Rentenrechtliche Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Glaubhaftmachung einer Beschäftigung
Gründe
I
Der beklagte Rentenversicherungsträger hat die Berücksichtigung weiterer Beitragszeiten vom 1.6.1969 bis 30.6.1972 bei der
Berechnung der Altersrente des Klägers abgelehnt. Der Kläger war in diesem Zeitraum zur Überzeugung des LSG zwar als Torwart
beim 1. FC S. beschäftigt. Die Beitragszahlung zur gesetzlichen Rentenversicherung durch diesen Arbeitgeber sei jedoch - anders
als vom SG in seinem Urteil vom 8.2.2018 angenommen - weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht. Aus diesem Grund hat das LSG das benannte
Urteil des SG auf die Berufung der Beklagten aufgehoben und die Klage abgewiesen. Die Revision hat es im Urteil vom 27.11.2018 nicht zugelassen.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seiner Beschwerde an das BSG und macht eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG).
II
Die Beschwerde des Klägers ist als unzulässig zu verwerfen. Er hat mit der Begründung des Rechtsmittels entgegen §
160a Abs
2 Satz 3
SGG keinen Zulassungsgrund hinreichend dargelegt oder bezeichnet.
Das BSG darf gemäß §
160 Abs
2 SGG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1) oder
die angefochtene Entscheidung von der höchstrichterlichen Rechtsprechung abweicht (Nr 2) oder
bestimmte Verfahrensmängel geltend gemacht werden (Nr 3).
Der Kläger beruft sich ausschließlich auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Die Beschwerdebegründung vom 11.3.2019 verfehlt jedoch die Darlegungsvoraussetzungen für eine Grundsatzrüge (vgl hierzu exemplarisch BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34, juris RdNr 6 mwN) schon deshalb, weil darin keine abstrakt-generelle Rechtsfrage - zur Auslegung, zum Anwendungsbereich oder zur Vereinbarkeit
einer konkreten revisiblen Norm des Bundesrechts (vgl §
162 SGG) mit höherrangigem Recht - formuliert wird (vgl allgemein BSG Beschluss vom 24.10.2018 - B 13 R 239/17 B - juris RdNr 8 mwN). Die Formulierung "… Grundsätzlich geht es um die Beweisbarkeit der Entrichtung von Rentenbeiträgen durch den Arbeitgeber."
lässt für sich allein genommen schon keinen konkreten Bezug zu einer revisiblen Norm erkennen.
Die Bezeichnung einer abstrakten, aus sich heraus verständlichen Rechtsfrage ist jedoch unverzichtbar, damit das Beschwerdegericht
an ihr die weiteren Voraussetzungen der Grundsatzrüge prüfen kann (Becker, SGb 2007, 261, 265; Krasney/Udsching/Groth, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, Kap IX RdNr 181).
Allenfalls unter Berücksichtigung der weiteren Ausführungen wird deutlich, dass es dem Kläger wohl um die konkrete Anwendung
des §
286 SGB VI geht, indem er darauf hinweist, dass danach der Leistungsberechtigte für die tatsächliche Beitragsentrichtung beweisbelastet
sei. Daraus, dass er weiter darlegt, er frage sich, wie der Leistungsberechtigte den Nachweis erbringen solle, wenn sämtliche
hinzugezogenen Institutionen über keine Aufzeichnungen mehr verfügten, schließt der Senat, dass es dem Kläger um die Klärung
der abstrakten Frage geht, welcher Beweismaßstab nach §
286 SGB VI zugrunde zu legen ist.
Die nach §
160a Abs
2 Satz 3
SGG geltenden Anforderungen werden jedoch auch insoweit verfehlt. Denn der Kläger setzt sich nicht mit der Klärungsbedürftigkeit
dessen auseinander. Insoweit genügt es nicht vorzubringen, das Urteil - gemeint ist das des LSG - schweige dazu, wie der Beweis
erbracht werden könne.
Um den Darlegungsanforderungen zu genügen muss der Beschwerdeführer anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung
der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Fragen sich stellen, dass diese noch nicht geklärt sind, weshalb
eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das
angestrebte Revisionsverfahren eine solche Klärung erwarten lässt (vgl BSG Beschluss vom 25.9.2002 - B 7 AL 142/02 B - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN).
Der Kläger setzt zwar beim Wortlaut des §
286 Abs
5 SGB VI an, legt jedoch nicht dar, warum sich die Beantwortung seiner Frage nach dem Beweismaßstab nicht bereits aus dieser Vorschrift
selbst ergibt. Denn nach §
286 Abs
5 SGB VI ist dann, wenn Versicherte für Zeiten vor dem 1.1.1973 glaubhaft machen, dass sie eine versicherungspflichtige Beschäftigung
gegen Arbeitsentgelt ausgeübt haben, die vor dem Ausstellungstag der Versicherungskarte liegt oder nicht auf der Karte bescheinigt
ist, und für diese Beschäftigung entsprechende Beiträge gezahlt worden sind, die Beschäftigungszeit als Beitragszeit anzuerkennen.
Als Beweismaßstab wird mithin die Glaubhaftmachung gefordert. Sie stellt eine Beweiserleichterung für die Versicherten dar.
Deren Voraussetzungen sind dann erfüllt, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit ("gute Möglichkeit") gegeben ist, dass
ein bestimmter Sachverhalt so liegt, wie behauptet (BSG Beschluss vom 10.8.1989 - 4 BA 94/89 - juris RdNr 7; s auch § 23 Abs 1 Satz 2 SGB X). Gewisse Zweifel dürfen noch bestehen bleiben (BSG Urteil vom 6.8.1986 - 5a RKn 21/85 - SozR 2200 § 1259 Nr 94 - juris RdNr 10). Welche konkreten "Anhaltspunkte" dafür vorliegen müssen, ob ein bestimmter Sachverhalt sich so zugetragen hat, wie behauptet,
ist keine Frage des Beweismaßstabs, sondern der Beweiswürdigung. Auf Fehler bei dieser kann eine Zulassung der Revision im
Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren nach dem ausdrücklichen Wortlaut des §
160 Abs
2 Nr
3 SGG jedoch nicht gestützt werden. Hierauf stellt der Kläger aber letztlich ab, wenn er meint, im Zweifel sei für den Leistungsempfänger
zu entscheiden, wenn dieser schon das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis glaubhaft gemacht habe, weil
der Nachweis ansonsten für den Leitungsberechtigten kaum zu erbringen sei.
Dass er insoweit die zwar vom LSG zitierten, jedoch in der Beschwerdebegründung nicht ausdrücklich erwähnten Konsequenzen
für die Beweiswürdigung aus den Entscheidungen des BSG als unerfüllbare "Bürde" für den Leistungsempfänger befindet, genügt einer formgerechten Darlegung der Klärungsbedürftigkeit
ebenfalls nicht. Nach der Rechtsprechung des BSG gibt es zwar keinen Rechtssatz, wonach eine nachgewiesene Beschäftigung die Entrichtung von Beiträgen glaubhaft werden lässt
(BSG Urteil vom 17.12.1986 - 11a RA 59/85 - SozR 5745 § 1 Nr 2, juris RdNr 13; BSG Urteil vom 7.9.1989 - 5 RJ 79/88). Der Kläger setzt sich insoweit jedoch nicht damit auseinander, dass diese Aussage des BSG nicht bedeutet, dass es nicht gleichwohl bei der Beweiserleichterung verbleibt. Dies bedeutet, dass alle Beweismittel des
§ 21 Abs 1 SGB X als Mittel der Glaubhaftmachung herangezogen werden können, wie zB Bescheinigungen der Versicherungsträger oder der Einzugsstellen,
Hebelisten, Steuer-, Beitrags- oder Feststellungs- oder Abrechnungsbescheide, Rentenbescheide oder Arbeitsbescheinigungen,
wenn darin die Beitragszahlung vermerkt ist oder aber Zeugenerklärungen (vgl Lang in Diering/Timme/Stähler, SGB X, 5. Aufl 2019, RdNr 33). Eine derartige Auseinandersetzung wäre hier aber erforderlich gewesen, denn auch soweit sich die Antwort auf die aufgeworfene
Frage nicht aus dem Gesetzestext ergibt, ist sie nicht klärungsbedürftig, wenn das Revisionsgericht diese zwar noch nicht
ausdrücklich entschieden hat, aber schon eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende
Anhaltspunkte zur Beurteilung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (stRspr; zB BSG Beschluss vom 15.8.2019 - B 9 SB 23/19 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 8.3.2018 - B 9 SB 93/17 B - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 24.3.2018 - B 12 R 44/17 B - juris RdNr 8). Im Hinblick hierauf muss in der Beschwerdebegründung unter Auswertung der höchstrichterlichen Rechtsprechung zu dem Problemkreis
substantiiert vorgetragen werden, dass das BSG zu diesem Fragenbereich noch keine Entscheidung gefällt hat oder durch die schon vorliegenden Entscheidungen die hier maßgebende
Frage von grundsätzlicher Bedeutung noch nicht beantwortet worden ist (vgl stRspr; zB BSG Beschluss vom 22.3.2018 - B 5 RE 12/17 B - juris RdNr 12 mwN). Hierzu fehlen jegliche Ausführungen in der Beschwerdebegründung.
Angesichts der soeben zitierten Entscheidungen des BSG genügt es nicht, wenn der Kläger darauf hinweist, der Sachverhalt der der Entscheidung des BSG vom 20.12.1961 (3 RK 65/57 - BSGE 16, 98 = SozR Nr 5 zu § 160
RVO, SozR Nr 29 zu § 165
RVO) zugrunde lag, sei nicht dem vorliegenden vergleichbar.
Wenn er ferner ausführt, das LSG assimiliere vollständig die Berufungsbegründung der Beklagten und schweige dazu, welche Nachweise
er hätte erbringen können, wodurch der Leistungsempfänger zu Unrecht benachteiligt werde, wendet er sich gegen die inhaltliche
Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Einzelfall. Hierauf kann die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision jedoch
nicht zulässig gestützt werden (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 25.7.2011 - B 12 KR 114/10 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 22 RdNr 4; BVerfG Beschluss vom 6.5.2010 - 1 BvR 96/10 - SozR 4-1500 § 178a Nr 11 RdNr 28 mwN).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung
beizutragen (§
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 2 und
3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.