Durchsetzung von Ansprüchen auf Eingliederungshilfe
Gründe:
Die fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde hat Erfolg. Die Antragsgegnerin ist im Wege der einstweiligen Anordnung
zu verpflichten, den zum 1. April dieses Jahres fälligen Vierteljahresbeitrag für die Kraftfahrtversicherung der Antragstellerin
vorläufig zu übernehmen.
1. Die 33jährige Antragstellerin, die schwerbehindert (Merkzeichen G, aG und H) und auf den Rollstuhl angewiesen ist, arbeitet
als Erzieherin. Den Weg zu ihrem Arbeitsplatz legt sie mit einem behindertengerecht ausgestatteten Kraftfahrzeug (Ford Transit)
zurück. Für die Beschaffung des PKW und die Zusatzausstattung hat das Arbeitsamt Hamburg der Antragstellerin Leistungen der
Teilhabe am Arbeitsleben nach §
97 SGB III i.V.m. §
33 Abs.
8 Nr.
1 SGB IX in Höhe von insgesamt ca. 70.000,-- Euro bewilligt. Den Beitrag für die Kraftfahrtversicherung für das Jahr 2003 (1.476 Euro)
hat die Antragsgegnerin als Eingliederungshilfe nach §§ 39, 40 BSHG übernommen. Für das laufende Jahr hat die Antragsgegnerin die Übernahme der Kraftfahrzeugversicherung - und von Reparaturkosten
(160 Euro) sowie Inspektionskosten (538 Euro) - mit Bescheid vom 16. Januar 2004 abgelehnt. Auch das Arbeitsamt hat einen
inhaltsgleichen Antrag abschlägig beschieden (Bescheid vom 8.1.2004). Die Anträge der Antragstellerin sind bei diesen Stellen
jeweils am 6. Januar 2004 eingegangen. Den mit dem Widerspruch gegen den ablehnenden Bescheid gestellten Antrag der Antragstellerin
auf Vorausleistungen nach §
43 Abs.
1 Satz 1
SGB I hat die Antragsgegnerin abgelehnt. Das Verwaltungsgericht hat die Antragsgegnerin daraufhin im Wege der einstweiligen Anordnung
zur Übernahme der Inspektionskosten aus Sozialhilfemitteln verpflichtet. Diese Eingliederungsleistung sei nach Vorlage eines
Kostenvoranschlags bereits dem Grunde nach bewilligt worden. Dagegen hat das Verwaltungsgericht den Eilantrag betreffend die
Übernahme der Reparaturkosten (Heizung) und des Kraftfahrtversicherungsbeitrags für 2004 im Wesentlichen mit folgender Begründung
abgelehnt: Einem Anspruch auf Eingliederungshilfe nach dem Bundessozialhilfegesetz stehe der Nachranggrundsatz des § 2 Abs. 1 BSHG entgegen. Insoweit seien Leistungen der Kraftfahrzeughilfe zur Teilhabe behinderter Menschen am Arbeitsleben vorrangig und
gegenüber dem dafür zuständigen Arbeitsamt - ggf. durch Stellung eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung beim
Sozialgericht - zu verfolgen. Eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur vorläufigen Hilfegewährung komme auch nicht nach
§ 44 Abs. 1 BSHG in Betracht. Danach müsse der Träger der Sozialhilfe bei einem Zuständigkeitsstreit (nur) dann Eingliederungshilfe vorläufig
gewähren, wenn dem Hilfesuchenden ansonsten irreparable Schäden drohten. Davon könne angesichts des Umstandes, dass die Antragstellerin
die Beitragsrechnung für die Krankenversicherung erst nach Fälligkeit (1.1.2004) eingereicht habe, keine Rede sein. Schließlich
müsse die Antragsgegnerin die streitigen Betriebskosten nicht nach §
43 Abs.
1 SGB I vorläufig übernehmen. Es sei nicht völlig klar, ob die Antragsgegnerin oder das Arbeitsamt der insoweit zuerst angegangene
Träger sei. Außerdem fehle es an einem Anspruch im Sinne des Satzes 1 dieser Vorschrift. Für die begehrte Hilfe sähen sowohl
die Kraftfahrzeughilfe-Verordnung als auch die Eingliederungshilfe-Verordnung jeweils nur Ermessensleistungen vor.
2. Die Antragstellerin hat mit ihrer Beschwerde, die sie - nach Änderung der Zahlungsweise des Kraftfahrtversicherungsbeitrags
- auf die Übernahme der fälligen Vierteljahresprämie begrenzt hat, Gründe dargelegt, aus denen die angefochtene Entscheidung
des Verwaltungsgerichts abzuändern und ihrem Antrag zu entsprechen ist (§
146 Abs.
4 Satz 3 und
6 VwGO).
Die Antragstellerin hat zunächst einen Anordnungsgrund ausreichend dargelegt und glaubhaft gemacht (§
123 Abs.
1 und
3 VwGO, §
920 Abs.
2 ZPO). Sie hat durch entsprechende - zusammen mit der Rechtsmittelbegründung eingereichte - umfangreiche Unterlagen nachgewiesen,
dass sie nach ihren derzeitigen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht in der Lage ist, die nunmehr jeweils vierteljährlich
fällig werdenden Beiträge zur Kraftfahrtversicherung ohne Gefährdung ihres notwendigen Lebensunterhalts und ihrer Wohnunterkunft
zu bezahlen.
Die Antragstellerin hat auch einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Sie kann die Übernahme des streitigen Kraftfahrtversicherungsbeitrags
von der Antragsgegnerin als vorläufige Leistung verlangen. Dabei kann im Rahmen dieses Eilverfahrens offen bleiben, ob die
Antragsgegnerin den Versicherungsbeitrag nach §
43 Abs.
1 Satz 1 und
2 SGB I vorläufig übernehmen muss oder ob sie ggf. schon aus § 44 Abs. 1 BSHG zur vorläufigen Hilfeleistung verpflichtet sein könnte. Einen Vorausleistungsanspruch nach der letztgenannten Vorschrift
hat das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf die gegenüber einer Vorleistung nach §
43 Abs.
1 Satz und 2
SGB I engeren Voraussetzungen hierfür - die streitige Maßnahme muss zur Beseitigung eines akuten Notstandes unverzüglich durchgeführt
werden und darf nicht (weiter) aufschiebbar sein (vgl. insoweit Schellhorn/Jirasek/Seipp, BSHG, § 44 Rdnr. 3) - und den Zeitpunkt der Fälligkeit des Kraftfahrtversicherungsbeitrags abgelehnt. Auch aus dem Beschwerdevorbringen
folgt nicht ohne Weiteres, dass diese Ansicht unzutreffend ist. Dagegen liegen die Voraussetzungen für eine Vorausleistung
nach §
43 Abs.
1 SGB I vor und schließt § 44 Abs. 1 BSHG dessen - ergänzende - Anwendung nicht aus. Dazu ist Folgendes auszuführen:
§ 44 Abs. 1 BSHG stellt für die vorläufige Durchsetzung von Ansprüchen auf Eingliederungshilfe keine abschließende Regelung im Sinne des §
37 Satz 1
SGB I dergestalt dar, dass daneben vorläufige Leistungen des Trägers der Sozialhilfe nach §
43 Abs.
1 Satz 1 und
2 SGB I nicht in Betracht kommen (vgl. OVG Lüneburg, Beschl. v. 17.10.1989, FEVS Bd. 39 S. 289; a.A. VGH München, Beschl. v. 29.1.1996,
FEVS Bd. 46 S. 474, 476 = NDV-RD 1997 S. 19, m.w.N.). Das hat das Bundesverwaltungsgericht bereits für den Fall entschieden, dass sich verschiedene Sozialhilfeträger
darüber streiten, welcher von ihnen den Eingliederungsbedarf des Berechtigten zunächst decken muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 26.9.1991,
BVerwGE Bd. 89 S. 81). In dieser Lage kann der Berechtigte die Eingliederungshilfe als Vorausleistung nach §
43 Abs.
1 Satz 1 und
2 SGB I jedenfalls von dem zuerst angegangenen Sozialhilfeträger verlangen. Nichts anderes kann für den Fall gelten, dass der Zuständigkeitsstreit
zwar nicht zwischen einzelnen Sozialhilfeträgern, sondern - wie hier - zwischen Trägern unterschiedlicher Sozialleistungen
(nach dem Bundessozialhilfegesetz oder dem
SGB III bzw. dem
SGB IX) besteht, die Gewährung vorläufiger Eingliederungshilfe nach § 44 Abs. 1 BSHG gleichwohl deshalb ausscheiden muss, weil die von dieser Norm geforderten sonstigen Voraussetzungen für eine "Notkompetenz
bzw. Nothilfe" des Sozialhilfeträgers (noch) nicht vorliegen. Auch wenn die von § 44 Abs. 1 BSHG für eine vorläufige Hilfe geforderte Vier-Wochen-Frist noch nicht verstrichen ist und/oder die vorläufige Hilfe des Sozialhilfeträgers
zur Beseitigung eines akuten Notstandes (noch) nicht unabweisbar geboten ist, muss dem behinderten Menschen, soweit er einen
Anspruch auf Eingliederungshilfe hat, bei einem negativen Kompetenzkonflikt die Möglichkeit bleiben, diese Ansprüche ohne
zeitliche Verzögerung jedenfalls gegenüber dem zuerst angegangen Träger - auch wenn und soweit dies der Träger der Sozialhilfe
ist - geltend zu machen. Insoweit sind keine durchgreifenden Gründe dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber gerade diesen
- in besonderem Maße schutzwürdigen - Personenkreis im Hinblick auf vorläufige Leistungen durch die Regelung des § 44 Abs. 1 BSHG schlechter stellen und den Eingliederungshilfeberechtigten das sich aus §
43 Abs.
1 Satz 1 und
2 SGB I ergebende Recht vorenthalten wollte, bei einem Zuständigkeitsstreit zwischen verschiedenen Leistungsträgern die Leistungen
jedenfalls von dem zuerst angegangenen Träger zu beanspruchen (vgl. dazu auch OVG Hamburg, Beschl. v. 9.10.2003 - 4 Bs 458/03, dort zum Verhältnis von §
43 Abs.
1 SGB I zu §
14 SGB IX). Insoweit ist behinderten oder von Behinderung bedrohten Menschen - ebenso wie anderen Personen, denen Ansprüche auf Sozialleistungen
zustehen - durch §
43 Abs.
1 Satz 2
SGB I ein schneller und effektiver Weg zur Durchsetzung der ihnen zustehenden Rehabilitationsleistungen eingeräumt, der sie im
Streitfall von der Notwendigkeit der Darlegung und Glaubhaftmachung der Zuständigkeit des zuerst angegangenen Trägers, der
Einhaltung einer "Wartezeit" und der Darlegung eine über den Hilfebedarf hinausgehenden besonderen Eilbedürftigkeit der Bedarfsdeckung
entlastet.
Dass § 44 Abs. 1 BSHG dem Berechtigten - unter den dort genannten engeren Voraussetzungen - die Möglichkeit eröffnet, bei einem Zuständigkeitsstreit
zwischen Trägern verschiedener Sozialleistungen jedenfalls vom Sozialhilfeträger vorläufige Hilfeleistungen beanspruchen zu
können - auch ohne dass dieser der zuerst angegangene Träger sein muss - , schließt die Anwendung des §
43 Abs.
1 Satz 1 und
2 SGB I aus einem weiteren Grund nicht aus. Diese unterschiedlichen Vorausleistungsregelungen betreffen keinen deckungsgleichen Sachverhalt.
Sie knüpfen den Anspruch des Berechtigten auf vorläufige Leistungen an zum Teil unterschiedliche tatsächliche Voraussetzungen.
Auch insoweit trifft § 44 Abs. 1 BSHG für Vorausleistungen bei Eingliederungshilfe keine abschließende Regelung und bleibt - soweit die Hilfevoraussetzungen nach
der erstgenannten Norm nicht vorliegen - Raum für vorläufige Leistungen nach §
43 Abs.
1 Satz 1 und
2 SGB I.
Nach dieser Vorschrift kann ein Hilfesuchender, dem ein Anspruch auf Sozialleistungen zusteht, im Fall eines Streits verschiedener
Träger über die jeweilige Verpflichtung zur Leistung (sog. negativer Kompetenzkonflikt) auf Antrag von dem zuerst angegangenen
Leistungsträger verlangen, dass dieser die streitige Leistung vorläufig erbringt. Die Antragstellerin hat mit der Beschwerde
ausreichend dargelegt, dass diese Voraussetzungen für eine Vorausleistungspflicht der Antragsgegnerin vorliegen.
Der Antragstellerin dürfte insbesondere ein Anspruch auf die streitige Sozialleistung - in Form der Übernahme des Vierteljahresbeitrags
zur Kraftfahrtversicherung als Teil der Betriebskosten - zustehen, deren vorläufige Erbringung sie von der Antragsgegnerin
nach §
43 Abs.
1 Satz 1 und
2 SGB I verlangt. Von einem insoweit bestehenden materiellrechtlichen Anspruch geht im Übrigen auch die Antragsgegnerin aus, die
der Antragstellerin noch im Jahr 2003 diese Leistung aus Sozialhilfemitteln gewährt und die Fortsetzung der Hilfe (nur) deshalb
abgelehnt hat, weil nach ihrer Ansicht hierfür das Arbeitsamt auf der Grundlage der §§ 1, 9 der Kraftfahrzeughilfe-Verordnung (KfzHV) zuständig sei.
Hier ist §
43 Abs.
1 Satz 1
SGB I auch nicht - einschränkend - dahin auszulegen, dass davon (nur) Ansprüche auf Sozialleistungen erfasst werden, auf die der
Berechtigte einen unmittelbaren Rechtsanspruch hat. Vielmehr hat der zuerst angegangene Träger im Fall eines Zuständigkeitsstreits
auf Antrag des Berechtigten vorläufige Leistungen nach §
43 Abs.
1 Satz 1 und
2 SGB I auch dann zu erbringen, wenn wie hier die dafür in Betracht kommende(n) Hilfenorm(en) die Leistung in das Ermessen des Trägers
stellen, im Einzelfall aber eine sog. Ermessensreduktion auf Null vorliegt (vgl. auch VGH München, Beschl. v. 11.1.1994, FEVS
Bd. 45 S. 233; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 25.6.1999, NWVBl. 2000 S. 196; Rolfs in: Hauck/Haines,
SGB I, §
43 Rdnr. 5; Giese/Krahmer,
SGB I §
43 Rdnr. 3.4). Ein Ausschluss von Vorleistungen auch für den Fall, dass eine Versagung von Hilfe sachlich nicht vertretbar und
damit ermessensfehlerhaft wäre, stünde mit dem Sinn und Zweck des §
43 Abs.
1 SGB I nicht in Einklang. Durch diese Regelung soll bei einem sog. negativen Kompetenzkonflikt gerade vermieden werden, dass der
Berechtigte durch verzögerte Hilfegewährung Nachteile erleidet. Das ist nicht abhängig davon, ob sich das Recht auf die streitige
Sozialleistung unmittelbar aus dem Gesetz ergibt oder ob der Berechtigte die Hilfe deshalb beanspruchen kann, weil eine Ermessensentscheidung
zu seinen Lasten nicht vertretbar wäre. In beiden Fällen ist von einem Anspruch im Sinne von §
43 Abs.
1 Satz 1
SGB I auszugehen und soll durch diese Vorschrift die zeit- und bedarfsgerechte Anspruchserfüllung jedenfalls durch den zuerst angegangenen
Sozialleistungsträger gesichert werden.
Hier dürfte davon auszugehen sein, dass der Antragstellerin ein Anspruch im Sinne von §
43 Abs.
1 Satz 1
SGB I auf Übernahme des streitigen Beitrags zur Kraftfahrtversicherung zusteht. Das der Antragsgegnerin bzw. dem Arbeitsamt in
den jeweiligen Hilfennormen (§§ 8, 10 Abs. 6 Eingliederungshilfe-VO bzw. §§ 1, 9 KfzHV) insoweit eingeräumte Ermessen dürfte sachgerecht (nur) durch eine Bewilligung der hier streitigen Leistung durch den für
diese Hilfe zuständigen Träger ausgeübt werden können. Die Antragstellerin hat offenkundig einen entsprechenden Hilfebedarf.
Das behindertengerecht umgebaute Kraftfahrzeug dürfte sie ohne ausreichenden Versicherungsschutz nicht (mehr) benutzen und
dieses müsste stillgelegt werden. Die Antragstellerin könnte damit insbesondere ihre Arbeitsstelle nicht (mehr) erreichen.
Deshalb würden im Fall einer Ablehnung der Übernahme dieses Teils der (festen) Betriebskosten die der Antragstellerin vom
Arbeitsamt bewilligten - umfangreichen - (Grund-)Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben nach §§
97 SGB III, 33 Abs.
8 Nr.
1 SGB IX (Übernahme der Anschaffungskosten und der Kosten für die behindertenbedingte Zusatzausstattung von insgesamt ca. 70.000 Euro)
ins Leere gehen. Zugleich würde in diesem Fall das mit den bisherigen Rehabilitationsleistungen des Arbeitsamtes verfolgte
Ziel ernsthaft gefährdet, eine Integration der Antragstellerin in das Arbeitsleben dauerhaft zu sichern.
Durch die genannte Bewilligung von Kraftfahrzeughilfe nach §§ 1, 2 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KfzHV dürfte auch außer Frage stehen, dass die Antragstellerin die persönlichen Voraussetzungen nach § 3 KfzHV erfüllt und sie insbesondere infolge ihrer Behinderung nicht nur vorübergehend auf die Benutzung einer Kraftfahrzeugs zur
Erreichung ihres Arbeitsplatzes angewiesen ist. Im Übrigen wird - wie oben bereits erwähnt - von der Antragsgegnerin (als
dem für ggf. ergänzende Eingliederungshilfe zuständigen Sozialhilfeträger) ein grundsätzlicher Hilfebedarf der Antragstellerin
betr. die Kraftfahrtversicherung nicht in Zweifel gezogen, sofern das nach ihrer Rechtsansicht nach §§ 1, 9 KfzHV vorrangig verpflichtete Arbeitsamt die streitige Leistung weiterhin verweigern und hierzu auch nicht durch eine (Eil-)Entscheidung
des Sozialgerichts verpflichtet werden sollte. Insoweit hat die Antragsgegnerin noch mit Bescheid vom 7. Januar 2004 die Übernahme
von Betriebskosten (Batterieaustausch) als Eingliederungshilfe nach §§ 39, 40 Abs. 1 Nr. 2 BSHG bewilligt und damit nochmals die auch aus ihrer Sicht bestehende Notwendigkeit der Kraftfahrzeugnutzung bekräftigt.
Der Antragstellerin dürfte es nach ihren wirtschaftlichen Verhältnisse auch nicht möglich sein, diesen Bedarf selbst zu decken
und die Beiträge zu der Kraftfahrtversicherung aus eigenem Einkommen oder Vermögen zu tragen. Insoweit ergibt sich aus den
Bewilligungsbescheiden der Antragsgegnerin, dass sie der Antragstellerin die Eingliederungshilfe jeweils ohne Berücksichtigung
eines Eigenanteils gewährt hat. Auch das Arbeitsamt hat im Bescheid vom 12. März 2004, mit dem es der Antragstellerin wegen
eines vorübergehenden Ausfalls ihres Kraftfahrzeugs (Reparatur der Hebebühne) die Übernahme von Taxifahrkosten (täglich maximal
32,50 Euro) bewilligt hat, den von der Antragstellerin aufgrund ihres Einkommens zu erbringenden Eigenanteil lediglich auf
2,21 Euro (pro einfacher Fahrt) bzw. auf 19 Euro je Monat festgesetzt.
Die Antragsgegnerin ist auch der zuerst angegangene Leistungsträger. Zuerst angegangen im Sinne des §
43 Abs.
1 Satz 1
SGB I ist der Leistungsträger, der von dem Hilfesuchenden mündlich oder schriftlich zuerst mit dem Leistungsbegehren befasst wird
(vgl. BVerwG, Urt. v. 19.11.1992, Buchholz, 435.11 Nr. 5 zu §
43 SGB I = NVwZ-RR 1993 S. 628). Maßgeblich ist insoweit die streitige, im Wege der Vorleistung zu erbringende Hilfeleistung, d.i. hier das Begehren der
Antragstellerin auf Eingliederungshilfe durch Übernahme des streitigen Beitrags zur Kraftfahrtversicherung. Die Antragsgegnerin
hat der Antragstellerin diese Leistung - neben weiteren Kraftfahrzeughilfen - unstreitig im vergangenen Jahr gewährt. Die
Übernahme der Versicherungsbeiträge für das Jahr 2004 hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 3. Januar 2004 beantragt,
und dieser Antrag ist ausweislich eines Eingangsstempels am 6. Januar 2004 bei der Antragsgegnerin eingegangen.
Zwar hat die Antragstellerin am selben Tag - offenbar nach telefonischer Erörterung der Angelegenheit und weiterer Hilfebegehren
mit einer Mitarbeiterin des Grundsicherungs- und Sozialamtes - auch beim Arbeitsamt einen schriftlichen Antrag auf Übernahme
der streitigen Betriebskosten (dort in Form einer sog. Kilometerpauschale) beantragt. Das führt jedoch nicht dazu, die Antragsgegnerin
nicht (mehr) als den zuerst angegangenen Träger im Sinne von §
43 Abs.
1 Satz 1
SGB I anzusehen. Das gilt auch dann, wenn bei dem erwähnten Telefonat das hier streitige Übernahmebegehren betr. die Kraftfahrtversicherung
(noch) nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gekommen sein sollte. Insoweit stellt das Beschwerdegericht auf den Eingang
der schriftlichen Anträge der Antragstellerin bei der Antragsgegnerin und dem Arbeitsamt ab. Beide Anträge sind bei diesen
Stellen unstreitig am 6. Januar 2004 eingegangen. Die genaue Uhrzeit ist - etwa durch entsprechende Eingangsstempel - nicht
festgehalten. Insoweit ist davon auszugehen, dass die Anträge gleichzeitig eingegangen sind.
Das schließt die Anwendung des §
43 Abs.
1 SGB I jedoch nicht aus. Vielmehr ist in den Fällen, in denen sich ein Leistungsberechtigter - wie hier - mit seinem Begehren zunächst
gleichzeitig an mehrere Sozialleistungsträger wendet, derjenige Träger nach §
43 Abs.
1 Satz 2
SGB I zur Vorleistung verpflichtet, bei dem der Berechtigte sie später - d.h. nach einem Zuständigkeitsstreit der Träger - beantragt
(wie hier VGH München, Beschl. v. 29.1.1996, FEVS Bd. 46 S. 474 = NDV-RD 1997 S. 19). Es wäre mit dem bereits oben genannten Sinn und Zweck des §
43 Abs.
1 SGB I nicht vereinbar, wenn dadurch begünstige Sozialleistungsberechtigte bei einem negativen Kompetenzkonflikt einen Vorleistungsanspruch
(nur) deshalb nicht realisieren könnten, weil die Anträge den Sozialleistungsträger am selben Tag zugehen, und weil aus (behördeninternen)
Gründen der genaue Zeitpunkt des Antragseingangs (Uhrzeit) nicht näher präzisiert werden kann. Würde in diesen Fällen die
Anwendung des §
43 Abs.
1 SGB I ausscheiden und würde dem Berechtigten kein Anspruch auf vorläufige Leistung jedenfalls gegen einen Sozialleistungsträger
zustehen, liefe das dem Willen des Gesetzgebers zuwider, die Austragung von Zuständigkeitsstreitigkeiten auf dem Rücken des
Sozialleistungsberechtigten zu verhindern (vgl. VGH München, a.a.O.).
Danach muss die Antragsgegnerin nach §
43 Abs.
1 Satz 2
SGB I - die Antragstellerin hat dies in ihrem Widerspruchsschreiben durch den Hinweis auf diese Vorschrift der Sache nach beantragt
- die Hilfe nach Satz 1 dieser Vorschrift vorläufig erbringen. Den Umfang der vorläufigen Leistung darf die Antragsgegnerin
danach zwar "nach pflichtgemäßen Ermessen bestimmen". Nachdem die Antragstellerin jedoch bereits von sich aus die Zahlungsweise
der Beiträge zu ihrer Kraftfahrtversicherung umgestellt hat und nur noch die Begleichung der Prämie für das zweite Quartal
des laufenden Jahres streitig ist, kommt als ermessensgerechte Vorleistung nur die Übernahme dieser Rate in Betracht.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus §§
155 Abs.
1,
188 Satz 2
VwGO. Da die Antragsgegnerin insoweit die Kosten des Rechtsmittelverfahrens allein zu tragen hat, bedarf es der mit der Beschwerde
beantragten Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht.