Anerkennung eines Wegeunfalls in der gesetzlichen Unfallversicherung
Zurechnung des Abholens des während einer Urlaubsabwesenheit einer Dienstbotin im Hause der Eltern deponierten Schlüsselbundes
mit dem Autoschlüssel und dem Schlüssel für den Hauseingang der Dienstboten zum unter Versicherungsschutz stehenden Betriebsweg
Gründe:
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Klägerin am 21.7.2012 einen in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherten Arbeitsunfall
erlitten hat.
Die 1965 geborene Klägerin war als Hauswirtschafterin der Familie R. auf dem Gut H. beschäftigt. Als solche war sie für alle
im Haushalt anfallenden Arbeiten wie Wäschepflege, Kochen, Dekoration etc zuständig. Der Weg von ihrer Wohnung zur Arbeitsstätte
betrug etwa 24 km. Diesen legte sie regelmäßig mit dem eigenen Pkw zurück. Die Klägerin verfügte über elektronische Schlüssel
zum Anwesen. Den Funksender für das Außentor des Gutshofs bewahrte sie in der verschließbaren Mittelkonsole ihres Pkws auf.
Einen weiteren Schlüssel für den Hauseingang der Dienstboten hatte sie an ihrem eigenen Schlüsselbund angebracht, an dem sich
auch ihr Autoschlüssel befand. Die Klägerin fuhr im Juli 2012 für zwei Wochen in den Urlaub. Ihren Schlüsselbund gab sie vor
dem Urlaub bei ihren Eltern ab, um die Schlüssel zum Hofgut nicht während ihrer Abwesenheit längere Zeit im eigenen Haus liegen
zu lassen. Die Klägerin stellte ihren Pkw zudem in der Garage der Eltern ab, die sie mit diesen gemeinschaftlich nutzte. In
den frühen Morgenstunden des 21.7.2012, einem Samstag, kehrte die Klägerin mit dem Flugzeug von der Urlaubsreise zurück. Geplant
war, nachmittags vom Ankunftsort München mit der Bahn zum Wohnort zu fahren. Der erste Arbeitstag nach dem Urlaub sollte der
darauffolgende Montag sein. Die Klägerin hatte geplant, den Schlüsselbund im Laufe des Wochenendes bei den Eltern abzuholen,
um dann am Montagmorgen zur Arbeit zu fahren. Noch während ihres Urlaubs hatte die Klägerin einen Anruf des Gutsverwalters
erhalten. Dieser teilte ihr mit, dass sie für eine erkrankte Kollegin einspringen und bereits am 21.7.2012 das Haus der Familie
herrichten solle. Außerdem erhielt sie eine SMS ihrer Arbeitgeberin, dass bereits für Sonntag ein Essen vorzubereiten sei.
Deshalb kehrte die Klägerin an dem Samstag schon morgens aus München zurück. Nach der Ankunft ging sie kurz in ihr eigenes
Haus. Anschließend begab sie sich zu dem ca fünf Meter entfernten Haus ihrer Eltern, um die dort deponierten Schlüssel zu
holen und direkt zum Einkaufen für das von ihr vorzubereitende sonntägliche Mittagessen und anschließend zum Gutshof zu fahren.
Als sie das Haus ihrer Eltern verließ, stürzte die Klägerin auf der Treppenstufe vor der Haustür und zog sich dabei eine Verletzung
im Schulter-Armbereich zu.
Die Beklagte lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab (Bescheid vom 21.6.2013 und Widerspruchsbescheid vom 5.11.2013).
Das SG hat die Bescheide der Beklagten aufgehoben und festgestellt, dass die Klägerin am 21.7.2012 einen Arbeitsunfall erlitten
hat (Urteil vom 26.11.2015). Das LSG hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Zur Begründung seines Urteils vom 27.9.2016
hat es ausgeführt, es könne dahinstehen, ob es sich bei dem Weg vom Haus der Klägerin zum Einkaufen um einen Betriebsweg gehandelt
habe oder ob man den Weg als Weg zur Arbeitsstätte nach §
8 Abs
2 SGB VII ansehe. In beiden Fällen stelle das Aufsuchen des Elternhauses keinen unmittelbaren Teil des Weges dar, sondern eine diesem
vorausgehende Vorbereitungshandlung. Zwar solle der Versicherungsschutz erkennbar auf die Vorbereitungshandlungen beschränkt
sein, die das Gesetz selbst ausdrücklich nenne. Hier sei es aber ausnahmsweise gerechtfertigt, das Holen der Schlüssel dem
versicherten Bereich zuzurechnen. Die Klägerin habe diese Handlung nicht wie ursprünglich geplant vornehmen können, sondern
habe diese zu dem konkreten Zeitpunkt vornehmen müssen, weil sie andernfalls ihrer arbeitsvertraglichen Pflicht, für das Mittagessen
einzukaufen, nicht hätte nachkommen können. Sie habe ihr Fahrzeug zu diesem konkreten, betrieblich veranlassten Zeitpunkt
benötigt. Es sei für die Klägerin zur Erfüllung der arbeitsvertraglich geschuldeten Leistung unumgänglich gewesen, die Schlüssel
sofort abzuholen. Ohne das Ansichnehmen der Schlüssel wäre die Klägerin nicht in der Lage gewesen, die versicherte Handlung
vorzunehmen. Deshalb bestehe ein so enger Zusammenhang mit der versicherten Handlung, dass auch die vorhergehende Handlung
unter Versicherungsschutz stehe.
Die Beklagte rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des §
8 SGB VII. Der Versicherungsschutz für Vorbereitungshandlungen sei grundsätzlich auf die im Gesetz genannten Verrichtungen beschränkt.
Ausnahmen kämen nur in Betracht, wenn die Vorbereitungshandlung mit der eigentlich versicherten Tätigkeit so eng verbunden
sei, dass diese bei natürlicher Betrachtungsweise eine Einheit bildeten. Vorbereitungshandlungen seien nach der Rechtsprechung
des BSG ausnahmsweise versichert, wenn objektive Hinderungsgründe vorlägen, die die Aufnahme der versicherten Tätigkeit unmöglich
machten. Hier habe jedoch kein unvorhergesehenes Hindernis überwunden werden müssen. Unvorhersehbar sei allein gewesen, dass
die Klägerin ihre Tätigkeit bereits früher als geplant wieder habe aufnehmen müssen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. September 2016 sowie das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom
26. November 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II
Die Revision der Beklagten ist unbegründet und deshalb zurückzuweisen (§
170 Abs
1 S 1
SGG). Die geltend gemachte Verletzung des §
8 SGB VII liegt nicht vor. Zu Recht hat das LSG die Berufung der Beklagten gegen das zusprechende Urteil des SG zurückgewiesen. Die kombinierte Anfechtungs- und Feststellungsklage (§
54 Abs
1, §
55 Abs
1 Nr
1, §
56 SGG, vgl zB BSG vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 64 RdNr 9; vom 31.8.2017 - B 2 U 11/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 62 RdNr 9; vom 20.12.2016 - B 2 U 16/15 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 60 RdNr 11 und vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 9 mwN) war begründet, weil die Ablehnungsentscheidung der Beklagten in dem Bescheid vom 21.6.2013
in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5.11.2013 (§
95 SGG) rechtswidrig war und die Klägerin in ihren Rechten verletzte (§
54 Abs
2 S 1
SGG). Denn sie hat infolge ihrer versicherten Tätigkeit als Hauswirtschafterin am 21.7.2012 einen Arbeitsunfall erlitten.
Nach §
8 Abs
1 S 1
SGB VII sind Arbeitsunfälle Unfälle von Versicherten in Folge einer den Versicherungsschutz nach §§
2,
3 oder 6
SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit). Unfälle sind nach §
8 Abs
1 S 2
SGB VII zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen.
Ein Arbeitsunfall setzt daher voraus, dass die Verrichtung zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist
(innerer oder sachlicher Zusammenhang), sie zu dem zeitlich begrenzten, von außen auf den Körper einwirkenden Ereignis - dem
Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder den Tod des
Versicherten objektiv und rechtlich wesentlich verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität) (stRspr, vgl zuletzt BSG vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 64 RdNr 10; BSG vom 31.8.2017 - B 2 U 11/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 62 RdNr 10; vgl auch BSG vom 20.12.2016 - B 2 U 16/15 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 60 RdNr 12; BSG vom 15.11.2016 - B 2 U 12/15 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 37 RdNr 14; BSG vom 5.7.2016 - B 2 U 16/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 58 RdNr 9; BSG vom 17.12.2015 - B 2 U 8/14 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 55 RdNr 9; BSG vom 26.6.2014 - B 2 U 4/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 52 Nr 11 RdNr 10; BSG vom 14.11.2013 - B 2 U 15/12 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 27 RdNr 11; BSG vom 4.7.2013 - B 2 U 3/13 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 50 RdNr 10 und - B 2 U 12/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 49 RdNr 14; BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 10/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 47 RdNr 12). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Die als Beschäftigte versicherte Klägerin erlitt einen
Unfall (dazu unter 1.) bei einer Verrichtung, die der versicherten Tätigkeit zuzurechnen ist und die den Unfall wesentlich
verursachte (dazu unter 2.).
1. Die als Beschäftigte gemäß §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII grundsätzlich in der gesetzlichen Unfallversicherung versicherte Klägerin hat einen Unfall erlitten, als sie am 21.7.2012
im Bereich der Treppenstufe vor der Haustüre des Hauses ihrer Eltern stürzte und sich beim Versuch, den Sturz durch Festhalten
am Türgriff abzufangen, den Arm verrenkte. Hierdurch erlitt sie einen Gesundheitsschaden.
2. Die Verrichtung der Klägerin zur Zeit des Unfallereignisses stand auch in einem den Versicherungsschutz begründenden sachlichen
Zusammenhang zu ihrer versicherten Tätigkeit als Hauswirtschafterin. Die Klägerin befand sich auf einem versicherten Betriebsweg
nach §
8 Abs
1 SGB VII und nicht auf einem Weg nach dem Ort der Tätigkeit (Arbeitsstätte) nach §
8 Abs
2 Nr
1 SGB VII (sogleich unter a). Dieser Betriebsweg war auch nicht unterbrochen und bei der konkreten zum Unfall führenden Verrichtung
handelte es sich auch nicht um eine bloße Vorbereitungshandlung (vgl unter b).
a) Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls iS des §
8 Abs
1 S 1
SGB VII ist es erforderlich, dass das Verhalten des Versicherten, bei dem sich der Unfall ereignet hat, der versicherten Tätigkeit
zuzurechnen ist und dass diese Tätigkeit den Unfall herbeigeführt hat. Es muss eine sachliche Verbindung mit der im Gesetz
genannten versicherten Tätigkeit bestehen, der sog innere Zusammenhang, der es rechtfertigt, das betreffende Verhalten der
versicherten Tätigkeit zuzurechnen (stRspr, vgl BSG vom 28.4.2004 - B 2 U 26/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 5 RdNr 5 mwN). Der innere Zusammenhang ist wertend zu ermitteln, indem untersucht wird, ob die jeweilige
Verrichtung innerhalb der Grenze liegt, bis zu welcher nach den gesetzlichen Vorgaben der Versicherungsschutz in der gesetzlichen
Unfallversicherung reicht (BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 3 S 15; BSG vom 6.5.2003 - B 2 U 33/02 R - Juris RdNr 14; BSG vom 28.4.2004 - B 2 U 26/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 5 RdNr 5; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 5/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 4 RdNr 5). Maßgeblich ist die Handlungstendenz des Versicherten, so wie sie insbesondere durch die objektiven
Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (BSG vom 6.5.2003 - B 2 U 33/02 R - Juris RdNr 14; BSG vom 28.4.2004 - B 2 U 26/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 5 RdNr 6; BSG vom 12.4.2005 - B 2 U 5/04 R - SozR 4-2700 § 2 Nr 4 RdNr 5).
Betriebswege sind Wege, die in Ausübung der versicherten Tätigkeit zurückgelegt werden, Teil der versicherten Tätigkeit sind
und damit der Betriebsarbeit gleichstehen (BSG vom 31.8.2017 - B 2 U 9/16 R - BSGE 124, 93 = SozR 4-2700 § 8 Nr 63, RdNr 10 - Friseurmeisterin; vom 12.1.2010 - B 2 U 35/08 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 36 RdNr 16 mwN; BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 25/07 R - SozR 4-1300 § 45 Nr 8 RdNr 24; BSG vom 12.12.2006 - B 2 U 1/06 R - BSGE 98, 20 = SozR 4-2700 § 8 Nr 21, RdNr 14 mwN; BSG vom 6.5.2003 - B 2 U 33/02 R - Juris RdNr 15 mwN; BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 3 S 15 f). Sie werden im unmittelbaren Betriebsinteresse unternommen und unterscheiden sich von Wegen
nach und von dem Ort der Tätigkeit iS von §
8 Abs
2 Nr
1 SGB VII dadurch, dass sie der versicherten Tätigkeit nicht lediglich vorausgehen oder sich ihr anschließen (BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 48 RdNr 13). Sie sind nicht auf das Betriebsgelände beschränkt, sondern können auch außerhalb der Betriebsstätte
anfallen (BSG vom 28.2.1990 - 2 RU 34/89 - SozR 3-2200 § 539 Nr 1 S 2). Ein Betriebsweg kann auch von zu Hause angetreten werden, wenn auf konkrete Anordnung des Arbeitgebers unmittelbar
mit einer versicherten Tätigkeit begonnen wird (vgl BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 3 S 15 f). Zu den in der sog Wegeunfallversicherung nach §
8 Abs
2 Nr
1 SGB VII versicherten Tätigkeiten zählt hingegen das Zurücklegen des mit der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren
Weges nach und von dem Ort der Tätigkeit. Dabei ist nicht der Weg als solcher, sondern dessen Zurücklegen versichert, also
der Vorgang des Sichfortbewegens auf einer Strecke, die durch einen Ausgangs- und einen Zielpunkt begrenzt ist (BSG vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 64 RdNr 12; BSG vom 31.8.2017 - B 2 U 11/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 62 RdNr 12; BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 19/11 R - BSGE 112, 177 = SozR 4-2700 § 8 Nr 46, RdNr 47; BSG vom 25.1.1977 - 2 RU 57/75 - SozR 2200 § 550 Nr 24 S 52). Entscheidend für die Abgrenzung zwischen einem gemäß §
8 Abs
1 iVm §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII versicherten Betriebsweg und einem Wegeunfall nach §
8 Abs
2 Nr
1 SGB VII ist, ob der konkret zurückgelegte Weg dazu dient, die gemäß §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII versicherte Tätigkeit am arbeitsvertraglich geschuldeten Leistungsort erst aufzunehmen (BSG vom 31.8.2017 - B 2 U 1/16 R - Juris RdNr 13; vgl BSG vom 8.7.1980 - 2 RU 17/79 - Juris RdNr 23; Krasney in Krasney/Becker/Burchardt/Kruschinsky/Heinz/Bieresborn,
SGB VII, Stand: Oktober 2018, §
8 RdNr 176 mwN), was auch der Fall sein kann, wenn der Beschäftigte an wechselnden Orten tätig ist (BSG vom 7.11.2000 - B 2 U 39/99 R - SozR 3-2700 § 8 Nr 3 S 16), oder ob es sich etwa um eine dringende, außerhalb der üblichen Arbeitszeit angeordnete zusätzliche
Tätigkeit an einem anderen Ort als der Arbeitsstätte handelte (Betriebsweg, vgl BSG vom 31.8.1983 - 2 RU 31/82 - SozR 2200 § 548 Nr 63 S 175 f).
Letzteres war hier der Fall. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§
163 SGG) erfüllte die Klägerin unmittelbar ihre arbeitsvertraglich geschuldete Dienstpflicht, als sie sich zum Einkaufen begab. Sie
folgte dabei den konkreten Anweisungen ihres Arbeitgebers, als sie sich nach vorzeitiger Beendigung ihres Urlaubs am Unfalltag
auf den Weg machte, um für das für den folgenden Sonntag angeordnete Mittagessen einzukaufen. Nach den Feststellungen des
Berufungsgerichts gehörte das Einkaufen für die von der Klägerin zu fertigenden Mahlzeiten zu ihren unmittelbaren arbeitsvertraglichen
Hauptpflichten. Am konkreten Unfalltag war es somit ihre durch das arbeitgeberseitige Direktionsrecht konkretisierte Pflicht
ein sonntägliches Mittagessen für ihre Dienstgeber bereit zu stellen und hierfür einzukaufen, wofür sie - wie ebenfalls bindend
durch das LSG festgestellt ist - ihr in der elterlichen Garage abgestelltes Fahrzeug zwingend benötigte.
b) Die Klägerin befand sich auch zum Zeitpunkt des Unfallereignisses auf diesem versicherten Betriebsweg. Die versicherte
Tätigkeit der Klägerin begann mit dem Durchschreiten der Wohnungstür ihres Hauses, weil ihre Handlungstendenz darauf gerichtet
war, sich unmittelbar mit dem bei den Eltern abgestellten Pkw zum Supermarkt zu begeben. Somit begann mit Verlassen ihres
Wohnhauses der Vorgang des Einkaufens als die versicherte Tätigkeit iS des §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII. In diesem konkreten Fall hatte die Klägerin letztlich die Freiheit, selbst zu entscheiden, wie sie den im Arbeitsvertrag
vereinbarten besonderen Leistungspflichten genügte.
Die Verrichtung der Klägerin unmittelbar vor dem Unfallereignis - das Abholen ihres während ihrer Urlaubsabwesenheit im Hause
der Eltern deponierten Schlüsselbundes mit dem daran befindlichen Autoschlüssel sowie dem Schlüssel für den Hauseingang der
Dienstboten - ist diesem unter Versicherungsschutz stehenden Betriebsweg unmittelbar zuzurechnen.
Ob eine konkrete Verrichtung bei der Zurücklegung eines Betriebsweges im unmittelbaren Unternehmensinteresse erfolgt und deswegen
im sachlichen Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit steht, bestimmt sich vorrangig nach der objektivierten Handlungstendenz
des Versicherten, also danach, ob dieser bei der zum Unfallereignis führenden Verrichtung eine dem Unternehmen dienende Tätigkeit
ausüben wollte und diese Handlungstendenz durch die objektiven Umstände des Einzelfalls bestätigt wird (vgl auch die Urteile
des Senats vom heutigen Tag BSG vom 27.11.2018 - B 2 U 8/17 R und B 2 U 28/17 R - "Stürze im Homeoffice" sowie BSG vom 18.6.2013 - B 2 U 7/12 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 48 RdNr 13 mwN - "Pizzeria Calabria"). Entscheidend ist daher, welche konkrete Verrichtung mit welchem
Zweck die Klägerin in dem Moment des Unfalls ausübte. Nach den bindenden Feststellungen des LSG (§
163 SGG) befand sich die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls auf dem Weg zu ihrem Pkw, um mit diesem zum Einkaufen zu fahren und die
Einkäufe anschließend auf das Hofgut zu bringen. Wie bereits ausgeführt, war hierbei die objektivierte Handlungstendenz der
Klägerin darauf gerichtet, ihrer Tätigkeit als Beschäftigte iS des §
2 Abs
1 Nr
1 SGB VII nachzukommen. Das Abholen der Autoschlüssel, die erforderlich waren, um das nach den Feststellungen des LSG für den Einkauf
zwingend notwendige Fahrzeug in Betrieb zu nehmen, sowie der für den anschließenden Zugang zum Hofgut ebenso zwingend erforderlichen
Schlüssel stand damit in einem unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit dem versicherten Betriebsweg.
Es liegt daher auch keine den Versicherungsschutz beendende Unterbrechung des Betriebswegs vor. Eine solche Unterbrechung
setzt voraus, dass eine versicherte Tätigkeit nach entsprechendem Wechsel der Handlungstendenz aus eigenwirtschaftlichen Gründen
unterbrochen wird, um sich einer anderen, nicht nur geringfügigen Tätigkeit zuzuwenden, oder der eingeschlagene Weg verlassen
wird, um an anderer Stelle einer privaten Verrichtung nachzugehen und erst danach auf den ursprünglichen Weg zurückzukehren
(BSG vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 64 RdNr 15; BSG vom 31.8.2017 - B 2 U 11/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 62 RdNr 15; BSG vom 31.8.2017 - B 2 U 1/16 R - Juris RdNr 15; BSG vom 30.10.2007 -B2U 29/06 R - SozR 4-2700 §8 Nr 25 RdNr 10 mwN; BSG vom 2.12.2008 - B 2 U 17/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 28 RdNr 19). Dies war hier erkennbar nicht der Fall.
Bei der zum Unfall führenden Verrichtung handelte es sich auch nicht um eine bloße unversicherte Vorbereitungshandlung oder
nur vorbereitende Tätigkeit, die der eigentlichen versicherten Tätigkeit voranging und ihre Durchführung erleichterte oder
überhaupt erst ermöglichte (BSG vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 64 RdNr 17; BSG vom 13.11.2012 - B 2 U 27/11 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 45 RdNr 19; BSG vom 17.2.2009 - B 2 U 26/07 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 32 RdNr 22; BSG vom 28.4.2004 - B 2 U 26/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 5 RdNr 9). Nach den Feststellungen des LSG benötigte die Klägerin zum einen zwingend zur Durchführung
des Einkaufs ihr Fahrzeug, sodass der Abholung der Schlüssel keine neue eigenwirtschaftliche Handlungstendenz zugrunde lag.
Zum anderen hatte der Betriebsweg bereits mit dem Verlassen ihres Wohnhauses begonnen.
Es kann dahinstehen, ob der Versicherungsschutz der Klägerin auch unter dem Gesichtspunkt bestand, dass die unfallbringende
Verrichtung bei der Zurücklegung des Betriebsweges unerwartet notwendig geworden war, um weiterhin die betriebliche Arbeit
verrichten bzw den Weg zurücklegen zu können (BSG vom 4.9.2007 - B 2 U 24/06 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 24 RdNr 18; BSG vom 7.9.2004 - B 2 U 35/03 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 6 RdNr 13; kritisch bzw differenzierend, BSG vom 23.1.2018 - B 2 U 3/16 R - SozR 4-2700 § 8 Nr 64 RdNr 19 "Glatteisprüfer"). Das Abholen des Schlüsselbundes mit dem Autoschlüssel und den Schlüsseln
zur Arbeitsstätte war jedenfalls notwendig, weil die Klägerin andernfalls ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Verpflichtung,
mit dem Auto zum Einkaufen und mit dem Einkauf auf das Hofgut zu fahren, nicht hätte nachkommen können.
Da die Klägerin auf einem versicherten Betriebsweg gestürzt ist, kann dahinstehen, ob darüber hinaus die Voraussetzungen für
den Versicherungsschutz nach §
8 Abs
2 Nr
5 SGB VII vorlagen oder ob die sichere Aufbewahrung der Hofgutschlüssel für die Zeit ihres Urlaubs und dementsprechend auch die Abholung
dieser Schlüssel ohnehin einer (neben-)vertraglichen Pflicht aus ihrem Arbeitsverhältnis entsprach (vgl zu entsprechenden
Schutzpflichten des Arbeitnehmers Linck in Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 17. Aufl 2017, § 53 RdNr 38).
Die Kostenentscheidung folgt aus §§
183,
193 SGG.