Sozialhilferecht: Umzugsbedingte doppelte Mietaufwendungen als Kosten der Unterkunft
Gründe:
I.
Die Antragstellerin bewohnte mit ihren drei Kindern seit August 1997 in Bad Schussenried ein Einfamilienhaus, für das sie
eine Kaltmiete von 1.490,-- DM zu entrichten hatte. Als sie beim Antragsgegner Sozialhilfe beantragte, wurde sie darauf hingewiesen,
daß diese Miete unangemessen hoch sei. Anfang November 1998 fand die Antragstellerin eine Doppelhaushälfte, die sie zu einem
Preis von 800,-- DM monatlich ab dem 1.12.1998 anmieten konnte. Die Antragstellerin informierte daraufhin das Sozialamt, beantragte
am 4.11.1998 unter anderem die Übernahme der doppelten Mietzahlung für drei Monate, weil sie aufgrund des ersten Mietvertrags
bis einschließlich Januar 1999 zur Mietzahlung verpflichtet sei. Am 9.11.1998 unterzeichnete die Antragstellerin den neuen
Mietvertrag. Der Antragsgegner lehnte den gestellten Antrag überwiegend - auch hinsichtlich der Übernahme der doppelten Mietzahlungen
- ab. Die Antragstellerin legte am 30.11.1998 Widerspruch gegen diesen Bescheid ein und beantragte am 1.12.1998 den Erlaß
einer einstweiligen Anordnung, mit der sie unter anderem die Übernahme der doppelten Mietzahlung für die Monate Januar und
Februar 1999 in Höhe von 1.600,-- DM begehrte.
Mit dem angegriffenen Beschluß vom 14.1.1999 verpflichtete das Verwaltungsgericht den Antragsgegner im Wege der einstweiligen
Anordnung unter anderem zur Zahlung von 800,-- DM für den Monat Januar 1999. Zur Begründung ist angegeben: Die doppelte Mietzahlung
gehöre zu den Kosten der Unterkunft im Sinne von § 12 Abs. 1 BSHG, § 3 Abs. 1 S. 5 und 6 RegelsatzVO, deren Voraussetzungen auch erfüllt seien. Der Antragstellerin könne nicht zugemutet werden, ihre
alte Wohnung zu kündigen, ohne einen neuen Vertrag bereits geschlossen zu haben. Ein lückenloser Anschluß von zwei Mietverhältnissen
könne typischerweise nicht verlangt werden. Zusätzlich müsse berücksichtigt werden, daß ohne zeitliche Überschneidung der
beiden Mietverträge auch die vertraglich geschuldeten Renovierungsarbeiten nicht erbracht werden könnten. Ob auch die zweite
Monatsmiete übernommen werden müsse, hänge entscheidend von der Situation des Wohnungsmarktes im Landkreis ab und sei deshalb
im Hauptsacheverfahren zu klären.
Der Beschluß wurde dem Antragsgegner am 28.1.1999 zugestellt. Dieser hat am 9.2.1999 die Zulassung der Beschwerde beantragt.
Er macht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend; auch bestünden gegen die Richtigkeit des Beschlusses ernstliche
Zweifel. Eine doppelte Mietzahlung gehöre nicht zu den notwendigen Kosten der Unterkunft. Solche Leistungen seien auch noch
nie gewährt worden. Der Wohnungsmarkt im Landkreis sei derart entspannt, daß es ohne Probleme möglich sei, umzuziehen, ohne
doppelt Miete zu zahlen. Schließlich sei die Notlage durch die Antragstellerin selbst verschuldet, da diese schon bei Anmietung
des Hauses in Bad Schussenried habe wissen müssen, daß sie die Miete mit ihrem geringen Einkommen nicht bezahlen könne. Der
Sache nach begehre die Antragstellerin die Übernahme von Mietschulden; dies habe die Antragsgegnerin ermessensfehlerfrei versagt.
II.
Der Antrag kann schon deshalb keinen Erfolg haben, weil er den gesetzlichen Darlegungserfordernissen nicht genügt (§
124a Abs.
1 Satz 4
VwGO). Er macht zwar die grundsätzliche Bedeutung der Sache geltend, enthält aber keinerlei Ausführungen, woraus sich diese geltend
gemachte grundsätzliche Bedeutung ergeben soll. Auch hinsichtlich der weiter geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der
Richtigkeit des Beschlusses genügt der Antrag nicht den Darlegungserfordernissen. Der Antragsgegner setzt sich nicht mit der
vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung auseinander, sondern behauptet lediglich, daß das Verwaltungsgericht § 12 Abs. 1 BSHG und § 3 Abs. 1 Sätze 5 und 6 der Regelsatzverordnung verkenne. Soweit der Antragsgegner in diesem Zusammenhang mit der entspannten Wohnungssituation im Landkreis argumentiert,
die einen nahtlosen Umzug ohne doppelte Mietzahlung ermögliche, geht dies an dem angegriffenen Beschluß vorbei. Dies hat auch
das Verwaltungsgericht für weiter aufklärungsbedürftig angesehen und deshalb die Verpflichtung zur Übernahme der zweiten Monatsmiete
verneint. Dieser Sachverhalt soll im Hauptsacheverfahren geprüft werden. Hinsichtlich der zugesprochenen Monatsmiete hat das
Verwaltungsgericht entscheidend auf die vertragliche Renovierungsverpflichtung abgestellt und insoweit ausgeführt, daß es
der Antragstellerin ohne Überschneidung von einem Monat unmöglich gewesen wäre, diesen vertraglichen Pflichten nachzukommen.
Zu dieser maßgeblichen Begründung enthält der Zulassungsantrag kein Wort. Soweit der Zulassungsantrag sich auf die Akten sowie
frühere Bescheide bzw. Schreiben bezieht, kann dies dem Darlegungserfordernis schon deshalb nicht genügen, weil hierin nicht
die erforderliche Auseinandersetzung mit dem angegriffenen Beschluß erfolgt sein kann, soweit eine Bezugnahme überhaupt zulässig
ist.
Der Zulassungsantrag hätte auch in der Sache keinen Erfolg haben können.
Die grundsätzliche Bedeutung der Hauptsache kann in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes in aller Regel nicht geltend
gemacht werden, weil diese Verfahren der summarischen Prüfung und Rechtssicherung, nicht aber der Klärung schwieriger oder
grundsätzlich bedeutsamer tatsächlicher oder rechtlicher Fragen dienen.
Der Senat hat auch keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der vom VG getroffenen Entscheidung. Zu den Kosten der Unterkunft
im Sinne von § 12 Abs. 1 BSHG können grundsätzlich auch die durch einen notwendigen Umzug entstehenden doppelten Mietbelastungen rechnen. Das Verwaltungsgericht
ist davon ausgegangen, daß solche Kosten zu den Wohnungsbeschaffungskosten im Sinne von § 3 Abs. 1 S. 5 und 6 RegelsatzVO
gehören (in diesem Sinne auch: Hofmann in LPK-BSHG, 5. Aufl., § 12 Rdnr. 43; VG Hannover info also 1998, 28). Für ein solches Normverständnis spricht auch nach Überzeugung des Senats einiges. Der Auffassung des Verwaltungsgerichts
kann jedenfalls nicht entgegen gehalten werden, daß zu den Wohnungsbeschaffungskosten lediglich Maklergebühren und die Übernahme
von Mietkautionen zu rechnen seien. Dies wird weder durch den Wortlaut der Norm noch durch deren Entstehungsgeschichte nahegelegt.
Die Sätze 5 und 6 wurden aufgrund der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Gesundheit (BT-Drs. 13/3904) aufgenommen. In
der Begründung ist dargelegt, daß diese Regelung wegen der unterschiedlichen praktischen Handhabung für Rechtsklarheit sorgen
soll (BT-Drs. 13/3904, S. 49). Selbst wenn man unter Wohnraumbeschaffungskosten nur Maklerkosten verstehen wollte, wie dies
der Antragsgegner geltend macht, würde nichts dafür sprechen, eine so verstandene Regelung als abschließend zu verstehen,
weshalb die Sätze 5 und 6 auch bei einer solchen Auslegung zur Anwendung gelangen würden. Die von der Antragstellerin begehrte
Leistung hängt somit davon ab, ob der Sozialhilfeträger zuvor der Übernahme zugestimmt hat bzw. wenn es sich um einen vom
Sozialamt veranlaßten oder aus anderen Gründen notwendigen Umzug handelt, daß der entsprechende Bedarf rechtzeitig mitgeteilt
worden ist und ohne die Zustimmung eine Unterkunft in angemessener Zeit nicht hätte gefunden werden können. Zu Recht ist das
Verwaltungsgericht davon ausgegangen, daß es sich im vorliegenden Fall um einen notwendigen Umzug gehandelt hat. Der Senat
hält auch die übrige Argumentation im angegriffenen Beschluß für überzeugend. Das Verwaltungsgericht ist davon ausgegangen,
daß die Antragstellerin aufgrund der vertraglichen Verpflichtungen gehalten war, eine Schlußrenovierung vorzunehmen. Gegen
diese tatsächliche Grundlage hat der Antragsgegner nichts erinnert. Dann kam es für den streitgegenständlichen Monat aber
nicht darauf an, ob anderer angemessener Wohnraum zur Verfügung gestanden hätte. Denn eine Überschneidung von jedenfalls einem
Monat wäre im einen wie im anderen Falle allein wegen der Auszugsrenovierung erforderlich gewesen. Auf die Verpflichtung zur
zusätzlich erforderlichen Renovierung des neu bezogenen Hauses kam es demnach nicht an. Der Antragstellerin kann im vorliegenden
Zusammenhang auch nicht die frühere Anmietung einer unangemessen teuren Wohnung entgegen gehalten werden. Zum einen ist im
angegriffenen Beschluß ausgeführt, daß die Antragstellerin zunächst davon ausgegangen ist, daß sie die Mietkosten durch Untervermietung
werden senken können; hiergegen hat der Antragsgegner nichts erinnert. Zum anderen verlangt § 3 RegelsatzVO nur die Notwendigkeit
des Umzugs, ohne darauf abzustellen, wie diese entstanden ist.
Würde man § 3 Abs. 1 Sätze 5 und 6 Regelsatzverordnung für nicht anwendbar halten, wäre ein Anspruch der Antragstellerin gleichwohl nicht ausgeschlossen. Denn die von dieser geschuldeten
Mietzahlungen waren "Kosten der Unterkunft" im Sinne des § 12 Abs. 1 Satz 1 BSHG. Die Leistungsverpflichtung des Antragsgegners würde auch in diesem Falle allein davon abhängen, ob es sich um notwendige
Kosten handelt oder nicht. Die Frage der Notwendigkeit wäre ebenfalls nach den vom Verwaltungsgericht dargelegten Kriterien
zu beantworten. Da die Antragstellerin den Antragsgegner vor Abschluß des neuen Mietvertrages informiert hatte, kann dieser
auch nicht erfolgreich geltend machen, es handele sich der Sache nach um die Übernahme von Mietschulden.
Ob die Verpflichtung zur Gewährung eines Darlehens in Höhe von 800,-- DM dem vorläufigen Sicherungszweck nicht ebenfalls entsprochen
hätte, kann vorliegend nicht überprüft werden, weil der Antragsgegner insoweit keine ernstlichen Zweifel geltend gemacht hat
und der Zulassungsantrag ohnehin den Darlegungsanforderungen nicht genügt.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§
154 Abs.
2,
188 Satz 2
VwGO.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar.