Anspruch auf einen höheren GdB
Verfahrensrüge im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren
Gründe
I
Die Beteiligten streiten über den Grad der Behinderung (GdB) der Klägerin.
Mit Urteil vom 8.10.2020 hat das LSG wie vor ihm der Beklagte und das SG einen Anspruch der Klägerin auf einen höheren GdB als 40 verneint.
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dieser Entscheidung hat die Klägerin Beschwerde zum BSG eingelegt, mit der sie Verfahrensfehler geltend macht. Das LSG hätte vertagen und von Amts wegen weiter ermitteln müssen,
weil sie neue Befundunterlagen mit einer Verdachtsdiagnose vorgelegt habe.
II
Die Beschwerde der Klägerin ist unzulässig. Die Begründung verfehlt die gesetzlichen Anforderungen, weil sie den allein behaupteten
Verfahrensmangel nicht ordnungsgemäß bezeichnet hat (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG).
Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, es liege ein Verfahrensmangel vor, auf dem die angefochtene Entscheidung
beruhen könne (§
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 1
SGG), so müssen bei der Bezeichnung dieses Verfahrensmangels (§
160a Abs
2 Satz 3
SGG) zunächst substantiiert die ihn (vermeintlich) begründenden Tatsachen dargetan werden. In dieser Hinsicht fehlt es bereits
an einer zusammenhängenden und aus sich heraus verständlichen Darlegung der Verfahrens- und Prozessgeschichte sowie des vom
LSG festgestellten Sachverhalts und damit der Tatumstände, die das LSG hätten veranlassen sollen, entsprechend dem Wunsch
der Klägerin zu vertagen und von Amts wegen weiter zu ermitteln (vgl Senatsbeschluss vom 16.2.2017 - B 9 V 48/16 B - juris RdNr 10 mwN).
Unabhängig davon hat die Klägerin keinen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag bezeichnet. Gemäß §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel auf eine Verletzung des §
103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen bis zuletzt aufrechterhaltenen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende
Begründung nicht gefolgt ist. Will die Beschwerde demnach einen Verstoß gegen die tatrichterliche Sachaufklärungspflicht rügen
(§
103 SGG), so muss sie einen für das Revisionsgericht ohne Weiteres auffindbaren Beweisantrag bezeichnen, dem das LSG nicht gefolgt
ist. Dafür muss nicht nur die Stellung des Antrags, sondern auch aufgezeigt werden, über welche im Einzelnen bezeichnete Tatsachenbehauptung
Beweis erhoben werden sollte und was die Beweisaufnahme ergeben hätte (vgl Senatsbeschluss vom 2.6.2017 - B 9 V 16/17 B - juris RdNr 6 mwN).
Dem Hinweis der Klägerin, mit anwaltlichem Schriftsatz vom 5.10.2020 sei "diesbezüglich vorgetragen" und mitgeteilt worden,
die Sache sei nicht entscheidungsreif, lässt sich kein solcher hinreichend bestimmter Beweisantrag über konkret bezeichnete
Tatsachenbehauptungen entnehmen. Dies gilt umso mehr, als die Klägerin lediglich vorträgt, sie habe weitere Ermittlungen "angeregt".
Ein mit dem genannten Schriftsatz verbundener Antrag auf Terminsverlegung kann die für einen prozessordnungsgemäßen Beweisantrag
erforderliche Angabe hinreichend konkreter Tatsachenbehauptungen sowie des hypothetischen Beweisergebnisses nicht ersetzen.
Überdies hat die Klägerin auch nicht vorgetragen, sie habe einen Beweisantrag in der mündlichen Verhandlung vor dem LSG bis
zuletzt aufrechterhalten. Ein solcher Antrag hat in sozialgerichtlichen Verfahren eine Warnfunktion. Er soll der Tatsacheninstanz
unmittelbar vor der Entscheidung signalisieren, dass ein Beteiligter die gerichtliche Aufklärungspflicht noch nicht für erfüllt
hält. Diese Warnfunktion verfehlen bloße Beweisgesuche, die lediglich in der Berufungsschrift oder sonstigen Schriftsätzen
enthalten sind, da es sich insoweit nur um Hinweise oder bloße Anregungen handelt (Senatsbeschluss vom 8.5.2017 - B 9 V 78/16 B - juris RdNr 8; BSG Beschluss vom 27.8.2015 - B 5 R 178/15 B - juris RdNr 9, jeweils mwN). Um das Berufungsgericht demgegenüber ausreichend vor einer Verletzung seiner Amtsermittlungspflicht zu warnen, muss ein
rechtskundig vertretener Beschwerdeführer sein zuvor geäußertes Beweisbegehren deshalb in der mündlichen Verhandlung vor dem
LSG als prozessordnungsgemäßen Beweisantrag iS von §
160 Abs
2 Nr
3 Halbsatz 2
SGG wiederholen und protokollieren lassen (§
122 SGG iVm §
160 Abs
4 Satz 1
ZPO; vgl stRspr; zB Senatsbeschluss vom 22.1.2020 - B 9 SB 46/19 B - juris RdNr 9 mwN). Dazu trägt die Klägerin nichts vor.
Ebenso wenig dargelegt hat die Klägerin einen Verfahrensmangel im Zusammenhang mit ihrem Antrag auf Terminsverlegung, mit
dem sie weitere Ermittlungen des LSG erreichen wollte. Ein erheblicher Grund für eine Verlegung eines Termins nach §
202 Satz 1
SGG iVm §
227 Abs
1 Satz 1
ZPO liegt vor, wenn andernfalls das rechtliche Gehör der Beteiligten oder ihr Anspruch auf ein faires Verfahren verletzt würden
(vgl Senatsbeschluss vom 12.9.2019 - B 9 V 53/18 B - juris RdNr 14). Keinen erheblichen Grund für eine Vertagung stellt demgegenüber die Forderung nach weiteren Ermittlungen des Gerichts von
Amts wegen dar, jedenfalls solange sie nicht mit einem prozessordnungsgemäßen Beweisantrag verbunden ist. Die mitgeteilte
Verdachtsdiagnose bietet auch keinen eigenständigen Verlegungsgrund. Denn neue aussagekräftige Beweise werden damit nicht
angeführt (vgl Senatsbeschluss vom 16.5.1995 - 9 BV 175/94 - juris RdNr 7; BSG Beschluss vom 10.7.2012 - B 13 R 450/11 B - juris RdNr 14 f).
Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab (vgl §
160a Abs
4 Satz 2 Halbsatz 2
SGG).
2. Die Beschwerde ist somit ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter zu verwerfen (§
160a Abs
4 Satz 1 Halbsatz 2, §
169 Satz 2 und
3 SGG).
3. Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des §
193 SGG.