Gründe
I.
Streitig ist im einstweiligen Rechtsschutzverfahren die Gewährung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab 01.12.2021.
Die am 00.00.1974 geborene Antragstellerin zu 1) lebt mit ihren Kindern, den Antragstellern zu 2) bis 4) und ihrem Ehemann
in einer Doppelhaushälfte von 186m². Die Antragstellerin und ihr Ehemann sind gemeinsam und zu gleichen Teilen Eigentümer
dieser Doppelhaushälfte. Der Ehemann der Antragstellerin zu 1) bezieht eine unbefristete Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Nachdem die befristete Rente wegen voller Erwerbsminderung der Antragstellerin zu 1) zum 31.12.2020 ausgelaufen war, beantragte
und erhielt diese gemeinsam mit den Antragstellern zu 2) bis 4) durch Bescheid vom 19.04.2021 für die Zeit vom 01.02.2021
bis 31.07.2021 Leistungen nach dem SGB II von dem Antragsgegner. Laut Bescheid wurde Vermögen für die Dauer des Zeitraums wegen § 67 Abs. 2 SGB II nicht berücksichtigt.
Auf den Folgeantrag hin bewilligte der Antragsgegner den Antragstellern mit Bescheid vom 04.10.2021 erneut Leistungen nach
dem SGB II für die Zeit vom 01.08.2021 bis 31.01.2022, jedoch als Darlehen gemäß § 24 Abs. 5 SGB II. Mit weiterem Bescheid vom selben Tag wurden mit dem Leistungsbescheid zur Bewilligung des Darlehens Auflagen verbunden.
Die Antragstellerin zu 1) und ihr Ehemann seien Eigentümer des Grundvermögens X Str. 6 in Rietberg. Mit der Gewährung des
Darlehens sei eine Bewertung durch den Gutachterausschuss Kreis Gütersloh in Auftrag gegeben worden. Nach Vorlage des Gutachtens
und der Feststellung des verwertbaren Vermögens sei die Antragstellerin zu 1) zur Verwertung des Vermögens verpflichtet und
habe entsprechende Nachweise vorzulegen. Zum konkreten Zeitpunkt der Umsetzung dieser Auflage werde sie eine weitere Mitteilung
erhalten. Unter Ziff. 2 enthielt der Bescheid die Aufforderung, das Darlehen im Grundbuch durch eine brieflose Grundschuld
in Höhe von 6.000 Euro innerhalb eines Monats nach § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB II dinglich zu sichern. Als Termin war der 01.11.2021 angegeben. Mit Schreiben vom 03.11.2021 verlängerte der Antragsgegner
die Frist bis zum 15.11.2021.
Mit Schreiben vom 18.11.2021 hörte der Antragsgegner die Antragsteller zum beabsichtigten Widerruf der Darlehensentscheidung
ab 01.12.2021 an. Die Auflage zu Ziff. 2 sei nicht erfüllt worden.
Am 22.11.2021 legten die Antragsteller durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch gegen die Gewährung der Leistungen
als Darlehen und die damit verbundenen Auflagen ein. Der Widerspruch sei weiterhin zulässig, insbesondere nicht verfristet,
da die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig bzw. unvollständig gewesen sei und daher die Jahresfrist gelte. Das Hausgrundstück
sei bei der Vermögensprüfung nicht zu berücksichtigen. Die Bundesagentur für Arbeit habe in den Weisungen zu § 67 SGB II explizit geregelt, dass eine selbstgenutzte Immobilie kein erhebliches Vermögen nach § 67 SGB II darstelle. Maßgeblich sei der Beginn des jeweiligen Bewilligungszeitraums; dies gelte sowohl für Erst- als auch für Weiterbewilligungsanträge
und auch für mehrere Anträge hintereinander. Die Sechsmonatsfrist beginne also immer wieder neu, solange nur der Bewilligungszeitraum
in dem in der Vorschrift geregelten Zeitraum beginne. Darüber hinaus sei das Hausgrundstück aber auch von angemessener Größe.
Die Erkrankungen des Ehemannes machten ein gesondertes Schlafzimmer nötig. Insgesamt seien die Leistungen der Bedarfsgemeinschaft
als Zuschuss und nicht als Darlehen zu gewähren. Die Auflagen seien zudem bereits deswegen rechtswidrig, weil die Antragstellerin
zu 1) sie alleine nicht umsetzen könne. Sie sei lediglich Miteigentümerin des Grundstücks und ihr Ehemann weigere sich, die
Auflagen zu erfüllen. Er selbst sei auch nicht Adressat der Auflage.
Mit Bescheid vom 24.11.2021 widerrief der Antragsgegner die Darlehensentscheidung mit Auflagen vom 04.10.2021 zum 01.12.2021
(§ 24 Abs. 5 Satz 1 SGB II und § 47 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X)). Die Antragstellerin zu 1) sei der Aufforderung des Nachweises der dinglichen Sicherung nicht nachgekommen. Der Widerruf
erfolge ermessensfehlerfrei, da mit dem Darlehen vorübergehend öffentliche Mittel zur Sicherstellung des Lebensunterhalts
gewährt würden und dies die Prüfung der mit der Leistung verbundenen Verpflichtungen rechtfertige. Schwerwiegende Gründe für
die Nichterfüllung der Auflage seien nicht erkennbar.
Am 03.12.2021 legten die Antragsteller durch ihren Prozessbevollmächtigten Widerspruch ein. Die Voraussetzungen für den Widerruf
seien nicht erfüllt. Der Widerspruch gegen die Darlehensentscheidung und gegen die Auflagen habe aufschiebende Wirkung und
die Auflagen seien damit schwebend unwirksam und für die Dauer des Widerspruchsverfahrens nicht zu befolgen. Da der Wert des
Grundvermögens noch nicht feststehe, sei noch gar nicht klar, dass überhaupt verwertbares Vermögen vorliege. Die Auflage hinsichtlich
der dinglichen Sicherung sei zudem rechtswidrig, da der Antragsgegner sich nicht mit der Möglichkeit einer anderweitigen Sicherung
auseinandergesetzt habe, was ermessensfehlerhaft gewesen sei. Zudem könne auch nur die Rückzahlung der Antragstellerin zu
1) dinglich gesichert werden, da nur sie alleine von den Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft über Vermögen verfüge. Ihr Leistungsanspruch
betrage jedoch in dem Leistungszeitraum nur ca. 2.000 Euro; eine dingliche Sicherung über 6.000 Euro sei auch vor diesem Hintergrund
rechtswidrig.
Am 09.12.2021 haben die Antragsteller durch ihren Prozessbevollmächtigten einen Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes
gestellt mit den Anträgen
"1. die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 03.12.2021 gegen den Bescheid vom 24.11.2021 über den Widerruf des Darlehensbescheides
vom 04.10.2021 anzuordnen,
2. hilfsweise für den Fall, dass der Antrag zu 1. nicht durchdringt, den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung
zu verpflichten, den Antragstellern vorläufig Leistungen nach dem SGB II ab Antragstellung bis zum 31.01.2022 nach Maßgabe der gesetzlichen Vorschriften, jedoch ohne Berücksichtigung von Vermögen
zu bewilligen."
Die Voraussetzungen für den Widerruf seien nicht gegeben, da die Auflage, das Darlehen dinglich zu sichern, aufgrund des Widerspruchs
gegen den Darlehensbescheid und die Auflagen noch nicht zu erfüllen gewesen sei. Es stehe auch noch gar nicht fest, ob überhaupt
ungeschütztes Vermögen vorliege, da der Verkehrswert weiterhin nicht ermittelt und die Wohnfläche von 186m² angemessen sei.
Zudem sei der Widerruf auch offensichtlich rechtswidrig, weil den Antragstellern für die Zeit vom 01.08.2021 bis 31.02.2022
Leistungen als Zuschuss und nicht als Darlehen zu gewähren gewesen wären. Das ergebe sich aus dem Wortlaut des § 67 SGB II, aus den Gesetzesbegründungen zu den Verlängerungen der Anwendbarkeit des § 67 SGB II und aus den Weisungen der Bundesagentur für Arbeit. Die selbstbewohnte Immobilie stelle kein erhebliches Vermögen dar und
die Vorschrift enthalte keine Anhaltspunkte dafür, dass nur einmalig und für die ersten sechs Monate die Vermögensprüfung
auszusetzen sei. Damit bestehe aber ein Leistungsanspruch als Zuschuss, der Darlehensbescheid sei rechtswidrig und damit auch
der Widerruf. Seit dem 01.12.2021 zahle der Antragsgegner keine Leistungen mehr. Die Antragsteller verfügten über keine Ersparnisse
und seien hilfebedürftig.
Der Antragsgegner hat für den Antrag keinen Erfolg gesehen. Es stehe zweifelsfrei fest, dass es sich bei dem Vermögen der
Antragstellerin zu 1) aus dem Hausgrundstück um zu berücksichtigendes, nicht geschütztes und verwertbares Vermögen handele.
Der Widerspruch gegen den Darlehensbescheid könne keine aufschiebende Wirkung haben, da der Antragsgegner sonst verpflichtet
wäre, bis zur abschließenden Klärung der Rechtmäßigkeit der darlehensweisen Gewährung ggf. über Jahre Leistungen auszuzahlen,
ohne über eine Sicherung zu verfügen. Auch ziele die Verpflichtung der Antragstellerin zu 1) in der Auflage zu Ziff. 2 gerade
nicht auf die Verwertung, sondern nur auf die Eintragung der Grundschuld. Durch Löschung könne die Eintragung jederzeit rückgängig
gemacht werden. Auch aus § 67 SGB II ergebe sich kein anderes Ergebnis. Für die Zeit vom 01.02.2021 bis 31.07.2021 sei der Vorschrift entsprechend für sechs Monate
kein Vermögen berücksichtigt worden. Die Aussetzung der Vermögensberücksichtigung sei auf die ersten sechs Monate begrenzt
und gelte nicht darüber hinaus. Das ergebe sich auch aus den Kommentierungen zu § 67 SGB II und sei vom Sozialgericht (SG) Detmold auch in parallel gelagerten Fällen so entschieden worden. Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis Gütersloh
sei in seiner Stellungnahme vom 29.12.2021 nunmehr zu einem Verkehrswert des Hausgrundstücks von 433.000 Euro gekommen.
Mit Beschluss vom 06.01.2022 hat das SG Detmold Haupt- und Hilfsantrag abgelehnt. Einer Berücksichtigung des Vermögens stehe
insbesondere § 67 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht entgegen. Dabei könne dahinstehen, ob diese Vorschrift auf den vorliegenden Fall überhaupt Anwendung finde. Jedenfalls
sei die Vermutung des § 67 Abs. 2 Satz 2 SGB II, erhebliches Vermögen sei nicht vorhanden, wenn dies im Antrag so erklärt worden sei, durch die Berechnung des Gutachterausschusses
widerlegt worden. Von einem erheblichen Vermögen sei immer dann auszugehen, wenn das Vermögen so deutlich oberhalb der Vermögensfreigrenzen
des SGB II liege, dass für jedermann offenkundig sei, dass die Gewährung existenzsichernder Leistungen nicht gerechtfertigt sei. So
liege der Fall hier. Daher komme auch die mit dem Hilfsantrag begehrte zuschussweise Bewilligung nicht in Betracht.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die am 06.01.2022 erhobene Beschwerde der Antragsteller. Eine selbst bewohnte Immobilie
sei von vornherein kein erhebliches Vermögen im Sinne von § 67 Abs. 2 SGB II und daher deren Wert auch nicht relevant. Zudem sei eine Verwertung innerhalb von sechs Monaten nicht möglich, da der Ehemann
der Antragstellerin zu 1) stark depressiv und die Antragstellerin zu 1) selbst körperlich eingeschränkt sei.
Der Antragsgegner bleibt bei seiner Auffassung, dass die Aussetzung der Vermögensberücksichtigung nach § 67 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 SGB II grundsätzlich auf die ersten sechs Monate begrenzt sei und nicht darüber hinaus gelte. Jedenfalls sei aber mit dem SG von einem erheblichen Vermögen auszugehen.
Am 12.01.2022 ist beim Antragsgegner ein Weiterbewilligungsantrag der Antragsteller eingegangen. Mit Schreiben vom 13.01.2022
hat der Antragsgegner die Antragstellerin zur Mitwirkung aufgefordert und u. a. den Nachweis der dinglichen Sicherung von
6.000 Euro im Grundbuch erbeten.
Mit Schriftsatz vom 31.01.2022 erweitern die Antragsteller ihren Antrag dahingehend, den Antragsgegner für die Zeit ab 01.02.2022
im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe für die Dauer eines Bewilligungszeitraumes von sechs Monaten zu gewähren. Sie seien weiterhin hilfebedürftig.
Der Überziehungskredit sei ausgeschöpft, es sei bereits zu Rücklastschriften gekommen, der Abschlag an den Gasversorger sowie
an den Wasserversorger habe nicht abgebucht werden können, ebenso wenig die im Januar fälligen Versicherungsbeiträge. Die
Unterbrechung der Energieversorgung sei zu Mitte Februar 2022 angedroht worden.
II.
Die nach §
172 Abs.
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz (
SGG) von den Antragstellern eingelegte Beschwerde ist zulässig und begründet (1.). Auch der erweiterte Antrag auf Gewährung vorläufiger
Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes ab 01.02.2022 ist zulässig und im tenorierten Umfang begründet; im Übrigen
war er abzulehnen (2.).
1. Die Antragsteller begehren mit dem unter Ziff. 1 gestellten und als Hauptantrag bezeichneten Antrag die aufschiebende Wirkung
ihres Widerspruchs vom 03.12.2021 gegen den Bescheid vom 24.11.2021 über den Widerruf des Darlehensbescheides vom 04.10.2021
anzuordnen. Dabei handelt es sich um den statthaften Rechtsbehelf des §
86b Abs.
1 Satz 1 Nr.
2 SGG, da dem Widerspruch gemäß § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung zukommt. Ordnet das Gericht die aufschiebende Wirkung an, darf der Widerrufsverwaltungsakt nicht
vollzogen werden, d. h. auf der Grundlage des Darlehensbescheides vom 04.10.2021 würden die Antragsteller bis zum Ablauf des
Bewilligungsabschnitts am 31.01.2022 weiterhin Leistungen als Darlehen erhalten.
Mit dem unter Ziff. 2 formulierten Antrag begehren die Antragsteller hilfsweise für den Fall, dass der Antrag zu 1. nicht
durchdringt - und damit aufschiebend bedingt -, im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung des Antragsgegners,
Leistungen nach dem SGB II ab Antragstellung bis zum 31.01.2022 ohne Berücksichtigung von Vermögen zu bewilligen. Vor dem Hintergrund des Widerspruchs,
den die Antragsteller auch gegen den Darlehensbescheid vom 04.10.2021 und die mit der Darlehensgewährung verbundenen Auflagen
eingelegt haben und ihres Vortrags im einstweiligen Rechtsschutzverfahren zur Auslegung von § 67 SGB II, kann dieser Antrag nur so verstanden werden, dass damit nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG Leistungen ab Antragstellung als Zuschuss begehrt werden. Der so verstandene Antrag geht aber über den als Hauptantrag zu
Ziff. 1 bezeichneten Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Widerrufsbescheid hinaus,
weil sein Ziel die Bewilligung der Leistungen als Zuschuss und nicht (nur) als Darlehen ist.
Der Senat legt das maßgebliche Begehren der Antragsteller (entsprechend §
123 SGG) wie folgt aus: Der Senat wartet unter Berücksichtigung der Auslegungsregel des §
133 Bürgerliches Gesetzbuch für Anträge der Beteiligten sowie des Grundsatzes der Meistbegünstigung (zur Geltung dieser Grundsätze vgl. BSG, Beschluss vom 09.01.2019 - B 13 R 25/18 B -, Rn. 7; Urteil vom 29.03.2007 - B 7b AS 4/06 R -, Rn. 9) den unter Ziff. 2 als Hilfsantrag bezeichneten, aber inhaltlich weitergehenden Antrag als Hauptantrag und den
unter Ziff. 1 gestellten Hauptantrag als aufschiebend bedingten Hilfsantrag.
a) Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG zur Gewährung der Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss sind vorliegend für die Zeit vom 01.12.2021 bis 31.01.2022 erfüllt, da die Antragsteller Anordnungsanspruch
und Anordnungsgrund glaubhaft gemacht haben.
Nach §
86b Abs.
2 Satz 2
SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug
auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint.
Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruchs voraus, d.h. des materiellen Anspruchs,
für den vorläufigen Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit, bei Abwägung
aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft
zu machen - §
86b Abs.
2 Satz 4
SGG in Verbindung mit §
920 Abs.
2 ZPO. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen
entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen wären, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht
nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren
aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährleistung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden.
Die grundrechtlichen Belange der Antragsteller sind dabei umfassend in die Abwägung einzustellen (BVerfG, 12.05.2005 - 1 BvR 569/05 -, juris Rn. 26).
Einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das Rentenalter noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt
im Bundesgebiet haben. Hilfebedürftig in diesem Sinne ist nach § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann.
Nach § 7 Abs. 2 Satz 1 SGB II erhalten Leistungen auch die Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben.
Im Rahmen der Hilfebedürftigkeit ist zwischen den Beteiligten allein die Frage streitig, ob bei der Bewilligung der Leistungen
nach dem SGB II das Immobilienvermögen der Antragstellerin zu 1) zu berücksichtigen ist.
Eine Berücksichtigung des Immobilienvermögens kommt nach Auffassung des Senats für den von der Beschwerde zu Ziffer 2 umfassten
Zeitraum bis 31.01.2022 nicht in Betracht. Der Senat teilt insoweit die Rechtsauffassung der Antragsteller. Nach § 67 Abs. 1 SGB II in der Fassung vom 10.03.2021 (Vereinfachtes Verfahren für den Zugang zu sozialer Sicherung aus Anlass der COVID-19-Pandemie)
werden Leistungen für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 01.03.2020 bis 31.12.2021 beginnen, nach Maßgabe der Absätze
2 bis 4 erbracht. Nach § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB II wird Vermögen abweichend von §§ 9, 12 und 19 Abs. 3 für die Dauer von sechs Monaten nicht berücksichtigt. Gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2, 1. Halbsatz SGB II gilt Satz 1 nicht, wenn das Vermögen erheblich ist. Nach § 67 Abs. 2 Satz 2, 2. Halbsatz SGB II wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller dies im Antrag
erklärt.
Bei dem Bewilligungszeitraum vom 01.08.2021 bis 31.01.2022 handelt es sich um einen Bewilligungszeitraum, der unter § 67 Abs. 1 SGB II fällt, da er in der Zeit vom 01.03.2020 bis 31.12.2021 begonnen hat. Dass es sich nach dem vorangegangenen Leitungsbezug
vom 01.02.2021 bis 31.07.2021 bei dem Leistungsantrag zum 01.08.2021 um einen Weiterbewilligungsantrag handelt, ist für die
Anwendbarkeit des § 67 Abs. 1 SGB II nicht relevant. Denn die Vorschrift ist gleichermaßen auf Erst-, Neu- und Weiterbewilligungsanträge anwendbar und auch dann,
wenn keine Ursächlichkeit zwischen dem Eintritt der Hilfebedürftigkeit und der epidemischen Lage besteht. Eine andere Auslegung
wäre mit dem Wortlaut der Vorschrift unvereinbar (vgl. LSG Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 29.09.2020 - L 11 AS 508/20 B ER -, juris Rn. 29 mwN; Lange in: Eicher/Luik/Harich, 5. Aufl. 2021, SGB II, § 67 Rn. 2; Bittner, NZS 2020, 332 (333); a.A. wohl Groth in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 67 1. Überarbeitung (Stand: 15.12.2021) Rn. 19, jedoch nur vor dem Hintergrund des § 67 Abs. 5 Satz 3 SGB II, der ab 01.01.2021 weggefallen ist).
Weder aus dem Wortlaut noch aus dem Willen des Gesetzgebers lassen sich auch Anhaltspunkte dafür erkennen, dass die in § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB II angeordnete Nichtberücksichtigung von Vermögen für sechs Monate nur einmalig gilt und durch eine Bewilligung "verbraucht"
ist. Vielmehr gilt, wenn nach Ablauf der Sechsmonatsfrist ein Antrag auf Weiterbewilligung gestellt wird und der Beginn des
neuen Bewilligungszeitraums wiederum in den Anwendungsbereich des § 67 Abs. 1 SGB II fällt, erneut der vereinfachte Zugang mit den erleichterten Bedingungen. Es wird also für weitere sechs Monate - unter den
weiteren Voraussetzungen - von einer Vermögensprüfung abgesehen (so auch Bundesministerium für Arbeit und Soziales, Häufige
Fragen zum erleichterten Zugang zur Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) infolge des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutz-Paket), https://www.bmas.de/DE/Corona/Fragen-und-Antworten/Fragen-und-Antworten-Zugang-SGB2/faq-zugang-sgb2.html).
Diese Auslegung entspricht auch dem Willen des Gesetzgebers, wie er in der Gesetzesbegründung zur Verlängerung des vereinfachten
Zugangs bis zum 31.03.2022 zum Ausdruck kommt (BT-Drs. 20/15, S. 35f.). Darin heißt es:
"Seit 1. März 2020 werden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in einem vereinfachten Verfahren schnell und unbürokratisch
zugänglich gemacht. Dies gilt für Bewilligungszeiträume, die in der Zeit vom 1. März 2020 bis 31.12.2021 beginnen. Auswirkungen
der Corona-Pandemie werden jedoch absehbar auch in nächster Zukunft noch fortbestehen. Daher werden die Regelungen für einen
vereinfachten Zugang zum SGB II verlängert. (...) Den Betroffenen wird damit die Sorge vor einem Wegfall der oft noch immer nötigen Unterstützung genommen.
Das schafft Rechts- und Planungssicherheit für die Betroffenen. Die Jobcenter werden weiterhin entlastet."
Dementsprechend geht auch die Bundesagentur für Arbeit in ihren "Weisungen zum Gesetz für den erleichterten Zugang zu sozialer
Sicherung und zum Einsatz und zur Absicherung sozialer Dienstleister aufgrund des Coronavirus SARS-CoV-2 (Sozialschutzpaket)"
(siehe https://www.arbeitsagentur.de/datei/fachliche-weisungen-zu--67-sgb-ii_ba146402.pdf), davon aus, dass die Aussetzung
der Vermögensberücksichtigung jeweils für die ersten sechs Monate eines Bewilligungszeitraums gilt und zwar sowohl für "Erst-
als auch für Weiterbewilligungsanträge und auch für mehrere Anträge hintereinander".
Soweit der Antragsgegner zur Stütze seiner gegenteiligen Auffassung Kommentarliteratur und Rechtsprechung zitiert, ist diese
nicht geeignet, den Senat zu überzeugen. Die zitierte Rechtsprechung setzt sich mit der hier entscheidenden Frage, ob der
Sechsmonatszeitraum des § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der Fassung vom 10.03.2021 auch bei Weiterbewilligungen gilt, wenn schon im vorangegangenen Bewilligungszeitraum auf der
Grundlage des § 67 Abs. 1, Abs. 2 SGB II kein Vermögen berücksichtigt wurde, gar nicht auseinander. Auch in der Kommentarliteratur wird diese Frage nicht explizit
behandelt; insbesondere haben die Verfasser die Rechtsfrage auch (noch) nicht vor dem Hintergrund der jüngsten Gesetzesbegründung
diskutieren können, die durch ihre Formulierung Rückschlüsse auf die gesetzgeberische Intention auch für die Vergangenheit
zulässt.
Die Ausnahme, dass eine Nichtberücksichtigung von Vermögen dann nicht erfolgt, wenn das Vermögen erheblich ist, greift hier
nicht. "Erheblich" im Sinne der Vorschrift ist nur Vermögen, das kurzfristig verwertbar ist, also insbesondere Barmittel oder
sonstige liquide Mittel. Von der Erheblichkeitsprüfung ausgenommen sind Vermögensgegenstände, die nicht frei verfügbar und
damit nicht geeignet sind, kurzfristig zur Bestreitung des Lebensunterhalts eingesetzt werden zu können. Dazu gehört auch
selbstgenutztes Wohneigentum - unabhängig von dessen Angemessenheit (so auch Lange in: Eicher/Luik/Harich, aaO, § 67 Rn. 10
und Groth, aaO, § 67 1. Überarbeitung (Stand: 15.12.2021) Rn. 22.1, jeweils unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen
in der Weisung der Bundesagentur für Arbeit; vgl. auch Knickrehm/Kreikebohm/Waltermann/S. Knickrehm, Kommentar zum Sozialrecht,
7. Aufl. 2021, SGB II, § 67 Rn. 9). Da hier alleine die Berücksichtigung des Miteigentumsanteils der Antragstellerin zu 1) streitig ist, verbleibt es
bei der Grundregel des § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB II.
Weil unter den Voraussetzungen des § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB II Vermögen gar nicht zur berücksichtigen ist, ist für die Dauer des Sechsmonatszeitraums auch eine bloß darlehensweise Leistungsgewährung
(§ 9 Abs. 4, § 24 Abs. 5 SGB II) ausgeschlossen; insoweit können dem Leistungsberechtigten auch keine Verwertungsbemühungen abverlangt werden (Lange in:
Eicher/Luik/Harich, aaO, § 67 Rn. 5). Der Anordnungsanspruch auf eine Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss ist damit glaubhaft gemacht.
Neben dem Anordnungsanspruch ist auch ein Anordnungsgrund, d. h. die Eilbedürftigkeit, glaubhaft. Sie besteht seit dem 01.12.2021
und damit ab Beginn des Monats, in dem der Antrag auf Eilrechtsschutz gestellt wurde. Seit Dezember 2021 erhalten die Antragsteller
keine Leistungen mehr vom Antragsgegner. Nach den vorgelegten Unterlagen reicht die Rente wegen voller Erwerbsminderung des
Ehemannes der Antragstellerin zu 1) und das Einkommen der Antragstellerin zu 2) nicht aus, um den Lebensunterhalt der Bedarfsgemeinschaft
sicherzustellen. Zahlungsverpflichtungen haben mangels Deckung durch die Bank nicht eingelöst werden können, es droht die
Einstellung der Energiezufuhr.
b) Da der Hauptantrag der Antragsteller in der oben ausgeführten Auslegung erfolgreich war, bedarf es keiner Prüfung des Hilfsantrags
mehr, der nur für den Fall der Erfolglosigkeit des Hauptantrags gestellt worden war.
2. Auch der weitere Antrag, den Antragsgegner für die Zeit ab 01.02.2022 im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten,
den Antragstellern vorläufig Leistungen nach dem SGB II in gesetzlicher Höhe (als Zuschuss) zu gewähren, ist zulässig. Der Bewilligungszeitraum ab 01.02.2022 war nicht Gegenstand
des Ausgangsverfahrens vor dem SG, so dass es sich bei der Geltendmachung im Beschwerdeverfahren um eine Antragsänderung im Sinne von §
99 SGG analog handelt (zur Anwendbarkeit von §
99 SGG in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes siehe nur Guttenberger in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 1. Auflage, §
99 (Stand: 15.07.2017) Rn. 53). Diese Änderung war nach §
99 Abs.
1, 2. Alt.
SGG sachdienlich, da die Sach- und Rechtslage gegenüber dem Bewilligungszeitraum ab 01.08.2021 aufgrund der Verlängerung des
Zeitraums in § 67 Abs. 1 SGB II bis zum 31.03.2022 unverändert ist (siehe dazu unten) und der Antragsgegner mit Schreiben vom 13.01.2022 weiterhin den Nachweis
der dinglichen Sicherung der 6.000 Euro verlangt. Damit verdeutlicht er, dass er an seiner Rechtsauffassung auch für den Bewilligungsabschnitt
ab 01.02.2022 festhält (zur Zulässigkeit eines Eilantrags auch schon vor Abschluss des Verwaltungsverfahrens, wenn der Antragsteller
mit großer Wahrscheinlichkeit davon ausgehen kann, bei der Verwaltung kein Gehör zu finden vgl. Schleswig-Holsteinisches LSG,
Beschluss vom 23.02.2018 - L 5 KR 20/18 B ER -, juris Rn. 13 mwN).
Der Antrag ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Auf die Ausführungen unter 1. a) wird verwiesen.
Diese gelten entsprechend, da auch der neue Bewilligungszeitraum in den zeitlichen Anwendungsbereich des § 67 Abs. 1 SGB II fällt, den dieser mit Wirkung zum 24.11.2021 durch Art. 3 Nr. 2 lit. b des "Gesetzes zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes und weiterer Gesetze anlässlich der Aufhebung der Feststellung der epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 22.11.2021"
erhalten hat und mit dem das vereinfachte Verfahren für Bewilligungszeiträume mit Beginn bis zum 31.03.2022 ausgeweitet wurde.
Soweit mit dem Antrag die einstweilige Verpflichtung des Antragsgegners bis zum Ablauf des Bewilligungszeitraums zum 31.07.2022
begehrt wurde, war er für die Zeit über den 31.03.2022 abzulehnen. Die zeitliche Begrenzung der Anordnung steht im Ermessen
des Gerichts (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum
SGG, 13. Auflage 2020, §
86b Rn. 35b) und wird hier auf den Folgemonat der Bekanntgabe der Entscheidung beschränkt, weil im einstweiligen Rechtsschutz
nur eine gegenwärtige dringliche Notlage beseitigt werden soll (so auch Hessisches LSG, Beschluss vom 22.06.2011 - L 7 AS 700/10 B ER-, juris Rn. 27).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG und trägt dem ganz überwiegenden Obsiegen der Antragsteller Rechnung.
4. Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§
177 SGG).