Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe der Leistungsansprüche des Klägers für die Zeit vom 1. März 2017 bis 28. Februar 2018.
Der 1972 geborene Kläger ist dauerhaft voll erwerbsgemindert; er bezog und bezieht nach wie vor bei der Deutschen Rentenversicherung
Bund (im Weiteren: DRV Bund) eine Rente wegen voller Erwerbsminderung. Seit Juni 2009 lebt der Kläger in einer Obdachlosenunterkunft
in der S straße in B , in die er mit Ordnungsverfügungen der Stadt B seither wiederkehrend eingewiesen worden ist. So wurde
der Kläger u.a. mit Ordnungsverfügungen vom 2. Januar 2016, 21. März 2017 und 18. Dezember 2017 für den Zeitraum Januar 2016
bis Juni 2018 eingewiesen und zur Zahlung einer Benutzungsgebühr von jeweils monatlich 229,77 EUR (176,95 EUR Grundmiete und
Betriebskosten - nicht weiter aufgeschlüsselt - sowie 52,82 EUR Heizkosten) verpflichtet.
Mit Bescheid vom 16. Januar 2017 berechnete die DRV Bund die Erwerbsminderungsrente des Klägers neu und bewilligte ab 1. Januar
2017 einen Zahlbetrag von monatlich 444,98 EUR. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bewilligungsbescheid (Bl. 512 der Leistungsakte)
Bezug genommen.
Am 7. März 2017 beantragte der Kläger beim Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach
dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch (SGB XII) und legte im Rahmen des Antragsverfahrens eine Quittung des Sozialverbands Deutschland (SoVD) über die Entrichtung des Jahresbeitrags
von 72,00 EUR vor.
Daraufhin bewilligte der Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 20. März 2017 Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei
Erwerbsminderung in Höhe von monatlich 199,79 EUR. Dabei berücksichtigte der Beklagte neben dem Regelsatz von 409,00 EUR Bedarfe
für Unterkunft und Heizung in Höhe von 229,77 EUR und rechnete auf den sich so ergebenden Gesamtbedarf die um monatlich 6,00
EUR für die SoVD-Beiträge bereinigte Rente von 444,98 EUR an. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bewilligungsbescheid (Bl.
522 ff. der Leistungsakte) Bezug genommen. Gegen diesen Bescheid hat der Kläger mit Schreiben vom 23. März 2017 Klage beim
Sozialgericht Itzehoe erhoben und sinngemäß geltend gemacht, die angerechnete Rente sei falsch berechnet worden. Er beziehe
eine Rente in Höhe von 444,98 EUR und nicht in Höhe von 438,98 EUR.
Der Beklagte wertete dieses Schreiben als Widerspruch und erließ am 1. Juni 2017 einen Widerspruchsbescheid, mit dem er den
Widerspruch zurückwies. Die Berechnung des Leistungsanspruchs wurde nochmals eingehend erläutert. Zwischenzeitlich änderte
der Beklagte die Bewilligungsentscheidung für den Zeitraum 1. Januar bis 28. Februar 2018 mit Bescheid vom 27. Dezember 2017
ab und gewährte dem Kläger Leistungen in Höhe von monatlich 198,31 EUR. Wegen der Berechnung, die neben der Rentenerhöhung
(Zahlbetrag in Höhe von 453,46 EUR seit 1. Juli 2017) auch die Regelsatzfortschreibung berücksichtigte, wird auf den Änderungsbescheid
(Bl. 546 der Leistungsakte) Bezug genommen.
Der Kläger hat den Rechtsstreit fortgesetzt.
Mit Gerichtsbescheid vom 3. August 2018 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Klage
sei, soweit sie sich unmittelbar gegen den Bescheid vom 20. März 2017 richte, mangels Durchführung des Widerspruchsverfahrens
unzulässig. Wollte man die Klage als Untätigkeitsklage verstehen, gerichtet auf Bescheidung des (so verstandenen) Widerspruchs
vom 23. März 2017 gegen den Bescheid vom 20. März 2017, fehle es an der prozessualen Voraussetzung des Ablaufs der dreimonatigen
Sperrfrist nach §
88 Abs.
2 Sozialgerichtsgesetz (
SGG). Im Übrigen sei die Berechnung des Leistungsanspruchs im angegriffenen Bescheid des Beklagten vom 20. März 2017 aber auch
nicht zu beanstanden. Wegen der Einzelheiten wird auf den angegriffenen Gerichtsbescheid (Bl. 65 ff. der Gerichtsakte) Bezug
genommen.
Gegen den ihm am 4. August 2018 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 20. August 2018 Berufung bei Sozialgericht
Itzehoe eingelegt; das Sozialgericht hat die Berufungsschrift nebst Akten dem Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht
vorgelegt.
Der Kläger wiederholt im Rahmen des Berufungsverfahrens sein bisheriges Vorbringen. Ergänzend beklagt er seine Gesamtsituation
und macht deutlich, dass er nicht länger in der Obdachlosenunterkunft leben möchte. Die Zustände dort und die Mitbewohner
seien unerträglich.
Er beantragt bei zweckentsprechender Auslegung seines Begehrens,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Itzehoe vom 3. August 2018 und den Bescheid des Beklagten vom 20. März 2017 in Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2017 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. Dezember 2017 aufzuheben und den
Beklagten zu verurteilen, ihm Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung in zutreffender Höhe - d.h.
unter Berücksichtigung von Renteneinkommen in Höhe von 444,98 EUR - zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er nimmt auf seine Bescheide und sein bisheriges Vorbringen Bezug.
Der Senat hat die Sache nach vorheriger Anhörung der Beteiligten mit Beschluss vom 21. Februar 2019 dem Berichterstatter zur
Entscheidung übertragen.
Dem Senat haben die Leistungsakten des Beklagten vorgelegen. Auf diese Akten und auf die Gerichtsakte wird wegen des der Entscheidung
zugrunde liegenden Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Der Senat entscheidet über die Berufung in der Besetzung mit dem Berichterstatter und den ehrenamtlichen Richtern, weil das
Sozialgericht über die Klage durch Gerichtsbescheid (§
105 Abs.
1 SGG) entschieden und der Senat dem Berichterstatter die Berufung mit Beschluss vom 21. Februar 2019 übertragen hat (§
153 Abs.
5 SGG).
Der Senat hat entscheiden können, obwohl der Kläger zur mündlichen Verhandlung am 4. Dezember 2019 nicht erschienen ist. Der
Kläger ist zu diesem Termin mit Postzustellungsurkunde am 19. Juni 2019 ordnungsgemäß geladen worden. Die telefonische Mitteilung
des Klägers am Morgen des 4. Dezember 2019, dass er verschlafen habe und deshalb nicht in der Lage sei, den Termin wahrzunehmen,
hat den Senat nicht dazu veranlasst und nicht dazu veranlassen müssen, die Sache zu vertagen und einen neuen Termin anzuberaumen.
Weder stellt das Verschlafen einen ausreichenden Entschuldigungsgrund dar, noch hat der Kläger gegenüber dem Gericht hinreichend
deutlich zum Ausdruck gebracht, dass er auf seiner Anwesenheit zwingend bestehe. Die Anwesenheit des Klägers ist nach Überzeugung
des Senats auch nicht zur (weiteren) Aufklärung des Sachverhalts geboten gewesen. Zwar hatte der Berichterstatter das persönliche
Erscheinen des Klägers zum Termin gemäß §
11 Abs.
1 Satz 1
SGG angeordnet. Dies war aber in erster Linie geschehen, um mit dem Kläger und Vertretern des Beklagten die derzeitig unbefriedigende
Lebenssituation des Klägers und denkbare Hilfestellungen durch den Beklagten (z.B. im Rahmen der Hilfen zur Überwindung besonderer
sozialer Schwierigkeiten) zu erörtern, die allerdings - dazu sogleich - nicht unmittelbar Streitgegenstand dieses Berufungsverfahrens
geworden sind. Diese Chance hat der Kläger - leider - ungenutzt gelassen.
Die Berufung hat keinen Erfolg.
Die Berufung ist zulässig. Sie ist form- und fristgerecht erhoben worden (§
151 Abs.
1 und Abs.
2 Satz 1
SGG). Sie ist ohne Rücksicht auf etwaige Wertgrenzen statthaft, weil das Sozialgericht die Berufung im angegriffenen Gerichtsbescheid
zugelassen hat (§
144 Abs.
1 Satz 1
SGG); an diese Zulassungsentscheidung ist der Senat gebunden (§
144 Abs.
3 SGG).
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Im Ergebnis zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen.
Streitgegenstand dieses Berufungsverfahrens sind (nur) der Bescheid des Beklagten vom 20. März 2017 inzwischen in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 1. Juni 2017 und in der Fassung des Änderungsbescheids vom 27. Dezember 2017 (vgl. §
96 Abs.
1 SGG) sowie der Anspruch des Klägers auf Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung für den Zeitraum 1. März
2017 bis 28. Februar 2018 in zutreffender Höhe. Soweit der Kläger im Berufungsverfahren in zahlreichen Schriftsätzen seine
derzeitigen Lebensumstände eingehend und durchaus eindrucksvoll beschreibt und auch einen aktuellen Hilfebedarf geltend macht,
ist dies nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden. Eine explizite Klageänderung i.S. des §
99 Abs.
1 SGG ist keinem der Schriftsätze mit hinreichender Bestimmtheit zu entnehmen. Eine Klageänderung wäre jedenfalls auch nicht sachdienlich,
weil es durchweg am Vorliegen von Sachentscheidungsvoraussetzungen (z.B. Antragstellung, Durchführung eines Widerspruchsverfahrens,
Einhaltung von Fristen, etc.) fehlen dürfte.
Statthaft ist insoweit die kombinierte Anfechtungs- und Leistungs- (§
54 Abs.
1 Satz 1, Abs.
4 SGG) bzw. die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§
54 Abs.
1 Satz 1
SGG). Die auf eine Sachentscheidung gerichtete Klage ist auch nicht (mehr) mangels Durchführung eines Widerspruchsverfahrens
unzulässig. Vielmehr ist - wovon der Beklagte zutreffend ausgegangen ist - in der Klageerhebung gleichzeitig die Einlegung
eines Widerspruchs zu sehen (vgl. bereits BSG, Urteil vom 18. Februar 1964 - 11/1 RA 90/61 - BSGE 20, 199 = SozR Nr 11 zu § 79
SGG, juris Rn. 21; vgl. auch B. Schmidt in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 12. Aufl. 2017, §
78 Rn. 3b m.w.N.). Das Vorverfahren kann noch während des gerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden (BSG, a.a.O., juris Rn. 22); diese Nachholung ist hier mit dem Widerspruchsbescheid vom 1. Juni 2017 erfolgt.
Die Klage ist gleichwohl mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Die Gerichte haben die Aufgabe, den Bürgern zu ihrem
Recht zu verhelfen, soweit dies notwendig ist. Soweit eine Möglichkeit besteht, die Rechtsschutzziele außerprozessual durchzusetzen,
besteht kein Anlass, die Hilfe des Gerichts zur Verfügung zu stellen (Keller, a.a.O, Vor § 51 Rn. 16). Deshalb fehlt das Rechtsschutzinteresse,
wenn unzweifelhaft ist, dass das begehrte Urteil die rechtliche oder wirtschaftliche Stellung des Klägers nicht verbessern
würde (BSG, Urteil vom 22. März 2012 - B 8 SO 24/10 R - juris Rn. 10).
Diese Situation ist hier gegeben. Das Begehren des Klägers ist - soweit es sich überhaupt auf den Streitgegenstand des Berufungsverfahrens
bezieht - erkennbar darauf gerichtet, bei der Berechnung der Grundsicherungsleistungen die gezahlte Rente von 444,98 EUR anstelle
eines berücksichtigten Einkommens von 438,98 EUR (bezogen auf den Zeitraum 1. März 2017 bis 31. Dezember 2018; für den Rest
des streitigen Zeitraums ergeben sich angesichts des Änderungsbescheids vom 27. Dezember 2017 andere Beträge) zugrunde zu
legen. Damit begehrt der Kläger letztlich die Gewährung (um 6,00 EUR monatlich) niedrigerer als der bewilligten Leistungen
der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Dies ist für den Kläger weder rechtlich noch wirtschaftlich vorteilhaft,
noch ist für dieses Begehren die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes erforderlich. Vielmehr könnte der Kläger dieses
Ziel ohne Weiteres durch einen Teilverzicht (vgl. § 46 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Erstes Buch [SGB I]) gegenüber dem Beklagten
erreichen.
Selbst wenn man die Klage als zulässig ansehen wollte, wäre sie jedenfalls unbegründet. Die Höhe der Leistungen ist zutreffend
berechnet. Der Senat nimmt nach eigener Prüfung gemäß §§
153 Abs.
1,
136 Abs.
3 SGG auf den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 1. Juni 2017 sowie für den Zeitraum 1. Januar 2018 bis 28. Februar 2018 entsprechend
§
136 Abs.
3 SGG auf den Änderungsbescheid des Beklagten vom 27. Dezember 2017 Bezug und sieht insoweit von einer weiteren Darstellung der
Gründe ab.
Soweit es dem Kläger um seine jetzige Lebenssituation geht, weist der Senat ihn nochmals darauf hin, dass es im freisteht,
sich insbesondere mit dem Begehren, eine richtige Wohnung zu beziehen, jederzeit an den Beklagten zu wenden und dabei ggf.
auch Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der Senat nimmt auf die Verfügung des Berichterstatters vom 18. Oktober 2019 und den dortigen
Hinweis auf die Institution der Bürgerbeauftragten für soziale Angelegenheiten Bezug. Der Senat wünscht Kläger, dass der die
Kraft finden möge, diesen Weg zu bestreiten; dafür wird aber ein Mindestmaß an eigener Mitwirkung unerlässlich sein.
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß §
193 Abs.
1 Satz 1
SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens.
Gründe, die gemäß §
160 Abs.
2 SGG die Zulassung der Revision rechtfertigen, sind nicht ersichtlich.