Gründe
Die am 12. August 2022 eingelegte Beschwerde der Beklagten gegen den ihren Prozessbevollmächtigten am 28. Juli 2022 übermittelten
Beschluss des Sozialgerichts Hamburg vom 27. Juli 2022, mit dem die Unzulässigkeit des Sozialrechtswegs festgestellt und der
Rechtsstreit an das Amtsgericht Hamburg-Mitte verwiesen worden ist, ist statthaft und auch im Übrigen zulässig (§
202 Satz 1 des
Sozialgerichtsgesetzes <SGG> i.V.m. §
17a Abs.
4 Satz 3 des
Gerichtsverfassungsgesetzes <GVG> sowie §§
173,
65a und
65d SGG).
Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.
Der Rechtswegverweisung steht nicht entgegen, dass die Klage ursprünglich beim Sozialgericht Köln erhoben und von dort wegen
örtlicher Unzuständigkeit an das Sozialgericht Hamburg verwiesen worden ist. Ist – wie vorliegend – von dem aus anderen Gründen
erstverweisenden Gericht nicht über den Rechtsweg entschieden worden, so ist damit keine unanfechtbare Entscheidung über die
Zulässigkeit des Rechtsweges gefällt worden, die eine Weiterverweisung an ein Gericht eines anderen Rechtsweges ausschlösse
(Bundesgerichtshof <BGH>, Urteil vom 1. Februar 1978 – IV ZR 142/77, BGHZ 70, 295; Wehrhahn in jurisPK-
SGG, 2. Aufl. <Stand: 15. Juni 2022>, §
98 Rn. 29).
Der Rechtsweg zu den Sozialgerichten nach §
51 SGG ist nicht eröffnet, wie das Sozialgericht mit zutreffender Begründung, auf die nach §
142 Abs.
2 Satz 3
SGG Bezug genommen wird, ausgeführt hat.
Es handelt sich vorliegend weder um eine öffentlich-rechtliche noch um eine privatrechtliche Streitigkeit in Angelegenheiten
der gesetzlichen Krankenversicherung. Die Klägerin begehrt als Trägerin des Krankenhauses, das eine Versicherte der AOK R.
stationär behandelte und währenddessen die Fortführung einer zuvor ambulant begonnenen, von der Beklagten erbrachten Strahlentherapie
dadurch ermöglichte, dass sie die Transporte der Versicherten organisierte und die Kosten hierfür und gegenüber der Beklagten
für die weitere Strahlentherapie durch Zahlung einer Vergütung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) übernahm, die bereicherungsrechtliche Rückabwicklung (§
812 des
Bürgerlichen Gesetzbuchs <BGB>) eines zivilrechtlichen entgeltlichen Geschäftsbesorgungsvertrags (§
675 BGB).
Der Umstand, dass es sich bei der behandelten Patientin um eine gesetzlich Krankenversicherte handelte, vermag an dieser rechtlichen
Bewertung nichts zu ändern. Deren öffentlich-rechtliche Beziehung zur AOK R., für die wiederum die Klägerin im sozialrechtlichen
Dreiecksverhältnis als Leistungserbringerin auftrat, spielt im zweiseitigen Schuldverhältnis zwischen den Beteiligten dieses
Verfahrens keine Rolle. Die Beklagte ist nicht Bestandteil des Dreiecksverhältnisses Krankenkasse-Versicherte-Leistungserbringer.
Die von ihr aufgrund der der Klägerin gegenüber bestehenden privatrechtlichen Verpflichtung erbrachte Leistung könnte sie
im Übrigen in gleicher Form auch im Zusammenhang mit der Behandlung eines nicht gesetzlich, sondern privat versicherten Patienten
schulden. Auch die Beklagte wird nicht die Ansicht vertreten, dass für hieraus resultierende Streitigkeiten ein anderer als
der Zivilrechtsweg in Betracht käme.
Insofern verfängt auch das Argument der Beklagten nicht, die Zuständigkeit der Sozialgerichtsbarkeit ergebe sich daraus, dass
die Frage streitgegenständlich sei, ob die von ihr erbrachte Strahlentherapie eine vom Krankenhaus veranlasste Leistung Dritter
im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 des Krankenhausentgeltgesetzes (KHEntgG) und damit eine allgemeine Krankenhausleistung dargestellt habe, sodass sämtliche den Sachverhalt prägende Vorschriften
dem Sozialrecht entstammten. Denn zum einen ist streitgegenständlich nicht eine bestimmte Rechtsnorm, sondern ein erhobener
prozessualer Anspruch nebst dem zugrunde liegenden Lebenssachverhalt. Der prozessuale Anspruch besteht vorliegend aus dem
geltend gemachten bereicherungsrechtlichen Erstattungsanspruch in Rückabwicklung des zivilrechtlichen Geschäftsbesorgungsvertrages.
Dass dieser Anspruch besteht, ist im Übrigen auch dann nicht unbedingt zwingend, wenn man zu dem Schluss kommen sollte, dass
es sich nicht um eine allgemeine Krankenhausleistung gehandelt habe mit der Folge, dass die ursprünglich gegenüber der AOK
R. erhobene Forderung der Klägerin zu hoch gewesen wäre. Denn die bereicherungsrechtlichen Voraussetzungen müssten in ihrer
Gesamtheit vorliegen und durchgreifende Einreden/Einwendungen dürften nicht bestehen. Darüber hinaus betrifft § 2 Abs. 2 S.
2 Nr. 2 KHEntgG nicht nur öffentliche-rechtliche Rechtsverhältnisse, sondern wäre beim Streit im Zusammenhang mit der Behandlung
eines nicht gesetzlich versicherten Patienten in gleicher Form heranzuziehen.
Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass bei ähnlichen Sachverhalten wie dem vorliegenden Klagen in der Regel vor den Sozialgerichten
geführt würden, weil die Krankenhäuser die höhere Vergütung gegenüber den Krankenkassen geltend machten, und deshalb meint,
die Rechtswegzuständigkeit dürfe nicht vom Zufall der prozessualen Rollenverteilung abhängig sein, vermag der Senat dem ebenfalls
nicht zu folgen. Die Frage, wer in welchem Rechtsverhältnis prozessuale Ansprüche erhebt, ist keine zufällige, und gerade
an diese knüpfen zwingend die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen an.
Soweit die Beklagte darauf hinweist, dass nur im sozialgerichtlichen Verfahren mittels des Instituts der Beiladung das Rechtsverhältnis
insgesamt auch in Bezug auf die gesetzliche Krankenkasse geklärt werden könne, ist dies ebenfalls nicht dazu angetan, das
grundgesetzlich geschützte Recht auf den gesetzlichen Richter, hier in Gestalt der Regelungen zur Rechtswegzuständigkeit,
abzubedingen. Soweit die Beklagte hierin eine Benachteiligung der Klägerin sieht und diese rügt, ist festzustellen, dass auch
dieser Vortrag – selbst wenn man seine Richtigkeit unterstellte – die gesetzlichen Zuständigkeitsregelungen nicht außer Kraft
zu setzen vermag, wobei die vom Sozialgericht vorgenommene Rechtswegverweisung im Übrigen im Einklang mit dem schriftsätzlich
gestellten Antrag der Klägerin erfolgt ist. Abgesehen davon hat das Sozialgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass eine Beiladung
der AOK R. vorliegend gar nicht zu erwägen ist, weil nach der Rechnungskorrektur durch die Klägerin eine höhere Forderung
als die von der AOK R. bereits erfüllte nicht mehr im Raum steht, sodass eine Verurteilung der Krankenkasse nach derzeitigem
Sachstand gar nicht in Betracht käme.
Im nach alledem einschlägigen Zivilrechtsweg besteht eine örtliche Zuständigkeit des Amtsgerichts Hamburg (§
17 der
Zivilprozessordnung).
In Verfahren über eine Rechtswegbeschwerde ist – isoliert für das Beschwerdeverfahren – eine Kostenentscheidung zu treffen;
im Übrigen gilt §
202 Satz 1
SGG i.V.m. §
17b Abs.
2 GVG. Die Kostenentscheidung des Beschwerdeverfahrens beruht auf entsprechender Anwendung des §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
154 Abs.
2 der
Verwaltungsgerichtsordnung (vgl. hierzu Bundessozialgericht <BSG>, Beschluss vom 9. Februar 2006 – B 3 SF 1/05 R –, SozR 4-1500 § 51 Nr. 2 Rn. 13). Die Kosten hat hier die Beklagte zu tragen, weil die Beschwerde ohne Erfolg bleibt.
Einer Entscheidung über den Streitwert bedarf es nicht, weil für das Verfahren Gerichtskosten in Höhe einer Festgebühr anfallen
(Nr. 7504 der Anlage 1 zum Gerichtskostengesetz <Kostenverzeichnis>).
Die weitere Beschwerde wird vor dem Hintergrund zugelassen (§
202 Satz 1
SGG i.V.m. §
17a Abs.
4 Sätze 4 und 5
GVG), dass das BSG mit Beschluss vom 29. Juli 2014 – B 3 SF 1/14 R – (SGb 2015, 464) für die Klage eines Gebärdensprachdolmetschers auf Vergütung der während der vollstationären Behandlung eines gehörlosen
Versicherten erbrachten Dolmetscherdienste durch den Krankenhausträger (Beklagter) bzw. die Krankenkasse (Beigeladene) den
Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für eröffnet gehalten hat. Dem Klagebegehren liege ein umfassender Streitgegenstand
zugrunde, bei dem die einheitliche Vergütungsforderung einerseits zivilrechtlicher und andererseits öffentlich-rechtlicher
Natur sei. Betrachte man allerdings die Rechtsverhältnisse des Gebärdensprachdolmetschers zur Beklagten einerseits und zur
Beigeladenen andererseits in der Gesamtschau, sei festzuhalten, dass der Streitgegenstand überwiegend sozialleistungsrechtlich
geprägt sei. Denn es reiche insoweit aus, dass ein an sich dem Zivilrecht zugehöriger Zahlungsanspruch einen engen sachlichen
Zusammenhang mit der Verwaltungstätigkeit des betroffenen Sozialleistungsträgers, hier der Beigeladenen, aufweise. Würde man
diese, den erkennenden Senat nicht überzeugende Entscheidung (s. zur Kritik auch Groß, SGb 2015, 466) auf den vorliegenden Sachverhalt übertragen, könnte angesichts der bereits mit Klageerhebung beantragten Beiladung der AOK
R. und dem Hilfsantrag, jene zu verurteilen, an die Klägerin den Betrag nebst Zinsen zu zahlen, um den die Rechnung auf Betreiben
der Krankenkasse gekürzt worden war, auch vorliegend die Einschlägigkeit des Sozialrechtswegs in Betracht kommen, auch wenn
die Vergütungsforderung gegenüber der Krankenkasse sich von der bereicherungsrechtlichen Forderung gegenüber der Beklagten
unterscheidet. Eine Übertragung der genannten BSG-Rechtsprechung auf Sachverhalte wie den vorliegenden würde im Übrigen dazu führen, dass letztlich auch Streitigkeiten von
Krankenhäusern mit Vertragspartnern für Drittleistungen aus letztlich allen ärztlichen, aber auch sonstigen Bereichen, von
externen oder pathologischen Laboruntersuchungen bis hin zur Speisenversorgung und zum Reinigungsdienst (so die Klägerin in
ihrer Klageschrift vom 15. Mai 2020 auf Seite 5 Mitte m.N.), im Sozialrechtsweg zu entscheiden wären, was dem erkennenden
Senat nicht nur nicht sachgerecht erschiene, sondern an den gesetzlichen Regelungen über die Rechtswegzuständigkeit vorbeiginge.
Vor diesem Hintergrund misst der erkennende Senat dem Rechtsstreit grundsätzliche Bedeutung bei.