Entschädigung für einen Befundbericht
Voraussetzung einer gutachtlichen Äußerung
Gründe
Nach dem Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozialgerichts in Verbindung mit dem Geschäftsverteilungsplan des 1.
Senats hat der Berichterstatter des 1. Senats über das Begehren des Erinnerungsführers, den Befundbericht vom 18. Mai 2020
mit 49,05 Euro zu entschädigen, zu entscheiden.
Auf die nach § 4 Abs. 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) zulässige Erinnerung wird die Entschädigung für den Befundbericht vom 18. Mai 2020 auf 26,05 Euro festgesetzt.
Der Erinnerungsführer ist sachverständiger Zeuge (§
414 der
Zivilprozessordnung <ZPO>), denn er berichtete als früher behandelnder Arzt über vergangene Tatsachen und Zustände, die er kraft besonderer Sachkunde
ohne Zusammenhang mit einem gerichtlichen Gutachtensauftrag wahrgenommen hatte (vgl. Senatsbeschluss vom 24. August 2018 –
L 1 JVEG 1494/17 m.w.N., nach juris).
Für einen sachverständigen Zeugen gelten die Vorschriften über den Zeugenbeweis einschließlich der Regelungen über deren Entschädigung
nach § 19 JVEG sowie die Sonderregelungen in § 10 Abs. 1 JVEG, wenn er entsprechende Leistungen erbringt. Nach der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG wird die Ausstellung eines Befundscheins wie folgt entschädigt:
Nr. 200 ohne nähere gutachtliche Äußerung 21,00 Euro Nr. 201 Die Leistung der in Nummer 200 genannten Art ist außergewöhnlich
umfangreich: Das Honorar 200 beträgt bis zu 44,00 Euro Nr. 202 Zeugnis über einen ärztlichen Befund mit von der heranziehenden
Stelle geforderter kurzer gutachtlicher Äußerung oder Formbogengutachten, wenn sich die Fragen auf Vorgeschichte, Angaben
und Befund beschränken und nur ein kurzes Gutachten erfordern 38,00 Euro.
Hier ist der Befundbericht vom 18. Mai 2020 nach Nr. 200 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG mit 21,00 Euro zu honorieren. In einem Befundbericht werden üblicherweise formularmäßig standardisierte Fragen zur erhobenen
Anamnese, den Befunden, ihre epikritische Bewertung und Stellungnahme zur Therapie anhand der vorliegenden Behandlungsunterlagen
beantwortet. So liegt es auch hier.
Eine demgegenüber höher zu entschädigende kurze gutachtliche Äußerung nach Nr. 202 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG ist nicht feststellbar. Eine gutachtliche Äußerung im Sinne der Nr. 202 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG setzt voraus, dass aus bestimmten Tatsachen konkrete Schlussfolgerungen gezogen, Kenntnisse von Erfahrungssätzen oder mit
besonderem Fachwissen Tatsachen festgestellt werden (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 04. Januar 2010 – L 6 SF 53/09 , nach juris). Diesen Voraussetzungen genügt der Befundbericht vom 1. September 2017 nicht. Aus der Beantwortung der Fragen
in dem Formular für den Befundbericht lässt sich weder entnehmen, dass eine gutachtliche Äußerung gefordert war, noch dass
eine solche abgegeben wurde (hierzu ausführlich Senatsbeschluss vom 24. August 2018 – L 1 JVEG 1494/17, nach juris).
Eine naturgemäß nur selten vorliegende außergewöhnlich umfangreiche Leistung nach Nr. 201 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG ist ebenfalls nicht feststellbar. Nach der Rechtsprechung des Senats ist hierbei nicht allein auf den Umfang der Ausführungen
abzustellen. Denn dieses berücksichtigt nicht, dass im Einzelfall eine hohe Zeilenzahl ebenso wenig aussagekräftig ist (z.
B. bei dem ungefilterten Übernehmen aller in den Karteien befindlichen Informationen) wie eine geringe, die auch auf einer
straffen Gliederung und Zusammenfassung beruhen kann. Insofern kann der Umfang der Ausführungen nur als Indiz herangezogen
werden (vgl. Senatsbeschluss vom 24. August 2018 – L 1 JVEG 141/18 m.w.N., nach juris.); in der Hauptsache ist auf das Ausmaß der für die Erstellung des Befundscheins erforderlichen
und ersichtlichen Arbeit abzustellen, sofern sie durch die gerichtliche Anforderung gedeckt ist. Hier sind auch unter Berücksichtigung
des Vortrags des Erinnerungsführers keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung ersichtlich.
Soweit der Erinnerungsführer auf den zusätzlich zum Formular erstellten sechsseitigen, systematisch geordneten Arztbrief mit
aufbereiteten Informationen, ausführliche Anamnese der letzten Jahre (die Behandlung umfasste tatsächlich aber einen Zeitraum
von knapp einem Jahr), Einschätzung der kolportierten und der untersuchten Befunde, Sichtung und Berücksichtigung der Meinung
anderer Fachärzte und Behandlern sowie den zeitlichen Aufwand von 90 Minuten (mit der Rechnung wurden mehr als 60 Minuten
angegeben) und die technische Komplexität und Tragweite des Sachverhaltes verweist, reicht dies nicht aus, um ausreichende
Anhaltspunkte für eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung darzutun. Wie bereits ausgeführt liegt eine außergewöhnlich umfangreiche
Leistung in der Praxis in der Regel nur selten vor. Eine umfangreiche inhaltliche Würdigung des Befundberichtes hat nicht
zu erfolgen, weil dies dem Ziel einer einfachen Kostenfestsetzung zuwiderliefe. Abzustellen ist darauf, dass in dem ärztlichen
Befundbericht über Behandlungen in einem Zeitraum von knapp einem Jahr in allgemeiner Form unter Benennung der gestellten
Diagnosen und erhobenen Befunde unter Hinweis auf den beigefügte Arztbrief berichtet worden ist. Dies und der Umfang des Befundberichtes
von zwei Seiten in Verbindung mit der Tatsache, dass sonstige Gesichtspunkte für einen erhöhten Leistungsaufwand nicht ersichtlich
sind, rechtfertigt es nicht, eine außergewöhnlich umfangreiche Leistung anzuerkennen. Insbesondere ergibt sich auch durch
den Arztbrief keine außergewöhnlich umfangreiche Leistung. Dieser Arztbrief umfasst mit Therapieplan sieben Seiten und stellt
letztlich einen Ausdruck der Patientenakte dar. Eine dezidierte Auseinandersetzung mit den konkret vorgegebenen Fragestellungen
erfolgt nicht. Zwar können dem beigefügtem Bericht im Ergebnis auf alle durch das Gericht gestellten Fragen entsprechende
Antworten entnommen werden, doch erfordert dies eine eigene Herausarbeitung durch den Richter. Eine klare und den jeweiligen
Fragestellungen konkret zugeordnete Beantwortung erfolgte nicht. Es bleibt dem Richter überlassen, die jeweiligen Antworten
aus dem Gesamtbericht herauszusuchen und den gestellten Fragen zuzuordnen sowie dabei Unwesentliches und Nichterfragtes zu
trennen. Dies zu vermeiden, ist gerade Aufgabe eines Befundberichtes mit dem der Ersteller als sachverständiger Zeuge konkret
und individuell auf die richterlich gestellten Fragen eingeht (so bereits Senatsbeschluss vom 30. Juli 2018 – L 1 JVEG 1321/16, nach juris).
Computerausdrucke führen nicht zu einer höheren Vergütung nach Nr. 201 der Anlage 2 zu § 10 Abs. 1 JVEG, sondern für sie wird ein Aufwendungsersatz für Kopien und Portoauslagen nach § 7 Abs. 2 JVEG geleistet. Dieser Aufwendungsersatz ist auch hier mit 3,50 Euro anzusetzen.
Ebenfalls zu erstatten sind nach § 12 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 JVEG die Portokosten in Höhe von 1,45 Euro.
Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).
Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).