Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen einen Beschluss des Sozialgerichts (SG) Duisburg, mit welchem dieses den Streitwert für das Verfahren der Klage und der Widerklage auf 3.586,61 EUR festgesetzt
hat.
Die bei der Beklagten Versicherte L wurde in der Zeit von 10.05.2010 bis 11.06.2010 im von der Klägerin getragenen Krankenhaus
stationär behandelt. Für den Aufenthalt berechnete die Klägerin einen Betrag i.H.v. 10.754,02 EUR. Die Beklagte zahlte die
Rechnung zunächst vollständig, nahm aber am 12.05.2011 eine Aufrechnung gegen eine nicht näher genannte unstreitige weitere
Forderung der Klägerin in voller Höhe vor und überwies 7.167,41 EUR.
Am 29.02.2012 erhob die Klägerin Zahlungsklage in Höhe des noch ausstehenden Betrags von 3.586,61 EUR. Am 21.06.2012 erhob
die Beklagte Widerklage in gleicher Höhe und erkannte die Klageforderung wegen des nach Landesvertrag geltenden Aufrechnungsverbots
an. Die Klägerin nahm das Anerkenntnis am 22.08.2012 an. Am 10.11.2016 nahm die Beklagte die Widerklage zurück.
Das SG hat mit Beschluss vom 08.02.2017 den Streitwert für das Verfahren auf 3.586,61 EUR festgesetzt.
Gegen den Streitwertbeschluss richtet sich die am 23.02.2017 eingelegte Beschwerde. Zur Begründung führt die Klägerin aus,
die Streitwerte für Klage und Widerklage seien gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 Gerichtskostengesetz (GKG) zusammenzurechnen. Klage und Widerklage beträfen unterschiedliche Behandlungsfälle, so dass zwischen den Ansprüchen keine
Identität i.S.v. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG bestehe. Die Beklagte teilt diese Auffassung.
II.
1. Zur Entscheidung über die Beschwerde gegen die Streitwertfestsetzung des Sozialgerichtes (SG) ist der Berichterstatter als Einzelrichter berufen (§
155 Abs.
2 Satz 1 Nr.
4 Sozialgerichtsgesetz (
SGG), §
197a Abs.
1 Satz 1
SGG, § 68 Abs. 1 Satz 5 GKG i.V.m. § 66 Abs. 6 Satz 1 GKG; Binz/Dörndofer/Petzoldt/Zimmermann, GKG, 3. Auflage, 2014, § 1 Rn. 47 unter Bezugnahme auf den Gesetzentwurf der Bundesregierung zum zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetz Seite 373;
Senat, Beschlüsse vom 19.06.2017 - L 11 KA 1/17 B -, 10.05.2017 - L 11 KA 12/17 B - und 06.06.2016 - L 11 KA 301/16 B -).
2. Die zulässige Beschwerde ist teilweise begründet.
Der Streitwert für das gerichtskostenpflichtige Verfahren (§
183 S. 1, §
197a Abs.
1 SGG ist gemäß § 52 Abs. 1 bis 3, § 63 sowie §§ 39 und 45 Abs. 1 S.1 GKG zunächst auf 3.586,61 EUR bis zur Erhebung der Widerklage, sodann auf den doppelten Wert von 7.173,22 EUR und für die Zeit
ab dem 23.08.2012, also nach Erledigung des Klageverfahrens wieder auf 3.586,61 EUR festzusetzen. Dies sind die Beträge, die
den erkennbaren Klageinteressen beider Beteiligter bei (Wider-)Klageerhebung und teilweiser Erledigung des Rechtsstreites
entsprochen haben.
Eine Festsetzung des Streitwertes für die Zeit des Aufeinandertreffens von Klage und Widerklage nur auf den Wert der Klageforderung
zu beschränken, wird den Wertvorschriften des GKG nicht gerecht. § 45 Abs. 1 Satz 3 GKG ist nicht anwendbar, sodass es bei der Anordnung einer Zusammenrechnung der Streitgegenstände nach § 45 Abs. 1 S.1 GKG bleiben muss. Denn entgegen der Annahme des SG sind die Streitgegenstände beider Verfahrensteile nicht identisch. Dies mag zwar auf den ersten Blick so erscheinen, weil
die geforderte Widerklagesumme der Klagesumme entspricht. Indes bestimmt sich der Streitgegenstand nicht allein aus der Höhe
einer Forderung und einer Gegenforderung, sondern auch aus dem materiellen Rechtsgrund. Streitgegenstände sind nur dann identisch,
wenn das Gericht nicht beiden Klageansprüchen gleichzeitig stattgeben könnte (Hartmann, Kostengesetze, 38. Auflage, 2008,
Rn. 10 ff., 35, 36 zu § 45 GKG). Schon dies ist hier zweifelhaft, weil wegen des bestehenden Aufrechnungsverbots aus § 15 des Landesvertrages NRW die Klageforderung von Anfang an begründet und binnen 15 Tagen nach Rechnungsstellung, unabhängig
von eventuellen Gegenforderungen, zu bezahlen war. Auf die im Wege der Aufrechnung geltend gemachte Gegenforderung kam es
schon gar nicht an. Darüber hinaus umfasst die Gegenforderung auch einen von der Klageforderung unabhängigen Wert, denn die
mit der Widerklage erhobenen Ansprüche erfordern eine über die Fragen der Aufrechenbarkeit hinausgehende Problematisierung,
inwieweit die Abrechnung für den stationären Aufenthalt der Versicherten L zutreffend war oder nicht. Eine andere Lösung würde
auch das grundsätzliche Aufrechnungsverbot des § 15 Landesvertrag NRW weitgehend sinnlos werden lassen. Denn die Vorschrift
bezweckt, dass eine Aufrechnung mit den damit verbundenen Kostenvorteilen nur in engen, dort genannten Grenzen zulässig sein
soll. Liegen diese Voraussetzungen aber nicht vor, wäre es wenig sinnvoll, das Zahlungs- und Prozessverhalten des säumigen
Schuldners sanktionslos zu stützen und die von ihm beim Gegner und beim Gericht verursachten Mehrkosten nicht auszugleichen.
Soweit der Senat die Entscheidung des SG nicht in vollem Umfange bestätigt hat und für die Zeit zu Beginn und zum Ende des Verfahrens geringere Streitwerte bestimmt
hat, hängt damit zusammen, dass bei Änderungen der Streitgegenstände nach dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG), für das die Festsetzung des Streitwertes nach dem GKG im Regelfall maßgeblich ist (vgl. § 32 Abs. 1 RVG), vom GKG abweichende Berechnungsgrundsätze gelten können. Da der Anwalt nicht nur nach grundsätzlichen Gebühren für die Verfahrensführung
abrechnet, sondern auch weitere Leistungen gebührenerhöhend berücksichtigen kann, setzt der Senat in Fortentwicklung seiner
bisherigen Rechtsprechung den Streitgegenstand zeitabschnittweise fest. Dabei bleibt unbeachtlich, ob letztlich die zeitabschnittsweise
erfolgte Streitwertfestsetzung bei der abschließenden Kostenberechnung Bedeutung erlangt. Dies lässt sich nämlich bei der
Streitwertfestsetzung noch nicht abschätzen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.
Der Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 68 Abs. 2 Satz 7 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).