Gründe
1. Die nach §
173 Satz 1
SGG form- und fristgerecht eingelegte Beschwerde der Antragstellerin zu 1 ist mangels Beschwer unzulässig, da ihr mit dem angefochtenen
Beschluss des Sozialgerichts (SG) Karlsruhe vom 01.04.2022 antragsgemäß Prozesskostenhilfe (PKH) ohne Ratenzahlung für das Verfahren S 17 AS 695/22 ER bewilligt worden ist, so dass kein Rechtschutzbedürfnis vorliegt.
2. Die nach §
173 Satz 1
SGG form- und fristgerecht eingelegten Beschwerden ihrer Kinder, der Antragsteller zu 2 bis 8 (im Folgenden: Antragsteller),
sind zulässig, aber unbegründet.
a. Die Einbeziehung der Antragsteller ist zwar erst im Erörterungstermin am 04.04.2022 förmlich angezeigt worden, der Antrag
auf Erlass einer einstweiligen Anordnung sowie der Antrag auf PKH sind unter Gesamtwürdigung des Verfahrensgangs allerdings
von Anfang an für alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gestellt worden.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) kann das einzelne Mitglied der Bedarfsgemeinschaft nicht mit einer eigenen Klage die Ansprüche aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft
verfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, juris Rn. 11-15). Es handelt sich bei den Ansprüchen der Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft nach dem SGB II um Individualansprüche, die jeweils gesondert und einzeln von dem rechtlich Betroffenen gerichtlich geltend zu machen sind
(Föllmer in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-
SGG, 2. Aufl., §
92 SGG, Stand: 15.06.2022, Rn. 21). Die ausnahmsweise Heranziehung des Meistbegünstigungsprinzips für die Antwort auf die Frage,
wer Kläger im Rahmen von Bedarfsgemeinschaften ist, war zwar auf die Zeit bis zum 30.06.2007 befristet (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 - B 7b AS 8/06 R, juris Rn. 11; Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 12/18 R, juris Rn. 12), jedoch ist auch nach Ablauf dieser Übergangszeit zur Bestimmung des Inhalts einer Klageschrift nicht allein
von ihrem Wortlaut und den in ihr enthaltenen Anträgen auszugehen. Vielmehr ist der hinter diesem Wortlaut liegende wahre
Wille des Klägers zu erforschen, wofür das gesamte klägerische Vorbringen und alle Umstände des Einzelfalls - ggf. schon das
Verwaltungsverfahren - zu berücksichtigen sind und davon auszugehen ist, dass der Kläger eine möglichst weitgehende Verwirklichung
seines Begehrens anstrebt (§
123 SGG; vgl. BSG, Urteil vom 06.04.2011 - B 4 AS 119/10 R, juris Rn. 29; Urteil vom 30.01.2019 - B 14 AS 12/18 R, juris Rn. 11; Urteil vom 08.05.2019 - B 14 AS 15/18 R, juris Rn. 11).
In Anwendung dieser Maßstäbe lässt sich dem Schreiben vom 14.03.2022 der - zum Zeitpunkt der Antragstellung noch nicht anwaltlich
vertretenen - Antragstellerin zu 1 entnehmen, dass es ihr von Anfang an um die Heizkosten für die gesamte Bedarfsgemeinschaft
ging. So verweist sie auf den 9-Personenhaushalt und schreibt u.a. "Wir müssen mit Brennholz heizen [...]", "Uns verweigert
die ARGE [...]" bzw. "[...] Diskriminierung meiner Familie [...]" und "Verstoß gegen Das Übereinkommen über die Rechte des
Kindes (VN-Kinderrechtskonvention) [...]". Der Antrag im einstweiligen Rechtsschutz sollte nach dem Willen der Antragstellerin
zu 1 daher von vornherein jedenfalls auch für ihre Kinder gelten. Ebenso verhält es sich mit dem PKH-Antrag, der bereits mit
Schreiben vom 14.03.2022 gestellt worden ist. Dem steht nicht entgegen, dass die Antragstellerin zu 1 in ihrem späteren Schreiben
vom 27.03.2022 den Antrag nur für sich formuliert hat ("Hiermit beantrage ich mir Prozesskostenhilfe zu Gewähren [...]").
Auch hier gilt, dass der hinter diesem Wortlaut liegende wahre Wille vor dem Hintergrund des gesamten Vorbringens und aller
Umstände des Einzelfalls zu erforschen ist.
b. Die Beschwerden sind statthaft. Gegen die von den Antragstellern geltend gemachte subjektive Beschwer, dass über ihre Anträge
im angefochtenen PKH-Beschluss nicht entschieden worden ist, können sie nur im Rahmen der Beschwerde vorgehen. Eine Ergänzung
des PKH-Beschlusses nach §
140 Abs.
1 Satz 1
SGG kommt vorliegend nicht in Betracht, da Grundvoraussetzung für eine derartige Ergänzung stets ist, dass das Gericht über den
Rechtsstreit in vollem Umfang entscheiden wollte, versehentlich aber nicht erschöpfend entschieden hat (BSG, Beschluss vom 02.04.2014 - B 3 KR 3/14 B, juris Rn. 8 m.w.N.). Dem Aktenvermerk vom 19.04.2022 zufolge hat das SG Karlsruhe den PKH-Antrag bewusst eng am Wortlaut
ausgelegt und nur auf die Antragstellerin zu 1 bezogen, nachdem auf die Nachfrage im Eilverfahren, ob der Antrag für die gesamte
Bedarfsgemeinschaft gestellt werde, binnen einer Woche keine Antwort erfolgt ist. Das bewusste Ausklammern eines Teils des
Streitgegenstandes wird von der Regelung des §
140 SGG über die Möglichkeit der Ergänzung nach §
140 Abs.
1 Satz 1
SGG jedoch nicht erfasst (BSG, Beschluss vom 02.04.2014 - B 3 KR 3/14 B, juris Rn. 8).
c. Im Ergebnis sind die Beschwerden der Antragsteller jedoch unbegründet, da die Voraussetzungen für eine PKH-Bewilligung
nicht vorgelegen haben.
Grundsätzlich ist über einen Antrag auf Bewilligung von PKH dann zu entscheiden, wenn dieser Antrag vollständig und damit
bewilligungsreif ist. Ein bewilligungsreifer Antrag setzt neben der Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen
Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechenden Belegen (§
73a Abs.
1 SGG in Verbindung mit §
117 Abs.
2 Satz 1
ZPO) auch die Darstellung des Streitverhältnisses unter Angabe der Beweismittel (§
73a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
117 Abs.
1 Satz 2
ZPO) voraus. Genügt ein PKH-Antrag nicht diesen Erfordernissen des §
117 ZPO, ist er nicht bewilligungsreif (Bundesverfassungsgericht [BVerfG], Nichtannahmebeschluss vom 14.04.2010 - 1 BvR 362/10, juris Rn. 15; Beschluss des Senats vom 09.05.2022 - L 3 AS 1216/22 B, juris Rn. 12 m.w.N.).
Vorliegend sind die PKH-Anträge der Antragsteller weder zum Zeitpunkt des PKH-Beschlusses am 01.04.2022, noch zum Zeitpunkt
der Erledigungserklärung im Erörterungstermin am 04.04.2022 bewilligungsreif gewesen, da keine auf sie lautenden Erklärungen
über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt worden sind. Zwar hat die Mutter der Antragsteller am 01.04.2022
eine Erklärung vom 27.03.2022 über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst Belegen eingereicht, es wäre
jedoch erforderlich gewesen, auch jeweils eine auf die minderjährigen Antragsteller lautende Erklärung vorzulegen (vgl. BSG, Beschluss vom 18.11.2021 - B 1 KR 67/21 B, juris Rn. 3, Ls). Da dies nicht erfolgt ist, konnte das SG Karlsruhe in dem angefochtenen Beschluss ausschließlich über
den von der Antragstellerin zu 1 gestellten PKH-Antrag entscheiden.
Auch eine rückwirkende Bewilligung von PKH kommt vorliegend nicht in Betracht. Die im Erörterungstermin am 04.04.2022 sachkundig
vertretenen Antragsteller haben das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes im Termin für erledigt erklärt, ohne bis dahin
die erforderlichen Erklärungen und Belege vorzulegen. Eine Bewilligung von PKH nach Abschluss der Instanz kommt nur in Betracht,
wenn sie bereits vor Beendigung des Verfahrens hätte bewilligt werden müssen, d.h. der PKH-Antrag zum Zeitpunkt der Erledigung
des Verfahrens im Sinne der Bewilligung entscheidungsreif gewesen ist (vgl. BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 14.04.2010 -
1 BvR 362/10, juris Rn. 14; Bayerisches LSG, Beschluss vom 14.11.2014 - L 16 AS 499/14 B PKH, juris Rn.19). Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf §
73a Abs.
1 Satz 1
SGG in Verbindung mit §
127 Abs.
4 ZPO.
4. Diese Entscheidung ist nach §
177 SGG unanfechtbar.