983 etwa alle zehn Jahre seine Personalstärke verdoppelt habe, wodurch der Anteil dienstjunger Mitarbeiter überproportional
angestiegen sei, was wiederum das Durchschnittseinkommen gesenkt habe. Insofern sei auch der Vergleich zur NVA nur teilweise
schlüssig, da diese über eine insgesamt stabile Personalausstattung verfügt habe (1963: 174.000 Mann, 1987: 156.000 Mann).
Dennoch habe auch in diesem Zeitraum ein deutlich höheres Durchschnittseinkommen im Bereich des MfS bestanden. Entscheidend
sei letztlich, dass im MfS in großem Umfang Dienstgrade verliehen worden seien, die zu vergleichbaren Qualifikationen im zivilen
Sektor, aber auch zur NVA überhöht gewesen seien, was zu einer deutlich überhöhten Besoldung, mithin also zu einer Privilegierung
geführt hätte. Die Aussage in dem Privatgutachten, dass die einzelnen Dienstgrade gleich besoldet worden seien, sei daher
nicht valide. Bei der NVA sei für Offiziere ein Hochschulabschluss regelmäßig notwendig gewesen, während im MfS auch Fachschulabsolventen
und sogar länger gedienten Mitarbeitern ohne Fachschulabschluss Offiziersdienstgrade in breitem Maße offen gestanden hätten.
Entsprechend sei bei der NVA für den Offiziersnachwuchs das Abitur regelmäßig Voraussetzung für diese Laufbahn gewesen, während
beim MfS der Abschluss der 10. Klasse der polytechnischen Oberschule - der rechtlich in beiden Bereichen als Ausnahme zugelassen
gewesen sei - faktisch die Regel gewesen sei. Daraus ergebe sich bei gleichem Qualifikationsniveau der Mitarbeiter im Dienstgradgefüge
eine deutliche Einkommensabweichung der MfS-Mitarbeiter nach oben.
Neben den Dienstgraden seien auch die Dienststellungen für das Besoldungsniveau bedeutend gewesen. Auch zur Erlangung höherer
Dienststellungen seien in der NVA grundsätzlich höhere Qualifikationen erforderlich gewesen. Beim MfS seien Hochschulabschlüsse
regelmäßig erst für Dienststellungen ab stellvertretendem Referatsleiter (Major) verlangt worden, während bei der NVA praktisch
alle Offiziere über Abitur und Hochschulabschluss verfügt hätten. Dies habe dazu geführt, dass bei gleichem Qualifikationsniveau
die Eingruppierungen in Dienststellen im MfS erheblich höher als in der NVA vorgenommen worden seien.
Schließlich sei Bestandteil der Einkommen die Dienstaltersvergütung gewesen. Diese sei im Bereich des MfS gegenüber dem MdI
und der NVA durchgängig um 5 v. H. höher - bezogen auf das sich aus Dienstgrad und Dienststellung ergebende Gehalt - in den
jeweiligen Dienstaltersstufen gewesen.
Weitere Besoldungsanteile seien Zuschläge und Zulagen gewesen. 40 v. H. der Mitarbeiter des MfS, aber nur 30 v. H. der NVA-Angehörigen
hätten solche zusätzlichen Einkommensbestandteile erhalten. Einige Zulagen, etwa die für Mitarbeiter, die informelle Mitarbeiter
- IM - des MfS anleiteten, habe es in der NVA und im MdI nicht geben können. Allein in den Genuss dieser Zulage seien über
12.000 Mitarbeiter, vor allem operative Mitarbeiter und Leistungskader, gekommen.
Daraus ergebe sich ein Gesamtbefund dahingehend, dass die Mitarbeiter des MfS durch die höheren Dienstgrade und Dienststellungsvergütungen
bei vergleichbarem Qualifikationsniveau, durch eine um 5 v. H. höhere Dienstalterszulage und durch die um ein Drittel häufigere
Vergabe von Zuschlägen und Zulagen privilegiert worden seien. Diese Einkommensdisparitäten seien, da das Qualifikationsniveau
im MfS, wie dargelegt, deutlich niedriger als in der NVA gelegen hätte, lediglich mit politischen Grundsatzentscheidungen
über die besondere Bedeutung des MfS zu erklären. Die höhere Offiziersquote des MfS (1988 habe das MfS aus 63,2 v. H. Offizieren
und die NVA lediglich aus 29,4 v. H. Offizieren bestanden) habe mithin keine Grundlage in der Qualifikation der Mitarbeiter
oder der Qualität der Arbeit gehabt. Im MfS seien gegenüber der Qualifikation überhöhte Dienstgrade und Dienststellen vergeben
worden, was zu einer überhöhten Besoldung, mithin zu einer Privilegierung geführt habe.
Der Senat schließt sich diesen überzeugenden und durch umfangreiches Zahlenmaterial gestützten Darlegungen des Sachverständigen
an und gibt ihnen den Vorzug gegenüber dem Parteivorbringen der Klägerin, auch wenn dieses auf ein Privatgutachten gestützt
ist, zumal dieses Privatgutachten, wie der Sachverständige wiederum überzeugend dargelegt hat, teilweise auf unbrauchbaren
Annahmen beruht. Auch die später eingereichte "kommentierte Fassung" des Privatgutachtens vom Juli 2009 und die Darlegungen
des Bevollmächtigten der Klägerin hierzu vermögen daran nichts zu ändern. Die wesentlichen Kernaussagen des Sachverständigen
Dr. G werden dadurch nicht berührt. Diese sind dahingehend zusammenzufassen, dass im Bereich des MfS bei im wesentlichen gleichen
Vorschriften über Besoldung, Beförderung und Zulagen, die Selbstprivilegierung darin bestanden habe, dass dort, anders als
schon in der NVA von Ausnahmeregelungen zugunsten der Mitarbeiter in einem Umfang Gebrauch gemacht worden sei, dass die Ausnahmen
tatsächlich zur Regel geworden seien, während dies außerhalb des MfS nicht der Fall gewesen sei. Dort seien die Regelungen,
so wie es ihrem Wortlaut entspreche, tatsächlich als Ausnahmeregelungen angewandt worden. Dies habe zu einer deutlichen Erhöhung
der Bezüge gegenüber vergleichbar qualifizierten Beschäftigten außerhalb des MfS führen müssen. Gegenüber diesen Feststellungen
kann die Darlegung im wesentlich gleicher Regelungen im Bereich des MfS durch die Bevollmächtigten der Klägerin keinen Erfolg
haben.
Daher sind als Ergebnis der Beweisaufnahme die Annahmen des BVerfG und des Gesetzgebers zur Überzeugung des Senats nicht widerlegt,
sondern bestätigt. Daher ist auch die Differenzierung der zugrunde zu legenden Entgelte nach § 7 AAÜG in der Fassung des 2. AAÜG-ÄndG mit Art.
3 GG vereinbar: Es werden nicht, wie die Klägerin annimmt, gleiche Gruppen ungleich behandelt, sondern es werden ungleiche Gruppen
ungleich behandelt. Dies ist nach dem
Grundgesetz nicht nur gestattet, sondern sogar geboten.
Die Revision war gem. §
160 Abs.
2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.