Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Aufrechterhaltener Beweisantrag eines anwaltlich vertretenen Beteiligten
Warnfunktion eines Beweisantrages
Gründe:
I
Das LSG Rheinland-Pfalz hat mit Urteil vom 6.9.2018 den Anspruch des Klägers auf Krankengeld (Krg) aus der Versicherung seiner
im Jahr 2014 verstorbenen Ehefrau gegen die Beklagte verneint: Eine Rechtsnachfolge sei mangels wirksamer Feststellung des
Krg-Anspruchs oder eines anhängigen Verwaltungsverfahrens nach §
59 S 2
SGB I ausgeschlossen.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat der Kläger Beschwerde eingelegt. Er beruft sich auf Verfahrensmängel
(§
160 Abs
2 Nr
3 SGG) und meint darüber hinaus, dass "eine Auslegung von geltendem Recht im Raum" stehe.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Kläger den geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensmangels
nicht formgerecht aufgezeigt hat (§
160a Abs
2 S 3
SGG). Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß §
160a Abs
4 S 1 Halbs 2 iVm §
169 S 2 und 3
SGG durch Beschluss ohne Hinzuziehung der ehrenamtlichen Richter.
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel iS von §
160 Abs
2 Nr
3 SGG vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne, müssen für die Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 S 3
SGG) die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung
erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG - ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht - auf dem Mangel beruhen
kann, dass also die Möglichkeit einer Beeinflussung der Entscheidung besteht. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel allerdings nicht auf eine Verletzung der §§
109 und
128 Abs
1 S 1
SGG und auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist.
1. Der Kläger rügt zwar die Verletzung der Amtsermittlungspflicht, ohne aber vorzutragen, wodurch diese verletzt sein sollte.
Diese Ausführungen genügen nicht der Darlegung eines Verstoßes gegen die Amtsermittlungspflicht (§
103 SGG). Denn dazu müsste der Beschwerdevortrag folgende Punkte enthalten: (1) Die Bezeichnung eines für das Revisionsgericht ohne
Weiteres auffindbaren Beweisantrags, dem das LSG nicht gefolgt ist, (2) Wiedergabe der Rechtsauffassung des LSG, aufgrund
derer bestimmte Tatfragen als klärungsbedürftig hätten erscheinen und zur weiteren Sachaufklärung drängen müssen, (3) Angabe
des voraussichtlichen Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme und (4) Schilderung, dass und warum die Entscheidung des
LSG auf einer angeblich fehlerhaft unterlassenen Beweisaufnahme beruhen kann, das LSG mithin bei Kenntnis des behaupteten
Ergebnisses der unterbliebenen Beweisaufnahme von seinem Standpunkt aus zu einem anderen, dem Beschwerdeführer günstigeren
Ergebnis hätte gelangen können (zum Ganzen s nur BSG SozR 4-1500 § 160a Nr 3 RdNr 5 mwN).
Diesen Erfordernissen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht, weil der Kläger schon nicht behauptet, im Berufungsverfahren
einen (prozessordnungsgemäßen) Beweisantrag gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG gestellt zu haben. Die Beschwerdebegründung enthält dementsprechend auch keine Ausführungen, zu welchem Beweisthema ein solcher
Antrag gestellt worden sei. Im Übrigen kann ein anwaltlich vertretener Beteiligter nur dann mit der Rüge des Übergehens eines
Beweisantrags gehört werden, wenn er diesen bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung durch entsprechenden Hinweis zu Protokoll
aufrechterhalten hat oder das Gericht den Beweisantrag in seinem Urteil wiedergibt (stRspr; vgl BSG SozR 4-1500 § 160 Nr 13 RdNr 11 mwN). Nach Sinn und Zweck des §
160 Abs
2 Nr
3 Halbs 2
SGG soll die Sachaufklärungsrüge die Revisionsinstanz nur dann eröffnen, wenn das Tatsachengericht vor seiner Entscheidung durch
einen Beweisantrag ausdrücklich darauf hingewiesen worden ist, dass ein Beteiligter die Sachaufklärungspflicht des Gerichts
(§
103 SGG) noch nicht als erfüllt ansieht (vgl BSG SozR 3-1500 § 160 Nr 9 S 21; Nr 31 S 52).
2. Der Kläger hat auch die Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör (§
62 SGG, Art
103 Abs
1 GG) nicht formgerecht aufgezeigt. Nach den Darlegungen des Klägers liegt kein erkennbarer Verfahrensmangel darin, dass das LSG
über seine Berufung entschieden hat, "ohne den Kläger als Partei eine Interessenvertretung anzuhören". Hierzu hat er lediglich
vorgetragen, dass der für die mündliche Verhandlung beauftragte Prozessbevollmächtigte am Verhandlungstag den Termin krankheitsbedingt
nicht habe wahrnehmen können und dass dieser Umstand der Geschäftsstelle des LSG unverzüglich angezeigt worden sei. Es fehlt
aber an Darlegungen, dass der Kläger einen Antrag auf Aufhebung oder Verlegung des Termins auf einen anderen Zeitpunkt gestellt
habe. Der Kläger hat auch nicht behauptet, dass das LSG sein persönliches Erscheinen zur mündlichen Verhandlung nach §
111 Abs
1 iVm §
153 Abs
1 SGG angeordnet habe. Schließlich wird auch nicht dargelegt, ob der Kläger persönlich an der mündlichen Verhandlung teilgenommen
habe; Vertretungszwang vor dem LSG besteht jedenfalls nicht (vgl §
73 Abs
1 SGG). Schließlich hat der Kläger auch nicht eingewandt, dass er nicht darüber informiert worden sei, dass auch im Falle seines
Ausbleibens verhandelt und über die Berufung entschieden werden könne.
3. Wenn der Kläger weiter ausführt, dass es im angestrebten Revisionsverfahren auch um die Auslegung von geltendem Recht gehe
und sich hierfür auf §
59 SGB I stützt, hat er mit diesem Vortrag nicht zumindest sinngemäß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gemäß §
160 Abs
2 Nr
1 SGG formgerecht dargetan. Denn hierzu führt der Kläger lediglich aus, dass es für die Vererblichkeit von Ansprüchen auf Geldleistungen
seiner Ansicht nach nur auf deren Fälligkeit ankomme. Es kann offenbleiben, ob damit eine formgerechte Rechtsfrage gestellt
wurde. Es fehlt jedenfalls an Ausführungen zur Klärungsbedürftigkeit dieser Frage. Denn der Kläger beschäftigt sich weder
mit dem klaren und eindeutigen Wortlaut von §
59 S 2
SGB I, der seiner Rechtsansicht entgegensteht, noch mit der Frage, ob zu dieser Norm bereits Rechtsprechung des BSG ergangen ist. Hierzu fehlen jegliche Ausführungen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (§
160a Abs
4 S 2
SGG).
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von §
193 SGG.