Tatbestand
Im Streit ist die „Richtlinie über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Reifgeborenen gemäß §
136 Abs.
1 Nr.
2 Sozialgesetzbuch
SGB V in Verbindung mit §
92 Abs.
1 S. 2 Nr.
13 SGB V“ (Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene /QFR-RL; in der Fassung vom 20. September 2005 veröffentlicht
im Bundesanzeiger 2005 [S. 15 684] in Kraft getreten am 1. Januar 2006, zuletzt wirksam geändert am 16. September 2021, veröffentlicht
im Bundesanzeiger [BAnz AT 17.11.2021 B4] in Kraft getreten am 1. Dezember 2021). Die QFR-RL trug zum Zeitpunkt der Klageeinreichung
noch die Bezeichnung „Richtlinie über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Reifgeborenen gemäß §
137 Abs.
1 Nr.
2 SGB V in Verbindung mit §
92 Abs.
1 S. 2 Nr.
13 SGB V“.
Im Wesentlichen wenden sich die Klägerinnen gegen mit Wirkung ab 1. Januar 2014 neu festgesetzte Pflegepersonalschlüssel.
Der Beschluss des Beklagten vom 20. Juni 2013 änderte – unter Neufassung des Titels – die bisherige „Vereinbarung über Maßnahmen
zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und Neugeborenen“ (zuletzt geändert am 20. August 2009 [BAnz AT 24.12.2009
V 195] ab.
In dieser Fassung sah er in der Anlage 2 unter I.2.2 folgendes vor:
I.2.2. Pflegerische Versorgung
Der Pflegedienst der neonatologischen Intensivstation der Einrichtung muss aus Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen
oder Gesundheits- und Kinderkrankenpflegern bestehen.
40 Prozent der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pflegedienstes (bezogen auf Vollzeitäquivalente) müssen eine Fachweiterbildung
im Bereich „Pädiatrische Intensivpflege“ gemäß der Empfehlung der Deutschen Krankenhausgesellschaft („DKG-Empfehlung zur Weiterbildung
für Krankenpflegepersonen in der Intensivpflege“ vom 11. Mai 1998 oder „DKG-Empfehlung zur Weiterbildung von Gesundheits-
und (Kinder-)Krankenpflegekräften für die pflegerischen Fachgebiete Intensivpflege, Funktionsdienste, Pflege in der Onkologie,
Nephrologie und Psychiatrie“ vom 20. September 2011) oder einer gleichwertigen landesrechtlichen Regelung abgeschlossen haben.
Die DKG gibt zur Gleichwertigkeit der einzelnen landesrechtlichen Regelungen jeweils eine Einschätzung ab. Gesundheits- und
Kinderkrankenpflegerinnen und Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger, die nicht über die oben genannte Fachweiterbildung verfügen,
können bis zum 31. Dezember 2016 für die Berechnung des Anteils fachweitergebildeter Kräfte berücksichtigt werden, wenn sie
über mindestens fünf Jahre Erfahrung in der Pädiatrischen Intensivpflege verfügen.
In jeder Schicht soll eine Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin oder ein Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger mit Fachweiterbildung
im Bereich „Pädiatrische Intensivpflege“ eingesetzt werden.
Im neonatologischen Intensivtherapiebereich eines Perinatalzentrums Level 1 muss ab dem 1. Januar 2017 jederzeit mindestens
ein Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder eine Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin je intensivtherapiepflichtigem
Frühgeborenen verfügbar sein; bis zum 1. Januar 2017 kann das Krankenhaus unter zu begründenden Umständen davon abweichen.
Im neonatologischen Intensivüberwachungsbereich muss ab dem 1. Januar 2017 jederzeit mindestens ein Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger
oder eine Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin je zwei intensivüberwachungspflichtigen Frühgeborenen verfügbar sein; bis
zum 1. Januar 2017 kann das Krankenhaus unter zu begründenden Umständen davon abweichen.
Als Mindestanforderung gilt, dass das Perinatalzentrum qualifiziertes Personal (Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder
Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen – unabhängig von Fachweiterbildung bzw. spezieller Erfahrung) in ausreichender
Zahl vorhalten muss, um den Pflegebedarf der tatsächlich intensivpflegerisch betreuten Früh- und Reifgeborenen zu decken.
Die Stationsleitung hat einen Leitungslehrgang absolviert.
Entsprechende Regelungen enthielt die Anlage 2 unter II. 2.2. für die Perinatalzentren Level 2.
Die Klägerinnen betreiben zugelassene Krankenhäuser. Sie stehen überwiegend in staatlicher oder kirchlicher Trägerschaft.
Am 6. November 2014 haben die Klägerinnen zu 1) bis 8) Klage beim hiesigen Gericht erhoben.
Mit Beschluss vom 15. Dezember 2016 (BAnz AT 01.03.2017 B1, in Kraft ab 2. März 2017) hat der Beklagte unter anderem Änderungen
in der Anlage II in Nr. I. 2. 2 und II 2. 2 der QFR-RL vorgenommen:
Auf der neonatologischen Intensivstation eines Perinatalzentrums müssen danach ab dem 1. Januar 2017 jederzeit mindestens
eine Kinderkrankenpflegerin oder -krankenpfleger je intensivtherapiepflichtigem Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht von
unter 1500 Gramm verfügbar sein. Bei der Intensivüberwachung gilt ein Schlüssel von eins zu zwei. 40 beziehungsweise 30 Prozent
der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Pflegedienstes müssen außerdem eine Fachweiterbildung im Bereich „Pädiatrische Intensivpflege“
abgeschlossen haben.
Perinatalzentren, die diese Vorgaben nicht erfüllen haben, haben allerdings hiervon längstens bis zum 31. Dezember 2019 nach
erfolgter Mitteilung abweichen können. Folge der Mitteilung ist die Einleitung eines „klärenden Dialogs“ mit dem Ziel des
Abschlusses einer konkreten Zielvereinbarung auf Landesebene.
Diese Meldemöglichkeit für Perinatalzentren, die die Anforderungen an die pflegerische Versorgung auf ihrer Intensivstation
nicht erfüllen, ist durch den weiteren Beschluss vom 16. Februar 2017 mit Inkrafttreten am 3. Mai 2017 (BAnz AT 02.05.2017
B2) in eine Verpflichtung umgewandelt worden, dies unter Angabe der konkreten Gründe unverzüglich mitzuteilen.
Mit Beschluss vom 18. Mai 2017, in Kraft getreten am 24. August 2017 (BAnz AT 23.08.2017 B1) hat der Beklagte „Vorgaben zur
schichtbezogenen Dokumentation und Ausgestaltung des klärenden Dialogs“ aufgestellt, und dabei in den neuen § 8 und § 9 QFR-RL
die Einzelheiten des „Klärenden Dialogs“ festgesetzt, insbesondere zur Zielvereinbarung und zur Vorgehensweise bei sich abzeichnender
Nichterfüllung der Personalanforderungen (§ 8 Abs. 6 bis 9 QFR-RL).
Mit Schriftsatz vom 26. März 2019 sind die Klägerinnen zu 9) bis 12) der Klage beigetreten.
Nachdem der Beklagte bereits in einer Pressemitteilung am 20. Juni 2019 erklärt hatte, die Übergangsregelungen zu den Personalvorgaben
zu verlängern, hat er mit Beschluss vom 19. September 2019 Änderungen in §§ 1, 6, 8, 10 und 11 sowie in der Anlage 2 verabschiedet,
die zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten sind (BAnz AT 20.12.2019 B7). Konkret ist ein neuer § 12 „Ausnahmetatbestände“ in
die Richtlinie aufgenommen und ferner in § 13 eine neue Übergangsregelung eingeführt worden. Außerdem ist neben inhaltlicher
Erweiterung des Kreises akzeptierter Pflegekräfte ein Abweichen nunmehr bis zum 31. Dezember 2021 erlaubt worden (jeweils
neuer Abs. 12 der Anlage 2 Nr. I.2.2 und der Nr. II.2.2 QFR-RL).
Zum 1. Dezember 2021 sind Änderungen aufgrund des Beschlusses des Beklagten vom 16. September 2021 in Kraft getreten (BAnz
AT 17.11.2021 B4). Dort ist zum einen die individuelle Frist, die bis zur Erfüllung der im klärenden Dialog definierten Ziele
vereinbart werden kann, auf den 31. Dezember 2022 verlängert worden (§ 8 Abs. 6 der Richtlinie). Zum anderen ist auch in der
Anlage II in Nr. I.2.2 Abs. 12 und II.2.2 Abs. 12 jeweils die Angabe „31. Dezember 2021“ durch die Angabe „31. Dezember 2022“
ersetzt worden.
Am 2. Dezember 2021 hat der Beklagte schließlich beschlossen, die daneben bestehenden Ausnahmen von Mindestanforderungen an
das Personal aufgrund der Covid 19-Pandemie in § 12 Abs. 3 und 4 der QFR-RL bis zum 31. März 2022 zu verlängern.
Die aktuell geltende Richtlinie hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
§ 12 Ausnahmetatbestände
(1) Die Krankenhäuser können von den Mindestanforderungen im Sinne von § 1 Absatz 2 und § 2 der Richtlinie in Verbindung mit
Anlage 2 Nummer I.2.2 Absatz 5 und 6 und Nummer II.2.2 Absatz 5 und 6 abweichen:
1. bei krankheitsbedingten Personalausfällen, die über das übliche Maß (mehr als 15 Prozent des in der jeweiligen Schicht
mindestens vorzuhaltenden Personals) hinausgehen oder
2. bei unvorhersehbarem Zugang von mehr als zwei Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht von unter 1500 g innerhalb einer Schicht.
Die Krankenhäuser haben die Mindestanforderungen unverzüglich, spätestens jedoch zu Beginn der nach Ablauf von 48 Stunden
beginnenden Schicht wieder zu erfüllen.
(2) Die Krankenhäuser sind verpflichtet, das Vorliegen der Voraussetzungen eines Ausnahmetatbestandes nach Absatz 1 unverzüglich
den zuständigen Landesverbänden der Krankenkassen und den Ersatzkassen nachzuweisen und in der Strukturabfrage anzugeben.
(3) Die Mindestanforderungen im Sinne von § 1 Absatz 2 und § 2 der Richtlinie in Verbindung mit Anlage 2 Nummer I.2.2 Absatz
2 bis 6 und Nummer II.2.2 Absatz 2 bis 6 finden bis zum 30. September 2021 keine Anwendung, wenn es als Folge von Pandemien,
Epidemien oder vergleichbaren Ereignissen zu
1. kurzfristigen krankheits- oder quarantänebedingten in unabdingbaren Sonderfällen höchster Patientenauslastung eines Krankenhauses,
die durch anderweitigen Personaleinsatz nicht anders abgefangen werden können, auch nothilfebedingten Personalausfällen oder
2. starken Erhöhungen der Patientenzahlen kommt, die in ihrem Ausmaß über das übliche Maß hinausgehen und einen flexiblen
Personaleinsatz erfordern.
(4) Die Vorgaben zur Dokumentation in Anlage 2 Nummer I.2.2. Absatz 9 sowie Nummer II.2.2 Absatz 9 finden bis zum 30. September
2021 keine Anwendung.
§ 13 Übergangsregelung
Für die in Anlage 2 Nummer I.2.2 Absatz 5 und 6 sowie Nummer II.2.2 Absatz 5 und 6 geregelten Mindestanforderungen gelten
die folgenden gestuften Übergangsregelungen:
1. In der Zeit vom 1. Januar 2020 bis zum 31. Dezember 2022 müssen die in Anlage 2 Nummer I.2.2 Absatz 5 und 6 sowie Nummer
II.2.2 Absatz 5 und 6 geregelten Mindestanforderungen lediglich in Höhe von 90 Prozent von den Krankenhäusern erfüllt werden.
2. In der Zeit vom 1. Januar 2023 bis zum 31. Dezember 2023 müssen die in Anlage 2 Nummer I.2.2 Absatz 5 und 6 sowie Nummer
II.2.2 Absatz 5 und 6 geregelten Mindestanforderungen lediglich in Höhe von 95 Prozent von den Krankenhäusern erfüllt werden.
3. Ab dem 1. Januar 2024 müssen die in Anlage 2 Nummer I.2.2 Absatz 5 und 6 sowie Nummer II.2.2 Absatz 5 und 6 geregelten
Mindestanforderungen zu 100 Prozent von den Krankenhäusern erfüllt werden.
Anlage 2
I.2.2
(12) Perinatalzentren, die die Anforderungen an die pflegerische Versorgung in Nummer I.2.2 nach dem 1. Januar 2017 nicht
erfüllen, teilen dies unter Angabe der Gründe dem G-BA unverzüglich mit. Sie dürfen nach erfolgter Meldung bis zum 31. Dezember
2022 von diesen Anforderungen abweichen.
(13) Mit diesen Krankenhäusern wird ein gesonderter, klärender Dialog gemäß § 8 geführt.
II.2.2
(12) Perinatalzentren, die die Anforderungen an die pflegerische Versorgung in Nummer II.2.2 nach dem 1. Januar 2017 nicht
erfüllen, teilen dies unter Angabe der Gründe dem G-BA unverzüglich mit. Sie dürfen nach erfolgter Meldung bis zum 31. Dezember
2022 von diesen Anforderungen abweichen.
(13) Mit diesen Krankenhäusern wird ein gesonderter, klärender Dialog gemäß § 8 geführt.
Zur Klagebegründung haben die Klägerinnen ausgeführt, nichts dagegen zu haben, die Besetzungsstärke der Pflegekräfte in Neonatologischen
Intensivstationen weiter zu erhöhen. Sie wehrten sich jedoch gegen eine unverhältnismäßige Überregulierung, welche eine Vorhersehbarkeit
der geschaffenen Regelungen vermissen lasse und Rechtsunsicherheit produziere.
Die Klage sei als sogenannte Normenfeststellungsklage zulässig. Die streitgegenständlichen Strukturvorgaben verpflichteten
sie normativ unmittelbar. Den Klägerinnen, die sämtlich zugelassene Plankrankenhäuser mit anerkannten Perinatalzentren Level
1 seien, sei nicht zuzumuten, die Einschränkung ihres Versorgungsauftrages und ihrer Teilnahmebefugnis erst nach einer Leistungserbringung
im Einzelfall klären zu können. Sie beriefen sich auf §§
108 i. V. m. 137 Abs.
1 SGB V (in der Fassung vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung vom 10. Dezember 2015
- KHSG – [BGBl. I S. 2229] mit Wirkung vom 1. Dezember 2016; nachfolgend:
SGB V alte Fassung = „SGB V a. F.“) als einfachrechtliche Normen und auf ihre durch Art.
3 Abs.
1, 12 Abs.
1 Grundgesetz (
GG) verfassungsrechtlich geschützten Belange.
Die Klägerinnen zu 1), 2) und 7) hätten als Träger bzw. Gesellschafter Einrichtungen der Religionsgemeinschaften.
Für das Feststellungsinteresse müssten (nur) die Anforderungen an die gegenwärtige Betroffenheit erfüllt sein, welche das
Bundesverfassungsgericht (BVerfG) aufstelle (Bezugnahme auf BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 6. Oktober 2016 -1 BvR 292/16).
In den neonatologischen Intensivstationen könnten die Anforderungen aufgrund fehlenden Fachpersonals und zugleich wegen fehlender
Finanzierung nicht erfüllt werden, wie dies auch eine repräsentative Befragung des Deutschen Krankenhausinstituts festgestellt
habe.
Die streitgegenständlichen Regelungen verstießen nicht nur gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, sondern auch gegen
den Grundsatz, dass Unmögliches nicht verlangt werden dürfe ( „ ultra posse nemo obligatur “ ). Das Problem der Kliniken, nämlich den durch die Pflegeschlüssel ausgelösten Mehrbedarf von mindestens 2500 Vollzeitstellen
für ausgebildetes Kinderkrankenpflegepersonal, blende der Beklagte vollständig aus. Die Berichte zum „klärenden Dialog“ für
2019 belegten erneut die Unmöglichkeit einer Erfüllung der Vorgaben und eine massive Gefährdung der Versorgung. Aus der Stellungnahme
der Bayerischen Krankenhausplanungsbehörde für den „Bericht über den klärenden Dialog“ vom 31. Januar 2018 ergebe sich, dass
sich insbesondere in den Ballungsgebieten bereits Versorgungsengpässe bemerkbar machten, die dazu führten, dass eine nicht
unbeachtliche Anzahl von Patienten von den Perinatalzentren abgelehnt bzw. verlegt werden müsste. In der Plenumssitzung des
Beklagten am 20. Juni 2019 sei berichtet worden, dass Perinatalzentren trotz aktueller Übergangsregelung geschlossen hätten
werden müssen bzw. Aufnahmesperren erfolgt seien. Ein Grund hierfür sei insbesondere, dass einige Versicherungsunternehmen
ihre Deckungszusage bei Nichteinhaltung der grundsätzlich geltenden Pflegeschlüssel des Beklagten auch dann verneinten, wenn
Krankenhausträger die Übergangslösung gewählt hätten und sich im sogenannten „klärenden Dialog“ befänden. Auch eine Simulationsstudie
des RWI-Leibnitz-Instituts für Wirtschaftsforschung komme zu dem Ergebnis, dass die Vorgaben unrealistisch seien.
Der Beklagte könne sich weiter nicht auf einen angeblich seit zehn Jahre geltenden Standard berufen. Die Empfehlungen der
Deutschen Gesellschaft für pränatale Medizin vom 20. September 2005 – das so genannte Bauer-Papier – habe nur Empfehlungscharakter
gehabt und zudem andere Versorgungsstufen vorausgesetzt.
§ 5 Abs. 3c letzter Satz Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) in der Fassung des Krankenhausstrukturgesetzes nehme ausdrücklich die hier streitgegenständlichen Pflegeschlüssel
als die „zum 1.Januar 2014 in Kraft getretenen zusätzlichen Anforderungen der Qualitätssicherung-Richtlinie Früh- und Reifgeborene
des Gemeinsamen Bundesausschusses“ in Bezug. In den Gesetzesmaterialien (BT-Drs. 18/5372 S. 65f) werde recht unverblümt darauf
hingewiesen, dass durch die zusätzlichen Vorgaben zur Strukturqualität in der Richtlinie für die Versorgung von Früh- und
Neugeborene eine Konzentration der Leistungserbringung auf bestimmte Krankenhäuser erreicht werden solle. Die Kompensation
von Mehrkosten durch Personalaufstockungen laufe bis heute ins Leere. Die vom Gesetzgeber hierfür zwingend vorgesehenen Regelungen
der Vertragspartner auf Bundesebene (§ 9 Abs. 1a Nr. 1 KHEntgG) lägen bislang nicht vor.
Die vom Beklagten berücksichtigten Studien seien nicht belastbar. Hingegen habe er ausweislich der Tragenden Gründe die Studie
Tucker et al. (Lancet 2002) nicht berücksichtigt, wonach es gerade keinen Zusammenhang zwischen der risikoadjustierten Mortalität
und der Personalbesetzung gebe. Auch sei die Studie von Sherenian et al. (2013) unberücksichtigt geblieben, wonach die meisten
Frühgeborenenstationen in Großbritannien die Pflegeschlüssel-Empfehlungen der britischen Fachgesellschaft nicht erfüllten.
Die vom Beklagten herangezogenen Studien böten keine Evidenz für die streitgegenständlichen Pflegeschlüssel. Dies habe auch
die zum Beklagten gehörende Abteilung Fachberatung Medizin in ihrer Stellungnahme vom 30. Dezember 2012 (Anl. 16 der sogenannten
Normsetzungsdokumentation) ausgeführt. Die Fachberatung Medizin habe in ihrer Stellungnahme die Studien von Sink und Hamilton
mit deutlichen Worten in Zweifel gezogen. Die Studien von Hamilton und Rogowski machten zudem deutlich, dass es sich bei den
britischen und US-amerikanischen Empfehlungen der jeweiligen Fachgesellschaften nicht um zwingende Mindeststandards handele,
sondern um politische best-practice-Empfehlungen. Am Ende der Studie von Rogowski wiesen die Autoren zudem darauf hin, dass
selbst in einigen der besten NICUs (NICU = „neonatal intensive care unit“) die Besetzung mit Pflegekräften nicht den Empfehlungen
entspreche.
Die Normsetzungsbefugnis des Beklagten für die streitgegenständlichen Pflegeschlüssel sei spätestens durch Einführung des
§ 137i
SGB V durch das Gesetz vom 17. Juli 2017 entfallen. Der Gesetzgeber habe die Regelung von Mindestvorgaben für die Pflegepersonalausstattung
im stationären Bereich zum Zwecke einer einheitlichen abgestimmten Gesamtregelung alleine den Vertragsparteien nach § 137i
Abs. 1 S. 1
SGB V zugewiesen. Auch die Ausnahmeregelung nach § 137i Abs.
1 S. 6 i. V. m. §
136 Abs.
2 S. 2
SGB V lasse es als zwingend erscheinen, die Regelung von Mindestpflegeschlüsseln (jedenfalls in pflegesensitiven Bereichen) im
Übrigen exklusiv den Selbstverwaltungspartnern zu überlassen.
Zudem sei die Flut von Beschlüssen des Beklagten eine Zumutung für die Versorgungspraxis und demotiviere das ärztliche und
pflegerische Personal, das teilweise monatlich mit neuen (Dokumentations-) Anforderungen konfrontiert werde, häufig auch rückwirkend.
Aufgrund Anl. 2 I/ II.2. 2 Abs. 7 der Richtlinie ergäbe sich ein kompletter Ausschluss eines Perinatalzentrums aus der Versorgung
spätestens im Zuge der jährlichen „Pflegesatzverhandlungen“ sowie ein kompletter Wegfall der Vergütungsansprüche bei nur partieller
Nichterfüllung. Die genannten überaus harten Sanktionen würden bereits dann ausgelöst, wenn a) der Umsetzungsgrad der strikten
Pflegeschlüssel auf das Jahr betrachtet unter 95 % liege oder wenn b) der Personalschlüssel in mehr als zwei aufeinanderfolgenden
Schichten nur einmal im Jahr nicht erfüllt sei. Wenn das Ausschlusskriterium b) vorliege, sei es unerheblich, ob das Perinatalzentrum
im Übrigen einen Umsetzungsgrad von 95 % oder mehr nachweise. Nach der aktuellen Fassung der QFR-RL müssten die realitätsfernen
Personalvorgaben ab 1. Januar 2023 zu 95% und ab 1. Januar 2024 zu 100% erfüllt sein.
Es werde vorsorglich klargestellt, dass mit der sprachlichen Zusammenfassung des Antrages keine Teilklagerücknahme erfolgen
solle.
Die Klägerinnen beantragen:
Es wird festgestellt, dass der zur Qualitätssicherungs-Richtlinie Früh- und Reifgeborene ergangene Beschluss des Beklagten
vom 20. Juni 2013, zuletzt geändert mit Beschluss des Beklagten vom 16. September 2021, rechtswidrig und somit nichtig ist,
soweit die folgenden Regelungen betroffen sind:
Anlage 2
I.2.2
„(5) Auf der neonatologischen Intensivstation eines Perinatalzentrums Level 1 muss ab dem 1. Januar 2017 jederzeit mindestens
ein Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder eine Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin je intensivtherapiepflichtigem
Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht < 1500 g verfügbar sein.
(6) Auf der neonatologischen Intensivstation muss ab dem 1. Januar 2017 jederzeit mindestens ein Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger
oder eine Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin je zwei intensivüberwachungspflichtigen Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht
< 1500 g verfügbar sein.“
II. 2.2
„(5) Auf der neonatologischen Intensivstation eines Perinatalzentrums Level 2 muss ab dem 1. Januar 2017 jederzeit mindestens
ein Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder eine Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerin je intensivtherapiepflichtigem
Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht < 1500 g verfügbar sein.
(6) Auf der neonatologischen Intensivstation muss ab dem 1. Januar 2017 jederzeit mindestens ein Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger
oder eine Gesundheits-und Kinderkrankenpflegerin je zwei intensivüberwachungspflichtigen Frühgeborenen mit einem Geburtsgewicht
< 1500 g verfügbar sein.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat ausgeführt, die Vorgaben für die Personalausstattung seien seit vielen Jahren der durch eine nationale Leitlinie empfohlene
wissenschaftliche Standard. Nach den „Empfehlungen für die strukturellen Voraussetzungen der Perinatalversorgung in Deutschland“
vom 20. September 2005 der Deutschen Gesellschaft für perinatale Medizin (DGPM) unter Beteiligung sämtlicher relevanter medizinischer
Fachgesellschaften sei seit dem 1. Januar 2006 als medizinisch-wissenschaftlicher Standard im Intensivtherapie Bereich ein
Pflegeschlüssel von 1 : 1 und im Überwachungsbereich ein Pflegeschlüssel von 2 : 1 sicherzustellen. Der aufgeführte Pflegeschlüssel
von 3 : 1 pro Bett auf einer 24-Stunden-Basis entspreche im Wesentlichen bereits einem Pflegeschlüssel von 1 : 1, der im Rahmen
des üblichen Dreischichtensystems den Einsatz von drei Pflegekräften erfordere. Dieser allgemein anerkannte medizinisch-wissenschaftliche
Standard sei durch eine aktuelle S1-Leitlinie der DGPM (AWMF-Registernummer 087-001) inhaltlich nochmals konkretisiert und
im Ergebnis vollumfänglich bestätigt worden. Zusätzliches Gewicht komme dieser Leitlinienempfehlung durch die Empfehlung der
Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention am Robert-Koch-Institut aus dem Jahr 2007 zu.
Unter Berücksichtigung der Einhaltung dieser Standards in den Level-1-Kliniken seien entsprechende Kosten der Personalausstattung
über die Kalkulation bereits fester Bestandteil des DRG-Vergütungssystems in Höhe der Ist-Kosten geworden. Auch die streitgegenständlichen
Vorgaben zur Weiterbildung seien vom Kostenansatz bereits vollständig im DRG-System abgebildet. Bereits in der zum 1. Januar
2006 in Kraft getretenen Vorläuferregelung „Vereinbarung über Maßnahmen zur Qualitätssicherung der Versorgung von Früh- und
Neugeborenen“ vom 20. September 2005 sei durch den Beklagten vorgegeben worden, dass in den Level-1-Kliniken bei einem Anteil
von mindestens 40 % der Pflegekräfte eine Fachweiterbildung im Bereich Pädiatrische Intensivpflege sicherzustellen sei. Übergangsweise
könne bis zum 31. Dezember 2015 bzw. nach nochmaliger Verlängerung bis zum 31. Dezember 2016 eine entsprechende Anrechnung
von Personal mit mindestens fünfjähriger Berufserfahren erfolgen. Demnach müsste erforderlicher Weiterbildungsbedarf zwingend
in erheblichem Umfang spätestens in den Jahren zwischen 2010 bis 2013 angefallen sein. Dieser Bedarf sei als Teil der Kosten
der medizinischen Infrastruktur (Aus-, Fort- und Weiterbildung) im Rahmen des DRG-Vergütungssystems in Höhe der Ist-Kosten
vollständig abgebildet. Ein mit den vorliegenden Klagen verbundenes wirtschaftliches Interesse könne aus diesen Vorgaben nicht
hergeleitet werden. Nach eigenen Angaben der Klägerin erfüllten diese bereits seit einem Zeitraum von 10 Jahren die geltenden
Vorgaben für die Personalausstattung. Es fehlten konkrete Angaben für den vorgegebenen behaupteten sprunghaften Anstieg des
Personalbedarfs. Diesen könnten die Klägerinnen ohne weiteres aufgrund der im Rahmen der jährlichen Budgetverhandlungen mit
den Kostenträgern vorzulegenden Nachweise der Personalausstattung hier vorlegen.
Die Abteilung Fachberatung Medizin des Beklagten habe sämtliche von den Klägerinnen zitierten Studien bei ihrer Würdigung
berücksichtigt, insbesondere auch diejenigen, die sich kritisch zum Zusammenhang zwischen Personalausstattung und Qualität
äußerten. Sie komme zu dem Ergebnis, dass die Auswertung der Studien einen Zusammenhang zwischen der Anzahl und Qualifikation
des Pflegepersonals und dem Versorgungsergebnis belege.
Rechtlicher Maßstab für die Bewertung der streitgegenständlichen Personalvorgaben zum Nachweis eines Zusammenhanges zwischen
Anzahl und der Qualifikation des Pflegepersonals und der Ergebnisqualität sei nicht das Vorliegen einer Evidenz der höchsten
Stufe im Sinne eines sogenannten Goldstandards. Vielmehr sei nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG; Urteil vom 18. Dezember 2012 – B1 KR 34/12 R) die nach wissenschaftlichen Maßstäben belegte Wahrscheinlichkeit für die Anerkennung
eines Zusammenhangs zwischen Leistungsmenge und Ergebnisqualität auf den hier streitigen Nachweis des Zusammenhangs zwischen
Anzahl und der Qualifikation des Pflegepersonals und der Ergebnisqualität zu übertragen. Diese Voraussetzungen lägen vor.
Die streitgegenständlichen Personalvorgaben stellten ein ausgewogenes Gesamtsystem der angemessenen Steuerung der Ergebnisqualität
dar.
Um die Umsetzung der Mindestquoten von Gesundheits- und Kinderkrankenpflegerinnen und -pflegern mit abgeschlossener Fachweiterbildung
im Bereich „pädiatrische Intensivpflege“ zu gewährleisten, sei bereits am 17. September 2015 beschlossen worden, dass Kinderkrankenpflegepersonal
mit ausreichender Berufserfahrung in der neonatologischen Intensivpflege unter bestimmten Bedingungen dauerhaft für die Erfüllung
der Mindestquoten angerechnet werden könne. Die Praxis habe gezeigt, dass diese Anerkennung eine solide Ausgangsbasis schaffe,
die Mindestquoten umzusetzen.
Um die bisher fehlende Transparenz zum Stand der Umsetzung der Vorgaben der QFR-RL herzustellen, sei neben der Ausgestaltung
des Verfahrens der standardisierten Strukturabfrage auch eine zunächst bis zum 31. Dezember 2019 befristete Möglichkeit eröffnet
worden, sich bei absehbaren Problemen mit der Erfüllung der Personalvorgaben unmittelbar an den Beklagten zu wenden. Der Zeitraum
werde aber auch dafür genutzt, Perinatalzentren, denen eine Erfüllung der Personalanforderungen nicht möglich sei, dabei zu
unterstützen, die Vorgaben schnellstmöglich umzusetzen. In diesem Zeitpunkt sei ihnen ein Abweichen jedoch nur dann gestattet,
wenn sie sich beim Beklagten unter Angaben der konkreten Gründe meldeten und bei der schnellstmöglichen Erfüllung der Personalanforderungen
der Richtlinie durch die verbindliche Festlegung konkreter Zielvereinbarungen begleiten ließen. Mit diesen Perinatalzentren
werde ein sogenannter „klärender Dialog“ auf Landesebene unter Leitung des verantwortlichen Gremiums nach § 14 Abs. 1 S. 1
der QSKH-Richtlinie geführt. Die Weiterentwicklung der Richtlinie im Beschluss vom 15. Dezember 2016 ermögliche ein ausgewogenes
Miteinander des Forderns und der Förderung sowie die notwendige Implementierung eines Systems zur Transparenz hinsichtlich
des tatsächlichen Standes der Umsetzung der Personalvorgaben.
Die Einführung der Personaluntergrenzen im Sinne von § 137i
SGB V bezwecke nicht, abschließend das Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsgebot für die von den Krankenhäusern zu Lasten der Krankenkassen
erbrachten Versorgungsleistungen zu konkretisieren. § 137i
SGB V regele auch keine Qualitätssicherung im Sinne von verbindlichen Mindestanforderungen gemäß §
136 Abs.
1 S. 1 Nr.
2 SGB V i. V. m. §
137 Abs.
1 S. 3 Nr.
2 SGB V. Vielmehr sei dies eine in §
92 Abs.
1 S. 2 Nr.
13 SGB V geregelte Kernkompetenz des Beklagten. Dieser normative Befund werde auch durch den Verweis in § 137i Abs. 1 S. 6
SGB V bestätigt. Danach blieben die vom Beklagten festzulegenden Mindestvorgaben zur Personalausstattung nach §
136 Abs.
2 S. 2
SGB V unberührt. Daraus folgten lediglich die inhaltliche Beschränkung der von § 137i
SGB V umfassten Bereiche, für die Personaluntergrenzen festgelegt werden könnten. Diese inhaltliche Beschränkung des § 137i
SGB V sei für den Gesetzgeber offensichtlich angezeigt gewesen, da für den Beklagten bereits nach §
136 Abs.
2 SGB V der Regelungsauftrag zur Festlegung von verbindlichen Mindestvorgaben zur Personalausstattung bestanden habe.
Der Senat hat die auf https://perinatalzentren.org veröffentlichten Daten in das Verfahren eingeführt.
Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und Unterlagen wird ergänzend Bezug genommen.
Den Klagen muss Erfolg versagt bleiben.
I. Sie sind bereits unzulässig.
2. Die Klagen sind zwar als (Normen-) Feststellungsklagen statthaft.
Streitgegenstand ist das jeweilige Begehren der Klägerinnen festgestellt zu erhalten, dass die im Klageantrag im Einzelnen
bezeichneten Teile der QFR-RL unwirksam sind.
Seit März 2017 und bis zum maßgeblichen aktuellen Zeitpunkt gibt es für die Klägerinnen auch nach eigenem Vorbringen keine
unzumutbaren Belastungen mehr, weil die Mindestpersonalvorgaben seit über vier Jahren suspendiert sind. Der Beklagte hat bereits
mit Wirkung ab 2. März 2017 die Regelung in die QFR-RL eingeführt, dass die Perinatalzentren von den Mindestanforderungen
abweichen können, wenn sie dies unter Angaben von Gründen melden. Aktuell ist dies in Absatz 12 der Anlage 2 Nr. I.2.2 und
Nr. II 2.2 QFR-RL geregelt („Perinatalzentren, die die Anforderungen an die pflegerische Versorgung in Nummer I.2.2 nach dem
1. Januar 2017 nicht erfüllen, teilen dies unter Angabe der Gründe dem G-BA unverzüglich mit. Sie dürfen nach erfolgter Meldung
bis zum 31. Dezember 2022 von diesen
Anforderungen abweichen.“).
Für Situationen nicht planbarer Krankheitsausfälle beim Personal und auch bei unerwarteten Zugängen von Frühchen ermöglichen
zudem die §§12f QFR-RL auch abgesehen der (Corona-)Pandemiebedingten Engpässen vorübergehend Ausnahmen von den strikten Mindestpersonalvorgaben.
Aufgrund dieser veränderten Rechtslage haben die in Parallelverfahren klagenden Krankenhäuser Erledigung erklärt.
Ein Regressinteresse ist bezogen auf die Vergangenheit nicht ersichtlich. Es gibt keinen Vortrag, der einen Schaden der Klägerinnen
begründen könnte. Diese haben auch nicht geäußert, ein Regressverfahren anstrengen oder Folgeansprüche geltend machen zu wollen.
Auch von einer Wiederholungsgefahr ist nicht auszugehen. Es fehlt jedenfalls am Erfordernis der denkbaren Wiederholung bei
einer im wesentlichen unveränderten Sachlage:
Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr setzt die hinreichend bestimmte
(konkrete) Gefahr voraus, dass unter im wesentlichen unveränderten tatsächlichen und rechtlichen Umständen ein gleichartiger
Rechtsakt erfolgen wird (BSG, Urteil vom 20. Mai 1992 – 14a/6 RKa 29/89 –, juris-Rdnr. 14 mit Bezugnahme u. a. auf Bundesverwaltungsgericht [BVerwG] 1990, 360 Beschluss vom 16. Oktober 1989 – 7 B 108/89 –, juris-Rdnr. 5 jeweils zu erledigtem Verwaltungsakt).
Selbst wenn die Regelungen in §§ 12f QFR-RL nicht über den 31. Dezember 2022 hinaus verlängert werden sollten, hat sich und
wird sich alleine aufgrund der verstrichenen Zeit und mittlerweile etlichen Jahren des „klärenden Dialogs“ die Situation geändert
haben und wird sich auch weiter wandeln. Angesichts der zahlreichen Anpassungen der QFR-RL durch den Beklagten ist zudem nicht
hinreichend sicher zu erwarten, dass dieser weitere notwendige Übergangsregelungen nicht mehr vornehmen wird. Es ist vielmehr
davon auszugehen, dass dieser weiterhin die Informationen, die ihm im Rahmen des „klärenden Dialogs“ zugeliefert werden, auswerten
und die daraus gewonnenen Erkenntnisse berücksichtigen wird. Derzeit ist die Klage zur Verhinderung der nur möglicherweise
drohenden künftigen Regelung auch unter dem Aspekt der Gewährung effektiven Rechtsschutzes verfrüht.
Eine solche setzt die Behauptung einer Verletzung in Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten voraus als gegenwärtige
und unmittelbare Betroffenheit. Gegenwärtig ist die Betroffenheit, wenn die angegriffene Vorschrift auf die Rechtsstellung
aktuell und nicht nur virtuell einwirkt, wenn die Norm ihre Adressaten mit Blick auf ihre künftig eintretenden Wirkungen zu
später nicht mehr korrigierbaren Entscheidungen zwingt oder wenn klar abzusehen ist, dass und wie die Beschwerdeführer in
der Zukunft von der Regelung betroffen sein werden (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 06. Oktober 2016 -1 BvR 292/16 -, Rdnr. 18 juris). Im vorliegenden Fall ist hingegen - wie ausgeführt - noch ungewiss, welche konkreten Anforderungen sich
die Klägerinnen ab 01. Januar 2023 ausgesetzt sehen werden.
4. Bezogen auf die aktuelle Regelungslage fehlt es am Zulässigkeitserfordernis einer Klagebefugnis bzw. jedenfalls am Rechtsschutzbedürfnis.
Die Klägerinnen sind ursprünglich in diesem Sinne klagebefugt gewesen.
Zum maßgeblichen aktuellen Zeitpunkt gibt es aber keine unzumutbaren Belastungen, weil die Mindestpersonalvorgaben wie ausgeführt
seit über vier Jahren suspendiert sind.
Es fehlte derzeit – die Klagebefugnis dahingestellt - aus demselben Grund jedenfalls am Rechtsschutzbedürfnis.
Die Klägerinnen haben aktuell keinen Vorteil von der begehrten Feststellung. Dass die Suspensierungsvorschriften möglicherweise
nicht noch einmal verlängert werden, begründet – wie ausgeführt - kein schutzwürdiges Interesse.