Feststellung eines höheren Grades der Behinderung
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Die Klägerin begehrt die Feststellung eines höheren Grads der Behinderung (GdB).
Mit Urteil vom 4.1.2021 hat das LSG wie vor ihm der Beklagte und das SG einen Anspruch der Klägerin auf einen höheren GdB als 30 verneint. Die Vorinstanzen haben sich im Wesentlichen auf die Feststellungen
des Sachverständigen P in seinem Gutachten vom 21.1.2019 gestützt. Ausgehend von der wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung
der Psyche mit einem GdB von 30 und weiteren geringgradigen Funktionsbeeinträchtigungen ergebe sich ein Gesamt-GdB von 30.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt. Das LSG habe Verfahrensrecht verletzt, indem es ihren Beweisanträgen nicht gefolgt sei.
II
Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil der
allein behauptete Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet worden ist (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
1. Wer seine Nichtzulassungsbeschwerde darauf stützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG), muss bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert darlegen. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel dabei auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt
ist. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen (§
103 SGG), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren prozessordnungsgemäßen Beweisantrag bezeichnen, dem
das LSG nicht gefolgt ist. Dafür muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen
bezeichneten Punkte Beweis erhoben werden sollte. Denn Merkmal eines substantiierten Beweisantrags ist eine bestimmte Tatsachenbehauptung
und die Angabe des Beweismittels für diese Tatsache. Diese ist möglichst präzise und bestimmt zu behaupten. Zudem ist zumindest
hypothetisch zu umreißen, was die Beweisaufnahme ergeben hätte. Unbestimmte oder unsubstantiierte Beweisanträge brauchen dem
Gericht dagegen keine Beweisaufnahme nahezulegen (BSG Beschluss vom 2.6.2017 - B 9 V 16/17 B - juris RdNr 6 mwN). Zwar sind an Form, Inhalt, Formulierung und Präzisierung eines
Beweisantrags durch unvertretene Beteiligte wie die Klägerin verminderte Anforderungen zu stellen. Auch ein unvertretener
Kläger muss aber dem Gericht hinreichend deutlich machen, dass und welchen Aufklärungsbedarf er noch sieht (BSG Beschluss vom 25.1.2021 - B 9 V 40/20 B - juris RdNr 5 mwN).
Diesen hinreichend bestimmten Vortrag enthält die Beschwerdebegründung nicht. Sie gibt lediglich auszugsweise ein Schreiben
der Klägerin vom 14.4.2020 wieder. Diese habe darin ua Namen und Adressen einer Klinik und zweier Ärztinnen benannt, die sie
nach einem Wegeunfall im Jahr 1991 versorgt hätten, sowie Adresse und Aktenzeichen der zuständigen Verwaltungs-BG und schließlich
die Schadennummer einer privaten Versicherung mitgeteilt. Dieser liege ein ärztliches Gutachten über den von ihr erlittenen
Schaden vor. Indes teilt die Beschwerde nicht - wie erforderlich - mit, welche konkreten Beweistatsache(n) die Klägerin mit
dem zitierten Schreiben behauptet habe und was hiervon ausgehend eine mögliche Beweisaufnahme darüber mutmaßlich ergeben hätte.
Ausgehend vom Vortrag der Beschwerde handelt es sich bei dem Schreiben mit seinen allgemein gehaltenen Hinweisen daher allenfalls
um eine unverbindliche Beweisanregung (vgl BSG Beschluss vom 25.8.1999 - B 2 U 171/99 B - juris RdNr 4; BSG Beschluss vom 24.5.1993 - 9 BV 26/93 - SozR 3-1500 § 160 Nr 9 - juris RdNr 4 ff mwN). Die fehlende Darlegung, dass die für einen Beweisantrag erforderlichen, hinreichend genauen Angaben im instanzgerichtlichen
Verfahren erfolgt sind, kann die Beschwerdebegründung nicht durch ihre nachgeschobene Vermutung ersetzen, die Verwaltungs-BG
habe - ohnehin auch nicht näher benannte - Funktionsbeeinträchtigungen durch den Wegeunfall im Jahr 1991 festgestellt, die
- trotz der eingeholten Befundberichte der die Klägerin behandelnden Ärzte und des vorliegenden Sachverständigengutachtens
- bislang noch nicht in die Gesamtbewertung des GdB eingeflossen seien.
Ebenso wenig führt die Beschwerdebegründung aus, warum das LSG ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt objektiv zu weiteren
Ermittlungen gehalten gewesen wäre (vgl BSG Beschluss vom 29.11.2016 - B 9 V 45/16 B - juris RdNr 6 ff mwN). Stattdessen kritisiert die Klägerin lediglich, das LSG habe dazu in seinem Urteil nichts ausgeführt. Damit ist aber nicht
dargelegt, weshalb sich das LSG von seinem Rechtsstandpunkt aus zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen.
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2, §
169 Satz 2 und
3 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.