Tatbestand
Der 1954 geborene Kläger ist als Theaterintendant am Stadttheater K. sowie als Rechtsanwalt tätig. Hiervon unabhängig war
er am 23.07.2007 als Komparse bei den Dreharbeiten für eine Fernsehproduktion ("T. ") des vom Sozialgericht Beigeladenden
tätig. Der Kläger sollte dabei nach dem Drehbuch in einer kurzen Szene einen Schweizer mimen und am Ende der Szene das Wort
"Salü" sagen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Drehbuchauszug Bl. 233 VA verwiesen. Im Drehbuch selbst wurden weder
der exakte Ort noch die Spielhandlung vorgegeben. Ort und Zeitpunkt der Proben sowie der nachfolgenden Aufnahmen wurden vielmehr
entsprechend den Gegebenheiten vor Drehbeginn für den Drehplan festgelegt; die konkreten Handlungsabläufe der einzelnen Figuren
wurden durch den Regisseur inszeniert. Danach sollte der Kläger von einer Motorjacht auf den Anlegesteg herabsteigen, nach
Regieanweisung einen kurzen Dialog im Bildhintergrund führen und sich dann verabschieden. Der Kläger wurde zunächst für den
23.07.2007 in das Produktionsbüro bestellt und vom Regiehospitanten, der als Komparsenbetreuer eingesetzt war, entsprechend
instruiert. Als Komparse stand dem Kläger ein Honorar bei einer Beschäftigung von bis zu vier Stunden i.H.v. 37,00 € zu. Falls
die Beschäftigung, was von den Erfordernissen der Produktion abhing, mehr als vier bis zu zehn Stunden gedauert hätte, wäre
eine Vergütung i.H.v. 66,00 € zu zahlen gewesen. Bei der ersten Kameraprobe stürzte der Kläger beim Verlassen des Boots und
verdrehte sich das linke Kniegelenk, wobei er sich (jedenfalls) eine Ruptur der linken Quadrizepssehne zuzog. Anstelle des
Klägers wurde bei der Fernsehproduktion ein anderer Komparse eingesetzt. Vor dem Landgericht K. (dortiges Aktenzeichen 3 O 388/07 D) macht der Kläger gegen den Beigeladenen Schadensersatzansprüche wegen materieller und immaterieller Schäden auf Grund
des Unfalls vom 23.07.2007 geltend. Das dortige Verfahren ist seit März 2009 wegen Vorgreiflichkeit des vorliegenden Rechtsstreits
ausgesetzt.
Der Beigeladene verständigte die Beklagte mit Unfallanzeige vom 02.08.2007. Mit Schreiben vom 28.08.2007 beauftragte die Beklagte
die B. , bei der der Kläger versichert ist, diesem kalendertäglich Verletztengeld aus der kurzfristigen Nebentätigkeit als
Komparse beim Beigeladenen in Höhe von täglich 1,98 € ab 23.07.2007 zu zahlen. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf Bl.
47 VA Bezug genommen. Unter dem 28.01.2008 stellte der Kläger, vertreten durch seinen Bevollmächtigten, den Antrag, den "Bescheid"
vom 28.08.2007 (gemeint: das oben erwähnte Schreiben der Beklagten) zu prüfen und aufzuheben. Es solle unter diesem Datum
ein Bescheid existieren, mit welchem eine versicherte Tätigkeit des Klägers als Arbeitnehmer in einer kurzfristigen Nebentätigkeit
unterstellt werde. Diese Einordnung sei rechtlich nicht haltbar, was sich bereits aus dem als Anlage 1 zum Rundschreiben der
Spitzenverbände der Krankenkassen u.a. zum Gesetz zur Förderung der Selbständigkeit vom 05.07.2005 beigefügten Abgrenzungskatalog
für den Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und Fernsehproduktionen tätigen Personen ergebe.
Nach Untertitel 3 des Abgrenzungskatalogs seien u. a. "Darsteller" selbständig tätig, wenn sie für die Produktion einzelvertraglich
verpflichtet worden seien. Hinsichtlich des Inhalts des genannten Abgrenzungskatalogs wird auf Bl. 217 ff. VA verwiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2009 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers gegen "den Bescheid vom 28.08.2007"
zurück. Der Kläger sei am 23.07.2007 als Komparse für eine T. -Produktion des Beigeladenen tätig geworden. Er habe damit zum
Unfallzeitpunkt eine Nebentätigkeit ausgeübt, welche unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden habe.
Der Kläger sei bei der kurzfristigen Tätigkeit als Komparse weisungsgebunden gewesen. Damit habe die bei einem Beschäftigungsverhältnis
erforderliche Eingliederung in den Betrieb vorgelegen.
Hiergegen hat der Kläger am 31.08.2009 Klage zum Sozialgericht Konstanz erhoben und zu deren Begründung das Vorbringen im
Widerspruchsverfahren wiederholt. Ergänzend hat der Kläger ausgeführt, da er mit dem Beigeladenen mehrfach Kontakt in der
Vergangenheit gehabt habe, habe er sich bereit erklärt, zur Produktion des "T. s" nach K. zu kommen. Er habe sich nur gefälligkeitshalber
bereit erklärt, mitzuwirken. Eine Entlohnung sei dafür nicht vorgesehen gewesen. Der Beigeladene habe sich danach gerichtet,
wann er, der Kläger, für die kurze Filmszene Zeit gehabt habe. Er besitze im Übrigen eine "komische Begabung" als studierter
Clown und habe eine komödiantische Rolle zu spielen gehabt. Der Beigeladene hat erwidert, der Kläger sei auf ihn, den Beigeladenen,
zugekommen, da er Interesse an einer Mitwirkung gehabt habe. Man habe den Kläger dann an die Komparsenvermittlung verwiesen.
Die Tätigkeit des Klägers im Rahmen der Fernsehproduktion sei eine reine Komparsentätigkeit ohne charakterlich-künstlerische
Ausprägung gewesen; demgemäß habe man nach dem Unfall des Klägers einen anderen Komparsen eingesetzt, was belege, dass es
nicht auf die Darstellung persönlicher Fähigkeiten, Eigenschaften und Ausstrahlung des Klägers, sondern auf die Wahrnehmung
der durch das Drehbuch und den Regisseur vorgegebenen Funktionen im Rahmen der Produktion ankam. Als Komparse habe der Kläger
ein Honorar zu beanspruchen gehabt. Der Kläger habe in einer an den "Leiter Fernsehen" gerichteten Mail vom 03.01.2008 bemängelt,
dass ihm die Vergütung noch nicht ausbezahlt worden sei. Dem Kläger sei dann das Honorar für seine Tätigkeit auch ausbezahlt
worden. Mit Schreiben vom 04.02.2008 habe er den Eingang des Schecks bestätigt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 12.12.2012 abgewiesen. Der Kläger sei gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII als Beschäftigter kraft Gesetz in der gesetzlichen Unfallversicherung versichert gewesen. Eine Komparsentätigkeit sei in
Film- und Theaterbetrieb grundsätzlich von untergeordneter Bedeutung. Dies sei auch im Fall des Klägers so gewesen; das Drehbuch
habe ihm eindeutig den wesentlichen Inhalt seiner Komparsenrolle vorgeschrieben. Das Auftreten des Klägers habe sich daher
in einem Bereich abgespielt, in dem ein Beschäftigter auf Weisung seines Arbeitgebers eine Leistung erbringe.
Gegen das ihm am 07.01.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 06.02.2013 beim Sozialgericht Konstanz Berufung eingelegt
und zur Begründung das bisherige Vorbringen wiederholt und vertieft. Er sei in keiner Weise in den Betrieb des Beigeladenen
eingegliedert oder gar weisungsgebunden gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 12.12.2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 28.08.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 29.07.2009 aufzuheben.
Die Beklagte und der Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung hat der Beigeladene neuerlich darauf verwiesen, dass der Kläger als Komparse dem Weisungsrecht der für den
Beigeladenen an der Produktion beteiligten Personen in inhaltlicher, zeitlicher und örtlicher Hinsicht unterlegen habe. Der
Umfang der zeitlichen Anspruchnahme und der Inhalt der Tätigkeit habe sich allein nach den Erfordernissen der Produktion,
insbesondere auch des Drehbuchs und der Regieanweisungen gerichtet. Es ergebe sich aus der Natur der Tätigkeit, dass ein Komparse
seine Leistung nur in sehr enger Einbindung in die Betriebsabläufe erbringen könne. Dem Kläger sei der Zeitpunkt seiner Tätigkeit
konkret vorgegeben worden. Für die Tätigkeit eines Komparsen sei eine Entlohnung vorgesehen, welche der Kläger auch ausdrücklich
eingefordert und erhalten habe.
Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Prozessakten erster und zweiter Instanz
und die vorgelegten Verwaltungsakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§
143,
144,
151 des
Sozialgerichtsgesetzes (
SGG) zulässige Berufung, über die der Senat auf Grund des Einverständnisses der Beteiligten nach §
124 Abs.
2 SGG ohne mündliche Verhandlung entscheidet, ist unbegründet.
Gegenstand des Rechtsstreits ist das an die Krankenkasse des Klägers adressierte Schreiben der Beklagten vom 28.08.2007 in
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2009. Zwar beauftragte die Beklagte mit diesem Schreiben lediglich die Krankenkasse
mit der Auszahlung des Verletztengeldes. In diesem Schreiben ist weder eine für einen Verwaltungsakt erforderliche Regelung
zu sehen (vgl. hierzu § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - SGB X -), noch wurde das nicht an den Kläger adressierte Schreiben diesem bekannt gegeben; es ist zu keiner Zeit mit Wissen und
Wollen der Beklagten in den Machtbereich des Klägers gelangt, was Wirksamkeitsvoraussetzung für einen Verwaltungsakt wäre
(§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB X). Allerdings erhielt der Kläger im Zusammenhang mit der von der Beklagten veranlassten Auszahlung des Verletztengeldes durch
die Krankenkasse - und damit insoweit mit Wissen und Wollen der Beklagten - Kenntnis von der Entscheidung der Beklagten über
die Gewährung von Verletztengeld und der Beurteilung, es liege ein Arbeitsunfall vor. Die Beklagte bestätigte dann im Widerspruchsbescheid
vom 29.07.2009 die im Schreiben vom 28.08.2007 enthaltene Beurteilung, nämlich das Vorliegen eines Arbeitsunfalls und dabei
insbesondere das Vorliegen einer versicherten Tätigkeit. Dabei beurteilte sie im Widerspruchsbescheid das Schreiben vom 28.08.2007
ausdrücklich als "Bescheid", also als Verwaltungsakt, dessen Aufhebung der Kläger bereits beantragt hatte. Gemäß §
95 SGG ist Gegenstand der Klage, wenn, wie hier, ein Vorverfahren stattgefunden hat, der ursprüngliche Verwaltungsakt in der Gestalt,
die er durch den Widerspruchsbescheid gefunden hat. Damit wird auch im
SGG der ursprüngliche Verwaltungsakt und der Widerspruchsbescheid als Einheit gesehen. Dementsprechend kann ein Widerspruchsbescheid
aus einer schlichten Willenserklärung einen Verwaltungsakt machen, wenn er, wie vorliegend, der Verwaltungshandlung diese
Gestalt gibt (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 11. Auflage, §
85 Rdnr. 7a m.w.N., §
95 Rdnr. 2). Demgemäß verleiht der Widerspruchsbescheid vom 29.07.2009 dem Schreiben vom 28.08.2007 Verwaltungsaktqualität und
enthalten die beiden Bescheide die aus Klägersicht nachteilige Regelung im Sinne einer Feststellung, dass der Kläger am 23.07.2007
einen Arbeitsunfall erlitt, weshalb vorliegend die Anfechtungsklage die statthafte Klageart ist.
Die Berufung ist jedoch unbegründet; die angefochtenen Bescheide der Beklagten begegnen keinen Bedenken. Denn der Kläger erlitt
am 23.07.2007 einen Arbeitsunfall im Sinne des §
8 SGB VII. Insbesondere stellte die Tätigkeit als Komparse eine versicherte Tätigkeit im Sinne der genannten Vorschrift dar.
Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach den §§
2,
3,
6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; §
8 Abs.
1 Satz 1
SGB VII). Für das Vorliegen eines Arbeitsunfalls i.S. des §
8 Abs.
1 Satz 2
SGB VII (zeitlich begrenztes, von außen auf den Körper einwirkendes Ereignis, das zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führt)
ist danach in der Regel erforderlich (BSG, Urteil vom 09.05.2006, B 2 U 1/05 R in SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), dass die Verrichtung des Versicherten zur Zeit des Unfalls der versicherten Tätigkeit zuzurechnen
ist (innerer bzw. sachlicher Zusammenhang), dass diese Verrichtung zu dem zeitlich begrenzten von außen auf den Körper einwirkenden
Ereignis - dem Unfallereignis - geführt hat (Unfallkausalität) und dass das Unfallereignis einen Gesundheitserstschaden oder
den Tod des Versicherten verursacht hat (haftungsbegründende Kausalität); das Entstehen von länger andauernden Unfallfolgen
aufgrund des Gesundheitserstschadens (haftungsausfüllende Kausalität) ist keine Voraussetzung für die Anerkennung eines Arbeitsunfalls,
sondern für die Gewährung einer Verletztenrente.
Das Ereignis vom 23.07.2007 erfüllte - zwischen den Beteiligten auch unstreitig - das Erfordernis eines zeitlich begrenzten,
von außen auf den Körper einwirkenden Ereignisses, welches auch zu Gesundheitsschäden - jedenfalls einer Quadrizepssehnenruptur
links - führte. Darüber hinaus erfolgte der Unfall in Folge einer gemäß §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII versicherten Tätigkeit. Beim Sturz im Zuge des Herabsteigens von der Motorjacht stand der Kläger als Beschäftigter unter
dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung.
Nach §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII sind Beschäftigte kraft Gesetzes versichert. Diese Regelung erfasst die Beschäftigten i.S. des §
7 Abs.
1 SGB IV (BSG, Urteil vom 14.11.2013, B 2 U 15/12 R in SozR 4-2700 §
2 Nr.
27). Nach §
7 Abs.
1 SGB IV in seiner bis heute unveränderten Fassung ist Beschäftigung die nicht-selbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis
(§
7 Abs.
1 S. 1
SGB IV). Danach erfordert eine Beschäftigung, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist (BSG, Urteil vom 20.03.2013, B 12 R 13/10 R in SozR 4-2400 § 7 Nr. 19, auch zum Nachfolgenden). Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall,
wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden
Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden
Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko,
das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen
frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet
sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen.
Ob der Verletzte ein Entgelt erhalten hat, ist für die Beschäftigung i.S. des §
2 Abs.
1 Nr.
1 SGB VII und grundsätzlich auch des §
7 Abs.
1 Satz 1
SGB IV unerheblich (BSG, Urteil vom 14.11.2013, a.a.O.). Diese Beurteilungsgrundsätze finden auch für Kunstschaffende Anwendung (BSG, Urteil vom 20.03.2013, a.a.O. zum "Bühnenkünstler").
Ausgehend hiervon nahm die Beklagte zutreffend an, dass die Tätigkeit des Klägers als Komparse für die T. -Produktion die
Merkmale einer Beschäftigung trug. Dabei kann eine Tätigkeit wie die eines Darstellers in einer Fernsehproduktion grundsätzlich
sowohl als Beschäftigung als auch im Rahmen eines freien Dienstverhältnisses ausgeübt werden. Der von den Spitzenverbänden
der Versicherungsträger - allerdings ohne Beteiligung der Unfallversicherungsträger (vgl. Bl. 215 VA) - als Anlage 1 zum Rundschreiben
vom 05.07.2005 erarbeitete Abgrenzungskatalog für im Bereich Theater, Orchester, Rundfunk- und Fernsehanbieter, Film- und
Fernsehproduktionen (künstlerisch und publizistisch) tätige Personen kann zwar für die Sozialgerichte Beurteilungshilfen enthalten,
die Gerichte sind hieran bei der Gesamtwürdigung im Einzelfall aber nicht gebunden (BSG a.a.O.). Das Bestehen einer abhängigen Beschäftigung ergibt sich unmittelbar aus der gesetzlichen Regelung in §
7 SGB IV. Diese Regelung räumt weder den Spitzenverbänden noch den jeweiligen Leistungsträgern eine Befugnis für eine Rechtsetzung
im materiell-rechtlichen Sinne ein. Auch wird den Leistungsträgern in Hinblick auf die in §
7 SGB IV genannten unbestimmten Rechtsbegriffe zur Bestimmung der Frage einer abhängigen Beschäftigung weder ein Beurteilungsspielraum
eingeräumt, noch sieht die gesetzliche Regelung auf der Rechtsfolgenseite einen Ermessenspielraum vor. Damit kommt dem Rundschreiben
lediglich die Bedeutung einer norminterpretierenden Verwaltungsrichtlinie zu, die keine Außenwirkung entfaltet und insbesondere
für die Gerichte nicht bindend ist. Eine solche norminterpretierende Richtlinie ist nicht etwa Maßstab, sondern allenfalls
Gegenstand einer gerichtlichen Prüfung. Vor diesem Hintergrund bedarf es keiner weiteren Erwägungen zu dem Umstand, dass die
Unfallversicherungsträger ausweislich des Briefkopfes des Rundschreibens vom 05.07.2005 hieran nicht beteiligt waren (vgl.
zur fehlenden Bindungswirkung des Unfallversicherungsträgers an Statusfeststellungen Urteil des Senats vom 21.02.2013, L 10 U 5019/11, in [...]).
Von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne des §
7 SGB IV ist auf Grund der nach §
7 SGB IV notwendigen Gesamtbewertung auszugehen; denn es überwogen bei der Komparsentätigkeit des Klägers diejenigen Merkmale, die
für eine abhängige Beschäftigung sprechen. Der Kläger war im Rahmen seiner Komparsentätigkeit weisungsgebunden und in die
Arbeitsorganisation des Beigeladenen eingegliedert. Er war bei der Ausübung des beabsichtigten Auftritts in die vom Beigeladenen
vorgegebenen Arbeitsabläufe eingebunden und sowohl in Hinblick auf die Arbeitszeit wie auch den Arbeitsort fremdbestimmt Der
konkrete Drehort wie aber auch Drehtag mit konkreter Uhrzeit wurden dann entsprechend den Erforderlichkeiten der Fernsehproduktion
geraume Zeit vor Drehbeginn festgelegt und von der Regieassistentin dem Kläger mitgeteilt, ohne dass dieser hierauf Einfluss
nehmen konnte. Die zeitliche Dauer der Inanspruchnahme des Klägers war von den Erfordernissen der Filmproduktion abhängig,
ohne dass dem Kläger hierauf Einfluss zustand. Dabei sah die - wiederum einseitig vom Beigeladenen vorgegebene - Vergütung
eine Staffelung nach einer zeitlichen Inanspruchnahme bis zu vier Stunden bzw. darüber hinaus vor. Die danach bestehende Weisungsgebundenheit
des Klägers nach Zeit, Ort und Dauer ergibt sich aus der detaillierten Stellungnahme des Beigeladenen gegenüber der Beklagten
vom 24.09.2008, an deren Richtigkeit der Senat keinen Zweifel hat und gegen die vom Kläger auch keine substanziierten Einwände
vorgebracht worden sind. Soweit der Kläger bis zuletzt vorgetragen hat, es sei für die Aufnahme "seiner" Szene zuvor keine
Zeit festgelegt worden, vielmehr habe sich der Beigeladene nach den zeitlichen Vorstellungen des Klägers gerichtet, vermag
dies den Senat nicht zu überzeugen. Der Beigeladene hat darauf verwiesen, dass der Gedanke, man richte sich im Rahmen einer
größeren Fernsehproduktion wie dem "T. " nach der zeitlichen Verfügbarkeit von einzelnen Komparsen, fernliegend ist. Dies
erscheint im vorliegenden Fall umso schlüssiger, als dem Kläger als Komparse ein randständiger Auftritt oblag, andererseits
aber die Szene mit dem Auftritt der Hauptdarstellerin verknüpft war. Im Übrigen hat der Kläger sein Vorbringen auch nicht
durch Einzelheiten substanziiert.
Auch im Hinblick auf die Art der Ausführung war der Kläger einem umfassenden Weisungsrecht der Mitarbeiter des Beigeladenen
unterworfen. Das "Grobgerüst" des Auftritts des Klägers ergab sich aus dem vom Beigeladenen vorgelegten Drehbuch. Im Hinblick
auf den konkreten Handlungsablauf wurde der Kläger dann vom Komparsenbetreuer entsprechend den Anweisungen des Regisseurs
instruiert. So sah das Drehbuch zunächst für den Auftritt des Klägers lediglich ein vom Kläger zu sprechendes Wort vor ("Salü").
Hiervon abweichend sollte der Kläger dann nach Weisung der Produktionsleitung einen kurzen Dialog im Hintergrund führen. Eine
herausragende künstlerische Stellung mit Maßgeblichkeit für den künstlerischen Erfolg der Darbietung kam dem Kläger nicht
zu. Allenfalls im Falle einer solchen herausragenden Stellung wäre u.U. die Annahme gerechtfertigt, dass ein Akteur sich trotz
der vorstehend beschriebenen Vorgaben von Drehbuch und zeitlichen sowie örtlichen Zwängen einer Fernsehproduktion nicht, auch
nicht zeitweise in den Aufnahmebetrieb einer Fernsehproduktion eingliedert. Die geringe Bedeutung der Figur, die der Kläger
zu verkörpern hatte, zeigte sich im Übrigen auch darin, dass - wie der Beigeladene dargelegt hat - an Stelle des Klägers ohne
Weiteres ein anderer Komparse den entsprechenden Auftritt wahrnahm. Angesicht der darin offenbar werdenden Austauschbarkeit
des Klägers teilt der Senat im Übrigen auch die bereits vom Sozialgericht in seiner angefochtenen Entscheidung geäußerten
Zweifel daran, ob, wie vom Kläger zur Unterstreichung der Bedeutung seiner Rolle vorgetragen, sein "komödiantisches Talent"
in die Komparsenrolle einzubringen war. Berücksichtigt man die genannten umfangreichen Vorgaben des Regisseurs sowie die Kürze
des Auftritts des Klägers, so bestand jedenfalls in nur sehr geringem Umfang gestalterischer Freiraum, in welchem ein "komödiantisches
Talent" des Klägers zum Tragen hätte kommen können. Aus diesem Grunde vermag auch das vom Kläger im Berufungsverfahren genannte
Urteil des Finanzgerichts (FG) München vom 25.11.2005 (Az. 8 K 1197/03, in [...]) das klägerische Begehren nicht zu stützen. Denn im Orientierungssatz sowie den Entscheidungsgründen stellt das
FG München gerade auf die "besonderen persönlichen Fähigkeiten, Eigenschaften und Ausstrahlung" der Fotomodelle, über deren
Status zu befinden war, ab. Die Tätigkeit der Modelle könne aufgrund dessen nicht als eine solche von einfacher Art qualifiziert
werden (so das FG München in der genannten Entscheidung). Wie bereits dargelegt, war für die Komparsenrolle des Klägers eine
wie auch immer geartete besondere persönliche Qualifikation gerade nicht gefordert.
Gegen die vom Kläger behauptete bloße Gefälligkeit spricht - neben den auf einen verbindlichen Einsatz gerichteten Vorplanungen
(Einbestellung nach Ort und Zeit durch den Beigeladenen, Anreise des Klägers, Einweisung durch den Regiehospitanten etc.)
und dem jedenfalls mehrstündigen zeitlichen Umfang der Inanspruchnahme des Klägers je nach den Erfordernissen der Produktion
- auch die zumindest konkludent vereinbarte Zeitvergütung. Der Senat hat dabei trotz des anders lautenden Vortrags des Klägers
keine Zweifel an einer solchen Zeitvergütung, die entsprechend den vom Beigeladenen üblicherweise angewandten Sätzen mit 37,00
€ bei einer Beschäftigungsdauer von bis zu vier Stunden bzw. 66,00 € bei darüber hinausgehender Inanspruchnahme von bis zu
zehn Stunden erfolgte. So beanstandete der Kläger nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beigeladenen in einer elektronischen
Textnachricht vom 03.01.2008 an den "Leiter Fernsehen" des Beigeladenen, dass ihm die Vergütung für seine Komparsentätigkeit
noch nicht ausbezahlt worden sei. Der Kläger bemängelte dabei wörtlich: "Nicht einmal das Honorar eines Kleindarstellers hat
Ihr Haus angewiesen". Mit - von der Beigeladenen in Kopie vorgelegtem (Bl. 125 SG-Akte) - Schreiben vom 04.02.2008 bestätigte der Kläger dann gegenüber dem Beigeladenen den zwischenzeitlichen Erhalt eines
Schecks bezüglich des Komparsenhonorars. Angesichts dessen bleibt kein Raum für begründete Zweifel an einer entsprechenden
Vergütung.
Letztlich schließt - entgegen dem erwähnten Abgrenzungskatalog - auch der Umstand, dass der Einsatz des Klägers auf einen
Kalendertag beschränkt bleiben sollte, eine Qualifizierung als Beschäftigung nicht aus. Die Dauer einer Dienstleistung ist
grundsätzlich kein geeignetes Kriterium zur Abgrenzung von Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit (Landessozialgericht
Berlin-Brandenburg, Urteil vom 14.05.2014, L 9 KR 314/13, in [...], auch zum Nachfolgenden). Dies ergibt sich bereits aus der im Sozialversicherungsrecht anerkannten Rechtsfigur
der "unständigen Beschäftigung". Nach den inhaltsgleichen Bestimmungen in §
27 Abs.
3 Nr.
1 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB III), §
232 Abs.
3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) und §
163 Abs.
1 Satz 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VI) liegt eine unständige Beschäftigung vor, wenn eine Beschäftigung auf weniger als eine Woche entweder nach der Natur der
Sache befristet zu sein pflegt oder im Voraus durch den Arbeitsvertrag befristet ist. Der Gesetzgeber geht, wie sich schon
aus dem jeweiligen Regelungszusammenhang entnehmen lässt, auch in Fällen solcher nur kurzzeitigen Beschäftigungen von einer
Beschäftigung im Sinne des §
7 SGB IV aus. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sind unständig Beschäftigte solche Personen, deren Hauptberuf
die Lohnarbeit bildet, die aber ohne festes Arbeitsverhältnis bald hier, bald dort, heute mit dieser, morgen mit jener Arbeit
beschäftigt sind; sie nehmen als unständig Beschäftigte am Status des §
7 SGB IV teil (zuletzt BSG, Urteil vom 30.10.2013, B 12 R 3/12 R, SozR 4-2600 § 2 Nr. 18). Damit spielt die Dauer der Tätigkeit für die Frage des Vorliegens einer Beschäftigung keine ausschlaggebende
Rolle. Allein maßgebend ist - wie eingangs dargelegt - die Eingliederung in den Betrieb. Inwieweit kurzzeitige Beschäftigungen
zu Ausnahmen von der Versicherungspflicht führen, hat der Gesetzgeber in den einzelnen Gesetzen und mit dem Begriff der geringfügigen
Beschäftigen (§§
8,
8a SGB IV) geregelt. Das
SGB VII enthält insoweit keinen Ausschluss von der gesetzlichen Versicherung.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG, welche vorliegend gemäß §
183 Satz 1
SGG auch für den hier vorliegenden Fall, dass der Kostenprivilegierte für die Befreiung von der Versicherungspflicht streitet,
Anwendung findet (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a.a.O., § 183 Rdnr. 5b).
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.