Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem SGB XII
Grundsatzrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Im Streit sind höhere Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (Grundsicherungsleistungen) nach dem
Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII) im Zeitraum vom 1.8.2019 bis 30.6.2020.
Die Beklagte bewilligte der Klägerin vorläufig ab 1.7.2019 (Bescheid vom 10.7.2019; Widerspruchsbescheid vom 20.8.2019) und endgültig ab 1.8.2019 Grundsicherungsleistungen (Bescheid vom 21.8.2019; Widerspruchsbescheid vom 3.9.2019), jeweils nach der Regelbedarfsstufe 2 und unter Berücksichtigung von Renteneinkommen des Ehemannes. Die hiergegen erhobene
Klage, mit der die Klägerin vorgebracht hat, sie lebe tatsächlich von ihrem Ehemann in der gemeinsamen Wohnung getrennt, ist
erfolglos geblieben (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts <SG> Karlsruhe vom 13.2.2020; Urteil des Landessozialgerichts <LSG> Baden- Württemberg
vom 15.7.2020). Das LSG hat zur Begründung ua ausgeführt, zwar sei auch innerhalb einer Wohnung Getrenntleben möglich, dies sei vorliegend
aber nicht der Fall. Die Eheleute lebten nicht getrennt.
Die Klägerin hat beim Bundessozialgericht (BSG) die Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der
Revision im Beschluss des LSG und die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung
hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§
73a Abs
1 Satz 1
Sozialgerichtsgesetz <SGG> iVm §
114 Zivilprozessordnung <ZPO>); daran fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in §
160 Abs
2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§
73 Abs
4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Dies ist vorliegend
nicht der Fall.
Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§
160 Abs
2 Nr
1 SGG). Klärungsbedürftige Rechtsfragen stellen sich angesichts der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG)
und des BSG nicht, wonach Voraussetzung für die Annahme von Getrenntleben ist, dass sich aus den die Beziehung der Ehegatten zueinander
kennzeichnenden Gesamtumständen ergibt, dass mindestens einer von ihnen den Willen hat, sich vom anderen Ehegatten unter Aufgabe
der bisherigen Lebensgemeinschaft auf Dauer zu trennen (BVerwG vom 26.1.1995 - 5 C 8/93 - BVerwGE 97, 344; BSG vom 6.12.2018 - B 8 SO 2/17 R - BSGE 127, 85 = SozR 4-3500 § 19 Nr 6, RdNr
16). Anhaltspunkte dafür, dass eine Divergenzrüge (§
160 Abs
2 Nr
2 SGG) Aussicht auf Erfolg versprechen könnte, bestehen nach dem Vorstehenden ebenso wenig.
Es ist schließlich auch nicht erkennbar, dass ein Verfahrensmangel (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte. Die Klägerin trägt nur vor, es liege kein Beweis dafür vor, dass sie
nicht getrennt lebe, und das LSG habe die vorliegenden Umstände falsch gewertet. Eine Revision kann aber nicht auf eine Verletzung
von §§
109 SGG und
128 Abs
1 Satz 1
SGG (Grundsatz der freien richterlichen Beweiswürdigung) gestützt werden (§
160 Abs
2 Nr
3 2. Halbsatz
SGG). Eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht (§
103 SGG) durch das LSG könnte nur erfolgreich geltend gemacht werden, wenn sich der Vortrag auf einen Beweisantrag im Berufungsverfahren
bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Ein solcher Sachverhalt ist nicht ersichtlich. Das LSG
hat unter Anwendung der Grundsätze der oben dargelegten Rechtsprechung des BSG eine Einzelfallentscheidung getroffen, ohne dass ersichtlich ist, dass es sich zu einer weiteren Beweiserhebung bzw weiteren
Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt,
SGG, 13. Aufl 2020, §
160 RdNr 18d mwN). Die Klägerin selbst hat im Berufungsverfahren jedenfalls keine weiteren Ermittlungsschritte angeregt.
Da der Klägerin keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß §
73a Abs
1 Satz 1
SGG iVm §
121 ZPO nicht in Betracht.