Gründe:
I
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für das Arzneimittel Wobe-Mugos E.
Der bei der beklagten Krankenkasse versicherte Kläger litt an einem Prostata-Karzinom. Nach einer im April 2001 erfolgten
transurethralen Resektion der Harnblase erwarb er im Jahr 2001 in einer Apotheke unter Vorlage privatärztlicher Rezepte 21-mal
das Fertigarzneimittel Wobe-Mugos E und begehrte von der Beklagten Kostenübernahme bzw Kostenerstattung.
Der Hersteller von Wobe-Mugos E ging zu dieser Zeit von der arzneimittelrechtlichen Verkehrsfähigkeit des Mittels aus, weil
im Juni 1978 dem Bundesgesundheitsamt angezeigt worden war, bereits Mitte 1976 sowie Anfang 1978 sei das Fertigarzneimittel
"Enzym-Klistier-Tabletten mit Hydrolysat" auf dem deutschen Markt gewesen, ua für die Anwendung bei der Langzeitbehandlung
maligner Tumore und zur Metastasenprophylaxe. Ein neuer Hersteller - die M GmbH & Co KG - beantragte im Dezember
1989 bei der Zulassungsbehörde die Verlängerung der Zulassung unter Hinweis darauf, dass es sich um Tabletten zum Einnehmen
handele, um ein "pflanzliches Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen" bzw ein apothekenpflichtiges Kombinationspräparat
mit vier arzneilichen Wirkstoffen. Im März 1991 zeigte dieser Hersteller eine Änderung der Bestandteile an, wobei er den Begriff
"magensaftresistente Tabletten" verwendete. Im Zuge einer Änderungsanzeige im Oktober 1991 entfiel der Bestandteil "Enzymfraktion
aus Kalbsthymus" und das Präparat wurde in seinen heutigen Namen umbenannt. Die für die Überwachung des Arzneimittelverkehrs
zuständige bayerische Landesbehörde und das (nunmehr bundesrechtlich zuständige) Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte
(BfArM) teilten dem Hersteller 1997 mit, dass das Präparat keine Arzneimittelzulassung mehr besitze und wegen der zwischen
1978 und 1989 erfolgten Änderung der Darreichungsform einer Neuzulassung bedürfe. Mit Bescheid vom 9. Juni 1998 lehnte das
BfArM die Verlängerung der Zulassung ab, ohne die sofortige Vollziehung dieser Entscheidung anzuordnen. Deshalb erhob der
Hersteller Klage beim Verwaltungsgericht (VG) Berlin. Dieses wies mit Urteil vom 18. Dezember 2001 - VG 14 A 218.98 - die dagegen gerichtete Klage des Herstellers auf Verlängerung der Altzulassung ab, weil es an einer verlängerbaren fiktiven
Zulassung der Filmtabletten Wobe-Mugos E fehle; die Umwandlung der ursprünglichen "Klistier-Tablette" in eine oral zu verabreichende
Filmtablette habe eine Neuzulassungspflicht nach sich gezogen. Gegen dieses Urteil wandte sich der Hersteller an das Oberverwaltungsgericht
(OVG) Berlin, das in einem Beschluss vom 29. Juni 2002 die fortdauernde aufschiebende Wirkung der Klage anordnete. Inzwischen
hat das OVG Berlin die - zwischenzeitlich zugelassene - Berufung des Herstellers in der Hauptsache zurückgewiesen, und zwar
auch im Wesentlichen mit der Begründung, es habe an einer verlängerbaren fiktiven Zulassung gefehlt (Urteil vom 7. April 2005
- OVG 5 B 8.03). Gegen dieses Urteil soll Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesverwaltungsgericht anhängig sein. Zum 1. September 2005 hat
der Hersteller Wobe-Mugos E in Deutschland aus dem Verkehr genommen.
Die Beklagte lehnte die Erstattung der vom Kläger für Wobe-Mugos E begehrten Kosten ab, da das Mittel ohne arzneimittelrechtliche
Zulassung sei und das BfArM 1998 die Verlängerung der Alt-Arzneimittelzulassung abgelehnt habe (Bescheide vom 25. Mai, 12.
Juni und 4. September 2001; Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 2002).
Der Kläger ist mit seinem Begehren auf Erstattung der Kosten für das zwischen dem 1. Juni und dem 7. November 2001 beschaffte
Arzneimittel Wobe-Mugos E (abzüglich Zuzahlungen) beim Sozialgericht ohne Erfolg geblieben: Wegen der abgelehnten Verlängerung
der arzneimittelrechtlichen Zulassung sei das Mittel nicht verkehrs- und verordnungsfähig gewesen. Die fehlende Bestandskraft
des Bescheides des BfArM vom 9. Juni 1998 spiele keine Rolle, da die erforderliche Neuzulassung unterblieben sei (Urteil vom
27. Juni 2002).
Die dagegen eingelegte Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) mit einer von der erstinstanzlichen Entscheidung
wesentlich abweichenden Begründung zurückgewiesen: Die Voraussetzungen des §
13 Abs
3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) seien nicht erfüllt, weil die Beklagte die begehrte Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt habe. Das Arzneimittel sei zwar
wegen von der Beklagten und von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu beachtenden weiter bestehenden aufschiebenden Wirkung
der verwaltungsgerichtlichen Klage des Herstellers arzneimittelrechtlich weiterhin verkehrsfähig gewesen. Gleichwohl könne
die Berufung des Klägers keinen Erfolg haben, weil sich die Beklagte zu Recht auf die "Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel
in der gesetzlichen Krankenversicherung" (AMuwV - sog Negativliste) vom 21. Februar 1990 berufen habe. Danach seien bestimmte
Arzneimittel, deren therapeutischer Nutzen nicht nachgewiesen sei, als unwirtschaftlich von der Versorgung ausgeschlossen.
Zu den ausgeschlossenen Mitteln gehöre auch Wobe-Mugos E, wie im Einzelnen ausgeführt wird, ua unter Hinweis auf eine Befragung
der Beratungsapothekerin der Beklagten in der mündlichen Verhandlung. Es könne offen bleiben, ob die Verordnung von Wobe-Mugos
E zudem gegen die Richtlinien über die Verordnung von Arzneimitteln in der vertragsärztlichen Versorgung verstoßen habe (Urteil
vom 22. Januar 2004).
Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er rügt die Verletzung von §
31 Abs
1 SGB V iVm §
34 Abs
3 SGB V und §
3 AMuwV. Das LSG sei zu Unrecht davon ausgegangen, dass Wobe-Mugos E vom Ausschluss in Anlage 2 Nr 5 AMuwV erfasst sei. Das
in Wobe-Mugos E enthaltene Papain stelle nach der erfolgten fraktionierten Zentrifugation und Ultrafiltration kein "Rohpapain"
mehr dar. Zudem sollten nach einer arzneimittelrechtlichen Aufbereitungsmonografie Gemische aus verschiedenen Enzymen, wie
sie in Wobe-Mugos E enthalten seien, nicht ausgeschlossen sein. Das LSG sei nicht auf § 3 Satz 3 AMuwV eingegangen und habe
es unterlassen zu prüfen, ob Wobe-Mugos E tatsächlich der Phytotherapie zuzurechnen sei; Letzteres setze nämlich voraus, dass
sich ein Mittel ausschließlich aus pflanzlichen Bestandteilen zusammensetze. Das LSG habe insoweit auch seinen (des Klägers)
Vortrag in der mündlichen Verhandlung unberücksichtigt gelassen und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt.
Es habe gegen §
103 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) verstoßen, weil es von notwendigen Ermittlungen abgesehen, insbesondere kein neutrales Sachverständigengutachten eingeholt
habe. Es sei verfahrensfehlerhaft, dass sich das LSG auf die dreiminütige, nicht protokollierte ihm (dem Kläger) ungünstige
Aussage der - als befangen anzusehenden - Beratungsapothekerin der Beklagten gestützt und ihn zudem nicht darauf hingewiesen
habe, dass es diese Aussage für entscheidungserheblich halte. - In den Ausführungen des LSG, Wobe-Mugos E sei zugelassen und
verkehrsfähig gewesen, liege im Übrigen eine Tatsachenfeststellung, an welche das Bundessozialgericht (BSG) revisionsrechtlich
gebunden sei.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 22. Januar 2004 und des Sozialgerichts Landshut vom 27. Juni 2002 aufzuheben
sowie die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 25. Mai 2001, 12. Juni 2001 und 4. September 2001 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 2002 zu verurteilen, ihm 1.745,57 EUR (= 3.414 DM) abzüglich zu leistender Zuzahlungen
für das zwischen dem 1. Juni 2001 und dem 7. November 2001 selbst beschaffte Arzneimittel Wobe-Mugos E zu erstatten,
hilfsweise,
die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das LSG-Urteil im Ergebnis für zutreffend. Wobe-Mugos E enthalte die in der AMuwV genannten leistungsausschließenden
Bestandteile. Das LSG habe das streitige Mittel zu Recht unter § 3 AMuwV subsumiert und der Phytotherapie zugerechnet, weil
es dafür unerheblich sei, dass es weitere nichtpflanzliche Wirkstoffe enthalte. Das LSG habe sich im Rahmen seiner freien
Beweiswürdigung auf die Ausführungen der Beratungsapothekerin stützen dürfen. Die im LSG-Urteil erörterten arzneimittelrechtlichen
Gesichtspunkte trügen allerdings dem Urteil des VG Berlin nicht hinreichend Rechnung. Da die Änderung der Darreichungsform
nach § 29 Abs 3 Satz 2 Arzneimittelgesetz (AMG) eine Neuzulassungspflicht bedinge, stelle sich die Frage einer fiktiven Nachzulassung hier gar nicht. Die bloße Anmaßung
einer Rechtsposition durch den Arzneimittelhersteller habe einen Suspensiveffekt der erhobenen Klage nämlich nicht auslösen
können.
II
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet und daher zurückzuweisen.
Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht zu beanstanden sind.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der von ihm zwischen dem 1. Juni 2001 und dem 7. November 2001 aufgewandten
Kosten für die Beschaffung des ihm privatärztlich verordneten Fertigarzneimittels Wobe-Mugos E (zu diesem Mittel vgl bereits
BSGE 79, 41 ff = SozR 3-2500 § 34 Nr 5).
1. Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten des selbst beschafften Arzneimittels kann hier nur §
13 Abs
3 Alt 2
SGB V bzw Abs
3 Satz 1 Alt 2 (idF des Gesundheits-Strukturgesetzes vom 21. Dezember 1992, BGBl I 2266 bzw - ab 1. Juli 2001 - idF von Art
5 Sozialgesetzbuch Neuntes Buch -
SGB IX - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen vom 19. Juni 2001, BGBl I 1046) sein. Eine Krankenkasse ist danach zur
Kostenerstattung verpflichtet, wenn sie eine notwendige Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für
die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden sind. Der in Betracht kommende Kostenerstattungsanspruch reicht allerdings
nicht weiter als ein entsprechender Sachleistungsanspruch; er setzt daher voraus, dass die selbstbeschaffte Behandlung zu
den Leistungen gehört, welche die Krankenkassen allgemein in Natur als Sach- oder Dienstleistung zu erbringen haben (stRspr,
vgl zB BSGE 79, 125, 126 f = SozR 3-2500 § 13 Nr 11 S 51 f mwN; Urteil vom 18. Mai 2004 - B 1 KR 21/02 R - BSGE 93, 1 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1 - Immucothel; Urteil vom 19. Oktober 2004 - B 1 KR 27/02 R - BSGE 93, 236 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 - Visudyne). Dazu gehört das streitbefangene Arzneimittel nicht, weil es entgegen der Auffassung
des LSG (schon) in der streitigen Zeit die Anforderungen an ein im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung verordnungsfähiges
Arzneimittel iS von §
27 Abs
1 Satz 2 Nr
3, §
31 SGB V nicht erfüllte.
2. Nach der Rechtsprechung des BSG sind Präparate, die - wie hier Wobe-Mugos E - als Fertigarzneimittel iS von § 4 Abs 1 AMG (vom 24. August 1976, BGBl I 2445, idF der Bekanntmachung vom 11. Dezember 1998, BGBl I 3586, hier in der bei den Beschaffungsvorgängen
durch den Kläger maßgeblich gewesenen Fassung) - von der Grunddefinition des § 2 Abs 1 AMG erfasst werden und nach § 21 Abs 1 AMG der Arzneimittelzulassungspflicht unterliegen, grundsätzlich auch als Arzneimittel iS der §§
27,
31 SGB V anzusehen (BSGE 86, 54, 58 = SozR 3-2500 §
135 Nr 14 S 63 - ASI). Nach der Rechtsprechung des Senats fehlt es an der krankenversicherungsrechtlichen Zweckmäßigkeit und
Wirtschaftlichkeit (vgl §
2 Abs
1 Satz 1, §
12 Abs
1 SGB V) speziell einer Arzneimitteltherapie, wenn das verwendete Mittel nach den Regelungen des Arzneimittelrechts einer Zulassung
bedarf und diese Zulassung nicht erteilt worden ist (stRspr, vgl zB BSGE 72, 252, 256 f = SozR 3-2200 § 182 Nr 17 - Goldnerz-Aufbaucreme; BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 3 S 8 f mwN - Edelfosin - bestätigt durch
BVerfG >Kammer< NJW 1997, 3085; BSGE 82, 233 ff = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 - Jomol, vgl zu diesem Mittel BVerfG >Kammer< - MedR 1997, 318; SozR 3-2500 § 31 Nr 7 S 23 f - ATC; BSGE 89, 184, 185 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 29 - Sandoglobulin). Diese Grundsätze finden auch dann Anwendung, wenn eine abschlägige Zulassungsentscheidung
bei Verabreichung des Präparats noch nicht bestandskräftig ist; denn dann gebietet der Gesichtspunkt der Gewährleistung optimaler
Arzneimittelsicherheit gleichermaßen, dass Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit iS von § 1 AMG, dh die Einhaltung der Mindestsicherheits- und Qualitätsstandards, in einem dafür vorgesehenen Verfahren nachgewiesen worden
sind (BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 3 S 9 f; vgl auch BSGE 82, 233, 235 f = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 S 16 f). Das Gleiche gilt, wenn eine Entscheidung der zuständigen Behörde über die arzneimittelrechtliche
Zulassung nicht ergangen ist, weil das Zulassungsverfahren zwar eingeleitet, aber noch nicht abgeschlossen wurde oder weil
der Hersteller die Zulassung überhaupt nicht beantragt hat (BSGE 82, 233 ff = SozR 3-2500 § 31 Nr 5; zum Ganzen vgl zB die Darstellungen bei: Schmidt in: H. Peters, Handbuch der Krankenversicherung,
Bd 2, §
31 SGB V RdNr 86 ff mwN - Stand April 2002; Höfler in: Kasseler Kommentar, §
31 SGB V RdNr 10; Fastabend/Schneider, Das Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung, 2004, RdNr 120 mwN).
3. Der arzneimittelrechtliche Zulassungsstatus des Mittels Wobe-Mugos E im hier betroffenen Beschaffungszeitraum des Jahres
2001 unterscheidet sich auf der Grundlage der Feststellungen des LSG, gegen die die Beteiligten keine Revisionsrügen erhoben
haben und bezüglich derer Rechtsfehler nicht ersichtlich sind, in wesentlicher Hinsicht von den bisher vom Senat entschiedenen
Sachverhalten. Anders als ein Arzneimittel, das der Zulassung - iS eines präventiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt (vgl schon
BSGE 72, 252, 257 = SozR 3-2200 § 182 Nr 17 S 84; Schlenker, SGb 1988, 474) - bedarf, dem aber diese Zulassung (noch) nicht erteilt worden ist (vgl dazu BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 3 S 9 f mwN), durfte
das Mittel im Jahr 2001 arzneimittelrechtlich in den Verkehr gebracht werden. Das beruhte darauf, dass das BfArM, als es den
Antrag auf "Verlängerung der Zulassung" mit Bescheid vom 9. Juni 1998 ablehnte, nicht die sofortige Vollziehung nach § 105 Abs 5b Satz 2 AMG anordnete und der Hersteller - ein pharmazeutischer Unternehmer iS von § 105 Abs 5b AMG - Klage auf Verlängerung der Zulassung erhob, welche aufschiebende Wirkung hatte (die später im Jahr 2002 vom OVG Berlin
verlängert wurde).
Die arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit wegen der aufschiebenden Wirkung der Klage gründete sich nicht auf eine arzneimittelrechtliche
Prüfung von Qualität, Wirksamkeit und Unbedenklichkeit des Mittels (§ 1 AMG), vielmehr wirkten insoweit arzneimittelrechtliches Übergangs- und Verfahrensrecht zusammen. Des Übergangsrechts bedurfte
es, weil das bis Ende 1977 geltende AMG vom 16. Mai 1961 (BGBl I 533 - AMG 1961) lediglich eine formelle Registrierung der auf dem Markt befindlichen Präparate vorsah, während das AMG vom 24. August 1976 (AMG 1976) ein vollständig umgestaltetes materielles Zulassungsverfahren für Arzneimittel einführte, das eine optimale Arzneimittelsicherheit
gewährleisten sollte (vgl dazu schon BSGE 72, 252, 258 f = SozR 3-2200 § 182 Nr 17; Schmidt, aaO, §
31 SGB V RdNr 85). Ziel der Übergangsregelung ist es, bis zum Ablauf des Übergangszeitraums sicherzustellen, dass die beim Inkrafttreten
des AMG 1976 unter Geltung des AMG 1961 verkehrsfähig gewesenen Arzneimittel, die nach dem AMG 1976 der Zulassung bedürfen, zwar zunächst weiterhin zum Verkehr zugelassen sind; da während des Übergangszeitraums die Überprüfung
der Alt-Arzneimittel nach den Kriterien des § 1 AMG 1976 vorgesehen war, sollten am Ende des Übergangszeitraums dann aber nur noch solche Arzneimittel zugelassen sein, die den
Kriterien des § 1 AMG 1976 genügen. Für bereits vor Inkrafttreten des AMG 1976 und in der Folgezeit auf dem deutschen Markt angebotene Fertigarzneimittel wurde den Arzneimittelherstellern deshalb
durch die Übergangsregelungen unter bestimmten Voraussetzungen ein befristeter Bestandsschutz eingeräumt: Nach § 105 Abs 1 AMG gelten Fertigarzneimittel, die Arzneimittel iS des § 2 Abs 1 oder Abs 2 Nr 1 AMG sind und sich am 1. Januar 1978 im Verkehr befanden, als zugelassen, wenn sie sich bereits am 1. September 1976 im Verkehr
befanden (vgl dazu genauer: Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht-Kommentar, § 100 AMG Anm 1 und § 105 AMG Anm 1; Hofmann/Nickel, NJW 2000, 2700 f). § 105 Abs 2 AMG normiert insoweit lediglich eine qualifizierte bis zum 30. Juni 1978 befristete Anzeigepflicht, deren Erfüllung es ermöglichte,
das Fertigarzneimittel weiterhin in den Verkehr zu bringen. Nach § 105 Abs 3 AMG erlosch die Zulassung eines nach Abs 2 fristgerecht angezeigten Arzneimittels am 30. April 1990, es sei denn, dass ein Antrag auf Verlängerung der Zulassung gestellt
worden war (oder ein dem gleichgestellter Tatbestand vorlag). Auf diesen sog Nachzulassungs-Status berief sich der Hersteller
von Wobe-Mugos E auch in der im vorliegenden Fall relevanten Zeit im Jahr 2001. Zwar hatte das BfArM für dieses Mittel auch
hier bereits einen Antrag des Herstellers auf "Verlängerung der Zulassung" abgelehnt (Bescheid vom 9. Juni 1998). Wegen der
dagegen erhobenen Klage stand anschließend aber noch nicht endgültig fest, dass Wobe-Mugos E zunächst noch als fiktiv zugelassenes
sog Alt-Arzneimittel angesehen werden musste, für das der Hersteller zu Recht den Schutz des hier anzuwendenden § 105 Abs 1 AMG (idF des 10. AMG-ÄndG vom 4. Juli 2000, BGBl I 1002) bzw der zuvor geltenden, inhaltsgleichen Übergangsregelung in Art 3 § 7 des Gesetzes
zur Neuordnung des Arzneimittelrechts (vom 24. August 1976, BGBl I 2445) in Anspruch nehmen durfte.
Das Verfahrensrecht des § 105 Abs 5b AMG 1976 wirkte sich in diesem Schwebezustand der gerichtlich angegriffenen Ablehnung einer Verlängerung der fiktiven Zulassung
zu Gunsten des Herstellers dahingehend aus, dass für die Dauer der aufschiebenden Wirkung seiner Klage die arzneimittelrechtliche
Verkehrsfähigkeit des Fertigarzneimittels Wobe-Mugos E erhalten blieb.
Der verfahrensrechtliche Gehalt des hier entscheidenden § 105 Abs 5b AMG 1976 ist allerdings grundsätzlich darauf gerichtet, das gesamte Nachzulassungsverfahren zu beschleunigen und Gerichtsverfahren
zu vermeiden, die trotz geringer Erfolgsaussicht angestrengt werden, nur um eine weitere Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels
nach Ablehnung der Verlängerung der Zulassung zu erreichen (vgl näher Kloesel/Cyran, aaO, § 105 AMG RdNr 78). Deshalb findet nach dieser Regelung ein Vorverfahren bei Rechtsmittel gegen die Entscheidung über die Verlängerung
der Zulassung nicht statt und soll nach §
80 Abs
2 Nr
4 Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO) die sofortige Vollziehung angeordnet werden, es sei denn, dass die Vollziehung für den pharmazeutischen Unternehmer eine
unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Dabei liegt der Entscheidung des
Gesetzgebers, für das Fortbestehen der Verkehrsfähigkeit während des gerichtlichen Verfahrens nicht an §
123 VwGO, sondern an die Grundsätze von §
80 VwGO anzuknüpfen, eine Interessenabwägung zwischen der Aufrechterhaltung der Marktposition zu Grunde, die der das Nachzulassungsverfahren
betreibende pharmazeutische Unternehmer errungen hat, und dem öffentlichen Interesse zu verhindern, dass sog Alt-Arzneimittel
unter dem Deckmantel des Nachzulassungsverfahrens verkehrsfähig bleiben, obwohl sie weder den Anforderungen des § 1 AMG 1976 genügen noch deren Überprüfung hinreichend betrieben wird. Von der im AMG 1976 als Regelfall ausgestalteten Befugnis, nach § 105 Abs 5b Satz 2 AMG die sofortige Vollziehung anzuordnen, hat das BfArM aber keinen Gebrauch gemacht; die Gründe dafür sind im hiesigen Rechtsstreit
nicht zu Tage getreten, auf sie kommt es aber für die hier zu klärenden Fragen auch nicht an.
4. Entgegen der Ansicht des LSG und der Revision bewirkte die arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit von Wobe-Mugos E keine
Leistungspflicht der beklagten Krankenkasse für das im Jahr 2001 vom Kläger selbst beschaffte Mittel. Denn die Verkehrsfähigkeit
beruhte nur auf der Klageerhebung des Arzneimittelherstellers gegen die Versagung der Verlängerung der Zulassung und der damit
einhergehenden verfahrensrechtlichen Position, es als Alt-Arzneimittel ohne hinreichend gesicherte Qualität, Wirksamkeit und
Unbedenklichkeit weiterhin in Verkehr bringen zu dürfen.
Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben nicht die Befugnis, arzneimittelrechtliche Entscheidungen der nach dem AMG zuständigen Behörden oder der Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit, die - wie hier - nur im Rahmen der Inanspruchnahme
vorläufigen Rechtsschutzes ergangen sind und daher häufig nur auf einer summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage beruhen,
selbst vollumfänglich zu überprüfen; die im Kern gegenteilige Auffassung der Beklagten, die ein Eingreifen der aufschiebenden
Wirkung der Rechtsmittel des Arzneimittelherstellers überhaupt in Zweifel zieht (unter Hinweis auf BayVGH BayVBl 1978, 247), erweist sich insoweit als unzutreffend (dazu im Folgenden a). Jedoch begründet - entgegen dem von der Revision eingenommenen
Standpunkt - die auf dem einstweiligen Rechtsschutz beruhende vorläufige Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels nach Arzneimittelrecht
nicht automatisch die Verordnungsfähigkeit nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung (dazu unter b). Richtigerweise
ist nach den spezifischen Kriterien des Leistungsrechts der gesetzlichen Krankenversicherung die Leistungsgewährung regelmäßig
ausgeschlossen, wenn eine abschlägige Entscheidung der zuständigen Behörde über die Verlängerung der Arzneimittelzulassung
ergangen ist und die arzneimittelrechtliche Verkehrsfähigkeit des Mittels deshalb nur noch aus rein verfahrensrechtlichen
Gründen des einstweiligen Rechtsschutzes hergeleitet werden kann (dazu unter c).
a) Eine eigenständige Sachprüfungsbefugnis der Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit hinsichtlich der arzneimittelrechtlichen
Zulassung eines streitbefangenen Präparats kommt nicht in Betracht. Würde man dies annehmen, käme es auf diese Weise zu einem
Eingriff in die Befugnisse der für die Überprüfung arzneimittelrechtlicher Entscheidungen zuständigen Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Wie der Senat bereits früher ausgeführt hat, ist es der sozialgerichtlichen Rechtsprechung verwehrt, die Entscheidungen des
Bundesgesundheitsamtes oder des BfArM auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen oder für deren Beachtung danach zu differenzieren,
aus welchen Gründen die Zulassung eines Medikaments versagt worden ist (so BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 3 S 10). Daran hält der
Senat fest.
b) Umgekehrt begründet eine allein die Verkehrsfähigkeit eines Arzneimittels betreffende arzneimittelrechtliche Entscheidung
im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung keinen Anspruch auf Versorgung mit diesem Arzneimittel (in diese Richtung
aber von Czettritz, PharmaRecht 1999, 2 ff; aA zB: Schlenker, DOK 1987, 236, 238 f; Thier, ZSR 1989, 61, 102; Mrozynski in: Wannagat, SGB, §
31 SGB V RdNr 26; vgl auch BVerwGE 58, 167, 173 = SGb 1980, 170). Denn eine rechtsgebietsübergreifende Bindung in dem Sinne, dass all dasjenige, was arzneimittelrechtlich zulässig ist,
zwingend auch zur krankenversicherungsrechtlichen Leistungspflicht der Krankenkassen führen müsste, ist gesetzlich nicht angeordnet
worden. Auch die bisher vom BSG angenommene Bindungswirkung von Entscheidungen auf Grund des Arzneimittelrechts bezieht sich
allein auf die arzneimittelrechtliche Beurteilung der Rechtslage. Ausgeschlossen ist es demgegenüber nicht, sondern - wie
sogleich unter c) näher darzulegen ist -, prägend und typisch, dass das Krankenversicherungsrecht zusätzliche, über das Arzneimittelrecht
hinausgehende Anspruchsvoraussetzungen für die Pflicht zur Leistungsgewährung aufstellt. Die arzneimittelrechtliche Zulässigkeit
einer Arzneimittelanwendung stellt in diesem Sinne für die gesetzliche Krankenversicherung immer nur ein "Mindestsicherheits-
und Qualitätserfordernis" dar und ist nur "negativ vorgreiflich", weil eine erforderliche, aber nicht vorhandene Zulassung
auch die Verordnungsfähigkeit stets ausschließt (vgl bereits BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 3 S 10; BSGE 82, 233, 236 = SozR 3-2500 § 31 Nr 5 S 18; BSGE 85, 36, 51 f = SozR 3-2500 § 27 Nr 11 S 52 f mwN - SKAT; BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 7 S 23; Schlenker, DOK 1987, 236, 239; ders, SGb
1988, 473, 475; Schmidt, aaO, §
31 SGB V RdNr 86 und 86b mwN). Selbst in dem von der Revision angeführten Edelfosin-Urteil spricht der Senat nur davon, dass Entscheidungen
nach dem AMG auch im Rahmen des
SGB V "zu berücksichtigen" sind (SozR 3-2500 §
31 Nr 3 S 11), während sich daraus eine umfassende Bindung für das Krankenversicherungsrecht nicht herleiten lässt.
c) Der Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln setzt nach dem
SGB V mehr voraus als die bloße Verkehrsfähigkeit des Arzneimittels nach dem Arzneimittelrecht. Der Senat hat bereits in der Vergangenheit
- insbesondere mit Rücksicht auf die Kriterien der §§
2,
12 SGB V - auch in anderem Zusammenhang wiederholt angenommen, dass nicht alles, was arzneimittelrechtlich erlaubt und statthaft ist,
automatisch auch zur Leistungspflicht unter dem Blickwinkel des Krankenversicherungsrechts führt. Dies erhellt schon aus der
Existenz eigener gesetzlicher Leistungskonkretisierungen und -beschränkungen (vgl zB § 2, § 12 Abs 1, § 31, §§ 33a bis 35a,
§
84 Abs
1, §
92 Abs
1 Satz 2 Nr
6 und Abs
2 SGB V) und den diese ausfüllenden untergesetzlichen Regelungen (zB Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel in der gesetzlichen
Krankenversicherung vom 21. Februar 1990 >BGBl I 301<, idF vom 16. November 2000 >BGBl I 1593<, AMuwV - sog "Negativliste"
- gebilligt durch BVerfG SozR 3-2500 § 34 Nr 1; Arzneimittel-RL des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen/Gemeinsamen
Bundesausschusses). Der Senat hat dieses Verständnis auch über die genannten normativen Regelungen hinaus zum Ausdruck gebracht
und mit Blick darauf Leistungsansprüche der Versicherten gegen ihre Krankenkasse verneint: So resultiert eine krankenversicherungsrechtliche
Leistungspflicht nicht schon daraus, dass eine klinische Erprobung von Arzneimitteln nach § 21 Abs 2 Nr 2 AMG arzneimittelrechtlich zulässig ist (vgl schon BSG SozR 3-2500 § 31 Nr 3 S 11 f - Edelfosin; vgl auch BSG > 3. Senat< BSGE 93, 137 = SozR 4-2500 § 137c Nr 2: keine Leistungspflicht für Krankenhausbehandlung mit klinischen Arzneimittel-Studien). Obwohl das AMG einem Arzt die indikations- und zulassungsüberschreitende Anwendung eines Arzneimittels nicht verbietet, darf selbst ein
zugelassenes Arzneimittel grundsätzlich nicht (sondern nur unter qualifizierten Voraussetzungen) zu Lasten der Krankenkasse
in einem Anwendungsgebiet verordnet werden, auf das sich seine Zulassung nicht erstreckt (BSGE 89, 184, 188 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 32 - Sandoglobulin). Ebenso führen die Zulassung eines Arzneimittels in einem anderen Staat
und die arzneimittelrechtliche Möglichkeit, ein solches Mittel im Rahmen des Einzelimports gemäß § 73 Abs 3 Satz 1 AMG nach Deutschland einzuführen, im Allgemeinen nicht dazu, dass ein Versicherter der gesetzlichen Krankenversicherung deshalb
auch Anspruch auf Versorgung mit diesem Mittel hat (BSGE 93, 1, 4 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1 RdNr 10 - Immucothel; BSGE 93, 236, 242 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 RdNr 18 - Visudyne; vgl auch Urteil des 3. Senats des BSG vom 17. März 2005 - B 3 KR 2/05 R - Tasmar, zur Veröffentlichung vorgesehen); eine Ausnahme davon hat der Senat nur für den Fall zugelassen, dass das Mittel
der Therapie einer singulären, dh nicht systematisch erforschbaren Krankheit dient und eine quasi notstandsähnliche Situation
bzw ein außergewöhnlicher Notfall vorliegt (Urteil Visudyne, aaO), worum es im Fall des Klägers nicht geht.
Wesentlicher Grund für die dargestellte Rechtsprechung des Senats ist, dass der Behandlungs- und Versorgungsanspruch eines
Versicherten den sich aus §
2 Abs
1 und §
12 Abs
1 SGB V ergebenden Einschränkungen unterliegt. Er umfasst folglich nur solche Leistungen, die zweckmäßig und wirtschaftlich sind
und deren Qualität dem allgemein anerkannten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse entsprechen. Hierzu genügt es nicht,
dass die Arzneimitteltherapie bei einem Versicherten nach Ansicht seiner Ärzte positiv gewirkt haben soll und ggf herkömmlichen
Arzneimitteln vorzuziehen sei (vgl zB BSGE 76, 194, 198 = SozR 3-2500 § 27 Nr 5 S 11). Zu Qualität und Wirksamkeit eines Arzneimittels muss es vielmehr grundsätzlich zuverlässige
wissenschaftlich nachprüfbare Aussagen in dem Sinne geben, dass der Erfolg der Behandlungsmethode in einer für die sichere
Beurteilung ausreichenden Anzahl von Behandlungsfällen belegt ist (vgl zB BSGE 93, 1, 2 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1 RdNr 7 mwN). Hinzu kommt, dass die umfassende, systematische Ausnutzung enger Ausnahmebestimmungen
des Arzneimittelrechts durch das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, welches ca 90% der Bevölkerung erfasst, stets
eine umfangreiche Anwendung der streitbefangenen Mittel auf Kosten der Leistungsträger nach sich zu ziehen droht, sodass hier
in besonderem Maße der Gefahr einer krankenversicherungsrechtlichen Umgehung arzneimittelrechtlicher Zulassungserfordernisse
entgegengewirkt werden muss (vgl schon BSGE 89, 184, 191 = SozR 3-2500 § 31 Nr 8 S 36; BSGE 93, 1, 4 = SozR 4-2500 § 31 Nr 1 RdNr 10; BSGE 93, 236, 245 = SozR 4-2500 §
27 Nr 1 RdNr 23). Könnten außerdem Therapien mit Fertigarzneimitten im System des
SGB V beansprucht werden, obwohl bei dem konkret in Rede stehenden Mittel eine vorgesehene innerstaatliche Kontrolle der Sicherheit
und Qualität zu keinem positiven Ergebnis geführt hat, wäre dies mit einem inakzeptablen unkalkulierbaren Risiko etwaiger
Gesundheitsschäden behaftet, dessen Auswirkungen gerade der Versichertengemeinschaft nicht aufgebürdet werden dürfen, die
die Behandlungen - typischerweise unter Anwendung des Instruments der Versicherungspflicht, also zwangsweise - finanziert
(vgl schon BSGE 89, 184, 190 = SozR 3-2500 §
31 Nr 8 S 34; vgl auch Schmidt, aaO, §
31 SGB V RdNr 86b).
Auch die Rechtsentwicklung hat wesentlich zu der aufgezeigten Rechtsprechung des Senats geführt und die Unterschiede zum Arzneimittelrecht
beleuchtet. Wie der Senat bereits in seinem Remedacen-Urteil vom 5. Juli 1997 - 1 RK 6/95 - (BSGE 76, 194, 198 f = SozR 3-2500 §
27 Nr 5 S 11 f) ausgeführt hat, gelten nach dem Recht des
SGB V seit 1989 strengere Anforderungen für die Leistungsgewährung bei umstrittenen Heilmethoden als noch nach dem zuvor geltenden
Recht der
Reichsversicherungsordnung. So müssen - wie dargelegt - nach §
2 Abs
1 Satz 3
SGB V nun Qualität und Wirksamkeit der Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, wofür
der Senat in seiner Rechtsprechung genauere Kriterien aufgestellt hat. Während im Arzneimittelrecht - wie dargestellt - ein
übergangsweiser Bestandsschutz des Verkehrs mit Arzneimitteln geschaffen wurde, die bereits 1976 unter weit weniger strengen
Voraussetzungen verkehrsfähig waren, hat das
SGB V keinen solchen oder vergleichbaren Bestandsschutz von alten, aber umstritten gewesenen bzw gewordenen Therapien geschaffen,
sondern im Gegenteil die Anspruchsvoraussetzungen sogar verschärft.
Danach kann es für den Anspruch auf Versorgung mit Arzneimitteln nach §
31 Abs
1 SGB V nicht genügen, dass - wie im Falle von Wobe-Mugos E - der arzneimittelrechtliche Status nur aus der Inanspruchnahme einer
bloßen verfahrensrechtlichen, bestenfalls auf eine summarische Prüfung gegründeten Position resultiert, ohne dass eine eingehende
arzneimittelrechtliche Prüfung mit einem für den Hersteller positiven Ergebnis stattgefunden hat. Der geringe Aussagegehalt
der Entscheidungen - zunächst des BfArM, entgegen § 105b Satz 2 AMG nicht die sofortige Vollziehung anzuordnen, und dann des OVG Berlin, die Fortdauer der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen
den Bescheid des BfArM anzuordnen -, für die nach dem
SGB V zentralen Fragen nach Qualität und Wirksamkeit sowie Versichertenschutz wird daran deutlich, dass § 105 Abs 5b Satz 2 AMG davon ausgeht, dass die sofortige Vollziehung für den Unternehmer eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen
gebotene Härte zur Folge hätte. Mithin fließen in entscheidendem Umfang Wertungen in die Begründung der einstweiligen Verfahrensposition
ein, die - wie der Schutz getätigter Investitionen für den prozessierenden Unternehmer - arzneimittelrechtlich bedeutsam sind,
krankenversicherungsrechtlich aber offenkundig unerheblich sein müssen (vgl zur Abwägung auch Kloesel/Cyran, aaO, § 105 AMG Anm 78). Denn obwohl es erhebliche Anhaltspunkte dafür gab, dass Wobe-Mugos E ohnehin einer Neuzulassung bedurfte, trotz
bereits behördlich abgelehnter Verlängerung der Altzulassung und trotz aufgetretener erheblicher Zweifel am Vorliegen einer
verlängerbaren fiktiven Altzulassung blieb das Inverkehrbringen des Mittels kraft der aufschiebenden Wirkung eines eingelegten
Rechtsmittels unter einfachen Voraussetzungen weiter möglich. Selbst arzneimittelrechtlich handelte es sich dabei nicht um
einen gesicherten Status, sondern um einen unklaren, weil nicht endgültig behobenen zulassungsrechtlichen Schwebezustand,
der durch eine Entscheidung in der Hauptsache jederzeit beseitigt werden konnte, dies, ohne dass eine arzneimittelrechtliche
Prüfung jemals positiv das Vorliegen der Kriterien für eine Zulassung iS von § 1 AMG 1976 ergeben hatte. Auch eine fiktive Zulassung steht in diesem Sinne "unter dem Vorbehalt des Nachweises von Qualität, Wirksamkeit
und Unbedenklichkeit im Nachzulassungsverfahren, vermittelt also lediglich die Chance auf endgültige Zulassung" (so OVG Berlin,
Urteil vom 7. April 2005 - OVG 5 B 8.03, Umdruck Seite 15). Stellt man in Rechnung, dass im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung bereits zum Zeitpunkt der
Behandlung zweifelsfrei geklärt sein muss, ob die erhofften Vorteile einer Therapie die möglicherweise zu befürchtenden Nachteile
überwiegen (stRspr, vgl schon BSGE 81, 54, 58 = SozR 3-2500 § 135 Nr 4 S 13 f - immunbiologische Therapie; SozR 3-2500 § 135 Nr 12 S 56 f - ASI, jeweils für Festlegungen
in den RL des Bundesausschusses; BSGE 93, 236, 243 = SozR 4-2500 § 27 Nr 1 RdNr 19 für eine Pharmakotherapie), würde die Anerkennung der Leistungspflicht für im Nachzulassungsverfahren
befindliche, aber dort bereits negativ beurteilte Alt-Arzneimittel im vorliegenden Fall letztlich darauf hinauslaufen, den
Krankenkassen systematisch die Kosten einer nach den Grundsätzen des Remedacen-Urteils (aaO) ausgeschlossenen Therapie aufzuerlegen.
Das aber steht im Gegensatz zu Sinn und Zweck der Regelungen über die Wirtschaftlichkeit iS von §
2 Abs
1 und §
12 SGB V und zum Wissenschaftlichkeitsgebot des §
2 Abs
1 Satz 3
SGB V.
5. Ergibt sich nach alledem, dass im Falle von Wobe-Mugos E das bloße, ausnahmsweise durch die aufschiebende Wirkung der Klage
seines Herstellers bedingte fiktive Fortwirken einer Alt-Arzneimittelzulassung nicht zur Leistungspflicht der Beklagten führen
konnte, kann die Revision des Klägers keinen Erfolg haben. Auf die Frage, ob sich die Beklagte zu Recht auf die AMuwV berufen
hat und ob insoweit ggf - wie die Revision geltend macht - weitere Feststellungen des LSG erforderlich gewesen wären, kam
es mithin nicht an.
6. Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.