Verletzung der Amtsermittlungspflicht
Aufrechterhalten eines Beweisantrages
Warnfunktion eines Beweisantrages
Unsubstantiierte Bezugnahme auf frühere Beweisantritte
1. Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht nach §
103 SGG stützt, muss u.a. einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, die Rechtsauffassung
des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden
Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten.
2. Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung
gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat.
3. Ein Beweisantrag muss unzweifelhaft erkennen lassen, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen für erforderlich
gehalten wird.
4. Der Tatsacheninstanz soll durch einen solchen Antrag vor der Entscheidung vor Augen geführt werden, dass der Kläger die
gerichtliche Sachaufklärungspflicht in einem bestimmten Punkt noch nicht als erfüllt ansieht.
5. Der Beweisantrag hat Warnfunktion. Eine solche Warnfunktion fehlt bei Beweisantritten, die ihrem Inhalt nach lediglich
als Anregungen zu verstehen sind, wenn sie nach Abschluss von Amts wegen durchgeführter Ermittlungen nicht mehr zu einem bestimmten
Beweisthema als Beweisantrag aufgegriffen werden; eine unsubstantiierte Bezugnahme auf frühere Beweisantritte genügt nicht.
Gründe:
I
Die bei der beklagten Krankenkasse versicherte Klägerin ist mit ihrem Begehren auf künftige Gewährung einer Therapie mit Augentropfen
aus Eigenblut, Erstattung von 3982,35 Euro Kosten dieser Therapie sowie von 499,20 Euro hierfür aufgewandte Fahrkosten bei
der Beklagten und in den Vorinstanzen erfolglos geblieben. Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, die Therapie sei eine
vom Gemeinsamen Bundesausschuss nicht empfohlene neue Behandlungsmethode. Anhaltspunkte für ein Systemversagen oder einen
Seltenheitsfall bestünden nicht. Auch die Voraussetzungen einer grundrechtsorientierten Auslegung des Leistungsrechts (§
2 Abs
1a SGB V) seien nicht erfüllt, da keine völlige Erblindung beider Augen drohe. Die Augentropfen dienten nicht der Behandlung der Krebserkrankung,
sondern des Sicca-Syndroms bei Hornhautschaden und Schädigung des Tränengangs am rechten Auge. Das linke Auge sei nach den
erhobenen Befunden nicht hiervon betroffen. Der Sachverhalt sei hinreichend geklärt, eines Sachverständigengutachtens bedürfe
es nicht (Urteil vom 16.10.2014).
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im LSG-Urteil.
II
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig und daher gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 3
SGG zu verwerfen. Ihre Begründung entspricht nicht den aus §
160a Abs
2 S 3
SGG abzuleitenden Anforderungen an die Darlegung des allein geltend gemachten Revisionszulassungsgrundes des Verfahrensfehlers.
Die Klägerin bezeichnet einen Verfahrensfehler nicht ausreichend. Nach §
160 Abs
2 Nr
3 SGG ist die Revision nur zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen
kann; der geltend gemachte Verfahrensmangel kann nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Wer eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf stützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 1
SGG), muss die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert darlegen, um den Verfahrensmangel zu
bezeichnen (§
160a Abs
2 S 3
SGG; vgl hierzu zB BSG SozR 1500 § 160a Nr 14, 24, 36). Daran fehlt es.
Die Klägerin rügt zwar die Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§
103 SGG), legt aber die erforderlichen Umstände einer Pflichtverletzung nicht hinreichend dar. Wer sich auf eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht
nach §
103 SGG stützt, muss ua einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag (zur ausreichenden Wiedergabe nicht
protokollierter Beweisanträge in den Urteilsgründen vgl BSG Beschluss vom 23.7.2013 - B 1 KR 84/12 B - RdNr 5 mwN) bezeichnen, die Rechtsauffassung des LSG wiedergeben, aufgrund der bestimmte Tatsachen als klärungsbedürftig
hätten erscheinen müssen und die von dem betreffenden Beweisantrag berührten Tatumstände darlegen, die zu weiterer Sachaufklärung
Anlass gegeben hätten (vgl zB BSG Beschluss vom 20.7.2010 - B 1 KR 29/10 B - RdNr 5 mwN; BSG Beschluss vom 1.3.2011 - B 1 KR 112/10 B - Juris RdNr 3 mwN). Hierzu gehört nach ständiger Rechtsprechung des BSG die Darlegung, dass ein anwaltlich vertretener Beteiligter einen Beweisantrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung
gestellt und noch zumindest hilfsweise aufrechterhalten hat (vgl dazu BSG Beschluss vom 14.6.2005 - B 1 KR 38/04 B - Juris RdNr 5; BSG Beschluss vom 25.4.2006 - B 1 KR 97/05 B - Juris RdNr 6; BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Ein Beweisantrag muss unzweifelhaft erkennen lassen, dass eine weitere Sachverhaltsaufklärung von Amts
wegen für erforderlich gehalten wird. Der Tatsacheninstanz soll durch einen solchen Antrag vor der Entscheidung vor Augen
geführt werden, dass der Kläger die gerichtliche Sachaufklärungspflicht in einem bestimmten Punkt noch nicht als erfüllt ansieht.
Der Beweisantrag hat Warnfunktion. Eine solche Warnfunktion fehlt bei Beweisantritten, die ihrem Inhalt nach lediglich als
Anregungen zu verstehen sind, wenn sie nach Abschluss von Amts wegen durchgeführter Ermittlungen nicht mehr zu einem bestimmten
Beweisthema als Beweisantrag aufgegriffen werden; eine unsubstantiierte Bezugnahme auf frühere Beweisantritte genügt nicht
(vgl zum Ganzen BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21).
Die Klägerin legt nicht dar, dass sie einen förmlichen Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung beim LSG gestellt hat. Sie
verweist lediglich auf ihren Beweisantritt, hilfsweise ein medizinisches Sachverständigengutachten einzuholen. Sie meint aber,
sich damit auf Beweisanträge im Schriftsatz vom 16.10.2014 bezogen zu haben, auf deren Grundlage das LSG durch Sachverständigenbeweis
hätte feststellen können, dass auch dem linken Auge der Klägerin eine Erblindung drohe, sodass es wegen insgesamt drohender
Erblindung die Voraussetzungen des §
2 Abs
1a SGB V hätte bejahen müssen. Hierzu legt sie jedenfalls nicht hinreichend die von den betreffenden Beweisanträgen berührten Tatumstände
dar, die dem LSG zu weiterer Sachaufklärung Anlass gegeben hätten. Sie setzt sich nicht hinreichend damit auseinander, dass
das LSG den gesamten, zu den Krankheiten der Klägerin eingeholten Befundberichten zu den Augen und der Abklärung von Metastasen
entnommen hat, dass Behandlungsbedarf mit Augentropfen lediglich des rechten Auges besteht. Die Klägerin legt nicht schlüssig
dar, wieso sich das LSG - bei einem am linken Auge reizfreien Befund und keinerlei Anhaltspunkten für eine Orbitametastase
links bei den Untersuchungen der Klägerin auf Metastasen - hätte gedrängt fühlen müssen, hierzu weiter zu ermitteln.
Der Senat sieht von einer weiteren Begründung ab (§
160a Abs
4 S 2 Halbs 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.