Streit um die Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung
Beurteilung der Leistungsfähigkeit der Versicherten im allgemeinen Erwerbsleben
Hier keine Erforderlichkeit der Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit
Prüfung eines Anspruchs auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit
Verweisbarkeit einer ungelernten Verkäuferin auf den allgemeinen Arbeitsmarkt
Tatbestand
Streitig ist Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung.
Die im April 1954 geborene, verheiratete Klägerin ist im November 1969 ins Erwerbsleben eingetreten und hat zunächst Aushilfstätigkeiten
verrichtet. Eine Berufsausbildung als Verkäuferin (im Lebensmittelhaus N, S) hat sie 1971 nach wenigen Monaten wegen der Geburt
ihrer Tochter abgebrochen. Nachdem sie im Jahre 1974 kurzzeitig als Putzkraft gearbeitet hatte, war sie zuletzt seit 1997
(zunächst in Teilzeit, ab Februar 2000 in Vollzeit) als Lagerarbeiterin und Verkäuferin bei der Firma N Discount in S beschäftigt.
Nach ihren Angaben handelte es sich dabei um einen sogenannten "1-Euro-Laden". Inhaber sei ein X, und außer ihr noch eine
weitere Kraft beschäftigt gewesen, deren Vorgesetzte sie gewesen sei. Seit 2006 war die Klägerin arbeitsunfähig krank wegen
erheblicher Beschwerden im Bereich des linken Vorfußes, die trotz mehrfacher Operationen verblieben. Die Tätigkeit im Discountladen
nahm sie in der Folge nicht mehr auf. Das Arbeitsverhältnis endete zum 30.11.2009. Seither ist die Klägerin beschäftigungslos.
Im November 2006 beantragte die Klägerin bei der Beklagten Rente wegen Erwerbsminderung. Zur Begründung verwies sie auf die
Beschwerden im Bereich des linken Fußes, außerdem auf Rückenbeschwerden und Magenprobleme. Insbesondere die Beschwerden im
Bereich des linken Fußes halte sie nicht aus.
Die Beklagte schaltete als Gutachterin die Internistin Dr. H aus E ein, die als wesentliche, die Leistungsfähigkeit beeinträchtigende
Krankheiten "Persistierende Schmerzen und Bewegungseinschränkung linker Vorfuß nach dreimaliger Operation bei Ballenbildung;
Wirbelsäulenverschleißerkrankung; beginnender Hüftgelenkverschleiß beidseits" vorfand und daneben "Meniskusschädigung linkes
Kniegelenk; Sehnenansatzreizung beider Ellenbogen; Daumengrundgelenkverschleiß links" diagnostizierte. Die Klägerin könne
als Verkäuferin oder Lageristin nur noch weniger als drei Stunden täglich arbeiten. Eine Besserung sei unwahrscheinlich. Von
einer weitergehenden, abschließenden Beurteilung der Leistungsfähigkeit im allgemeinen Erwerbsleben nahm sie wegen der noch
andauernden Therapie zur Behandlung des linken Vorfußes zunächst Abstand (Gutachten vom 23.1.2007). Anfang 2008 veranlasste
die Beklagte eine weitere Untersuchung durch den Chirurgen T1 aus E. Dieser bezeichnete die im Vordergrund stehende Erkrankung
des linken Fußes als: "Mehrfach operierter Hallux valgus linke Großzehe mit folgenden Heilungsstörungen, Rezidivneigungen
und letztendlich Versteifung des Großzehengrundgelenkes bei persistierender Schmerzsymptomatik" und äußerte den Verdacht auf
eine (zusätzliche) somatoforme Schmerzstörung, weil der Untersuchungsbefund mit den Beschwerdeangaben der Klägerin nicht in
Einklang zu bringen sei. Zusammenfassend führte er aus, dass der Klägerin zwar nicht mehr die Tätigkeit als Verkäuferin/Lageristin,
jedoch weiterhin leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt in wechselnder Körperhaltung - hauptsächlich im Sitzen
- 6 Stunden und mehr (vollschichtig) zumutbar seien (Gutachten vom 13.2.2008). Dem folgend lehnte die Beklagte den Rentenantrag
ab (Bescheid vom 19.2.2008; Widerspruchsbescheid vom 21.8.2008). Offenbar danach ging bei der Beklagten eine Antwort der "Firma
X" (auf eine Anfrage der Beklagten vom 2.5.2008) ein, aus der sich ergab, dass die Klägerin dort seit dem 1.5.1997 laufend
schwere Lagerarbeiten in wechselnder Körperhaltung verrichtete und ihr der Lohn einer ungelernten Arbeiterin gezahlt werde.
Mit ihrer Klage vom 3.9.2008 hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass in Anbetracht des geäußerten Verdachts auf eine somatoforme
Schmerzstörung eine psychiatrische Begutachtung erforderlich sei. Die Auswirkungen ihrer Gesundheitsstörungen auf die Erwerbsfähigkeit
seien überdies insgesamt gravierender als von der Beklagten angenommen. Aufgrund der zahlreichen qualitativen Leistungseinschränkungen
liege eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor, so dass die Beklagte eine konkrete Verweisungstätigkeit
zu benennen habe. Sie sei zuletzt als Facharbeiterin tätig gewesen. Den 1-Euro-Discounter habe sie mit Herrn X und ihrem Mann
quasi aufgebaut, sie habe alles gemacht, was eine erste Verkäuferin tue. Sie habe Kassiererinnen angelernt und die Inventur
eigenverantwortlich gemacht, Leute und Ware ausgesucht und habe auch die Ware selbsttätig kalkuliert.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 19.2.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.8.2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen,
ihr ab dem 1.1.2007 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung nach Maßgabe der
gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihre Auffassung weiter für zutreffend gehalten, und dazu im Laufe des Verfahrens zahlreiche ärztliche Äußerungen ihrer
beratenden Ärzte vorgelegt.
Das Sozialgericht (SG) hat als Sachverständige Orthopäden Dr. I, Nervenarzt Dr. Q, Anästhesistin C, alle aus E, und als (zusammenfassend beurteilenden)
Hauptgutachter Internisten Dr. L aus N eingeschaltet. Dr. I hat ein HWS-Syndrom mit endgradiger Bewegungseinschränkung, ein
LWS-Syndrom mit mittelgradiger Bewegungseinschränkung, eine Epicondylitis mit lokalisiertem Druckschmerz sowie beginnende
Cox- und Gonarthrose mit endgradiger Bewegungsschmerzhaftigkeit sowie einen "Zustand nach multipler Voroperation des linken
Vorfußes mit Osteomyelitis, Weichteilinfektion und postoperativer Belastungsinsuffizienz" festgestellt. Es liege eine fortschreitend
zu nennende Minderbelastbarkeit des linken Fußes wie auch eine Minderbelastbarkeit der Hals- und Lendenwirbelsäule sowie beginnend
der Hüftgelenke und des linken Knies vor. Der Summe nach seien körperlich leichte Tätigkeiten, bis zu 5 % der Arbeitszeit
mittelschwere Tätigkeiten zumutbar. Sämtliche Arbeiten sollten wegen der im linken Fuß vorherrschenden Beschwerden vornehmlich
im Sitzen durchführbar sein; ein Wechsel zwischen Stehen und Gehen müsse jedoch gewährleistet sein. Monotone Zwangshaltungen
seien ebenso wie dauerhaftes Heben und Tragen mittelschwerer Lasten nicht mehr zumutbar. Auch häufiges Knien und hockende
Tätigkeiten sollten ausgeschlossen werden. Gerüst- und Leiterarbeiten seien nicht mehr abzuverlangen. Unter Berücksichtigung
dieser Einschränkungen sei noch ein regelmäßiger vollschichtiger Arbeitseinsatz möglich; zwar bestehe eine Gehbehinderung,
diese sei jedoch nicht so stark, dass die Wegefähigkeit beeinträchtigt sei. Fußwege von über 500 Meter Länge könne sie noch
zurücklegen, öffentliche Verkehrsmittel und ein Kraftfahrzeug benutzen (Gutachten vom 9.1.2009). Nervenarzt Dr. Q hat ausgeführt,
bei der Klägerin lägen Schmerzen im Rahmen wiederholter Operationen im Bereich des linken Vorfußes sowie Schmerzen bei degenerativen
Veränderungen des Bewegungsapparates, insbesondere der Wirbelsäule und der Hüftgelenke vor, sowie eine Migräne mit Aura. Die
Diagnose einer depressiven Störung könne nicht gestellt werden. Aus neurologischer Sicht könnten leichte bis mittelschwere
Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung, vornehmlich im Sitzen, durchgeführt werden. Ein vollschichtiger Arbeitseinsatz sei
möglich (Gutachten vom 7.4.2009). Anästhesistin C hat unter anderem ausgeführt, dass eine somatoforme Schmerzstörung nicht
bestätigt werden könne. Die Sachverständige ist vom Vorliegen einer regionalen (nämlich auf den linken Fuß begrenzten) chronischen
Schmerzkrankheit (synonym: CRPS, Morbus Sudeck) ausgegangen und hat außerdem Schmerzen auf der Grundlage der Migräne, des
degenerativen LWS-Leidens und der Coxalgie berücksichtigt. Aus schmerzmedizinischer Sicht seien der Klägerin lediglich leichte
körperliche Tätigkeiten zuzumuten. Relevante Einschränkungen der Konzentrationsfähigkeit fanden sich nicht. Es sollten lediglich
Arbeiten in wechselnder Körperhaltung, bevorzugt im Sitzen mit der Möglichkeit kurzfristiger Positionswechsel angeboten werden.
Eine Reduktion der täglichen Arbeitszeit sei nicht erforderlich, ebenso nicht betriebsunübliche Pausen. Öffentliche Verkehrsmittel
können benutzt werden, auch ein Kraftfahrzeug könne grundsätzlich gesteuert werden (Gutachten vom 5.2.2009). Hauptgutachter
Internist Dr. L hat zusätzlich eine chronisch-obstruktive Bronchitis gefunden, die ebenfalls eine Einschränkung auf nur noch
körperlich leichte Tätigkeiten begründe. Unter Berücksichtigung aller Gutachten und Funktionseinschränkungen lasse sich eine
Reduktion der täglichen Arbeitszeit nicht begründen, so dass von einem vollschichtigen Leistungsvermögen für körperlich leichte
Tätigkeiten auszugehen sei (Gutachten vom 22.5.2009).
Das SG hat beim früheren Arbeitgeber der Klägerin X eine Arbeitgeberauskunft angefordert, die für diesen der Steuerberater F aus
S erstellt hat. Darin heißt es, die Klägerin sei vom 1.2.2000 bis zum 30.11.2009 im Rahmen einer ungelernten Tätigkeit beschäftigt
gewesen, die durch betriebsbedingte Kündigung geendet habe (Auskunft vom 5.8.2009).
Der behandelnde Internist T aus S hat auf Nachfrage des SG von einem insuffizient eingestellten Schmerzsyndrom berichtet, das die Leistungsfähigkeit deutlich einschränke. Die Klägerin
könne maximal 3 bis 4 Stunden täglich leichte Tätigkeiten verrichten (Bericht vom 24.9.2009). Chirurg Dr. L1, Chefarzt des
Sankt K Hospitals in N, hat von einer Schwellneigung des linken Fußes berichtet mit Beschwerden bei längerer Belastung. Es
liege eine Einschränkung der Gehfähigkeit, insbesondere auf unebener Strecke oder bei längerem Gehen vor (Bericht vom 17.11.09).
Zur Beurteilung der Schmerzproblematik hat das SG als weiteren Sachverständigen den Orthopäden und Rheumatologen Prof. Dr. I1 aus F eingeschaltet, der als leistungseinschränkende
Diagnosen ein chronisches Lendenwirbelsäulensyndrom bei multiplen umformenden Veränderungen, einen Zustand nach mehrfachen
Großzehenoperationen links mit verkürztem 1. Strahl sowie ein hochgradig psychogen überlagertes sog. weichteilrheumatisches
Beschwerdebild diagnostiziert hat. Es handele sich um ein Beschwerdebild aufgrund einer fehlerhaften Verarbeitung von tatsächlich
vorhandenen Beschwerden oder aufgrund einer psychosozialen Lebenssituation, das er "schon vor 30 Jahren als psychosomatischen
bzw. psychogenen Weichteilrheumatismus bezeichnet" habe. Im Bereich des linken Fußes sei objektiv keine Verschlimmerung, sondern
mit Sicherheit eine Besserung eingetreten. Die Klägerin könne noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten ausführen,
in wechselnder Körperhaltung, auch mit vorübergehendem Stehen und Gehen. Arbeiten unter besonderem Zeitdruck seien auszuschließen.
Die Klägerin könne noch ohne betriebsunübliche Pausen vollschichtig arbeiten, ein eigenes Kraftfahrzeug steuern und öffentliche
Verkehrsmittel benutzen. Sie könne mehrfach täglich Wegstrecken von 1000 Metern zurücklegen (Gutachten vom 30.3.2010 mit ergänzender
Stellungnahme vom 28.11.2010). Im Folgenden haben Anästhesistin C und Nervenarzt Dr. Q - nach erneuten ambulanten Untersuchungen
der Klägerin - weitere Gutachten erstattet. Anästhesistin C hat eine Einschränkung der täglichen Arbeitszeit auf unter 8 Stunden
angenommen, eine Reduzierung auf unter 6 Stunden lasse sich allerdings nicht begründen. Dr. Q hat zusätzlich Synkopen unklarer
Genese festgestellt, hieraus eine signifikante weitergehende Einschränkung der Leistungsfähigkeit aber nicht hergeleitet (Gutachten
vom 6.4. und 13.6.2011). Hauptgutachter Dr. L hat im Rahmen einer (erneuten) ergänzenden Stellungnahme eine geringe Verschlimmerung
der Leistungsfähigkeit festgestellt (ab 03/2011) und dies dahingehend bewertet, dass die tägliche Arbeitszeit zwar auf unter
8 Stunden, nicht jedoch auf unter 6 Stunden reduziert sei (Stellungnahme auf 1.12.2011).
Das SG hat die Klage abgewiesen: Die Klägerin sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme noch fähig, körperlich leichte Tätigkeiten
mindestens 6 Stunden täglich vornehmlich im Sitzen mit einer Möglichkeit des Positionswechsels und weiteren qualitativen Einschränkungen
zu verrichten. Eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen liege nicht vor. Die Klägerin sei auch nicht berufsunfähig,
da sie für sich keinen Berufsschutz in Anspruch nehmen könne. Die zuletzt ausgeübte Tätigkeit entspreche allenfalls dem Leitbild
der angelernten Tätigkeit, so dass die Klägerin auf sämtliche angelernte oder ungelernte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes
verwiesen werden könne (Urteil vom 2.3.2012, dem Klägerbevollmächtigen zugestellt am 4.4.2012).
Mit ihrer noch im April 2012 eingelegten Berufung hat die Klägerin darauf hingewiesen, dass ihr eine vollschichtige Tätigkeit
nicht mehr möglich sei. Wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen müsse die Beklagte eine Verweisungstätigkeit
benennen. Die Sachverständige Nervenärztin Dr. Q1 habe bestätigt, dass sie nur noch weniger als 3 Stunden arbeiten könne.
In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin den Antrag gestellt, die Sachverständige Dr. Q1 zu beeidigen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 2.3.2012 zu ändern und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 19.2.2008
in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.8.2008 zu verurteilen, ihr ab Dezember 2006, jedenfalls ab April 2011 Rente
wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung auf Dauer zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und sieht sich durch die Beweisaufnahme bestätigt. Dem Gutachten der Sachverständigen
Dr. Q1 sei nicht zu folgen. Insbesondere die von dieser Sachverständigen gestellte Diagnose einer gegenwärtig mittelgradig
ausgeprägten depressiven Episode könne nicht nachvollzogen werden.
Der Senat hat als Sachverständigen den Orthopäden Dr. H1 aus L eingeschaltet Dieser hat bei der Klägerin als Krankheiten /
Behinderungen gefunden:
- Cervicocephalgie,
- Dorsolumbalgie,
- Periarthritis humeroscapularis beider Schultern ohne funktionelle Defizite,
- Arthralgie der Ellenbogen beidseitig ohne Funktionsdefizite,
- Polyarthralgie der Handgelenke und Finger beidseitig ohne Funktionsdefizite,
- Coxalgie beidseitig ohne Funktionsdefizite,
- Gonalgie beidseitig mit positiver Innenmeniskussymptomatik ohne weitere Funktionsdefizite,
- Arthralgie der Sprunggelenke beidseitig ohne funktionelle Defizite.
- Funktionelle Beschwerden bei Senkspreizfuß beidseitig, beginnende Hammerzehenbildung beidseitig D2-5, leichter Hallux valgus
beidseitig, verkleinerte Großzehe links nach mehrfacher Operation und letztendlich Resektion des Grundglieds und der Gelenksfläche
MFK 1, kein Hinweis auf Morbus Sudeck.
Die Hauptdiagnose sei eine somatoforme Schmerzstörung. Eine Veränderung im Vergleich zu den Vorgutachten sei nicht festzustellen.
Bedingt durch die Ganzkörperschmerzsymptomatik seien körperliche Leistungsfähigkeit und psychische Belastbarkeit eingeschränkt.
Körperlich lasse sich lediglich eine verringerte Belastbarkeit des linken Fußes nach mehrfachen und letztlich verstümmelnden
Operationen am linken großen Zeh nachvollziehen. Nicht mehr möglich seien oftmalige oder dauerhafte gehende und/oder stehende
Tätigkeiten, Steigen, Klettern, Kriechen, Bücken, Heben und Tragen von Lasten. Weitere spezifische Einschränkungen seien nicht
erkennbar. Die Klägerin sei noch in der Lage, körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung 6 Stunden arbeitstäglich
auszuüben. Die Körperhaltung müsse sich zwangsläufig frei wählen lassen, ein gelegentlicher Haltungswechsel reiche prinzipiell
aus. Tätigkeiten unter Zeitdruck, in Wechselschicht, in Zwangshaltung, auf Gerüsten und Leitern, an laufenden Maschinen oder
unter thermischen Einflüssen seien nicht mehr möglich. Die Klägerin sei noch wegefähig (Gutachten vom 21.10.2012).
Anschließend hat der Senat auf Antrag der Klägerin als Sachverständige Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie, Psychotherapie
Dr. Q1 aus T und Orthopäden Dr. N aus E gehört. Dr. Q1 hat ausgeführt, bei der primär eher somatisch fixierten Probandin habe
sich seit 1999 eine Schmerzstörung entwickelt, die schwierige Begleitumstände und früh eine ungünstige Chronifizierungstendenz
gezeigt habe. Ungünstig seien gewesen der Arbeitsplatzverlust, eine kränkende Kündigung sowie ferner mindestens 7 bis 8 Operationen
des Hallux valgus mit nicht befriedendem Erfolg und Zunahme der Funktionsstörung. Im Laufe der Jahre habe sich neben der chronischen
Schmerzstörung eine rezidivierende, mindestens mittelgradige Depression entwickelt, die den Verlauf der Schmerzerkrankung
ungünstig beeinflusst habe. Ferner bestehe eine zumindest akzentuierte Persönlichkeit mit ängstlichen und ein wenig autonomen
Zügen. Auch diese Akzentuierung habe zur Chronifizierung der somatoformen Schmerzstörung beigetragen. Wegen einer "anhaltenden
somatoformen Schmerzstörung, einer mittelgradigen depressiven Episode und einer akzentuierten Persönlichkeit mit ängstlichen
und abhängigen Zügen" bestehe auch im Alltag eine deutliche Einschränkung durch ständige Schmerzen, relativ hohe Schmerzmedikation,
fixiertes Vermeidungsverhalten und Ängste. Andererseits sei eine gewisse Tagesstrukturierung und Tagesaktivität überwiegend
aber über Fremdmotivation noch möglich und werde geleistet. Die Belastbarkeit sei signifikant eingeschränkt. Die Klägerin
könne als Dauerbelastung nur noch leichte Tätigkeiten verrichten. Die Belastbarkeit allgemein, die Stressbelastbarkeit insbesondere,
die Umstellungsfähigkeit und auch die ständige Beeinträchtigung durch Schmerzen, Ängste, Nebenwirkungen von Medikamenten ließen
eine Beschäftigung über 3 Stunden täglich nicht mehr zu (Gutachten vom 30.8.2013). Orthopäde N hat leichte Tätigkeiten als
Dauerbelastung noch für möglich gehalten. Die Arbeiten sollten wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen verrichtet werden
und seien in geschlossenen Räumen, mit Witterungsschutz auch im Freien möglich. Grundsätzlich sei nur ein gelegentlicher Haltungswechsel
notwendig, welcher unregelmäßig möglich ist. Ungelernte Tätigkeiten seien 6 Stunden und mehr bis zur Vollschichtigkeit möglich
(Gutachten vom 25.11.2013).
Das danach von Dr. Q erstellte dritte Gutachten fußt auf erneuter ambulanter Untersuchung der Klägerin und zusätzlich auf
einer testpsychologischen Untersuchung. Als Krankheiten hat Dr. Q eine "anhaltende somatoforme Schmerzstörung mit somatischen
und psychischen Faktoren sowie eine Migräne mit Aura" festgestellt. Der Sachverständige geht aufgrund der Angaben der Klägerin
davon aus, dass sich nach dem Tod des gemeinsamen Hundes die Außenaktivitäten des Ehepaares deutlich erhöht haben. Es bestünden
vielseitige, regelmäßige und gegenseitige soziale Kontakte zu der großen Familie. Es liege weiter ein mäßig strukturierter
Tagesablauf vor; die Klägerin führe im Laufe des Tages unterstützt durch den Ehemann die notwendigen Hausarbeiten durch, z.B.
hygienische Maßnahmen, sie koche, führe aushäusige Termine durch und schaue fern. Die Stimmung sei euthym bis subdepressiv,
die affektive Schwingungsfähigkeit gut ausgebildet. Aufgrund ihrer Angaben habe eine Verdeutlichungstendenz festgestellt,
eine bewusstseinsnahe Aggravation nicht sicher ausgeschlossen werden können. In der aktuellen Begutachtung habe eine deutliche
Diskrepanz zwischen den Angaben zur Schmerzstärke, den erhobenen Untersuchungsbefunden, der fehlenden vegetativen Reaktion
im Ausdrucksverhalten und den Schilderungen des Tagesablaufes bestanden. Im erhobenen psychopathologischen Befund seien keine
wesentlichen Unterschiede zu den Vorbegutachtungen festzustellen. Es habe eine ausgeprägte gute Schwingungsfähigkeit bestanden
und sehr schnell ein guter emotionaler Kontakt hergestellt werden können. Nach eigenem Bekunden empfinde sich die Klägerin
nicht als depressiv. In dem durchgeführten Fremdbeurteilungsverfahren erreiche sie den Wert einer leichten depressiven Störung.
Die Kriterien einer Depression würden nicht erfüllt. Unter Berücksichtigung der einschlägigen Diagnosekriterien könne selbst
die Diagnose einer leichten depressiven Störung nicht gestellt werden. Der im Gutachten von Dr. Q1 geschilderte psychopathologische
Befund habe weder in den Vorbegutachtungen noch in der aktuellen Begutachtung nachvollzogen werden können. In ihrer Einschätzung
beziehe sich Frau Dr. Q1 auf die von ihr im Gutachten wiedergegebene Anamnese. Auch hier bestehe ein Unterschied zu den Angaben,
die die Klägerin jeweils bei den Vorbegutachtungen und der jetzigen Begutachtung gemacht habe. Zusammenfassend müsse festgestellt
werden, dass die Diagnose der mindestens mittelgradig depressiven Störung weder aufgrund des psychopathologischen Befundes
noch aufgrund der Anamnese nachvollzogen werden könne. Es bestehe nicht ansatzweise ein Leidensdruck. Es würden auch keine
therapeutischen Hilfen in Anspruch genommen. Im Vergleich zu seinen Vorgutachten könne er keine Verschlimmerung feststellen.
Aufgrund der somatoformen Schmerzstörung bestehe eine Einschränkung der psychomentalen Belastbarkeit. Arbeiten mit längeren
oder häufigen oder gelegentlich einseitigen körperlichen Belastungen bzw. Zwangshaltungen sollten nicht mehr durchgeführt
werden. Die wesentlichen Einschränkungen bestünden auf orthopädischem Gebiet. Danach seien leichte Arbeiten als Dauerbelastung
möglich, und zwar Arbeiten wechselweise im Gehen, Stehen und Sitzen. Aufgrund der somatoformen Schmerzstörung sollten keine
Arbeiten unter Zeitdruck, im Nachtschichtbetrieb oder mit forderndem Publikumsverkehr durchgeführt werden. Verantwortungsbewusstsein,
Zuverlässigkeit oder Übersicht seien nicht krankheitsbedingt eingeschränkt. Im Rahmen akuter Schmerzen könnten jedoch Einschränkungen
der Reaktionsfähigkeit und der Aufmerksamkeit bestehen, so dass an diese Qualitäten nur noch geringe Anforderungen gestellt
werden sollten. Öffentliche Verkehrsmittel und ein Pkw mit Automatikgetriebe könnten geführt werden. Unter den genannten Einschränkungen
sei ein vollschichtiger Arbeitseinsatz möglich (Gutachten vom 11.7.2014 mit ergänzender Stellungnahme vom 4.9.2014).
Wegen der weiteren Einzelheiten nimmt der Senat Bezug auf die Gerichtsakten, die Verwaltungsakten der Beklagten und die Vorprozessakten
SG Duisburg (Aktenzeichen (Az) S 23 SB 459/08), die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
A. Die Berufung ist unbegründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Bescheid vom 19.2.2008 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.08.2008,
§
95 Sozialgerichtsgesetz (
SGG)) beschwert die Klägerin nicht, §
54 Abs
2 Satz 1
SGG. Die Beklagte hat zu Recht abgelehnt, der Klägerin Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit zu gewähren.
I. Gemäß §
43 Abs
2 S 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie voll
erwerbsgemindert sind, in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte
Beschäftigung oder Tätigkeit entrichtet und vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Voll
erwerbsgemindert sind zunächst Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind,
unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein, §
43 Abs
2 S 2
SGB VI.
Voll erwerbsgemindert ist außerdem, wer (nur) teilweise erwerbsgemindert ist, wenn ihm außerdem ein Teilzeitarbeitsplatz nicht
zu Verfügung steht und auch vom Rentenversicherungsträger nicht angeboten werden kann. Das Bundessozialgericht (BSG) hat insoweit die gesetzlichen Vorgaben durch Richterrecht ergänzt (BSGE 43,75 = SozR 2200 § 1246 Nr 13). Diese Rechtsprechung
betrifft Versicherte, die gesundheitsbedingt in einem zumutbaren Beruf nicht mehr mindestens 6 Stunden einsetzbar, aber zu
Teilzeitarbeit von drei bis unter 6 Stunden täglich fähig sind. Für diesen Personenkreis hat das BSG den Versicherungsschutz der gesetzlichen Rentenversicherung erweitert und neben das gesetzlich versicherte Gut der Berufsfähigkeit
(Erwerbsfähigkeit) dasjenige der Berufsmöglichkeit (Erwerbsmöglichkeit) gestellt. Es hat damit die gesetzlich versicherten
Risiken der Krankheit und Behinderung um dasjenige der Unvermittelbarkeit auf dem (Teilzeit-)Arbeitsmarkt im jeweiligen Anspruchszeitraum
(sog Arbeitsmarktlage) ergänzt. Voll erwerbsgemindert kann danach schon sein, wer einen zumutbaren Beruf in zeitlicher Hinsicht
nur weniger als 6 Stunden arbeitstäglich verrichten kann. Die Anspruchsschwelle ist überschritten, wenn dem Versicherten binnen
eines Jahres kein geeigneter und freier (Teilzeit-)Arbeitsplatz in einem zumutbaren Beruf angeboten wird; dann ist eine Arbeitsmarktrente
in der Form und (im Übrigen) nach den Regeln einer Rente wegen voller Erwerbsminderung zu bewilligen (BSGE 78, 207 ff = SozR 3-2600 § 43 Nr 13; BSG SozR 3-2200 § 1276 Nr 3). Teilweise erwerbsgemindert ist, wer aus den zur vollen Erwerbsminderung angeführten Gründen außer Stande ist, unter
den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein, §
43 Abs
1 S 2
SGB VI. Nicht (einmal teilweise) erwerbsgemindert ist dagegen, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes
mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, §
43 Abs
3 1. Hs
SGB VI.
Nach dem Beweisergebnis ist nicht erwiesen, dass die Klägerin zu irgendeinem Zeitpunkt zwischen Antragstellung und mündlicher
Verhandlung vor dem Senat wenigstens teilweise erwerbsgemindert war. Im Gegenteil bestand danach durchweg ein Leistungsvermögen
für (zumindest) leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarkts von mindestens 6 Stunden arbeitstäglich (im Folgenden 1.).
Mit diesem (Rest-)Leistungsvermögen kann die Klägerin noch auf den allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein. Der Benennung
einer konkreten Verweisungstätigkeit bedarf es nicht (2.). Die Klägerin kann auch noch unter den üblichen Bedingungen des
allgemeinen Arbeitsmarktes arbeiten (3.).
1. Das Leistungsvermögen im allgemeinen Erwerbsleben ist bei der Klägerin durch zahlreiche Krankheiten und/oder Behinderungen
eingeschränkt. Gleichwohl kann sie noch 6 Stunden arbeitstäglich körperlich leichte Tätigkeiten verrichten, wie sie auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt noch in ausreichender Zahl vorhanden sind.
Im Vordergrund der körperlichen (somatischen) Beeinträchtigungen steht eine Krankheit/Behinderung im Bereich des linken Vorfußes,
die von den Sachverständigen unterschiedlich als "Zustand nach multipler Voroperation des linken Vorfußes mit Osteomyelitis,
Weichteilinfektion und postoperativer Belastungsinsuffizienz" (Sachverständiger Dr. I), "Zustand nach mehrfacher Großzehenoperationen
links mit verkürztem 1. Strahl" (Sachverständiger Pro. Dr. I1), "Verkleinerte Großzehe links nach mehrfacher Operation und
letztendlich Resektion des Grundglieds und der Gelenksfläche MFK 1" (Sachverständiger Dr. H1) bezeichnet wird. Daneben bestehen
auf orthopädischem Fachgebiet ein Hals- und Lendenwirbelsäulenleiden sowie von allen Sachverständigen als funktionell gering
bzw belanglos eingeordnete Verschleißerscheinungen verschiedener Gelenke. Auf internistischem Gebiet besteht eine chronisch-obstruktive
Bronchitis (Sachverständiger Dr. L), auf nervenärztlichem Gebiet eine Migräne mit Aura (Sachverständiger Dr. Q). Daneben besteht
eine generalisierte (Ganzkörper-)Schmerzstörung, die von den Sachverständigen der verschiedenen Fachgebiete unterschiedlich
bezeichnet wird. Nervenarzt Dr. Q ist zuletzt wie Dr. Q1 von einer anhaltenden somatoformen Schmerzstörung mit somatischen
und psychischen Faktoren ausgegangen, Prof. Dr. I1 von einem hochgradig psychogen überlagerten sog. weichteilrheumatischen
Beschwerdebild und Anästhesistin C (lediglich) von einer regionalen (nämlich auf den linken Fuß begrenzten) chronischen Schmerzkrankheit.
Unabhängig von der zutreffenden Diagnose liegt wegen der (ganzheitlichen) Schmerzen bei der Klägerin zusätzlich eine den ganzen
Körper betreffende Schmerzstörung vor, die über die allein aufgrund der körperlichen Befunde zu erwartende Schmerzsymptomatik
hinausreicht.
Die von Dr. Q1 genannten weiteren psychiatrischen Krankheiten "mittelgradige depressiven Episode und akzentuierte Persönlichkeit
mit ängstlichen und abhängigen Zügen" sind dagegen nicht erwiesen. Die entsprechenden Diagnosen lassen sich durch festgestellte
Tatsachen nicht erhärten. Insoweit ist die Längsschnittbeurteilung durch Dr. Q überzeugend, der im Verlauf des Verfahrens
3 Gutachten jeweils aufgrund ambulanter Untersuchungen der Klägerin (zuletzt mit testpsychologischer Zusatzuntersuchung) erstattet
hat. Nach den von ihm (jeweils) festgestellten Tatsachen fehlt es an objektiven Kriterien für die Annahme einer signifikanten
depressiven Störung oder einer Persönlichkeitsstörung. Dies beruht im Kern darauf, dass die Lebensführung kaum eingeschränkt,
sondern von zahlreichen strukturierten Aktivitäten geprägt ist, die zuletzt (nach dem Tod des Hundes) sogar noch zugenommen
haben.
Auf der Grundlage der festgestellten Krankheiten/Behinderungen ist die Klägerin zusammengefasst (Sachverständige Dr. L und
Dr. Q) im allgemeinen Erwerbsleben stark eingeschränkt. Vornehmlich wegen der im linken Fuß vorherrschenden Beschwerden, aber
auch wesentlich wegen der (gemischt somatisch-psychischen) Schmerzstörung sollte sie unter Berücksichtigung der Auswirkungen
aller Krankheiten/Behinderungen in wechselnder Körperhaltung, jedoch vornehmlich im Sitzen arbeiten. Ein gelegentlicher Wechsel
der Körperhaltung (zum Stehen und Gehen) muss gewährleistet sein. Oftmalige oder dauerhaft gehende und/oder stehende Tätigkeiten,
Steigen, Klettern, Kriechen, Bücken sind nicht mehr möglich. Monotone Zwangshaltungen sind ebenso wie dauerhaftes Heben und
Tragen mittelschwerer Lasten nicht mehr zumutbar. Auch häufiges Knien und hockende Tätigkeiten sowie Gerüst- und Leiterarbeiten
sind ausgeschlossen. Tätigkeiten unter Zeitdruck, in Wechselschicht, an laufenden Maschinen, unter thermischen Einflüssen
oder und mit forderndem Publikumsverkehr sind ebenfalls nicht mehr möglich.
Nachdem die Klägerin zu Beginn des Verfahrens mit dem verbliebenen Leistungsvermögen noch in der Lage war, leichte Tätigkeiten
des allgemeinen Arbeitsmarktes "vollschichtig" (iS von 8 Stunden arbeitstäglich) zu versehen, ist es im Laufe des Verfahren
zu einer graduellen Verringerung des Leistungsvermögens gekommen. Seit etwa 2011 ist sie nur noch in der Lage, arbeitstäglich
weniger als 8, aber immer noch mindestens 6 Stunden zu arbeiten. Sie kann insbesondere leichte Tätigkeiten des allgemeinen
Arbeitsmarktes wie Zureichen, Transportieren, Reinigen, Bedienen von Maschinen, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen
von Teilen noch mindestens an 6 Stunden arbeitstäglich verrichten. Der Senat stützt sich bei dieser Einschätzung des Leistungsvermögens
auf die nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen Dr. I, C, Prof. Dr. I1, Dr. H1, Dr. N und insbesondere
die zusammenfassenden, sämtliche Leistungseinschränkungen berücksichtigenden Beurteilungen von Dr. L und Dr. Q. Soweit Dr.
Q1 eine weitgehende Leistungseinschränkung annimmt, stützt sie diese darauf, dass bei der Klägerin neben der chronifizierten
somatoformen Schmerzstörung eine mittelgradige depressiven Episode und eine akzentuierte Persönlichkeit mit ängstlichen und
abhängigen Zügen vorliegen sollen. Solche Störungen sind jedoch nach dem zuvor Gesagten nicht erwiesen. Daraus folgt, dass
auch die von ihr auf dieser Basis behauptete (weitergehende) Leistungseinschränkung nicht erwiesen ist.
2. Für den Senat bestehen nach dem Beweisergebnis keine Zweifel daran, dass die Klägerin mit dem verbliebenen Leistungsvermögen
noch auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt erwerbstätig sein kann. Die Vermutung, dass es auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch
genügend körperlich leichte Tätigkeiten gibt, die die Klägerin mit dem ihr verbliebenen Leistungsvermögen ausüben kann, ist
vorliegend nicht widerlegt. Die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit ist nicht erforderlich. Eine solche Benennungspflicht
(der Beklagten) kommt in Betracht, wenn aufgrund erheblicher Leistungseinschränkungen auch das Spektrum der leichten Tätigkeiten
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt weiter eingeschränkt sein könnte, also Zweifel bestehen, ob dort noch ausreichend leichte
Tätigkeiten zur Verfügung stehen, die der Versicherte mit seinem Restleistungsvermögen wettbewerbsfähig verrichten kann (vgl
dazu BSGE 80, 24ff = SozR 3-2600 § 44 Nr 8; BSGE 109, 189ff = SozR 4-2600 § 43 Nr 16 und insbesondere BSG SozR 4-2600 § 43 Nr 18). Solche Zweifel hat der Senat nicht. Insbesondere liegt keine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen vor.
Alle Funktionseinschränkungen zusammen genommen begründen (lediglich) die Einschränkung auf in wechselnder Körperhaltung (überwiegend
im Sitzen mit gelegentlichem Haltungswechsel) zu verrichtende, leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes; hinzu kommt
eine Einschränkung der psychomentalen Belastbarkeit im Rahmen akuter Schmerzen, die Tätigkeiten unter Zeitdruck oder mit forderndem
Publikumsverkehr ausschließt. Es handelt sich - zusammen genommen - lediglich um eine Summierung gewöhnlicher Leistungseinschränkungen,
die für die Einschränkung der Leistungsfähigkeit auf (nur noch) körperlich leichte Tätigkeiten ursächlich sind. Eine weitergehende
signifikante Einschränkung des Spektrums leichter Tätigkeiten lässt sich daraus nach den überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen
Dres. L und Q gerade nicht herleiten.
3. Die Klägerin kann nach dem einhelligen Beweisergebnis auch noch unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes
arbeiten. Sie benötigt weder betriebsunübliche Pausen, noch ist ihre Fortbewegungsfähigkeit rentenrechtlich bedeutsam eingeschränkt.
Vielmehr kann sie trotz der Behinderung im Bereich des linken Vorfußes noch übliche Fußwege von etwas mehr als 500 Metern
4 mal täglich in weniger als 20 Minuten zurücklegen; die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel und (sofern vorhanden) eines
Automatik-Pkws sind möglich.
II. Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit, §
240 Abs
1 SGB VI. Anspruch auf eine solche Rente haben Versicherte, die vor dem 2.1.1961 geboren und berufsunfähig sind. Die Klägerin ist
vor dem 2.1.1961 geboren, jedoch nicht berufsunfähig.
Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit
von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten
auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Dabei umfasst der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten
zu beurteilen ist, alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer
und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit
zugemutet werden können, §
240 Abs
2 S 1 und 2
SGB VI. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige
Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen, §
240 Abs
2 S 4
SGB VI. Nach diesen Vorschriften ergibt sich eine im Vergleich zum Anspruch auf volle Erwerbsminderung abweichende Beurteilung nur
dann, wenn der Versicherte den zuletzt ausgeübten Beruf objektiv (d.h. wegen Krankheit oder Behinderung) nicht mehr 6 Stunden
oder mehr arbeitstäglich ausüben und wegen eines besonderen qualifizierten Berufsschutzes nicht (pauschal) auf den allgemeinen
Arbeitsmarkt verwiesen werden kann. Dann ist (mindestens) eine konkret zumutbare, meist berufsnahe Verweisungstätigkeit zu
benennen, in die sich der Versicherte zeitnah einarbeiten kann (binnen 3 Monaten, sog. "Überforderungsklausel". Ein derartiger
Berufsschutz liegt nach der mittlerweile zu Richterrecht erstarkten ständigen Rechtsprechung des BSG vor, wenn es sich bei der letzten versicherungspflichtigen Tätigkeit mindestens um die Tätigkeit eines Angelernten im oberen
Bereich handelte (vgl. Nazarek in: Schlegel/Voelzke. jurisPK-
SGB VI. 2. Aufl. 2013. §
240 Rdnrn 53ff; insb. 94ff; KassKomm/Gürtner.
SGB VI. §
240 Rdnrn 24-42 ). Das ist bei der Klägerin nicht der Fall.
Die Klägerin hat zuletzt den Beruf einer Lagerarbeiterin und Verkäuferin bzw. Mitarbeiterin in einem Discountladen ("Mädchen
für alles") ausgeübt. Diesen Beruf kann sie schon deshalb nicht mehr ausüben, weil diese Tätigkeit überwiegend im Stehen ausgeübt
wird und zumindest gelegentlich auch schwere Tätigkeiten anfallen. Qualifizierter Berufsschutz, der zu einer Beschränkung
des Verweisungsspektrums führte und deshalb die Benennung einer konkret (subjektiv) zumutbaren Berufstätigkeit durch die Beklagte
begründete, besteht jedoch nicht. Die durch Beklagte und SG eingeholten Arbeitgeberauskünfte bescheinigen, dass es sich bei der maßgeblichen letzten Tätigkeit der Klägerin (Lagerarbeiterin/Verkäuferin)
um eine ungelernte Tätigkeit gehandelt hat. Dass die zweite Auskunft vom Steuerberater der "Firma X" erteilt wurde, spricht
nach Auffassung des Senats nicht gegen ihre Richtigkeit, zumal sie inhaltlich mit der bei der Beklagten eingegangenen Auskunft
der "Firma X" übereinstimmt. Auch die daneben bekannten Umstände (erwiesenen Hilfstatsachen) lassen keinen abweichenden Schluss
zu. Die Klägerin hat die (zweijährige) Ausbildung als Verkäuferin nicht abgeschlossen und in diesem Beruf auch nicht lange
gearbeitet. Sie ist erst knapp 25 Jahre später wieder (zunächst als Lagerarbeiterin) in das Berufsleben eingestiegen, um mit
ihrem Ehemann und Herrn X den Discoutladen aufzubauen, war dort zunächst als Lageristin und später ca. 6 Jahre (auch) als
Verkäuferin tätig. Der Erwerb zusätzlicher, auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verwertbarer Qualifikationen ist weder behauptet
noch sonst ersichtlich. Selbst wenn man davon ausginge, es habe sich entgegen der Auskünfte seit ca. 2000 bereits um eine
angelernte Tätigkeit gehandelt, wäre das Verweisungsspektrum nicht eingeschränkt, sondern die Klägerin auf den allgemeinen
Arbeitsmarkt verweisbar.
III. Der Rechtsstreit ist entscheidungsreif. Soweit die Klägerin früher beantragt hatte, den Zeugen X zu hören, hat sie diesen
Antrag in der mündlichen Verhandlung nicht aufrechterhalten.
Die Sachverständige Dr. Q1 ist nicht zu beeidigen.
Der Antrag der Klägerin, die Sachverständige Q1 zu beeidigen, geht ins Leere. §
410 Abs
1 S 1
ZPO regelt entgegen dem ersten Anschein keine Beeidigungspflicht, sondern nur die Modalitäten der Beeidigung (BGH NJW 1998, 3355). Der Senat unterstellt, dass die Sachverständige das Gutachten unparteiisch und nach bestem Wissen und Gewissen erstattet
hat. Ob der Senat die sozialmedizinischen Schlussfolgerungen für überzeugend hält, muss er bei der Beweiswürdigung entscheiden.
Die sozialmedizinische Wertung kann durch einen Eid nicht überzeugender werden. Deshalb liegt die Beeidigung grundsätzlich
im Ermessen des Prozessgerichts und gehört zur freien Beweiswürdigung, §§
402,
391 ZPO (vgl dazu Zöller.
ZPO. Kommentar. §
391 Rdnrn 2f). Eine Beeidigung kommt etwa in Betracht, wenn das Gericht sich auf das Gutachten stützen und ihm durch die Beeidigung
größeres Gewicht verschaffen möchte. So liegt der Fall hier gerade nicht.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf §§
183 S 1, 193 Abs
1 S 1
SGG und, soweit die Klägerin Gerichtskosten trägt, auf §
192 Abs
1 S 1 Nr
2 SGG. Nach dieser Regelung kann das Gericht im Urteil einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch
verursacht werden, dass der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der
Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des
Rechtsstreites hingewiesen worden ist. Diese Voraussetzungen liegen vor.
Die Klägerin ist in der mündlichen Verhandlung vom Vorsitzenden auf die Aussichtslosigkeit der Fortsetzung des (Berufungs-)Verfahrens,
die Missbräuchlichkeit der weiteren Inanspruchnahme des Gerichts sowie die für den Fall der Fortsetzung des Verfahrens in
Betracht kommende Auferlegung von Gerichtskosten hingewiesen worden und hat den Rechtsstreit trotz dieser Hinweise fortgeführt.
Dieses Verhalten ist rechtsmissbräuchlich. Eine missbräuchliche Rechtsverfolgung liegt vor, wenn die Weiterführung des Rechtsstreits
von jedem Einsichtigen als aussichtslos angesehen werden muss (vgl Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 19.12.2002, Az
2 BvR 1255/02, [...] RdNr 3). Die Berufung der Klägerin war in diesem Sinn offensichtlich aussichtslos, weil die Voraussetzungen des streitigen
Anspruchs nach dem klaren Ergebnis der äußerst umfangreichen Beweisaufnahmen in zwei Rechtszügen offenbar nicht erwiesen waren.
Wenn die Klägerin in Kenntnis des eindeutigen Ergebnisses der Beweisaufnahme und trotz vielfacher Hinweise auf die Rechtslage
nicht bereit ist, die prozessuale Konsequenz zu ziehen, sondern stattdessen ohne Angabe der dafür (noch) maßgeblichen Gründe
ein Urteil erstreiten will, zeigt sie damit ein sehr hohes Maß an Uneinsichtigkeit. Ein solches Verhalten stellt typischerweise
ein (rechts )missbräuchliches Verhalten dar (vgl dazu Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer.
SGG. 11. Aufl 2014. §
192 RdNr 9 mwN). Dabei kann im Ergebnis dahin stehen, ob der Klägerin selbst alle Zusammenhänge klar geworden sind. Nach dem
Gesetz steht dem Beteiligten sein Bevollmächtigter gleich, §
192 Abs
1 Satz 2
SGG. Die Klägerin war im Termin zur mündlichen Verhandlung von einem "Fachanwalt für Sozialrecht" vertreten, dem die Zusammenhänge
aufgrund seiner besonderen Qualifikation ganz sicher klar waren, jedenfalls aber im Rahmen der umfänglichen Erörterung klar
geworden sind.
Zur Höhe der auferlegten Gerichtskosten bedarf es keiner Begründung, da es sich um den gesetzlichen Mindestbetrag handelt,
§§
192 Abs
1 S 3, 184 Abs
2 SGG.
C. Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, §
160 Abs
2 SGG. Maßgeblich für die Entscheidung sind die konkreten Umstände des Einzelfalls.