Tenor
Die Anträge des Klägers, ihm einen besonderen Vertreter zu bestellen sowie ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die
Nichtzulassung der Revision in dem Beschluss des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 4. März 2022 (L 16 KR 117/21) Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen, werden abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Beschluss wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um die Aussetzung der Vollziehung
von Beiträgen für 2017.
Aufgrund eines mit dem Kläger geschlossenen Vergleichs zur Beendigung zahlreicher Rechtsstreite im September 2017 verzichtete
die beklagte Krankenkasse auf rückständige Beiträge einschließlich Nebenkosten für die Zeit vom 1.6.2009 bis zum 28.2.2017.
Nach einem Haftaufenthalt vom 1.3. bis zum 25.5.2017 war der Kläger aufgrund des Bezugs von Alg II in der Zeit vom 26. bis
zum 28.5.2017 gesetzlich krankenversichert, im Anschluss daran führte die Beklagte ihn im Wege der obligatorischen Anschlussversicherung
(§
188 Abs
4 SGB V) als freiwilliges Mitglied. Vom 9.8. bis zum 30.9.2017 wurde ihm im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes aufgrund eines Beschlusses
des SG Hannover vorläufig erneut Alg II gewährt. Diesen Beschluss hob das LSG wegen fehlender Nachweise der Hilfebedürftigkeit
auf.
In einer Bescheinigung vom 14.11.2017 erklärte die Beklagte, dass Beiträge während des Bezugs von Alg II im Jahr 2017 gezahlt
worden seien; die genaue Höhe könne nicht bescheinigt werden. Der Kläger hat am 14.11.2017 hiergegen Klage erhoben und die
Aussetzung der Vollziehung von Beiträgen beantragt. Er habe Anspruch auch auf Schadensersatz, weil der genaue Betrag nicht
genannt werden könne. Nach der Ladung zur mündlichen Verhandlung vor dem SG hat er die Klage um die Feststellung erweitert, dass sämtliche Beiträge und Säumniszuschläge zu erlassen seien. Er habe außerdem
Anspruch auf Schadensersatz, weil ihm die Aushändigung der Versicherungskarte verweigert worden sei.
Das SG hat die Klage als unzulässig abgewiesen, weil zum Zeitpunkt der Klageerhebung kein vollstreckungsfähiger Beitragsbescheid
vorgelegen habe. Die Klageerweiterung, wonach sämtliche Beiträge - wohl seit Juni 2017 - zu erlassen seien, sei unzulässig,
weil weder die Beklagte in die Änderung der Klage eingewilligt habe noch diese sachdienlich sei. Zudem wäre diese Klage auch
deshalb unzulässig, weil weder ein Beitragsbescheid noch ein Antrag oder Bescheid zum Erlass der Forderung vorliege. Bezüglich
der Schadensersatzansprüche sei die Klage wegen doppelter Rechtshängigkeit unzulässig (Urteil vom 26.2.2021). Das LSG hat die Berufung unter Bezugnahme auf die Gründe des erstinstanzlichen Urteils zurückgewiesen (§
153 Abs
2 SGG). Soweit der Kläger im Februar 2022 geltend gemacht habe, ihm seien auf seinen Antrag für das Jahr 2021 Beiträge noch nicht
erlassen worden, sei dieses Vorbringen nicht Gegenstand des Berufungsverfahrens (Beschluss vom 4.3.2022).
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger mit einem am 9.3.2022 beim BSG eingegangenen privatschriftlichen Schreiben Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision eingelegt. Außerdem hat er Prozesskostenhilfe
(PKH) und die Bestellung eines besonderen Vertreters nach §
72 SGG beantragt. Er mache eine Lüge geltend. Es werde behauptet, ein Erlassantrag sei nicht gestellt worden. Er stelle jedes Jahr
zum 31.12. einen Erlassantrag. Mit Schreiben vom 11.3.2022 hat er einen Verstoß "gegen höherrangiges Recht" geltend gemacht,
weil die Zustellungen des LSG an ein Postfach erfolgt seien. Er sei ohne festen Wohnsitz und habe keine Meldeadresse.
II
1. Ein besonderer Vertreter war nicht zu bestellen. Gemäß §
72 Abs
1 SGG kann für einen nicht prozessfähigen Beteiligten ohne gesetzlichen Vertreter der Vorsitzende bis zum Eintritt eines Vormundes,
Betreuers oder Pflegers für das Verfahren einen besonderen Vertreter bestellen, dem alle Rechte, außer dem Empfang von Zahlungen,
zustehen (vgl hierzu BSG Beschluss vom 14.8.2017 - B 12 KR 103/14 B - juris RdNr 4 mwN). Ausreichende Anhaltspunkte für eine Prozessunfähigkeit des Klägers sind aber weder vorgetragen noch ersichtlich. Grundlage
für diese Einschätzung sind die Akten der im Senat anhängigen Verfahren sowie das beigezogene Gutachten vom 29.8.2018, die
der Senat in gleicher Weise wie das LSG in seinem Beschluss vom 14.2.2022 über die Ablehnung der Bestellung eines besonderen
Vertreters würdigt. Eine Veränderung des Gesundheitszustands ist nicht ersichtlich.
2. Dem Kläger ist PKH nicht zu gewähren. Nach §
73a SGG iVm §
114 ZPO kann einem Beteiligten für das Beschwerdeverfahren vor dem BSG nur dann PKH bewilligt und ein Rechtsanwalt als Prozessbevollmächtigter beigeordnet werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt. Es ist nicht ersichtlich, dass ein zugelassener
Prozessbevollmächtigter (§
73 Abs
4 SGG) eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der bezeichneten Entscheidung mit Erfolg geltend machen könnte.
Da kein Anspruch auf Bewilligung von PKH besteht, ist auch für eine Beiordnung eines Rechtsanwalts kein Raum (§
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 ZPO).
Nach §
160 Abs
2 SGG darf das BSG die Revision gegen eine Entscheidung des LSG nur dann zulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), die angefochtene Entscheidung von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Es ist aber weder eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung noch eine Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung
ersichtlich. Außerdem ist nicht erkennbar, dass gegen die Entscheidung des LSG durchgreifende Verfahrensrügen erhoben werden
könnten. Soweit der Kläger mit dem Hinweis auf seine Erlassanträge darauf abzielt, dass das LSG nicht den umfassenden Sachverhalt
zugrunde gelegt habe, betrifft dies die Amtsaufklärung (§
103 SGG) oder den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art
103 Abs
1 GG). Ein zur Zulassung der Revision führender Verstoß dagegen würde aber jeweils die Entscheidungserheblichkeit des Vorbringens
voraussetzen; diese ist jedoch für den vorliegenden Streitgegenstand nicht ersichtlich. Ein durchgreifender Verfahrensmangel
wegen Zustellungsmängeln ist schon deshalb nicht erkennbar, weil sich der Kläger sowohl auf die Ladung zur mündlichen Verhandlung
vor dem SG als auch auf die Anhörung zur Entscheidung nach §
153 Abs
4 SGG durch das LSG tatsächlich geäußert hat.
3. Die vom Kläger privatschriftlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist als unzulässig zu verwerfen, weil sie nicht von
einem vor dem BSG nach §
73 Abs
4 SGG zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist. Die Verwerfung erfolgt durch Beschluss ohne Zuziehung ehrenamtlicher
Richter (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm §
169 Satz 3
SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.