Tatbestand:
Im Streit ist die Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
(AVItech, Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG-) für Zeiten der Beschäftigung im Zeitraum vom 15. November 1975 bis 30. Juni 1990 sowie der in diesem Zeitraum tatsächlich
erzielten Arbeitsentgelte. Streitig ist insofern, ob der VEB Robotron-Vertrieb Berlin (RVB) als Beschäftigungsbetrieb zu den
von der AVItech erfassten Betrieben zählt.
Der 1941 geborene Kläger legte sein Berufsleben bis zum 2. Oktober 1990 in der DDR zurück. Er hat nach seinen Angaben zunächst
eine Ausbildung zum Schlosser/Traktorist durchlaufen. Vom 17. Oktober 1960 bis 30. Oktober 1964 war er bei der NVA beschäftigt.
Vom 1. April 1962 bis 30. Oktober 1964 ist eine Zeit der Zugehörigkeit zu einem Sonderversorgungssystem (Versorgungssystem
Nr. 1 der Anlage 2 zum AAÜG) im Konto vermerkt. Er erlangte nach einem berufsbegleitenden Schulbesuch von 1969 bis zum 2. Juli 1971 den Abschluss der
allgemeinen polytechnischen Oberschule. Ebenfalls berufsbegleitend absolvierte er ab 1. September 1971 ein Studium an der
Ingenieurschule für Maschinenbau und Elektrotechnik B, das er mit der Ingenieurprüfung am 15. November 1975 erfolgreich abschloss;
durch Urkunde vom 15. November 1975 wurde ihm die Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur verliehen.
Sein zum RVB bestehendes Arbeitsverhältnis wurde durch Arbeitsvertrag vom 4. Februar 1976 mit Wirkung ab 1. Januar 1976 dahingehend
geändert, dass der Kläger eine Tätigkeit als Kundendienstingenieur übernahm. Eine entsprechende Tätigkeit übte der Kläger
bis zum 30. Juni 1990 und darüber hinaus aus. Der Kläger gehörte während seiner Beschäftigung beim RVB bis zur Schließung
der Zusatzversorgungssysteme keinem solchen System an. Er hatte in dieser Zeit auch keine entsprechende Versorgungszusage
erhalten oder einzelvertraglich zugesagt erhalten. Neben den aus den erzielten Arbeitsentgelten zu leistenden Beiträgen zur
Sozialversicherung (Beitragsbemessungsgrenze bis 30. Juni 1990 monatlich 600,- Mark) entrichtete er ab 1. November 1977 Beiträge
zur freiwilligen Zusatzrentenversicherung (FZR) bis zum Doppelten des in der Sozialversicherung versicherten Entgeltes.
Nach der im Jahre 1998 eingeleiteten Kontenklärung beantragte er im März 2000 ergänzend die Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften
zur AVItech für die Zeit vom 15. November 1975 bis 30. Juni 1990.
Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. März 2002 ab, weil der Kläger am 30. Juni 1990 keine Beschäftigung
ausgeübt habe, für die er aus bundesrechtlicher Sicht dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zugeordnet werden
könne. Der RVB sei kein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen. Der Widerspruch, zu dem der Kläger für seine gegenteilige
Auffassung darauf verwies, dass der VEB Robotron durch die vier Säulen Produktion, Vertrieb, Service und Ausbildung geprägt
gewesen sei, blieb erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 2. August 2002).
Hiergegen hat sich der Kläger mit seiner zum Sozialgericht - SG - Berlin erhobenen Klage gewandt, mit der er sein Begehren weiterverfolgt hat. Zur Begründung hat er unter anderem vorgetragen,
dass der VEB Robotron-Anlagenbau Leipzig genauso strukturiert gewesen sei wie der RVB. Dort Tätige hätten eine Einbeziehung
in die Zusatzversorgung erhalten. Auch beim RVB habe es sich um einen Produktionsbetrieb gehandelt, so dass die begehrten
Feststellungen auch für seine Zeit der Beschäftigung als Ingenieur zu treffen seien.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten, da es sich beim RVB in erster Linie um einen EDV-Service-Betrieb, nicht dagegen um
einen Produktionsbetrieb gehandelt habe. Das Kombinat Robotron sei am 1. April 1969 gegründet worden, die Kombinatsbetriebe
dagegen erst zum 1. Januar 1974. Erst ab diesem Zeitpunkt seien diese daher bzgl. der zugewiesenen Aufgaben zu unterscheiden.
Der vom Kläger bezeichnete VEB Robotron-Anlagenbau Leipzig habe einen anderen Aufgabenbereich als der RVB bearbeitet.
Das SG hat in Kopie Unterlagen zum RVB aus dem Verfahren S 9 RA 3999/01 zur Akte genommen und den Beteiligten zur Kenntnis gegeben.
Außerdem hat das SG eine Auskunft der BSV-Verwaltungsgesellschaft mbH als Liquidatorin der CVU-Computer-Vertriebs-Union GmbH in Liquidation (Nachfolgebetrieb
des RVB) eingeholt, die zu dem angefragten Gegenstand des Unternehmens auf Seite 3 der Eröffnungsbilanz verwiesen hat. Ferner
hat das SG das klageabweisende Urteil des Sozialgerichts Stralsund vom 14. Februar 2002, das einen ähnlichen Sachverhalt betrifft, beigezogen
und den Beteiligten zur Kenntnis gegeben. Das SG hat anschließend diverse weitere Kopien betreffend den VEB Kombinat Robotron und den RVB, u. a. das Kombinatsstatut und die
Gründungsanweisung zum RVB, sowie Aussagen der Zeugen K und E als leitende Angestellte des RVB aus dem Verfahren S 9 RA 3399/01 zur Verfahrensakte genommen und den Beteiligten zur Kenntnis gegeben.
Sodann hat das SG mit Urteil vom 4. März 2004 der Klage stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, die Zeiten vom 15. November 1975 bis zum
30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz anzuerkennen und die entsprechenden
Entgelte festzustellen. Der Kläger falle in den Anwendungsbereich des AAÜG, mit der Folge, dass für ihn die begehrten Feststellungen zu treffen seien. Zwar sei er nie in die AVItech einbezogen gewesen
und habe auch nie eine entsprechende (einzelvertragliche) Versorgungszusage erhalten. Ihm habe jedoch nach Maßgabe der höchstrichterlichen
Rechtsprechung aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten am 30. Juni 1990 eine (fiktive) Versorgungsanwartschaft im Sinne des
§ 1 Abs. 1 AAÜG zugestanden. Der Kläger habe mit der Berechtigung zur Führung der Berufsbezeichnung Ingenieur und der Ausübung einer entsprechenden
Tätigkeit die persönlichen und sachlichen Voraussetzungen für eine fiktive Einbeziehung in die AVItech erfüllt. Darüber hinaus
sei auch die betriebliche Voraussetzung zu bejahen, da der RVB als Beschäftigungsbetrieb am 30. Juni 1990 auch ein volkseigener
Produktionsbetrieb im Sinne der Regelungen zur AVItech gewesen sei.
Die insoweit erforderlichen Voraussetzungen lägen bei einem VEB vor, der organisatorisch dem industriellen Produktionssektor
der DDR-Planwirtschaft zugeordnet gewesen sei. Dabei gehe der materielle Produktionsbegriff nach dem Sprachgebrauch der DDR
zum 30. Juni 1990 teilweise weiter als der Produktionsbegriff nach der marktwirtschaftlichen Betriebswirtschaftslehre. Nach
der marktwirtschaftlichen Betriebswirtschaftslehre gebe es Gewinnungsbetriebe, Veredelungsbetriebe und Betriebe, die Sachgüter
herstellen. Daneben gebe es Dienstleistungsbetriebe wie Handels-, Bank-, Versicherungs- und Transportbetriebe. Es spreche
einiges dafür, dass der Produktionsbegriff der DDR insoweit weitergegangen sei, dass nicht nur Produktionsbetriebe, die Sachgüter
hergestellt haben, daruntergefallen seien, sondern dass Dienstleistungsbetriebe dann als Wirtschaftseinheiten der materiellen
Produktion galten, wenn die Herstellung immaterieller Güter nicht eindeutig im Vordergrund gestanden habe (Hinweis auf BSG
Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R -). Allerdings könne § 5 der Verordnung zur AVItech (VO-AVItech) so zu verstehen sein, dass es sich um einen volkseigenen
Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens gehandelt habe. Weiter sei davon auszugehen, dass die materielle Produktion
dem Betrieb das überwiegende Gepräge gegeben habe. Hierfür sei darauf abzustellen, welche Hauptzwecke tatsächlich verfolgt
worden seien, was sich unter anderem aus den Tätigkeiten, die bestimmend für den Betrieb gewesen seien, ergebe. Eintragungen
in die Liste der volkseigenen Betriebe, Statuten und Geschäftsunterlagen und die Zuordnung zu bestimmten Ministerien seien
dabei Indizien für die Einordnung als Produktionsbetrieb.
Insbesondere unter Berücksichtigung der Angaben der Zeugen Ewert und Krüger aus dem Verfahren S 9 RA 3399/01 vor dem SG Berlin habe es sich somit beim RVB um einen Produktionsbetrieb nach dem Sprachgebrauch der DDR gehandelt. So habe
der RVB dem Ministerium für Elektrotechnik und Elektronik und damit einem klassischen Industrieministerium unterstanden. Es
könne auch ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass im RVB produziert worden sei. Dies ergebe sich zum einen aus der Eintragung
im Register der Wirtschaft, wo unter Zweck des Unternehmens neben Vertriebsservice, Schulung, Applikation auch Produktion
aufgeführt werde. Dies ergebe sich ferner aus § 6 des Kombinatsstatuts, welches gemäß der Gründungsanweisung auch für den
RVB gegolten habe. Auch wenn sich aus den Unterlagen ergebe, dass im RVB nicht nur produziert worden sei, da dieser der Wirtschaftsgruppe
Reparatur- und Montagebetriebe der Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie zugeordnet gewesen sei, so sei unter Würdigung
der Aussagen der Zeugen E und K zur Überzeugung der Kammer anzunehmen, dass zumindest in den späten 80er Jahren und somit
auch am 30. Juni 1990 die Produktion dem RVB das Gepräge gegeben habe.
Dieser habe einen Mischbetrieb dargestellt, der immer zu einem Teil auch produziert habe. Der Anteil der Produktion habe immer
mehr zugenommen. Seit Mitte der 80er Jahre, als neben den Radios auch Bildverarbeitungssysteme und der Rechner RV 1840 hergestellt
worden seien, habe zur Überzeugung der Kammer die Produktion im Vordergrund gestanden, wobei nach Auffassung der Kammer das
Zusammenbauen von Komponenten, Verkabeln und der Einbau der Schutzgüte mit anschließendem Auseinandernehmen und Wiederaufbau
beim Endabnehmer Produktion - zumindest nach dem Sprachgebrauch der DDR - gewesen sei. Der Übergang von Dienstleistung und
Produktion sei dabei fließend und auf eine Weise erfolgt, wie sie für die DDR typisch gewesen und so in der freien Marktwirtschaft
nicht vergleichbar durchzuführen gewesen wäre.
Nach Angaben des Zeugen K, der unter anderem Direktor für Vertrieb und für Forschung und Entwicklung gewesen sei, seien beim
RVB, der sich in das Hauptwerk in Berlin und drei weitere Werke in Stralsund, Magdeburg und Potsdam, letzteres im Aufbau befindlich,
aufgegliedert habe, ca. 4.400 Mitarbeiter beschäftigt gewesen. Dabei seien von 400 in Stralsund beschäftigten Mitarbeitern
200-300 in der Radioproduktion tätig gewesen. In Magdeburg seien ca. 400 Mitarbeiter beschäftigt gewesen; auch dort seien
kleinere Teile und Kabel produziert worden. Wie viele Beschäftigte dort in der Produktion tätig gewesen seien, habe der Zeuge
nicht sagen können. Im Hauptwerk seien Bildverarbeitungssysteme hergestellt worden und am Ende auch der Rechner RVS 1840.
Dabei seien die Komponenten des Rechners im Werk zusammengebaut, getestet und anschließend auseinander genommen worden, bevor
sie beim Endabnehmer wieder aufgebaut worden seien. In den letzten zwei Jahren seien auch Leiterplatten entwickelt worden.
Insgesamt sei ca. die Hälfte der Mitarbeiter in der Produktion tätig gewesen, wobei dieser Bereich auch technische Dienstleistungen
umfasst habe.
Nach Angaben des Zeugen E, der zuletzt ökonomischer Leiter des RVB gewesen sei, sei dieser eher ein Vertriebs- und Servicebetrieb
gewesen. Allerdings sei die industrielle Warenproduktion neben dem Handelsumsatz eine wichtige Plankennziffer gewesen. Nach
der Definition, die in der DDR gängig gewesen sei, sei sicherlich der Hauptteil der Arbeitskräfte in der industriellen Warenproduktion
tätig gewesen. Insgesamt sei der RVB ein Mischbetrieb gewesen, der keinen eigentlichen Hauptzweck gehabt habe.
Gegen das der Beklagten am 23. April 2004 zugestellte Urteil richtet deren am 5. Mai 2004 eingelegte Berufung, mit der sie
insbesondere die gerichtliche Wertung, der RVB sei ein Produktionsbetrieb im Sinne der AVItech gewesen, angreift.
Im Lichte der Bedeutung, die dem Massenausstoß standardisierter Produkte nach der sozialistischen Planwirtschaft zugekommen
sei, müsse auch die zur Sicherung dieser Produktion geschaffene AVItech gesehen werden. Es müsse sich daher bei dem "volkseigenen
Produktionsbetrieb" im Sinne des § 1 Abs. 2 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB) zur VO-AVItech um einen volkseigenen Betrieb
(VEB) handeln, der organisatorisch dem industriellen Produktionssektor der Planwirtschaft der DDR zugeordnet gewesen sei,
ferner müsse der verfolgte Hauptzweck des VEB auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion (fordistisches
Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet gewesen sein. Dem betrieblichen Anwendungsbereich der AVItech hätten als Produktionsbetriebe
somit nur VEB der Industrie, d. h. solche VEB unterlegen, die industrielle Fertigung von Sachgütern betrieben hätten (Hinweis
auf BSG vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R). Es komme somit darauf an, ob der RVB als volkseigener Betrieb nach seinem Gepräge die industrielle Herstellung von Sachgütern
betrieben habe. Diese Frage sei vorliegend zu verneinen.
Die dem RVB ausweislich des Statuts des VEB Kombinat Robotron vom 29. Dezember 1973 zugewiesenen Aufgaben, wie sie in § 8
umschrieben seien, entsprächen nach ihrem Hauptzweck im heutigen Sinne denen eines EDV-Service-Betriebs. Diese Aufgaben aus
dem Bereich der EDV stellten jedoch keine materielle Produktion dar (Hinweis auf BSG vom 10. April 2002 - B 4 RA 5/02 -). Der RVB sei zwar im Wirtschaftssystem der DDR dem Bereich der Industrie zugerechnet worden, jedoch wurden ihm als Hauptzweck
Reparatur- und Montagearbeiten zugeordnet, wie die Zuordnung zur Wirtschaftsgruppe 16649 (Reparatur- und Montagebetriebe der
Datenverarbeitungs- und Büromaschinenindustrie) belege. Danach stehe fest, dass dem RVB eine industrielle Produktion nicht
das Gepräge gegeben habe. Die Frage, ob ein Betrieb zu den volkseigenen Produktionsbetrieben gezählt habe, beurteile sich
nicht nach der Frage, ob ein Betrieb in der DDR Leistungen erbracht habe, die dem Bereich der industriellen Warenproduktion
zugerechnet worden seien, sondern ob er industrielle Sachgüter hergestellt habe, und zwar in einem Umfang, dass diese Herstellung
betriebsprägend gewesen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 4. März 2004 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er verteidigt das angefochtene Urteil, das eine zutreffende Wertung vornehme. Die Ausführungen der Beklagten, wie sie sich
auch in anderen Urteilen entsprechend fänden, würden den tatsächlichen Gegebenheiten nicht gerecht. Die vorgenommene Produktion
von Datenverarbeitungsanlagen, auch wenn insoweit teilweise eine Montage verschiedener nicht beim RVB hergestellter Teile
erfolge, stelle eine von der AVItech geforderte industrielle Produktion dar. Auch eine sogenannte Finalproduktion stelle eine
Produktion im Sinne der AVItech dar. Die Ausführungen der Beklagten gingen an den tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen
vorbei.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die Gerichtsakte sowie die von der Beklagten vorgelegten
Verwaltungsakten (Versicherungs-Nr. ...), die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist begründet.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Feststellung von Zeiten der Zugehörigkeit zur AVItech für die Zeit vom 15. November 1975
bis 30. Juni 1990. Das angefochtene Urteil ist daher auf die Berufung der Beklagten aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat der zuständige Versorgungsträger gleich einem Vormerkungsverfahren nach §
149 Abs.
5 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (
SGB VI) die Daten festzustellen, die zur Durchführung der Versicherung und zur Feststellung der Leistung aus der Rentenversicherung
erforderlich sind, und diese dem für die Feststellung der Leistung zuständigen Rentenversicherungsträger mitzuteilen. Nach
§ 8 Abs. 3 Satz 1 AAÜG hat der Versorgungsträger dem Berechtigten den Inhalt der Mitteilung durch Bescheid bekannt zu geben. Eine solche Verpflichtung
der Beklagten gegenüber dem Kläger besteht vorliegend nicht.
Für die Zeit vom 15. November - 31. Dezember 1975 musste die Berufung schon deshalb Erfolg haben, weil der Kläger nach Verleihung
der Berufsbezeichnung Ingenieur erst ab 1. Januar 1976 eine dieser Qualifikation entsprechende Tätigkeit begonnen hat, wie
dem vorgelegten mit Wirkung ab 1. Januar 1976 geschlossenen Arbeitsvertrag vom 4. Februar 1976 zu entnehmen ist. Aber auch
für die weitere Zeit konnte das angefochtene Urteil keinen Bestand haben, da der RVB nicht zu den von den Regelungen der AVItech
erfassten Betrieben zählt. Deshalb kann auch dahinstehen, ob der Kläger entsprechend dem gedanklichen Ansatz des SG dem persönlichen Anwendungsbereich des AAÜG nur deshalb unterfällt, weil er bei In-Kraft-Treten dieses Gesetzes am 1. August 1991 bezogen auf den Stichtag 30. Juni 1990
(Tag vor der Schließung der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme der DDR) eine (fiktive) Versorgungsanwartschaft nach Maßgabe
der erweiternden Auslegung des Bundessozialgerichts erworben hatte oder bereits aufgrund der seinerzeit mit dem Ausscheiden
bei der NVA wieder verloren gegangenen Versorgungsanwartschaft vom AAÜG erfasst wird (§ 1 Abs. 1 Satz 2 AAÜG).
Einen Anspruch auf Feststellung von Zugehörigkeitszeiten zu der vorliegend allein in Betracht kommenden zusätzlichen Altersversorgung
der technischen Intelligenz kann der Kläger nur dann haben, wenn die in § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung
der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (VO-AVItech; vom 17. August 1950, DDR-GBl.
I S. 844) in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. Durchführungsbestimmung (2. DB; vom 24. Mai 1951, DDR-GBl. S. 487) genannten
drei Voraussetzungen erfüllt sind: Der "Versorgungsberechtigte" muss eine bestimmte Berufsbezeichnung führen (persönliche
Voraussetzung), eine der Berufsbezeichnung entsprechende Tätigkeit verrichtet haben (sachliche Voraussetzung) und die Tätigkeit
bei einem volkseigenen Produktionsbetrieb im Bereich der Industrie oder des Bauwesens oder in einem gleichgestellten Betrieb
oder einer gleichgestellten Einrichtung verrichtet haben (betriebliche Voraussetzung; ebenfalls ständige Rechtsprechung, siehe
stellvertretend BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 und 8 und BSG SozR 4-8570 § 5 Nr. 6).
Die betriebliche Voraussetzung ist nicht erfüllt. Insoweit ist allein der RVB als Beschäftigungsbetrieb des Klägers von Belang,
nicht etwa das übergeordnete Kombinat. Der RVB war während der streitigen Zeit und auch am 30. Juni 1990 kein volkseigener
Produktionsbetrieb der Industrie oder des - hier von vornherein nicht in Betracht kommenden - Bauwesens.
Für die Zuordnung zu diesen Produktionsbetrieben ist nicht auf die tatsächliche Handhabung durch die Organe und Betriebe der
DDR, sondern auf den staatlichen Sprachgebrauch abzustellen, wie er sich aus den einschlägigen Verordnungen der DDR zum Bereich
der volkseigenen Betriebe erschließt. Deshalb waren volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie nur solche, die - neben
etwaigen anderen Aufgaben - durch eine stark standardisierte Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter,
monofunktionaler Maschinen im Sinne des fordistischen Produktionsmodells ihr Gepräge erhalten haben (s. dazu BSG SozR 4-8570
§ 1 Nr. 16 mit Hinweis auf BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 6). Daher kann auch nicht der in Anlehnung an die Aussagen der Zeugen Ewert
und Krüger vorgenommenen Wertung des SG, der RVB sei in einem weiter verstandenen Sinne überwiegend durch "Produktion" geprägt, gefolgt werden. Diese Wertung mag
zwar dem in der DDR vielfach üblichen und aus den Zeugenaussagen erkennbaren offener praktizierten Sprachgebrauch entsprechen,
wird jedoch dem nach der - bereits angeführten - höchstrichterlichen Rechtsprechung maßgeblichen Auslegungskriterium, nämlich
dem aus den Verordnungen ersichtlichen staatlichen Sprachgebrauch, nicht gerecht.
Dass das danach erforderliche fordistische Produktionsmodell später nicht mehr tragend gewesen sei, da es im Verlauf der DDR-Geschichte
immer wieder veränderte Schwerpunktsetzungen in der Industriepolitik gegeben habe, wie der Kläger unter Hinweis auf eine spätere
Äußerung des vom BSG in Bezug genommenen Prof. Dr. R ausführt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn dass die nach der
Rechtsprechung für die Auslegung maßgeblichen Regelungen der AVItech bzw. die für ihr Verständnis maßgeblichen DDR-Verordnungen
zum Bereich der volkseigenen Betriebe den immer wieder veränderten Schwerpunktsetzungen in der Industriepolitik angeglichen
worden seien (vgl. dazu Beschluss des BSG vom 22. Juni 2010 - B 5 RS 94/09 B - zur Nichtzulassungsbeschwerde gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 3. November 2009 - L 4 R 584/08 -), ist nicht ersichtlich, insbesondere im Hinblick auf die seit ihrem Erlass unverändert bebliebene VO-AVItech und die 2.
DB.
Auf die Prüfung des "Gepräges" kann weder deshalb verzichtet werden, weil der RVB einem Industrieministerium unterstand noch
deshalb, weil er statistisch dem Wirtschaftsbereich Industrie zugeordnet war; dies sind lediglich Beurteilungskriterien, keine
unwiderleglichen Nachweise (s. BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R, betr. VEB Robotron-Vertrieb Dresden, unter Bezug auf BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 5).
Eine industrielle Massenproduktion hat dem RVB nicht das Gepräge gegeben (s. bereits LSG Berlin, Urteil vom 21. April 2004
- L 17 RA 104/03; LSG Brandenburg, Urteil vom 14. Dezember 2004 - L 2 RA 14/03; LSG Sachsen-Anhalt, Urteil vom 25. Mai 2005 - L 1 RA 118/01; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 6. Juli 2006 - L 6 RA 100/03 sowie Urteile vom 29. März 2006 - L 16 R 471/05 [Nichtzulassungsbeschwerde verworfen durch Beschluss des BSG vom 5. März 2007 - B 4 RS 58/06 B), vom 30. Januar 2007 - L 12 RA 32/02 [Nichtzulassungsbeschwerde verworfen durch Beschluss zum Az. B 4 RS 45/07 B), vom 12. Oktober 2007 - L 1 RA 44/04, vom 6. Dezember 2007 - L 8 RA 2/03, vom 11. Dezember 2008 - L 33 R 1326/08, vom 24. Juli 2009 - L 3 R 169/08 und vom 10. Dezember 2009 - L 4 R 980/08 - und Beschluss vom 16. Juli 2010 - L 8 R 344/05).
Gegen die Annahme, dass es sich beim RVB um einen Produktionsbetrieb handelte, spricht schon seine Gründungsanweisung vom
Dezember 1973, in der auf das Statut des VEB Kombinat Robotron Bezug genommen wird. Dieses bestimmte in seinem § 7: "Dem VEB
Robotron Vertrieb Berlin obliegt der Vertrieb, der technische Kundendienst für Geräte der Datenverarbeitungs- und Rechentechnik,
der Vertrieb von Systemunterlagen in den Nordbezirken der DDR und die Wahrnehmung von Leitfunktionen entsprechend geltender
Kombinatsordnung sowie die Anwenderschulung auf dem Gebiet der Prozessrechentechnik." Soweit das Statut des Kombinats in seinem
§ 7 ausdrücklich auch die Produktion von Geräten nennt, wird sie als Aufgabe gerade anderen Kombinatsbetrieben als dem RVB
zugewiesen. Gleiches gilt für Forschung, Entwicklung und Applikation von Geräten, Verfahren und Systemunterlagen der Rechentechnik.
Von der durch das Statut vorgegebenen Aufgabenstellung her war Gegenstand der betrieblichen Tätigkeit folglich jedenfalls
in einer den Betrieb prägenden Weise weder Produktion noch Forschung und Entwicklung.
Nichts anderes ergibt sich aus den tatsächlichen Verhältnissen im RVB. Sie werden im besonderen durch die in das Verfahren
eingeführten und im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Aussagen des Werner K, früherer Direktor Vertrieb, Forschung und
Entwicklung im RVB, und des Hartmut E, früherer ökonomischer Direktor (aus dem Verfahren SG Berlin S 9 RA 3399/01) sowie die des Dr. M Sch, Betriebsdirektor von 1974 bis 15. Mai 1990 (aus dem Verfahren vor dem SG Berlin S 9 RA 398/03) erhellt.
Aus ihnen ergibt sich eine industrielle Massenproduktion im RVB allenfalls insoweit, als in dem zum Betrieb gehörenden Werk
in Stralsund ab 1974/1975 Radiogeräte gefertigt worden sind. Diese Produktion hat dem RVB jedoch nicht sein Gepräge gegeben,
weil nur eine Minderzahl der Beschäftigten daran beteiligt gewesen ist (s. die Aussage der Zeugen Krüger und Ewert aus dem
Verfahren vor dem SG Berlin S 9 RA 3399/01). Eigentlicher Gegenstand der Betriebstätigkeit des RVB war - neben der Wartung von Computeranlagen, die ersichtlich nicht
unter den Begriff der industriellen Produktion fällt - die Zusammenstellung von EDV-Anlagen aus vorgefertigten Komponenten
nach Kundenwünschen, wofür auch ein Bildverarbeitungssystem, Steckverbindungen und Kabelbäume produziert worden sind (s. im
besonderen die Aussage des Zeugen Dr. Sch vor dem SG Berlin im Verfahren S 8 RA 398/03).
Selbst wenn das Zusammenstellen - dementsprechend auch Montage und Installation - von EDV-Anlagen nicht als Dienstleistung,
sondern als Herstellung eines neues Produkts verstanden wird, handelte es sich jedenfalls nicht um eine Produktion nach dem
"fordistischen Produktionsmodell". Denn die Herstellung erfolgte gerade nicht mittels massenweiser Wiederholung von gleichartigen
Bearbeitungsvorgängen unter Einsatz von Maschinen, die an die Stelle menschlicher Arbeitskraft treten. Vielmehr wurden die
Anlagen durch den RVB individuell nach den Wünschen der Kunden zusammengestellt und eingerichtet; dies darüber hinaus bei
den Kunden und nicht auf dem Betriebsgelände eines Herstellers, wie es für die industrielle Fertigung fordistischer Art typisch
ist. Um eine Produktion nach dem fordistischen Modell anzunehmen, reicht es auch nicht aus, dass nach den Angaben des Zeugen
Dr. Schröder die besonderen technischen Produktionsmittel des RVB, die beim Zusammenbau der Anlagen Verwendung gefunden hätten,
spezielle Mess- und Prüfgeräte gewesen seien. Derartige Geräte dienen nicht der massenweisen maschinellen Bearbeitung der
Vorprodukte. Vor diesem Hintergrund kann dahingestellt bleiben, ob die Annahme einer industriellen Produktion auch daran scheitern
muss, dass die Zahl der zusammengesetzten Anlagen mit 200 bis 250 im Jahr vergleichsweise geringfügig war.
Aus dem weiteren Vortrag des Klägers ergibt sich nichts, was anhand der dargestellten Kriterien zu einer abweichenden Bewertung
des Charakters des RVB führen könnte. So widerlegen seine Ausführungen zu bestimmten Begrifflichkeiten nicht, dass der RVB
sowohl nach den statuarischen Vorgaben im Rahmen des VEB Kombinat Robotron als auch nach den tatsächlichen Gegebenheiten nicht
von industrieller Massenproduktion in dem oben beschriebenen Sinn geprägt war.
Schließlich kann auch aus der Tatsache, dass zu DDR-Zeiten verschiedentlich Versorgungszusagen für Mitarbeiter des RVB erteilt
worden sind, kein Indiz zugunsten der "betrieblichen Voraussetzung" entnommen werden. § 1 Abs. 3 der 2. DB sah ausdrücklich
die Einbeziehung in den Kreis der Versorgungsberechtigten auf Grund eines Einzelvertrages vor, ohne dass die "betriebliche
Voraussetzung" erfüllt sein musste. Dass derartige Versorgungszusagen nach Lage der Akten überhaupt nur Personen in der Leitungsebene
des RVB beziehungsweise des Kombinats erteilt worden waren, könnte von daher sogar eher gegen die "betriebliche Voraussetzung"
sprechen.
Der RVB war schließlich auch kein gleichgestellter Betrieb, was sich ausschließlich nach dem Versorgungsrecht der DDR beurteilt
und keiner erweiternden Auslegung zugänglich ist (s. stellvertretend BSG SozR 3-8570 § 1 Nr. 7). Der maßgebliche § 1 Abs.
2 der 2.DB führt den hier zu beurteilenden Betrieb weder als solchen noch nach seiner Ausrichtung auf.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Gründe, die Revision zuzulassen (§
160 Abs.
2 SGG), liegen angesichts der umfangreichen Rechtsprechung des BSG zu den entscheidungserheblichen Rechtsfragen nicht vor.