Anspruch auf Arbeitslosengeld II; Leistungen für Unterkunft und Heizung; Angemessenheit der Unterkunftskosten
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darum, in welcher Höhe der Beklagte die Kosten übernehmen muss, die dem Kläger für Unterkunft und
Heizung in der Zeit vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. Mai 2008 entstanden sind.
Der 1968 geborene Kläger wohnte nach Verbüßung einer Haftstrafe zunächst mit seiner Freundin zusammen. Nach der Trennung von
seiner Freundin schloss er am 19. November 2007 einen Mietvertrag über eine 49,31 qm große Zweizimmerwohnung in der I. in
Wilhelmshaven für die Zeit ab dem 1. Dezember 2007 ab. Die Bruttokaltmiete betrug 291,90 Euro (Kaltmiete 216,50 Euro, Betriebskosten
75,40 Euro, Quadratmeterpreis 5,92 Euro), die Heizkostenvorauszahlungen beliefen sich auf 70,00 Euro. Ebenfalls am 19. November
2007 stellte er beim Beklagten einen Antrag auf Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Mit Bescheid vom
20. Dezember 2007 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 1. Dezember 2007 bis zum 31. Mai 2008 Leistungen in
Höhe von 666,00 Euro im Monat. Dabei ging der Beklagte von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 319,00 Euro - für
Dezember 2007 - bzw. 324,00 Euro - für die Monate Januar bis Mai 2008 - aus. Am 11. Januar 2008 erhob der Kläger hiergegen
Widerspruch. Er machte geltend, die Berechnung der Kosten für Unterkunft und Heizung sei nicht nachvollziehbar. Die Kosten
der Unterkunft seien in tatsächlicher Höhe zu berücksichtigen. Dies ergebe sich aus der Rechtsprechung insbesondere des Sozialgerichts
(SG) Oldenburg. Bei den Heizkosten würde widerrechtlich nur ein fester Betrag je Quadratmeter Wohnfläche berücksichtigt. Der
Beklagte hätte von den Heizkosten auch keine Pauschale für die Bereitung von Warmwasser absetzen dürfen. Der Widerspruch wurde
mit Widerspruchsbescheid vom 28. Januar 2008 als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Beklagte aus, der Kläger
sei in die neue Wohnung umgezogen, ohne zuvor seine - des Beklagten - Zustimmung einzuholen. Deshalb seien nur die angemessenen
Unterkunftskosten zu übernehmen. Die Mietobergrenze betrage für einen Einpersonenhaushalt 259,00 Euro einschließlich Nebenkosten
(ohne Heizung). Von den tatsächlichen Heizkostenvorauszahlungen in Höhe von 70,00 sei die Warmwasserpauschale in Höhe von
6,72 Euro abzusetzen, weil die Warmwasseraufbereitung über die Heizungsanlage erfolge. Tatsächlich hätten dem Kläger damit
Heizkosten in Höhe von 63,28 Euro bewilligt werden müssen. Der Kläger hätte damit im Dezember 2007 3,28 Euro zu wenig (60,00
Euro statt 63,28 Euro) erhalten. Er hätte jedoch in den Monaten Januar bis Mai 2008 insgesamt 8,60 Euro zu viel (65,00 Euro
- 63,28 Euro = 1,72 Euro mal 5 Monate) erhalten.
Der Kläger hat am 4. Februar 2008 Klage erhoben. Er machte geltend, die tatsächlichen Kosten der Unterkunft müssten auch ohne
eine Zusicherung des Beklagten übernommen werden. Der Umzug sei durch die Trennung von seiner Freundin notwendig geworden.
Die tatsächlichen Unterkunftskosten seien auch angemessen. Ein Abzug der Warmwasserpauschale von den Heizkosten komme nach
der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nur in Höhe von 6,22 Euro im Monat in Betracht.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 20. Dezember 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2008
zu verpflichten, ihm dem Kläger - Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe und Laufzeit zu bewilligen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat sich auf seine Ausführungen in seinem Widerspruchsbescheid berufen.
Das Sozialgericht (SG) Oldenburg hat mit Urteil vom 18. Juni 2008 den Bescheid des Beklagten vom 20. Dezember 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 28. Januar 2008 aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, den Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum neu zu bescheiden
und dabei einen Betrag von 355,64 Euro im Monat als Kosten der Unterkunft anzusetzen. Zur Begründung hat das SG ausgeführt: Die dem Kläger mit dem streitigen Bescheid bewilligten Leistungen seien zu niedrig. Der Kläger hätte unabhängig
davon, ob in seinem Falle eine Zusicherung bezüglich der Übernahme der Unterkunftskosten hätte erteilt werden müssen, Anspruch
auf die Gewährung höherer Leistungen für die Unterkunft. Zum einen sei die von dem Beklagten angenommene Mietobergrenze von
259,00 Euro (Bruttokaltmiete) zu niedrig angesetzt. Insofern sei nicht erkennbar, wie der Beklagte zu dieser Mietobergrenze
gekommen sei. Tatsächlich sei auf die Tabelle nach § 8 Wohngeldgesetz (WohnGG) abzustellen. Danach ergebe sich für Wilhelmshaven ein Betrag von 280,00 Euro, dem ein pauschaler Zuschlag von 10
% - also 28,00 Euro - hinzuzurechnen sei, weil die Werte der Wohngeldtabelle seit 2001 nicht erhöht worden seien. Damit sei
von einer Mietobergrenze von 308,00 Euro auszugehen, die mit der vorliegenden Bruttokaltmiete von 291,90 Euro nicht überschritten
sei. Zum anderen hätte der Beklagte für die Warmwasserbereitung nicht 6,72 Euro, sondern nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG, Urt. vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07-) lediglich 6,26 Euro im Monat abziehen dürfen. Damit seien Heizkosten von insgesamt (70,00 Euro - 6,26 Euro =) 63,74 Euro
zu bewilligen gewesen. Eine Berufung gegen sein Urteil hat das SG nicht zugelassen.
Das Urteil ist dem Beklagten am 1. Juli 2008 zugestellt worden. Der Beklagte hat gegen die Nichtzulassung der Berufung am
30. Juli 2008 Beschwerde erhoben. Der erkennende Senat hat mit Beschluss vom 17. September 2008 die Berufung wegen grundsätzlicher
Bedeutung der Rechtssache - §
144 Abs.
2 Nr.
1 SGG - zugelassen (L 13 AS 22/08 NZB).
Der Beklagte trägt zur Begründung seiner zugelassenen Berufung vor, er habe die angemessenen Unterkunftskosten in Wilhelmshaven
zutreffend bestimmt. Ein qualifizierter Mietspiegel sei zwar für die Stadt nicht erstellt worden, ein solcher sei aber auch
nicht erforderlich. Die Datenerhebung der Stadt, der er sich zur Bestimmung der angemessenen Miethöhe bediene, sei - wie ein
Mietspiegel - fortlaufend aktualisiert worden. Die Erhebung entspreche insbesondere den Anforderungen, wie sie in der Rechtsprechung
des BSG (Urt. vom 16. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R -, SGb 2008, 473) aufgestellt worden seien. Die Einwohnerzahl Wilhelmshavens sei seit vielen Jahren rückläufig. Im Jahre 1992 seien noch 91.606
Einwohner gezählt worden, während es im September 2005 nur noch 83.722 Einwohner gewesen seien. Insgesamt sei für Wilhelmshaven
von ca. 33.500 Mietwohnungen auszugehen. Bei der Volkszählung im Jahre 1987 seien 32.650 Wohnungen gezählt worden. Seither
dürfte die Zahl der Wohnungen um ca. 4.000 zugenommen haben, wobei es sich insbesondere um in Privateigentum befindlichen
Wohnraum handele. Der Haus- und Grundbesitzerverein gehe davon aus, dass im Stadtgebiet ca. 3.000 bis 4.000 Wohnungen leer
stünden. Wegen des Wohnungsleerstandes sinke das örtliche Mietniveau ständig, weil sowohl die Wohnungsbaugesellschaften als
auch die privaten Vermieter darum bemüht seien, ihre Wohnungen weiterhin vermietet zu halten. Hinzu komme, dass es in der
Stadt aus historischen Gründen besonders viele kleinere Wohneinheiten gebe. Denn in den beiden Wachstumsphasen der Stadt vor
den Weltkriegen seien viele Arbeitnehmer für die Marine und die Zulieferindustrie in die Stadt gezogen. Dementsprechend seien
viele kleinere Wohneinheiten (Ein-, Zwei- und Dreizimmerwohnungen) erbaut worden. Überdies seien besonders viele Wohnungen
in der Trägerschaft von Wohnungsbaugesellschaften errichtet worden. Insgesamt habe dies zur Folge, dass die Mieten unterdurchschnittlich
hoch seien. So betrügen etwa die Mieten der Wohngeldempfänger im Bundesdurchschnitt 5,65 Euro je Quadratmeter, während der
entsprechende Wert in Wilhelmshaven im Jahre 2005 nur 5,16 Euro betragen habe. Damit beliefe sich das durchschnittliche Mietniveau
in Wilhelmshaven auf nur 91,3 % des Bundesdurchschnitts. Der Beklagte ist weiter der Auffassung, ein Mietspiegel nach den
Bestimmungen des
BGB sei für die Untersuchung der angemessenen Unterkunftskosten nach dem SGB II keine aussagekräftige Erkenntnisquelle. Ein solcher
Mietspiegel gebe keinen Aufschluss über die Verteilung des Wohnungsbestandes auf die im Mietspiegel ausgewiesenen Mietteilklassen
und die Verfügbarkeit für den betreffenden Hilfeempfänger. Daher erscheine die von der Stadt Wilhelmshaven durchgeführte Ermittlung
der Mietobergrenzen, eine Erhebung, derer er sich zur der Bestimmung der angemessenen Miete im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II
bediene, besser geeignet als die Werte, die mit Hilfe eines Mietspiegels ermittelt würden. Ein Rückgriff auf die Tabelle nach
§ 8 WohnGG sei von ihm, dem Beklagten, und der Stadt Wilhelmshaven immer schon als die schlechteste Lösung angesehen worden.
Nach der bis zum 31. Dezember 2008 gültigen bzw. seit dem 1. Januar 2009 geltenden Wohngeldtabelle sei nämlich für Wilhelmshaven
von folgenden Werten auszugehen:
(Tabelle nach § 8 WohnGG (Wilhelmshaven = Mietstufe II, rechte Spalte der Tabelle)
1 Person 2 3 4 5 jed. weit.
T 2001 280 345 410 475 545 + 65
T 01 +10 % 308 379,50 451 522,50 599,50 + 71,50
T 2009 308 380 451 523 600 + 72
(T 01 = Wohngeldtabelle 2001;
T 01 + 10 % = Wohngeldtabelle 2001, zzgl. 10 %;
T 2009 = Wohngeldtabelle 2009, nach dem novellierten Wohngeldgesetz)
Das Wohngeld diene aber - anders als die hier streitigen Leistungen - nicht der Bedarfsdeckung, sondern werde lediglich als
Zuschuss zu der Miete oder zu der Belastung bei den Besitzern von Eigenheimen oder Eigentumswohnungen gewährt. Es sei außerdem
nicht einleuchtend, weshalb in der Rechtsprechung der Sozialgerichte häufig ausschließlich auf die rechte Spalte der Wohngeldtabelle
(Bezugsfertigkeit der Wohnung ab 1992) verwiesen werde. Damit würden die Bezieher von Leistungen nach dem SGB II gegenüber
jenen nach dem WohnGG ungerechtfertigt privilegiert. Gerade in Wilhelmshaven sei die Anwendung der rechten Spalte der Wohngeldtabelle
nicht zu rechtfertigen. Denn hier seien die meisten Wohnungen aufgrund der Stadtgeschichte deutlich vor dem Jahr 1992 errichtet
worden. Bereits Ende der 1990er Jahre seien im Rahmen der Angemessenheitsprüfung für Unterkunftskosten nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) erste Erhebungen über den örtlichen Wohnungsmarkt durchgeführt worden. Die Auswertung habe zunächst auf der Auswertung von
Anzeigen aus der lokalen Zeitung und der Neuen Rundschau (einem Anzeigenblatt mit Lokalnachrichten) basiert. Dabei seien Wohnungen
unberücksichtigt geblieben, die aufgrund ihres Mietpreises oder ihrer Ausstattung offensichtlich für Hilfeempfänger nicht
zugänglich seien. Die so ermittelten Wohnungen seien dann aufgrund ihrer Größe den verschiedenen Haushaltsgrößen (Ein-, Zweipersonenhaushalte
usw.) zugeordnet worden. Die Höchstbeträge seien dann wie folgt berechnet worden:
Gesamtmieten der Anzahl der ermittelten Miethöchstbetrag für
ermittelten Wohnun- : Wohnungen für die = die jeweilige Haus-
gen für die jeweilige jeweilige Haushalts- haltsgröße
Haushaltsgröße größe
Diese Art der Ermittlungen sei seinerzeit vom Verwaltungsgericht Oldenburg nicht beanstandet worden.
Mit Inkrafttreten des SGB II zum 1. Januar 2005 sei das bisherige Ermittlungsverfahren weitergeführt worden. Zunächst habe
man die bisher verwendeten Mietobergrenzen beibehalten:
(Miethöchstbeträge in der Zeit vom 1. Januar 2005 bis zum 30. September 2005)
1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 Personen jed. weit. P.
258 Euro 307 Euro 383 Euro 435 Euro 529 Euro + 65 Euro
Im 1. Quartal 2005 seien folgende Mietkosten ermittelt worden:
(Durchschnitt Mietkosten 1. Quartal 2005)
Anzahl qm Preis/qm Gesamtmiete Höchstwerte Abweichung
1 Person 43,89 5,64 € 242,74 € 258,00 € - 5,91 %
2 Personen 58,18 5,37 € 310,12 € 307,00 € 1,02 %
3 Personen 68,75 5,32 € 362,59 € 383,00 € - 5,33 %
4 Personen 84,76 5,19 € 439,06 € 435,00 € 0,93 %
5 Personen 100,60 5,09 € 506,30 € 529,00 € - 4,29 %
6 Personen 119,91 5,10 € 604,37 € 594,00 € 1,75 %
7 Personen 140 5,07 € 710,00 € 659,00 € 7,74 %
8 Personen
Für das 2., 3. und 4. Quartal 2005 seien entsprechende Gesamtdurchschnitte gebildet worden. Für das gesamte Jahr 2005 seien
folgende Werte ermittelt worden:
(Durchschnitt Mietkosten Jahr 2005)
Anzahl qm Preis/qm Gesamtmiete Höchstwerte Abweichung
1 Person 44,48 5,60 € 246,02 € 252,00 € - 2,37 %
2 Personen 58,52 5,35 € 311,37 € 316,00 € - 1,47 %
3 Personen 69,59 5,40 € 373,44 € 372,00 € - 0,39 %
4 Personen 88,68 5,42 € 476,68 € 472,00 € 0,99 %
5 Personen 105,57 5,28 € 548,73 € 575,00 € - 4,57 %
6 Personen 117,14 5,51 € 639,79 € 640,00 € - 0,03 %
7 Personen 139,75 4,99 € 696,25 € 705,00 € - 1,24 %
8 Personen 171,22 3,93 € 664,18 € 770,00 € - 13,74 %
Unter Zugrundelegung des bisherigen Ermittlungsverfahrens seien die Miethöchstbeträge zum 1. Oktober 2005 neu festgelegt worden.
Damals hätten folgende Miethöchstbeträge gegolten:
(Miethöchstbeträge in der Zeit vom 1. Oktober 2005 bis zum 30. September 2006)
1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 Personen jed. weit. P.
252 Euro 316 Euro 372 Euro 472 Euro 575 Euro + 65 Euro
Es sei entschieden worden, die Ermittlungen alle zwei Jahre zu aktualisieren. Damit sei man der Regelung gefolgt, wie sie
bei den Mietpreisspiegeln vorgeschrieben werde, bei denen nämlich alle zwei Jahre eine Anpassung erfolgen müsse. Zugleich
seien die Ermittlungen laufend aktualisiert worden; dies sei auch geboten, um ständig in ausreichendem Maße zur Verfügung
stehenden Wohnraum nachweisen zu können.
Im Laufe des Jahres 2006 sei festgestellt worden, dass die Sozialgerichte für die Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten
häufiger auf einen Mietspiegel oder auf die rechte Spalte der Wohngeldtabelle abgestellt hätten. Um die Ermittlung auf eine
breitere Datengrundlage zu stellen, seien ab dem 1. Oktober 2006 auch die Daten aus dem Wohngeld und der Grundsicherung (bzw.
Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem SGB XII) in die Ermittlung einbezogen worden. Die durchschnittlichen Mietkosten für die
jeweiligen Quartale des Jahres 2006 hätten sich wie folgt dargestellt:
(Durchschnitt Mietkosten 1. Quartal 2006)
Anzahl qm Preis/qm Gesamtmiete Mietobergrenze Abweichung
ab 3. Quartal
2005
1 Person 44,23 5,81 251,38 € 252,00 € - 0,25 %
2 Personen 59,57 5,42 € 321,20 € 316,00 € 1,65 %
3 Personen 71,70 5,47 € 390,26 € 372,00 € 4,91 %
4 Personen 92,13 5,39 € 491,50 € 472,00 € 4,13 %
5 Personen 108,11 5,36 € 572,01 € 575,00 € 0,52 %
6 Personen 121,82 5,44 € 657,18 € 640,00 € 2,68 %
7 Personen 705,00 € - 100,00 %
8 Personen 770,00 € - 100,00 %
(Durchschnitt Mietkosten 2. Quartal 2006)
Anzahl qm Preis/qm Gesamtmiete Mietobergrenze Abweichung
ab 3. Quartal
2005
1 Person 47,00 5,63 € 263,29 € 252,00 € 4,48 %
2 Personen 58,02 5,50 € 318,49 € 316,00 € 0,79 %
3 Personen 71,46 5,58 € 397,02 € 372,00 € 6,73 %
4 Personen 90,21 5,67 € 506,20 € 472,00 € 7,25 %
5 Personen 106,14 5,72 € 601,18 € 575,00 € 4,55 %
6 Personen 640,00 € - 100,00 %
7 Personen 705,00 € - 100,00 %
8 Personen 770,00 € - 100,00 %
(Durchschnitt Mietkosten 3. Quartal 2006)
Anzahl qm Preis/qm Gesamtmiete Mietobergrenze Abweichung
ab 3. Quartal
2005
1 Person 47,65 5,54 € 262,33 € 252,00 € 4,10 %
2 Personen 59,75 5,60 € 333,32 € 316,00 € 5,48 %
3 Personen 71,52 5,64 € 401,37 € 372,00 € 7,90 %
4 Personen 92,53 5,70 € 523,85 € 472,00 € 10,99 %
5 Personen 109,61 5,37 € 582,89 € 575,00 € 1,37 %
6 Personen 640,00 € - 100,00 %
7 Personen 705,00 € - 100,00 %
8 Personen 770,00 € - 100,00 %
(Durchschnitt Mietkosten 4. Quartal 2007)
Anzahl qm Preis/qm Gesamtmiete Mietobergrenze Abweichung
ab 3. Quartal
2007
1 Person 41,21 6,80 € 265,26 € 261,89 € 1,29 %
2 Personen 56,97 5,84 € 331,08 € 323,25 € 2,42 %
3 Personen 67,08 5,93 € 396,93 € 387,21 € 2,51 %
4 Personen 79,64 5,77 € 459,11 € 497,48 € - 7,71 %
5 Personen 90,71 5,89 € 534,11 € 570,50 € - 6,38 %
6 Personen 102,78 5,41 € 556,62 € 613,80 € - 9,32 %
7 Personen 111,31 5,84 € 651,30 € 788,00 € - 5,33 %
8 Personen 132,3 5,29 € 695,38 € 753,00 € - 7,65 %
Auf dieser Grundlage seien die Miethöchstbeträge zum 1. Oktober 2006 neu festgesetzt worden. Es hätten dann folgende Mietobergrenzen
gegolten:
(Miethöchstbeträge in der Zeit seit vom 1. Oktober 2006 bis 30. April 2008)
1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 Personen Jed. weit. P.
259 Euro 314 Euro 383 Euro 461 Euro 558 Euro + 65 Euro
Im 1. Quartal 2008 hätten die durchschnittlichen Mietkosten sich wie folgt dargestellt:
(Durchschnitt Mietkosten 1. Quartal 2008, berichtigte Tabelle)
Anzahl qm Preis/qm Gesamtmiete Mietobergrenze Abweichung
ab 4. Quartal
2007
1 Person 39,70 6,91 € 267,61 € 265,00 € 0,98 %
2 Personen 55,39 5,99 € 331,05 € 324,00 € 2,18 %
3 Personen 65,85 5,89 € 386,84 € 386,00 € 0,22 %
4 Personen 79,34 6,19 € 490,85 € 455,00 € 7,88 %
5 Personen 88,99 5,47 € 486,58 € 533,00 € - 8,71 %
6 Personen 99,38 6,00 € 599,53 € 598,00 € 0,26 %
7 Personen 108,87 6,09 € 662,91 € 663,00 € - 0,01 %
8 Personen 123,78 5,72 € 714,52 € 728,00 € - 1,85 %
Eine erneute Anpassung der Miethöchstbeträge sei zum 1. Mai 2008 erfolgt. Seither gelte folgende Festsetzung:
(Miethöchstbeträge seit dem 1. Mai 2008)
1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 Personen Jed. weit. P.
265 Euro 324 Euro 386 Euro 455 Euro 533 Euro + 65 Euro
Insgesamt ergäben sich aus den Ermittlungen der Stadt Wilhelmshaven folgende Miethöchstgrenzen für alle bisherigen Zeiträume
seit dem 1. Januar 2005:
(Übersicht Miethöchstgrenzen seit 1. Januar 2005)
1 Person 2 P. 3 P. 4 P. 5 P. jed. weit. P.
1.01.- 258 Euro 307 Euro 383 Euro 435 Euro 529 Euro + 65 Euro
30.09.05
1.10.05- 252 Euro 316 Euro 372 Euro 472 Euro 575 Euro + 65 Euro
30.09.06
1.10.06- 259 Euro 314 Euro 383 Euro 461 Euro 558 Euro + 65 Euro
30.04.08
seit 265 Euro 324 Euro 386 Euro 455 Euro 533 Euro + 65 Euro
1.05.08
Die Ermittlung beruhe auch auf einer ausreichenden Datenbasis. Von den ca. 33.500 Mietwohnungen in Wilhelmshaven seien 1.897
für die Ermittlung erfasst worden. Das entspreche einem Anteil von 5,6 %. Allerdings betrage der Anteil der bei der Ermittlung
erfassten Wohnungen an den nach dem Meldegesetz erfassten Haushalten (1.897/18.667) lediglich 3,9 %. Das Meldegesetz berücksichtige jedoch z.B. nicht, ob Personen in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft leben oder ob dies nicht der Fall
sei. Entscheidend komme es bezüglich der Datengrundlage daher nicht auf die Haushalte nach dem Meldegesetz, sondern auf die Anzahl der Mietwohnungen an. Das Ergebnis der Ermittlungen werde auch durch die Durchschnittsmieten, die
Wohngeldempfänger zu zahlen hätten, bestätigt. Diese Mieten hätten im Jahr 2005 durchschnittlich 5,16 Euro je Quadratmeter
betragen. Lege man insofern die durchschnittliche Miete dieses Personenkreises zu Grunde, ergebe sich unter Berücksichtigung
der Wohnungsgrößen nach den Richtlinien über die Soziale Wohnraumförderung in Niedersachsen folgendes Bild:
(Produkt aus Durchschnittsmieten der Wohngeldempfänger und Wohnungsgröße)
1 Person 2 Personen 3 Personen 4 Personen 5 Personen
50 qm x 5,16 60 qm x 5,16 75 qm x 5,16 85 qm x 5,16 95 qm x 5,16
258 Euro 310 Euro 387 Euro 439 Euro 490 Euro
Das so gewonnene Bild weiche jedenfalls nicht wesentlich von dem Ergebnis der von der Stadt Wilhelmshaven angestellten Ermittlungen
ab. Die Richtigkeit der Auswertung werde auch durch die tatsächlichen Mieten der Leistungsempfänger untermauert. Der Mittelwert
dieser Mieten (unter Berücksichtung einer 2/3-Spanne; dies geschehe, um statistische Ausreißer - etwa durch stark überhöhte
Mieten oder Gefälligkeitsmieten - zu vermeiden) habe im Dezember 2006 im gesamten Stadtgebiet 5,28 Euro je Quadratmeter betragen.
Er - der Mittelwert der Mieten - gliedere sich wie folgt auf:
(Mittelwerte der Mieten der Leistungsempfänger nach dem SGB II)
Größe bis 39 qm 40 - 59 60 - 79 80 - 99 ab 100 qm
insg. qm qm qm
Mittelwert 5,28 6,35 5,41 5,15 5,16 4,51
Spanne 1,82- 2,54- 1,84- 1,74- 1,76- 1,61-
8,94 10,26 8,94 8,64 8,13 7,19
Menge 6070 365 2626 1911 696 472
(Mittelwert = Mittelwert der Mieten (inkl. Betriebskosten) aus der 2/3 - Spanne)
(Spanne = niedrigste und höchste Miete (inkl. Betriebskosten) in der 2/3 - Spanne)
Die Ermittlungen der Stadt Wilhelmshaven wiesen auch keine gravierenden Fehlerquellen auf. Allerdings verlange das BSG nunmehr,
dass bei der Ermittlung neben der Wohnungsgröße auch der Standard der Wohnungen und das Jahr des ersten Bezuges bzw. der letzten
Renovierung oder die Ausstattung festgestellt würde, während in die Ermittlung der Stadt Wilhelmshaven grundsätzlich alle
Wohnungen ohne Differenzierung eingeflossen seien. Die Vorgaben des BSG seien aber gleichwohl erfüllt. Denn diejenigen Wohnungen,
die offensichtlich nach Lage, Preis und Ausstattung Hilfeempfängern nach dem SGB II nicht zugänglich gewesen seien, seien
außer Betracht geblieben. Ebenso seien Mieten, die erheblich über dem Durchschnitt gelegen hätten, nicht in die Betrachtung
einbezogen worden. Eine vorherige schriftliche Festlegung, unter welchen Voraussetzungen Wohnungen in die Ermittlung der Mietobergrenzen
einbezogen werden sollten, sei allerdings nicht erfolgt. Die Auswertung der Wohnungsanzeigen sei jedoch von Mitarbeiterinnen
und Mitarbeitern vorgenommen worden, die aufgrund ihrer Außendiensttätigkeit im Stadtgebiet die Wohnungssituation sehr gut
hätten einschätzen können. Bei der Auswertung sei davon ausgegangen worden, dass alle Anzeigen in der Wilhelmshavener Zeitung
und der Neuen Rundschau Wohnungen aus der Stadt Wilhelmshaven beträfen, soweit dies nicht anders angegeben gewesen sei. Sofern
in der Anzeige keine Adresse vermerkt worden sei, seien die Wohnungen gleichwohl in die Ermittlung aufgenommen worden. Man
sei davon ausgegangen, dass es keinen Sinn mache, in den genannten Zeitungen für Wohnungen außerhalb Wilhelmshavens zu inserieren.
Selbst wenn dies vereinzelt anders gewesen sein sollte, könnte dies nur eine geringfügige Fehlerquelle darstellen. Denn beispielsweise
sei im 2. Quartal des Jahres 2006 nur bei 4,6 % der in die Ermittlungen eingeflossenen Wohnungen die Adresse nicht bekannt
gewesen. Die Mietkosten für diese Wohnungen hätten dem Durchschnittswert der sonstigen Wohnungen entsprochen. Doppelzählungen
von Wohnungen, deren Adressen nicht bekannt gewesen seien, seien dadurch vermieden worden, dass die inserierten Wohnungen
nach Größe und Mietpreis sortiert worden seien. Wohnungen ohne Adressenangabe seien nur nach Abgleich mit der Liste bei den
Ermittlungen berücksichtigt worden. Ob eine inserierte Wohnung tatsächlich bezugsfertig und für einen Hilfebedürftigen zumutbar
gewesen sei, sei über stichprobenweise Überprüfungen von außen begutachtet worden. Innenbegutachtungen seien zwar nicht durchgeführt
worden, es sei aber auch nicht Aufgabe des Grundsicherungsträgers, den Hilfebedürftigen den Wohnraum selbst bereitzustellen.
Der Grundsicherungsträger müsse nur überprüfen, ob angemessener Wohnraum tatsächlich verfügbar sei. Überdies sei auch nicht
zu vermuten, dass Wohnungen inseriert würden, die nicht bezugsfertig oder unzumutbar seien. Ein solches Vorgehen würde für
den jeweiligen Vermieter wirtschaftlich keinen Sinn machen. Hinsichtlich der von den Wohnungsbaugenossenschaften angebotenen
Wohnungen sei örtlich bekannt, dass die Wohnungen bezugsfertig und zumutbar seien. Sofern Wohnungen "für Selbstrenovierer"
oder mit sonstigen Hinweisen auf erforderliche Renovierungen angeboten worden seien, seien diese nicht berücksichtigt worden.
Es handele sich auch um eine - wie von dem BSG verlangt - von dem Grundsicherungsträger gewählte Datengrundlage. Allerdings
habe das Ermittlungskonzept nicht er - der Beklagte -, sondern die Stadt Wilhelmshaven erstellt. Ihm sei jedoch nach dem "Öffentlich-rechtlichen
Vertrag gem. §§ 53 ff. des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) über die Gründung und Ausgestaltung einer Arbeitsgemeinschaft gem. § 44 b des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (SGB II) zwischen der Agentur für Arbeit Wilhelmshaven und der Stadt Wilhelmshaven" vom
17. Dezember 2004 (sog. ARGE-Vertrag) die Wahrnehmung kommunaler Aufgaben nach § 22 SGB II - nämlich die Leistung für Unterkunft
und Heizung - übertragen worden (§ 3 Abs. 3 des Vertrages). Es sei zwischen den beiden Trägern unbestritten, dass die jeweiligen
fachlichen Weisungen umgesetzt werden müssten. Ausdrückliche Weisungen zu den Kosten der Unterkunft habe es allerdings bisher
noch nicht gegeben. Es würden derzeit Verhandlungen geführt, um den ARGE-Vertrag weiterzuentwickeln und die bisherige Praxis
festzuschreiben. Die Übernahme der von der Stadt Wilhelmshaven vorgegebenen Mietobergrenzen sei bisher von niemandem in Frage
gestellt worden. Er - der Beklagte - habe sogar die Mietobergrenzen in einer Vielzahl von gerichtlichen Verfahren vertreten
und verteidigt.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 18. Juni 2008 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid des beklagten Job-Centers
vom 20. Dezember 2007 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Januar 2008) abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält das Urteil des SG für zutreffend und hat zur Begründung auf die erstinstanzliche Entscheidung verwiesen. Außerdem hat der Kläger eine Untersuchung
der Arbeitsloseninitiative J. vorgelegt. Nach den Angaben dieser Untersuchung sind im Jahre 2008 auf dem Wohnungsmarkt in
Wilhelmshaven nur sehr wenige Wohnungen angeboten worden, deren Bruttokaltmiete unterhalb der Mietobergrenzen der Stadt Wilhelmshaven
gelegen hätten. Diese Wohnungen hätten jeweils nur über eine Ausstattung auf niedrigstem Niveau - z.B. alte, einfachverglaste
Fenster und Türen, feuchte Wände, verschmutzte Treppenhäuser etc. - verfügt. Auf Anfrage der Arbeitsloseninitiative hätten
zwei Immobilienmakler erklärt, sie könnten zu den von der Stadt festgelegten Mietobergrenzen keine Wohnungen anbieten. Auch
einer der größten örtlichen Vermieter, der Bauverein K., der 2.886 Wohnungen vermiete, verlange Mieten, die im Durchschnitt
über den Mietobergrenzen lägen. So betrage allein die Kaltmiete für Wohnungen von bis zu 50 Quadratmetern im Schnitt ca. 240,00
Euro. Hinzu kämen noch kalte Nebenkosten von ca. 61,00 Euro. Auch bei der L. Wohnungsgenossenschaft eG - die 3.128 Wohnungen
in ihrem Bestand habe - würden nach telefonischer Auskunft Bruttokaltmieten von durchschnittlich 5,88 Euro je Quadratmeter
verlangt. Nach einer Recherche im Internet biete auch die größte Wohnungsbaugesellschaft, die Immobilien Management M., die
ca. 7.000 Wohnungen anbiete, Wohnungen nur zu Preisen an, die oberhalb der rechten Spalte der Wohngeldtabelle lägen. Insgesamt
deckten die drei genannten Wohnungsbaugesellschaften etwa ein Drittel des Wohnungsmarktes in Wilhelmshaven ab. Von daher sei
nicht verständlich, wie die Stadt Wilhelmshaven zu den von ihr festgelegten Mietobergrenzen gekommen sei.
Zur weiteren Sachverhaltsdarstellung und zur Darstellung des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf die Gerichtsakte
sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie die von der Stadt Wilhelmshaven angelegte Datensammlung (14
Aktenordner) Bezug genommen; diese Akten sind Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung gegen das Urteil des SG Oldenburg vom 18. Juni 2008 ist unbegründet. Denn das SG Oldenburg hat zu Recht
entschieden, dass der Beklagte die Kosten der Unterkunft und Heizung des Klägers in Höhe von (tatsächliche Unterkunftskosten
von 291,90 Euro zuzüglich tatsächlichen Heizkosten von 70,00 Euro abzüglich Warmwasserpauschale 6,26 Euro =) 355,64 Euro im
Monat übernehmen muss.
I. Der Kläger hat gem. § 22 Abs. 1 SGB II Anspruch auf Übernahme seiner tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 291,90
Euro (bruttokalt), weil diese angemessen im Sinne der Vorschrift sind.
Die Angemessenheit von Unterkunftskosten ist nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Nachweise jeweils
bei Lang/Link, in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Aufl. 2008, Rn. 40 zu § 22; Lauterbach, in: Gagel, SGB III/SGB II, Rn. 27
zu § 22 (Stand der Bearbeitung: Januar 2008); Frank, in: Hohm, GK-SGB II, Rn. 20 zu § 22 (Stand der Bearbeitung: Mai 2008)),
der sich der Senat ebenfalls in ständiger Rechtsprechung (s. etwa Beschl. v. 28. Juni 2007 - L 13 AS 58/07 ER) angeschlossen hat, in mehreren Schritten zu prüfen:
Bei der abstrakten Angemessenheitsprüfung ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen. Anschließend ist der nach
den örtlichen Verhältnissen angemessene Mietzins je Quadratmeter zu ermitteln. Dabei kommt es nach der hier anzuwendenden
Produkttheorie (st. Rspr. des BSG, z. B. Urt. vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R-, BSGE 97, 254 = FEVS 58, 271 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 3, zit. nach juris Rz. 20 u. Urt. vom 18. Juni 2008 - B 14/11b AS 61/06 R -, zit. nach juris Rz. 18) nicht darauf an, ob diese beiden Faktoren jeweils für sich angemessen sind. Entscheidend ist
vielmehr, ob sich das Produkt aus beiden Faktoren noch im Rahmen der Angemessenheit befindet (BSG, Urt. vom 7. November 2006,
aaO.; Berlit, in: LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, Rn. 35 zu § 22; Frank, aaO., Rn. 20; Lauterbach, aaO., Rn. 28; Kalhorn, in: Hauck/Nofz,
SGB II, Rn. 27 zu § 22 (Stand der Bearbeitung: Dezember 2008); Wieland, in: Estelmann, SGB II, Rn. 16 zu § 22 (Stand der Bearbeitung:
Dezember 2008); vgl. auch BVerwG, Urt. vom 28. April 2005 - BVerwG 5 C 15.04, info also 2006, 33; zit. nach juris, Rz. 12). Es kommt auch nicht darauf an, ob die konkret angemietete Wohnung unangemessen groß ist, sondern
nur darauf, welche abstrakten Angemessenheitsgrenzen bezüglich der Wohnungsgröße gelten (Berlit, aaO., Rn. 35; Lang/Link,
aaO., Rn. 41a). Die Produkttheorie hat damit zur Folge, dass sich Hilfeempfänger bei einem besonders günstigen Quadratmeterpreis
auch eine größere Wohnung leisten können bzw. andererseits bei Beschränkung der Wohnfläche ihre Ausstattungs- oder Lagepräferenzen
verwirklichen können (Berlit, aaO., Rn. 35; Lauterbach, aaO., Rn. 28). Sie - die Hilfebedürftigen - müssen insofern jedoch
beachten, dass eventuell bei großzügiger Wohnfläche die Nebenkosten nicht zu hoch werden dürfen (Lang/Link, aaO., Rn. 41a;
Kalhorn, aaO., Rn. 27).
1. Damit ist im Falle des Klägers zunächst die abstrakt angemessene Wohnfläche festzustellen. Diese bemisst sich nach den
Ausführungsbestimmungen der Länder über die Förderung des sozialen Wohnungsbaus entsprechend dem Gesetz über die soziale Wohnraumförderung, die auch bei der Bestimmung der Angemessenheit nach § 22 Abs. 1 SGB II Berücksichtigung finden (BSG, Urt. vom 7. November 2006, aaO., Rz. 19; Senat, Urt. v. 11. Dezember 2008 - L
13 AS 36/08; Lang/Link, aaO., Rn. 42c m.w.N.; Frank, aaO., Rn. 22; Lauterbach, aaO., Rn. 29; Berlit, aaO., Rn. 27; Kalhorn, aaO., Rn.
22; Wieland, aaO., Rn. 17). Einschlägig sind damit in Niedersachsen die Wohnraumförderungsbestimmungen nach Nr. 11 der Richtlinie
über die Soziale Wohnraumförderung in Niedersachsen (Wohnraumförderungsbestimmungen, vom 27. Juni 2003, Nds. MBl. 2003, 580,
zuletzt geändert durch Runderlass vom 19. Oktober 2006, Nds. MBl. 2006, 973). Danach gelten bei Mietwohnungen - auch nach
§ 22 Abs. 1 SGB II - folgende Wohnflächen als angemessen:
für Alleinstehende bis 50 qm,
für zwei Haushaltsmitglieder bis 60 qm,
für drei Haushaltsmitglieder bis 75 qm,
für vier Haushaltsmitglieder bis 85 qm,
für jedes weitere Haushaltsmitglied bis 10 qm zusätzlich.
Nach Nr. 11.4 der Richtlinie erhöht sich die angemessene Wohnfläche darüber hinaus für Alleinerziehende und jeden schwerbehinderten
Menschen um jeweils weitere 10 qm. Auch erhöht sich die noch als angemessen anzusehende Wohnfläche um weitere 10 qm, soweit
ein besonderer persönlicher oder beruflicher Bedarf nachgewiesen wird.
Besondere persönliche oder berufliche Bedarfe, die die Wohnfläche erhöhen könnten, sind für den Kläger nicht dargetan und
auch nicht ersichtlich. Da ein Einpersonenhaushalt vorliegt, ist daher von einer angemessenen Wohnungsgröße von 50 Quadratmetern
auszugehen.
2. Anschließend ist die Angemessenheit des Wohnstandards zu prüfen. Angemessen sind Aufwendungen für eine Wohnung nur dann,
wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard
aufweist (BSG, Urt. vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R -, aaO., Rz. 20; Lauterbach, aaO., Rn. 31; Kalhorn, aaO., Rn. 25). Es erfolgt eine Orientierung an einem einfachen und
im unteren Segment liegenden Wohnstandard (BSG, Urt. vom 7. November 2006 - B 7b AS 18/06 R -, aaO., Rz. 20; Frank, aaO., Rn. 21; Berlit, aaO., Rn. 33; Lauterbach, aaO., Rn. 31; Kalhorn, aaO., Rn. 25).
a) Räumlicher Vergleichsmaßstab für die Bestimmung des Wohnstandards ist in erster Linie der Wohnort des Hilfebedürftigen
(BSG, Urt. vom 7. November 2006, aaO., Rz. 21; BSG, Urt. vom 18. Juni 2008, aaO., Rz. 14; Frank, aaO., Rn. 24 und Rn. 28;
Lauterbach, aaO., Rn. 32). Bei einer Stadt von ca. 75.000,00 Einwohnern kann auch das gesamte Stadtgebiet den räumlichen Vergleichsmaßstab
bilden (BSG, Urt. vom 7. November 2006, aaO., Rz. 21), ebenso bei einer Stadt von etwa 163.000 Einwohnern (BSG, Urt. vom 18.
Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R -, SGb 2008, 473, zit. nach juris Rz. 14). Entscheidend ist insoweit, ob klar voneinander abgegrenzte Teilwohnungsmärkte mit deutlich unterschiedlichem
Mietniveau vorliegen (Berlit, aaO., Rn. 42; LSG Hessen, Beschl. vom 13. Dezember 2005 - L 9 AS 48/05 ER -, zit. nach juris Rz. 32). Dies ist in Wilhelmshaven nicht der Fall, denn nach der vom Beklagten vorgelegten "Übersicht
über Mieten der "Hartz-IV" - Empfänger" von 2008 (Stand 2006) weichen die einzelnen Stadtteile im Mietniveau nur geringfügig
voneinander ab. Der Mittelwert der Mieten beträgt 5,28 Euro je Quadratmeter, auch weisen die einzelnen Stadtteile Quadratmeterpreise
von 4,57 Euro (Innenhafen) bis 6,11 Euro (Europaviertel) auf. Räumlicher Vergleichsmaßstab ist damit das gesamte Stadtgebiet
von Wilhelmshaven.
b) Der Wohnstandard ist anhand des Quadratmeterpreises zu berücksichtigen (BSG, Urt. vom 7. November 2006, aaO., Rz. 20; Urt.
vom 19. März 2008, aaO., Rz. 23, Berlit, aaO., Rn. 35; Frank, aaO., Rn. 20; Kalhorn, aaO., Rn. 26; Wieland, aaO., Rn. 16;
Lang/Link, aaO., Rn. 41a). Dies folgt daraus, dass die den Mietpreis bedingenden Faktoren regelmäßig im Quadratmeterpreis
ihren Niederschlag finden (BSG, Urt. vom 7. November 2006, aaO., Rz. 20; Urt. vom 18. Juni 2008, aaO., Rz. 13; Berlit, aaO.,
Rn. 35). Erkenntnisquellen zu dem Mietniveau auf dem örtlichen Wohnungsmarkt können insbesondere Mietspiegel oder Mietdatenbanken
(BSG, Urt. vom 7. November 2006, aaO., Rz. 23) sein. Solche liegen jedoch für Wilhelmshaven nicht vor. Der Grundsicherungsträger
kann für die Feststellung der Beschaffenheit des örtlichen Wohnungsmarktes aber auch eigene Ermittlungen anstellen (BSG, Urt.
vom 18. Juni 2008, aaO., Rz. 16; Berlit, aaO., Rn. 38; Frank, aaO., Rn. 25; Lauterbach, aaO., Rn. 35). Die vom Grundsicherungsträger
gewählte Datengrundlage muss lediglich auf einem schlüssigen Konzept beruhen, das eine hinreichende Gewähr dafür bietet, die
aktuellen Verhältnisse des örtlichen Wohnungsmarktes wiederzugeben. Das kann u.a. dann der Fall sein, wenn die Datenbasis
auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruht. Ferner müssen die Faktoren, die das
Produkt "Mietpreis" bestimmen (Standard, gegebenenfalls ausgedrückt in Jahr des ersten Bezuges bzw. der letzten Renovierung
plus Wohnungsgröße und Ausstattung) in die Auswertung eingeflossen sein (BSG, Urt. vom 18. Juni 2008 - B 14/7b AS 44/06 R -, aaO.).
aa) Die Ermittlungen des Beklagten beruhen nach diesen Grundsätzen auf einer ausreichenden Datengrundlage. Im Laufe der von
der Stadt Wilhelmshaven angestellten Datenerhebung sind insgesamt 1.897 Wohnungen in die Ermittlungen eingeflossen. Das entspricht
einem Anteil von 5,66 % am Mietwohnungsbestand der Stadt Wilhelmshaven von ca. 33.500. Damit ist zwar der eingangs erwähnte
Wert von 10 % nicht erreicht worden, dies ist jedoch auch nicht erforderlich. Auch aus einer Stichprobe von weniger als 10
% können grundsätzlich repräsentative Aussagen getroffen werden. So geht man allgemein davon aus, dass mit einer Stichprobe
von ca. 1.000 Personen deutschlandweit repräsentativ richtige Aussagen möglich sind (www.wikipedia.de, Stichwort Repräsentativität).
Umso mehr muss dies gelten, wenn mit 1.897 Wohnungen mehr als ein Zwanzigstel der Wohnungen einer mittleren Stadt untersucht
wurden. Weiter ist zu bedenken, dass mit der hier gegebenen Stichprobe von 1.897 Wohnungen die Anforderungen an die Stichprobe
für einen Mietspiegel sogar übererfüllt werden. Nach den vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswirtschaft herausgegebenen
Hinweisen zur Erstellung von Mietspiegeln (2002, abgedr. bei Schmidt-Futterer, Mietrecht, 9. Aufl. 2007, Nach §§ 558c, 558
d
BGB) ist bei Tabellenmietspiegeln mit 40 Tabellenfeldern unter Berücksichtigung einer minimalen Feldbesetzung von 30 Wohnungen
je Mietspiegelfeld eine Ergebnisstichprobe von 1.200 ausreichend. Für Regressionsmietspiegel genügen hiernach sogar noch kleinere
Stichproben: Für kleinere Kommunen mit homogenem Wohnungsbestand und entsprechend geringer Mietendifferenzierung reichen nach
den genannten Hinweisen Ergebnisstichproben von mind. 500 Wohnungen aus, bei größeren Kommunen sind bis zu ein Prozent des
relevanten Wohnungsbestandes erforderlich (zit. nach Schmidt-Futterer, aaO., dort Rn. 100). Reichen damit für einen Mietspiegel,
der zweifelsfrei eine sichere Grundlage für die Bestimmung angemessener Unterkunftskosten i. S. des § 22 Abs. 1 SGB II darstellt,
Stichproben von weit unter 10 % aus, so muss dies auch für eine sonstige im Rahmen des § 22 Abs. 1 SGB II berücksichtigungsfähige
Datensammlung gelten. Für die Anerkennung einer ausreichenden Datengrundlage im vorliegenden Fall spricht ergänzend, dass
die Stadt Wilhelmshaven den Markt der tatsächlich freien Wohnungen zu einem erheblich höheren Anteil als 10 % ausgewertet
hat. Denn die freien Wohnungen in Wilhelmshaven sind sogar zu einem überwiegenden Teil in die Ermittlung der Mietobergrenzen
eingeflossen. Es sind lediglich jene inserierten Wohnungen nicht berücksichtigt worden, bei denen die Mitarbeiter der Stadt
Wilhelmshaven wegen des Preises oder der Lage ausgeschlossen haben, dass diese Wohnungen Leistungsbeziehern nach dem
SGG II zugänglich sind. Dass auch bei einem Anteil von 5,66 % des örtlichen Mietwohnungsbestandes eine hinreichende Datenbasis
für die Ermittlung von Mietobergrenzen gegeben sein kann, widerspricht schließlich auch nicht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
im Urteil vom 18. Juni 2008 (aaO.). Dort heißt es nämlich lediglich, eine hinreichende Datengrundlage könne "u.a." dann vorliegen,
wenn mindestens 10% des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes berücksichtigt worden sei. Damit wird aber
erkennbar eine untere Grenze für eine hinreichende Datenbasis gerade nicht gesetzt.
bb) Es begegnet auch keinen durchgreifenden Bedenken, dass die Ermittlung der Unterkunftskosten nicht durch eigene Mitarbeiter
des Beklagten, sondern durch Mitarbeiter der kommunalen Kostenträgerin, der Stadt Wilhelmshaven, durchgeführt worden ist.
Das SGB II schreibt nicht zwingend vor, dass der Grundsicherungsträger die Ermittlungen selbst durchführen muss. Es sind überdies
keine sachlichen Gründe ersichtlich, weshalb sich der Grundsicherungsträger zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten
nicht den Kenntnissen einer seit Langem mit derartigen Fragestellungen sachkundig befassten Behörde bedienen sollte. Außerdem
hat sich der Beklagte die Ermittlung im Ergebnis zu eigen gemacht, indem er sie in ständiger Übung angewandt hat. Dass es
hierfür keinen entsprechenden Beschluss des Grundsicherungsträgers gab, sondern lediglich eine ständige Verwaltungspraxis,
ändert hieran nichts.
cc) Die von Mitarbeitern der Stadt Wilhelmshaven durchgeführten Ermittlungen beruhten auch auf einem schlüssigen Konzept.
Ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten muss geeignet sein, die aktuellen Verhältnisse des örtlichen
Wohnungsmarktes wiederzugeben (BSG, Urt. vom 18. Juni 2008, aaO., Rz. 16). Es muss zugleich den Zielen und Vorgaben des SGB
II entsprechen. Hierzu ist erforderlich, dass das Konzept sicherstellt, dass alle Hilfeempfänger jederzeit auf dem örtlichen
Wohnungsmarkt eine unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls kostenangemessene, bedarfsgerechte menschenwürdige
Unterkunft anmieten können (Berlit, aaO., Rn. 37 zu § 22 m.w.N.; vgl. auch BVerwG, Urt. vom 28. April 2005, aaO., Rz. 11).
(1) Nach diesen Maßgaben begegnet es keinen Bedenken, dass die Stadt Wilhelmshaven zunächst allein die neu zu vermietenden
Wohnungen in die Ermittlung einbezogen hat. Diese Vorgehensweise stellte vielmehr in besonderer Weise sicher, dass zu den
ermittelten Mietobergrenzen zum jeweiligen Zeitpunkt auch tatsächlich Wohnungen angemietet werden konnten.
(2) Überdies ist es nicht zu beanstanden, dass die Stadt Wilhelmshaven zur Ermittlung der Mietobergrenzen eine Aufteilung
nach Segmenten (z.B. unteres/oberes Segment etc.) nicht vorgenommen, sondern lediglich Durchschnittswerte ermittelt hat. Die
Bestimmung eines Durchschnittswerts ist nämlich insoweit geeignet, die angemessenen, d. h. diejenigen Wohnungen zu ermitteln,
die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen und keinen gehobenen Wohnstandard
aufweisen (zur Angemessenheit: BSG, Urt. vom 7. November 2006, aaO., Rz. 20). Denn die Wohnungen mit gehobenem Wohnstandard
werden regelmäßig überdurchschnittlich teuer sein. Zugleich stellt die Feststellung von Durchschnittswerten sicher, dass nicht
nur einige wenige Wohnungen als angemessen angesehen werden. Denn regelmäßig werden etwa die Hälfte der Wohnungen unterdurchschnittliche
Mieten aufweisen. Insofern ist auch die Zielsetzung sichergestellt, dass alle Hilfeempfänger jederzeit auf dem örtlichen Wohnungsmarkt
eine unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls kostenangemessene, bedarfsgerechte und menschenwürdige Unterkunft
anmieten können.
(3) Vor diesem Hintergrund erscheint es dem Senat auch nicht bedenklich, dass die Stadt Wilhelmshaven bei ihrer Ermittlung
(entgegen BSG, Urteil vom 18. Juni 2008, aaO., Rz. 16) die einzelnen Faktoren, die das Produkt Mietpreis bestimmen - nämlich
Standard (gegebenenfalls ausgedrückt in Jahr des ersten Bezuges bzw. der letzten Renovierung), Wohnungsgröße und Ausstattung
- nicht vollständig erfasst hat. Es entspricht der Produkttheorie, lediglich auf Wohnungsgröße und Preis abzustellen und andere
Kriterien wie die Ausstattung der Wohnung - außer Betracht zu lassen. Dies eröffnet wohnungssuchenden Hilfeempfängern im Übrigen
die Möglichkeit, Wohnungen anzumieten, die ihrer Ausstattung gehobenen Wohnstandard aufweisen, sofern bei der Wohnungsgröße
Abstriche in Kauf genommen werden.
(4) Auch die ab dem Jahre 2006 erfolgte Einbeziehung von Bestandsmieten (Wohngeldempfänger und Leistungsbeziehern nach dem
SGB II und SGB XII) ist rechtlich unproblematisch. Derartige Daten sind zur Bestimmung des Begriffs der Angemessenheit vielmehr
durchaus geeignet (BSG, Urt. vom 18. Juni 2008, aaO., Rz. 17).
(5) Außerdem ist es unschädlich, dass die Stadt Wilhelmshaven die in den örtlichen Zeitungen inserierten Wohnungen nicht näher
daraufhin kontrolliert hat, ob sie tatsächlich in der Stadt belegen waren. Dies folgt zum einen bereits daraus, dass die wenigen
(2. Quartal 2006: 4,7 %) ohne Adresse inserierten Wohnungen durchschnittlich nicht günstiger waren als die sonstigen inserierten
Wohnungen. Sofern also auswärtige Wohnungen ohne entsprechende Kennzeichnung inseriert worden sein sollten, dürfte von ihnen
nur ein die Durchschnittswerte geringfügig verändernder Einfluss ausgegangen sein. Zum anderen ist davon auszugehen, dass
es in der Stadt Wilhelmshaven - anders als in Ballungszentren oder besonders attraktiven Wohnlagen - für Vermieter wenig sinnvoll
gewesen ist, absichtlich Wohnungen ohne Lagebezeichnung zu inserieren, wenn sie außerhalb des Stadtgebietes liegen. Bei den
Besonderheiten des Wohnungsmarktes in Wilhelmshaven wird es vielmehr für Inserenten im Gegenteil besonders attraktiv gewesen
sein, ausdrücklich auf die Lage einer Wohnung in einer Umlandgemeinde hinzuweisen.
(6) Das Ermittlungskonzept ist auch nicht deshalb unschlüssig, weil die inserierten Wohnungen nicht auf ihre Bezugsfertigkeit
oder Zumutbarkeit überprüft worden sind. Es ist davon auszugehen, dass Wohnungen nur ausnahmsweise vor dem Datum der Bezugsfertigkeit
inseriert werden. Unzumutbare Wohnungen - d.h. Wohnungen, die überhaupt nicht oder nur unter ganz erheblichem Aufwand in einen
bewohnbaren Zustand versetzt werden können - werden in nennenswerter Zahl nur in begehrten Wohnlagen angeboten. Um solche
handelt es sich jedoch bei den in Wilhelmshaven angebotenen Wohnungen schon ausweislich der Wohngeldstatistik aus dem Jahre
2005 in aller Regel nicht.
(7) Zu Zweifeln gibt allerdings der Umstand Anlass, dass in die Auswertung nur diejenigen Wohnungen eingeflossen sind, die
nach jeweiliger Einschätzung der mit der Ermittlung befassten Mitarbeiter der Stadt Wilhelmshaven den Beziehern von Leistungen
nach dem SGB II zugänglich sein dürften. Dies gilt umso mehr, als verbindliche Kriterien für die Einbeziehung oder Außerachtlassung
von Wohnungen nicht festgelegt waren. Die Außerachtlassung von für unzugänglich erachteten Wohnungen könnte unter bestimmten
Umständen dazu führen, dass nicht genügend Wohnungen in die Ermittlung einfließen. Wenn nämlich zu viele - teure - Wohnungen
außer Betracht bleiben, könnte fraglich sein, ob tatsächlich alle Hilfeempfänger jederzeit auf dem örtlichen Wohnungsmarkt
eine unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalls kostenangemessene, bedarfsgerechte und menschenwürdige Unterkunft
anmieten können. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn nur so wenige Wohnungen in die Ermittlung mit einfließen, dass
deren Zahl und die Zahl der Hilfeempfänger, die eine neue Wohnung suchen, außer Verhältnis steht. Vorliegend sind jedoch ausreichend
viele Wohnungen in die Auswertung eingeflossen. Nach den vom Beklagten übermittelten Zahlen (Anlage zum Schriftsatz vom 9.
Dezember 2008) waren es:
(Zahl der Wohnungen, die in die Ermittlungen eingeflossen sind, Summe aus den jeweiligen Quartalen, im Jahr 2008: Quartale
1 - 3)
2005 2006 2007 2008 (Q. 1-3)
1 P. 344 483 210 347
2 P. 409 465 362 516
3 P. 485 554 401 578
4 P. 140 161 160 220
5 P. 33 29 58 163
3. Die Stadt Wilhelmshaven und der Beklagte haben aus dem schlüssigen Ermittlungskonzept jedoch unzutreffende Schlüsse gezogen,
indem sie die sich aus der Ermittlung ergebenden Durchschnittsmieten als angemessene Mieten im Sinne von § 22 Abs. 1 SGB II
festgesetzt haben. Diese Vorgehensweise entspricht nicht der Produkttheorie, nach der aus der Ermittlung ein Quadratmeterpreis
hätte abgeleitet werden müssen. Dies wird nicht nur an der unzutreffenden Berechnungsweise deutlich. Denn die Stadt Wilhelmshaven
hat nicht aus verschiedenen Faktoren ein Produkt (Fläche mal Preis = angemessene Miete) gebildet, sondern vielmehr einen Quotienten
(Gesamtmieten durch Anzahl = Höchstbetrag). Die Berechnung der Stadt Wilhelmshaven führt auch zu einem anderen Ergebnis als
die anzuwendende Produkttheorie. Dies zeigt sich etwa daran, dass die Hilfeempfänger mit den von der Stadt Wilhelmshaven ermittelten
Miethöchstbeträgen selbst nach der Berechnung der Stadt nicht die ihnen nach dem Wohnraumförderungsrecht zustehenden Wohnflächen
(also 50, 60, 70 qm etc.) hätten anmieten können, sondern lediglich die errechneten durchschnittlichen Wohnflächen der ausgewerteten
Wohnungen (also z.B. nach der Aufstellung "Durchschnitt Mietkosten Jahr 2005": 44,48, 58,52, 69,59 qm etc.). Damit ging den
Hilfeempfängern jedoch eine der mit der Produkttheorie im Besonderen verbundenen Erleichterung verlustig; ihnen standen nämlich
die Wahlmöglichkeiten bezüglich Standard und Wohnungsgröße (s.o.), wenn überhaupt, dann nur in sehr eingeschränktem Rahmen
zur Verfügung.
4. Gleichwohl ist trotz des aufgezeigten Berechnungsfehlers zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten nicht auf die
Werte der Tabelle nach § 8 WohnGG a.F. abzustellen. Denn diese Werte können nur dann herangezogen werden, wenn lokale Erkenntnismöglichkeiten
nicht weiterführen (BSG, Urt. vom 15. April 2008 - B 14/7b 34/06 R -, zit. nach juris Rz. 36 und Urt. vom 18. Juni 2008, aaO.,
Rz. 15; kritisch zur Heranziehung der Werte der Tabelle nach § 8 WohnGG a.F. auch Berlit, aaO., Rn. 39; Frank, aaO., Rn. 27;
Lang/Link, aaO., Rn. 42a; Lauterbach, aaO., Rn. 33; Kalhorn, aaO., Rn. 20). Solche Erkenntnismöglichkeiten liegen jedoch vor.
Denn die Stadt Wilhelmshaven hat im Rahmen ihrer Ermittlungen auch durchschnittliche Quadratmeterpreise errechnet, die für
die Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten nach der Produkttheorie herangezogen werden können. Aus der Aufstellung
über die durchschnittlichen berücksichtigten Mieten des Jahres 2005 ergeben sich die folgenden Quadratmeterpreise:
(Quadratmeterpreise 2005, aus: "Durchschnitt Mietkosten Jahr 2005")
1 Person 5,60 €
2 Personen 5,35 €
3 Personen 5,40 €
4 Personen 5,42 €
5 Personen 5,28 €
6 Personen 5,51 €
7 Personen 4,99 €
8 Personen 3,93 €
Für das Jahr 2006 sind keine quartalsübergreifenden Zahlen vorgelegt worden, sondern lediglich Auswertungen des ersten bis
dritten Quartals. Bildet man aus den Zahlen für diese Quartale einen Mittelwert unter Berücksichtung der Zahl der jeweils
ausgewerteten Wohnungen, so ergeben sich folgende Quadratmetermieten:
(Quadratmetermieten aus den Quartalen 1/06, 2/06 und 3/06, Gesamtbildung 2006)
1. Q. 2. Q. 3. Q. Ges.
1 P. 5,81 136 W. 5,63 154 W. 5,54 106 W. 5,66 € 396 W.
2 P. 5,42 140 W. 5,50 131 W. 5,60 106 W. 5,50 € 377 W.
3 P. 5,47 171 W. 5,58 153 W. 5,64 117 W. 5,55 € 441 W.
4 P. 5,39 55 W. 5,67 39 W. 5,70 30 W. 5,55 € 124 W.
5 P. 5,36 13 W. 5,72 4 W 5,37 4 W. 5,43 € 21 W.
6 P. 5,44 9 W. 5,44 € 9 W.
7 P.
8 P.
(P. = Person/en; Q. = Quartal; W. = Wohnungen, Ges. = Gesamt)
Für die Jahre 2007 und 2008 haben der Beklagte und die Stadt Wilhelmshaven lediglich zu einzelnen Quartalen Aufstellungen
vorgelegt (4. Quartal 2007 und 1. Quartal 2008). Diese Zahlen sind aber - auch in Ermangelung anderer Quadratmeterpreise -
für die jeweiligen Jahre insgesamt zu berücksichtigen. Insofern ist nämlich zu bedenken, dass die Zahlen auch in sich ein
stimmiges Gesamtbild ergeben und sich daher auch eine Hochrechnung einzelner Quartale auf das gesamte Jahr nicht verbietet.
Andere Quadratmeterpreise konnten demgegenüber nicht berücksichtigt werden.
Dies gilt insbesondere für die Durchschnittsmieten der Wohngeldempfänger. Insofern ist zwar für das Jahr 2005 eine durchschnittliche
Quadratmetermiete von 5,16 Euro bekannt. Neuere Zahlen liegen nicht vor. Die Berücksichtigung dieses Wertes für die Folgejahre
ist jedoch bereits deshalb ausgeschlossen, weil das Mietenniveau in Wilhelmshaven nach den sonstigen mitgeteilten Zahlen in
einer dynamischen Entwicklung begriffen gewesen ist und deshalb der Rückgriff auf veraltete Bestandszahlen die Quadratmeterpreise
so deutlich verfälscht hätten, dass eventuell nicht mehr sicher gestellt wäre, dass die Hilfebedürftigen zu den so festgelegten
Mietobergrenzen tatsächlich Wohnungen hätten anmieten können.
Auch das durchschnittliche Mietenniveau der Leistungsbezieher im Monat Dezember 2006 (5,28 Euro je Quadratmeter (bruttokalt)
insgesamt, bei Wohnungen bis 39 Quadratmeter 6,35 Euro, bei Wohnungen von 40 bis 59 Quadratmetern 5,41 Euro, bei Wohnungen
von 60 bis 79 Quadratmetern 5,15 Euro und bei Wohnungen von 80 bis 99 Quadratmetern 5,16 Euro) kann nicht für den gesamten
Zeitraum seit 2005 berücksichtigt werden. Auch diese - lediglich für einen einzelnen Monat erstellten Zahlen - können nicht
in eine Berechnung von angemessenen Quadratmetermieten einfließen, weil auch insoweit die Gefahr bestünde, dass bei der Dynamik
des Wohnungsmarktes nicht sichergestellt wäre, dass Hilfebedürftige tatsächlich entsprechende Wohnungen hätten anmieten können.
Soweit die Stadt Wilhelmshaven noch weitere Durchschnittsmieten - nicht aber Quadratmeterpreise - in ihre Berechnungen eingestellt
hat, können die dabei zugrunde gelegten Daten schon mangels Aussagen zu den Quadratmeterpreisen nicht bei der Berechnung nach
der Produkttheorie berücksichtigt werden.
Damit ergeben sich folgende, nach Jahren und Personenzahlen aufgeschlüsselte Quadratmetermieten:
(Quadratmetermieten 2005 bis 2008, Zusammenfassung der vorigen Tabellen unter Ergänzung durch die Ermittlungen der Stadt Wilhelmshaven
für 2007 und 2008)
Personen 2005 2006 2007 2008
1 5,60 € 5,66 € 6,80 € 6,91 €
2 5,35 € 5,50 € 5,84 € 5,99 €
3 5,40 € 5,55 € 5,93 € 6,13 €
4 5,42 € 5,55 € 5,77 € 6,19 €
5 5,28 € 5,43 € 5,89 € 5,47 €
6 5,51 € 5,44 € 5,41 € 6,00 €
7 4,99 € 5,84 € 6,09 €
8 3,93 € 5,29 € 5,72 €
Aus diesen Quadratmeterpreisen ist - unter Berücksichtigung der angemessenen Wohnungsgröße - das Produkt zu bilden. Dies ergibt
folgende angemessenen Unterkunftskosten:
(Produktbildung, angemessene Unterkunftskosten (Bruttokaltmiete) 2005 bis 2008)
Personen 2005 2006 2007 2008
1 = 50 qm x 5,60€ = 280€ 5,66€ = 283€ 6,80€ = 340€ 6,91€ = 345,50€
2 = 60 qm x 5,35€ = 321€ 5,50€ = 330€ 5,84€ = 350,40€ 5,99€ = 359,40€
3 = 75 qm x 5,40€ = 405€ 5,55€ =416,25€ 5,93€ =444,75€ 6,13€ = 459,75€
4 = 85 qm x 5,42€ = 460,70€ 5,55€ =471,75€ 5,77€ =490,45€ 6,19€ = 526,15€
5 = 95 qm x 5,28€ = 501,60€ 5,43€ =515,85€ 5,89€ =559,55€ 5,47€ =5 19,65€
6 = 105 qm x 5,51€ = 578,55€ 5,44€ =571,20€ 5,41€ =568,05€ 6,00€ = 630,00€
Überträgt man die ermittelten Produkte in eine eigene Tabelle und vergleicht man sie mit der Tabelle zu § 8 WohnGG a.F. (zzgl.
10 %), so ergibt sich:
(angemessene Unterkunftskosten (Bruttokaltmiete) nach Wohngeldtabelle und nach Ermittlung der Stadt Wilhelmshaven)
Personen Tab. + 10% Whv 2005 Whv 2006 Whv 2007 Whv 2008
1 308 280 283 340 345,50
2 379 321 330 350,40 359,40
3 451 405 416,25 444,75 459,75
4 522,50 460,70 471,75 490,45 526,15
5 599,50 501,60 515,85 559,55 519,65
5. In dem vorliegenden Verfahren sind die Unterkunftskosten für einen Einpersonenhaushalt im Zeitraum vom 1. Dezember 2007
bis 31. Mai 2008 streitig. Für den streitigen Zeitraum ergeben sich nach der Produkttheorie angemessene (Bruttokalt-) Unterkunftskosten
in Höhe von 340,00 Euro bzw. 345,50 Euro. Die tatsächlichen Unterkunftskosten von 291,90 Euro sind daher abstrakt angemessen.
Auf die Frage der konkreten Angemessenheit der Unterkunftskosten kommt es daher nicht mehr an.
II. Die Berufung ist auch nicht im Hinblick auf die Heizkosten erfolgreich. Das SG hat den Beklagten zu Recht zur Übernahme der tatsächlichen Heizkosten abzüglich einer Warmwasserpauschale von 6,26 Euro (BSG,
Urt. vom 27. Februar 2008 - B 14/11b AS 15/07 -, SozR 4-4200 § 22 Nr. 5, zit. nach juris Rz. 25), mithin insgesamt zur Übernahme von Heizkosten in Höhe von (70,00 Euro
abzüglich 6,26 Euro =) 63,47 Euro verurteilt.
III. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG.
IV. Die Revision ist gem. §
160 Abs.
2 Nr.
1 SGG zuzulassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.