Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung durch das BSG
Ansprüche von verschiedenen Mitgliedern einer Bedarfsgemeinschaft
Gründe
I
Der Kläger hatte zusammen mit seiner Mutter, die im Bezirk des SG Kassel lebt, und mit seinem Bruder ursprünglich eine Bedarfsgemeinschaft
gebildet, die gemeinsam Leistungen nach dem SGB II bezog. Wegen Anrechnung von Einkommen hat der Beklagte Aufhebungs- und Erstattungsbescheide erlassen (Bescheide vom 21.9.2017; Widerspruchsbescheid vom 29.12.2020). Die Kläger haben gemeinsam Klage vor dem SG Kassel erhoben. Dieses hat das Verfahren des Klägers abgetrennt und den Rechtsstreit
an das SG Düsseldorf verwiesen, in dessen Bezirk er lebt. Mit Beschluss vom 9.4.2021 hat sich das SG Düsseldorf für unzuständig
erklärt und das BSG zur Bestimmung des zuständigen Gerichts angerufen.
II
Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung durch das BSG liegen vor. Das BSG ist als nächsthöheres gemeinschaftlich übergeordnetes Gericht zur Bestimmung des zuständigen Gerichts berufen (§
58 Abs
2 SGG), weil sich verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, rechtskräftig für unzuständig erklärt
haben (§
58 Abs
1 Nr
3 SGG).
Örtlich zuständig ist nach §
57 Abs
1 Satz 1
SGG das Gericht, in dessen Bezirk der Kläger zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz hat. Dies ist das SG Düsseldorf. Zwar
hängen die Ansprüche von verschiedenen Bedarfsgemeinschaftsmitgliedern grundsätzlich voneinander ab. Das BSG geht daher davon aus, dass regelmäßig ein Vorgehen aller Bedarfsgemeinschaftsmitglieder gegen belastende Bescheide angezeigt
ist und eine Konstellation der zulässigen subjektiven Klagehäufung gegeben ist (§
74 SGG iVm §
60 ZPO; BSG vom 13.11.2008 - B 14 AS 24/07 R - BSGE 102, 60 = SozR 4-4200 § 7 Nr 10, RdNr 14). Allerdings bleibt Inhaber des Individualanspruchs auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, einschließlich des
Anspruchs auf Leistungen für Unterkunft und Heizung, derjenige, bei dem der notwendige Bedarf in eigener Person vorliegt (grundlegend BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 12), weshalb die Ansprüche auch gerichtlich individuell zu verfolgen sind. Der Senat hat daher bereits betont, dass die Voraussetzungen
für eine Zuständigkeitsbestimmung nach §
58 Abs
1 Nr
5 SGG in Konstellationen einer Bedarfsgemeinschaft nicht vorliegen, wenn das bereits mit der Sache befasste Gericht die Verfahren
trennen (will) und von sich aus das zuständige Gericht zum Zwecke der Verweisung bestimmen kann (vgl BSG vom 5.8.2016 - B 4 SF 27/16 S; vgl auch BSG vom 3.5.2017 - B 4 SF 3/17 S). Insofern ist das SG Kassel zutreffend davon ausgegangen, dass - trotz inhaltlicher Bezogenheit der verschiedenen Verfahren
aufeinander - für die Klage des Klägers die Zuständigkeit des SG Düsseldorf gegeben ist.
Die Entscheidung ist unanfechtbar (§
177 SGG).