Statthaftigkeit der Beschwerde im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes; Gewährung von Krankengeld; ärztliches Attest
als Grundlage eines Leistungsbezuges; Verwaltungsakt der Krankenkasse
Gründe:
I. Die Antragstellerin begehrt die Feststellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid vom 14. Juli
2009 mit Wirkung bis 31. Juli 2009.
Die 1967 geborene Antragstellerin ist als kaufmännische Angestellte bei der W.-H. GmbH beschäftigt und bei der Antragsgegnerin
versicherungspflichtiges Mitglied. Bei der Vorsorgeuntersuchung am 24. September 2008 stellte Frauenarzt V. einen Tumor in
der rechten Brust fest, der mit Biophotonik- und Misteltherapie behandelt wurde und wird. Ab 25. September 2008 bescheinigte
Frauenarzt V. deshalb Arbeitsunfähigkeit. Mit Bescheid vom 21. November 2008 gewährte die Antragsgegnerin nach dem Ende der
Entgeltfortzahlung ab 6. November 2008 Krankengeld (Krg) in Höhe von 61,85 EUR täglich. Ergänzend führte sie aus, Krg werde
grundsätzlich rückwirkend nur bis zum Ausstelldatum des Auszahlscheines gezahlt.
Ab 6. November 2008 absolvierte die Antragstellerin auf der Grundlage von Wiedereingliederungsplänen des Frauenarztes V. eine
Maßnahme zur stufenweisen Wiedereingliederung in das Erwerbsleben mit einer Arbeitszeit von vier Stunden täglich. Gehalt erhielt
sie dafür zunächst bis August 2009 nicht. In den Auszahlscheinen für Krg (mit Ausnahme des Auszahlscheines vom 15. Januar
2009) kreuzte Frauenarzt V. jeweils an, die Antragstellerin sei nicht arbeitsunfähig und der letzte Tag der Arbeitsunfähigkeit
sei der 5. November 2008, während er in den Wiedereingliederungsplänen angab, der Zeitpunkt der Wiederherstellung der vollen
Arbeitsfähigkeit sei zur Zeit nicht absehbar. Zuletzt zahlte die Antragsgegnerin Krg aufgrund der Auszahlscheine vom 26. Juni
2009 (für den Zeitraum bis 25. Juni 2009) und vom 16. Juli 2009 (für den Zeitraum bis 16. Juli 2009) aus.
Mit Wiedereingliederungsplan vom 25. Juni 2009, bei der Antragsgegnerin am 3. Juli 2009 eingegangen, empfahl Frauenarzt V.
eine weitere Wiedereingliederung vier Stunden täglich im Zeitraum vom 1. Juli 2009 bis 31. Juli 2009.
Dr. B., Medizinischer Dienst der Krankenversicherung B.-W. (MDK), konnte in der sozialmedizinischen Fallberatung vom 17. Juni
2009 Gründe für ein weiteres Andauern einer arbeitsunfähigkeitsbegründenden Leistungseinschränkung nicht erkennen.
Auf Anfrage der Antragsgegnerin teilte Frauenarzt V. mit Schreiben vom 7. Juli 2009 mit, die Antragstellerin sei sicher nicht
voll belastbar. Hierzu holte die Antragsgegnerin die ärztliche Stellungnahme des Dr. P., MDK, vom 13. Juli 2009 ein. Dieser
führte aus, eine Fortdauer der stagnierenden Wiedereingliederung sei nicht begründet. Denn konkrete Funktionseinschränkungen,
die einer Arbeit entgegenstünden, seien nicht dokumentiert.
Mit Bescheid vom 14. Juli 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 26. August 2009 beendete die Antragsgegnerin - auch
nach Vorlage des weiteren Attestes des Frauenarztes V. vom 31. Juli 2009 mit Hinweis auf die psychische Beeinträchtigung der
Antragstellerin - die Gewährung von Krg mit Wirkung vom 19. Juli 2009. Spätestens ab 20. Juli 2009 sei die Antragstellerin
wieder voll arbeitsfähig. Objektiv betrachtet bleibe festzuhalten, dass keine Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Antragstellerin
seit November 2008 eingetreten sei.
Am 25. September 2009 hat die Antragstellerin gegen den Bescheid vom 14. Juli 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 26. August 2009 Klage zum Sozialgericht Ulm (SG) erhoben (S 3 KR 3455/09).
Am 16. November 2009 hat die Antragstellerin zudem beim SG beantragt, festzustellen, dass der Widerspruch aufschiebende Wirkung habe, und die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Im Fall der sofortigen Vollziehung der Einstellung der Krg-Zahlung drohe ihr ein nicht wiedergutzumachender Nachteil, weil
sie ohne den Bezug des Krg ihren Lebensunterhalt nur bei akuter Gefährdung ihrer Gesundheit bestreiten könne. Obwohl sie nach
den fortlaufend erstatteten ärztlichen Bescheinigungen als arbeitsunfähig erkrankt gelte, sei sie gezwungen, vier Stunden
pro Tag vergütungsfähige Leistungen bei ihrem Arbeitgeber erbringen zu müssen. Sie habe sich einer Laser-Licht-Therapie im
Zeitraum vom 17. Oktober 2008 bis 6. Juni 2009 unterzogen und sei parallel mit einem Mistelpräparat behandelt worden. Wenn
die Antraggegnerin ausführe, seit November 2008 sei keine Erhöhung der Leistungsfähigkeit eingetreten, könne damit Krg nicht
versagt werden. Denn dann liege weiterhin Arbeitsunfähigkeit vor und Krg müsse gewährt werden. Da die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
stets auf einen "nicht absehbaren" Zeitraum lauteten, sei die Krg-Bewilligung im Übrigen nicht befristet gewesen. Deshalb
könne es sich bei dem Bescheid vom 14. Juli 2009 nur um die Aufhebung eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung handeln. Zur
Glaubhaftmachung ihres gesundheitlichen Zustandes hat die Antragstellerin das Attest des Allgemeinmediziners Dr. G. vom 7.
September 2009 und die ärztliche Bescheinigung der Oberärztin der Frauenheilkunde an der F.klinik O. vom 16. November 2009
vorgelegt.
Mit Beschluss vom 27. November 2009, der Antragstellerin am 30. November 2009 zugestellt, hat das SG den Antrag sinngemäß auch dahingehend ergänzt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr
über den 20. Juli 2009 hinaus Krg zu gewähren, und den Antrag insgesamt abgelehnt. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens könne
nicht prognostiziert werden, er sei offen. Im Hinblick darauf, dass Geld- bzw Sozialleistungen für die Vergangenheit beansprucht
würden, liege schon kein Anordnungsgrund vor. Die Behauptung, sie werde in nicht wiedergutzumachender Art und Weise gesundheitlich
geschädigt, wenn sie ohne die Auszahlung von Krankengeld die Verpflichtungen ihres Arbeitsvertrages an ihrem Arbeitsplatz
als Büroangestellte erfüllen müsse, sei nicht belegt. Die Antragstellerin habe seit 6. November 2008 im Rahmen der stufenweisen
Wiedereingliederung vier Stunden täglich gearbeitet. Warum die Fortsetzung einer solchen Tätigkeit in diesem Umfang nicht
weiterhin möglich sein soll, bleibe offen. Deshalb liege Eilbedürftigkeit nicht vor.
Mit Beschwerdeschriftsatz vom 24. Dezember 2009, eingegangen jedenfalls am 28. Dezember 2009, hat die Antragstellerin gegen
den Beschluss des SG Beschwerde mit der Begründung eingelegt, die Antragsgegnerin habe konkludent den Wiedereingliederungsplan vom 25. Juni 2009
für den Zeitraum bis 31. Juli 2009 und damit inzident auch die Zahlung von Krg für diesen Leistungsabschnitt bewilligt. Die
Bescheinigung der leistbaren täglichen Arbeitszeit der Antragstellerin im Wiedereingliederungsplan stehe einer ärztlichen
Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit gleich, das folge aus §
74 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V). Deshalb sei jedenfalls noch bis 31. Juli 2009 Krg bewilligt worden. Folglich sei der Bescheid vom 14. Juli 2009 als Aufhebungsbescheid
einzustufen.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Ulm vom 27. November 2009 insoweit aufzuheben, als festzustellen ist, dass der Widerspruch
gegen den Bescheid vom 14. Juli 2009 aufschiebende Wirkung bis 31. Juli 2009 hatte.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie erachtet die Entscheidung des SG für zutreffend.
Zur weiteren Darstellung des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten erster und zweiter
Instanz sowie die Verwaltungsakten der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II. Die Beschwerde der Antragstellerin ist unzulässig, denn die auf den Zeitraum vom 20. Juli 2009 bis 31. Juli 2009 beschränkte
Beschwerde ist schon unstatthaft.
A) Gemäß §
172 Abs
1 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) findet gegen die Entscheidungen der Sozialgerichte mit Ausnahme der Urteile und gegen Entscheidungen der Vorsitzenden dieser
Gerichte die Beschwerde an das Landessozialgericht statt, soweit nicht in diesem Gesetz anderes bestimmt ist. Eine solche
anderweitige Bestimmung findet sich in §
172 Abs
3 Nr
1 SGG, wonach die Beschwerde in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig
wäre, ausgeschlossen ist. Diese Vorschrift wurde mit Wirkung vom 1. April 2008 durch Artikel 29 des Gesetzes zur Änderung
des Sozialgerichtsgesetzes und des Arbeitsgerichtsgesetzes vom 26. März 2008 eingefügt. Ob in der Hauptsache die Berufung
zulässig wäre, richtet sich nach §
144 Abs
1 Nr
1 SGG, ebenfalls in der ab 1. April 2008 geltenden Fassung. Danach bedarf die Berufung der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts
oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die
eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt. Das
gilt gemäß §
144 Abs
1 Satz 2
SGG nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.
1) Im Hauptsacheverfahren vor dem SG ist die Gewährung von Krg über den 19. Juli 2009 hinaus streitig, eine Beschränkung der Klage wurde nicht vorgenommen. Deshalb
wäre eine Berufung in der tatsächlich anhängigen Hauptsache derzeit zulässig. Abzustellen ist jedoch nicht auf das tatsächlich
anhängige Hauptsacheverfahren vor dem SG, sondern, soweit mit der Beschwerde der Antrag gegenüber dem Hauptsacheverfahren beschränkt wird, auf den mit dem Rechtsmittel
verfolgten Beschwerdewert (vgl Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21. August 2009, L 19 B 164/09 AS ER, in Juris; Bayerisches LSG, Beschluss vom 7. August 2009, L 11 AS 458/09 B ER, in Juris), also auf das Begehren der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren verbunden mit der Frage, ob bei diesem
Streitgegenstand als Hauptsacheverfahren die Berufung zulässig wäre. Denn schon nach dem Wortlaut der seit dem 1. April 2008
geltenden Regelung ist die Beschwerde ausgeschlossen, wenn in der Hauptsache die Berufung nicht zulässig "wäre". Durch die
Verwendung des Konjunktivs wird deutlich, dass kein konkreter, sondern ein abstrakter Vergleich anzustellen ist und sich der
Beschwerdewert nach dem des einstweiligen Rechtsschutzes richtet. Damit werden vor allem Fallgestaltungen erfasst, in denen
(noch) kein Hauptsacheverfahren anhängig ist. In diesen Fällen kann der Beschwerdewert nur danach ermittelt werden, was mit
der Beschwerde selbst geltend gemacht wird. Es besteht kein Anlass, hiervon abzuweichen, sobald ein Hauptsacheverfahren tatsächlich
anhängig ist, aber das Beschwerdeverfahren im einstweiligen Rechtsschutz beschränkt wird. Dies ergibt sich auch aus Sinn und
Zweck der seit dem 1. April 2008 geltenden Regelung, die der Beschränkung der Entlastung der Landessozialgerichte dient (BT-Drucksache
16/7716 Seite 22). Deshalb kann es bei einer beschränkten Beschwerde bei der Prüfung des §
172 Abs
3 Nr
1 SGG nur darauf ankommen, ob eine gleichfalls beschränkte Berufung in der Hauptsache zulässig wäre.
Vorliegend wäre die Berufung in der Hauptsache nicht zulässig. Denn die anwaltlich vertretene Antragstellerin will mit ihrer
Beschwerde nur feststellen lassen, dass der Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. Juli 2009 bis zum 31. Juli 2009 aufschiebende
Wirkung hatte. Bei einer eine Geldleistung betreffenden Klage ist für den Beschwerdewert iS des §
144 Abs
1 Satz 1 Nr
1 SGG nur der Betrag maßgeblich, um den unmittelbar gestritten wird; rechtliche oder wirtschaftliche Folgewirkungen bleiben grundsätzlich
außer Betracht (BSG, Urteile vom 31. Januar 2006, B 11a AL 177/05 B, SozR 4-1500 § 144 Nr 3 und vom 6. Februar 1997, 14/10 BKg 14/96, SozR 3-1500 §
144 Nr 11; Leitherer, Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
SGG, 9. Aufl, §
144 RdNr 15). Inhaltlich hat die Antragstellerin ihr Begehren von vornherein auf den Zeitraum vom 20. Juli 2009 bis 31. Juli
2009, somit auf zwölf Tage, beschränkt. Als Hauptsacheverfahren wäre dies eine Anfechtungs- und Leistungsklage, gerichtet
auf die Gewährung von Krg für diese zwölf Tage bzw nach der Rechtsansicht der Antragstellerin eine auf den streitigen Zeitraum
beschränkte Anfechtungsklage. Da auch ein mit der Anfechtungsklage angegriffener Verwaltungsakt auf eine Geldleistung im Sinne
des §
144 Abs
1 SGG gerichtet ist (BSG, Urteil vom 31. Januar 2006, B 11a AL 177/05 B, aaO.), ist sowohl bei der Anfechtungs- und Leistungsklage
wie auch bei der isolierten Anfechtungsklage der Wert des Beschwerdegegenstandes im Berufungsverfahren ausschließlich nach
dem Geldbetrag zu berechnen, den die Rechtsmittelführerin geltend macht bzw der ihr nach Aufhebung des angefochtenen Bescheides
zusteht (vgl BSG, Urteil vom 5. Juni 1997, 7 RAr 22/96, SozR 3-1500 § 144 Nr 12). Bei einem Anspruch auf Krg für zwölf Tage würde der Wert des Beschwerdegegenstandes in einem entsprechenden
Hauptsacheverfahren bei einem täglichen Krg in Höhe von 61,85 EUR insgesamt 742,20 EUR betragen. Der Beschwerdewert übersteigt
folglich 750 EUR nicht. Damit umfasst das Beschwerdeverfahren weniger als das noch anhängige Hauptsacheverfahren und erreicht
nur ein Beschwerdewert, bei dem die Berufung nicht zulässig wäre.
2) Der Beschwerdewert erhöht sich nicht durch einen Hilfsantrag. Die Antragstellerin begehrt mit der Beschwerde ausdrücklich
nur die Feststellung, dass der Widerspruch gegen den Bescheid vom 14. Juli 2009 aufschiebende Wirkung bis zum 31. Juli 2009
hatte. Zu einer Auslegung des Antrags im Hinblick auf einen Hilfsantrag einer einstweiligen Anordnung zur Gewährung von Krg
im Zeitraum vom 20. Juli 2009 bis 31. Juli 2009 hat die Antragstellerin mitgeteilt, einer einstweiligen Anordnung messe sie
keine Erfolgsaussicht bei. Deshalb kann nicht (mehr) davon ausgegangen werden, dass hilfsweise eine einstweilige Anordnung
geltend gemacht wird. Im Übrigen hätte dieser Hilfsantrag keine Erhöhung des Beschwerdewertes zur Folge. Denn dann würde es
sich um wirtschaftlich identische Streitgegenstände handeln, bei denen dem Hilfsantrag kein selbständiger Wert zukommt (Leitherer
aaO. RdNr 17 f mwN).
3) Ob über den Beschwerdewert hinaus Gründe vorliegen könnten, in der Hauptsache §
144 Abs
2 SGG die Berufung zuzulassen, kann dahinstehen. Denn eine fiktive Prüfung, ob eine Zulassung nach §
144 Abs
2 SGG im Hauptsacheverfahren zu erfolgen hätte, erlaubt weder Wortlaut noch Sinn und Zweck des §
172 Abs
3 Nr
1 SGG (ausführlich hierzu zuletzt Landessozialgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 24. September 2009, L 10 KR 33/09 B ER, in Juris mwN).
B) Die Beschwerde wäre jedoch auch im Übrigen unzulässig. Denn der Antrag auf Feststellung der aufschiebenden Wirkung des
Widerspruchs bzw der Klage ist unzulässig. Das Begehren der Antragstellerin wäre nur über eine Regelungsanordnung zu erreichen.
Einen solchen Antrag hat die Antragstellerin jedoch ausdrücklich nicht gestellt, da sie einem solchen (wegen des für vergangene
Zeiträume nach Aktenlage zu Recht nicht ersichtlichen Anordnungsgrundes) keine Erfolgsaussicht beimisst.
1) Gemäß §
86a Abs
1 Satz 1
SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese entfällt gemäß §
86a Abs
2 Nr
3 SGG für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen
oder entziehen. Gemäß §
86b Abs
1 Satz 1 Nr
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben,
die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Vollzieht die Antragsgegnerin einen Bescheid, obwohl Widerspruch oder
Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, kann das Gericht - auch ohne ausdrückliche Rechtsgrundlage - auf Antrag durch
Beschluss feststellen, dass die Klage oder der Widerspruch aufschiebende Wirkung hat (Keller, Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer,
aaO., §
86 b RdNr
15 mwN). Gemäß §
86b Abs
2 Satz 1 Nr
2 SGG kann das Gericht der Hauptsache, soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in
Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die
Verwirklichung des Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog Sicherungsanordnung).
Einstweilige Anordnungen sind gemäß §
86b Abs
2 Satz 2
SGG auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung
zur Abwendung von wesentlichen Nachteilen nötig erscheint (sog Regelungsanordnung). Mit der Regelungsordnung kann eine Rechtsposition
vorläufig begründet oder erweitert werden. Voraussetzung einer Regelungsanordnung ist das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs,
also des materiellen Anspruchs, und eines Anordnungsgrundes, der Eilbedürftigkeit. Die Voraussetzungen sind gemäß §
86b Abs
2 Satz 4
SGG in Verbindung mit §
920 Abs
2 Zivilprozessordnung glaubhaft zu machen.
Entgegen der Ansicht der Antragstellerin richtet sich der einstweilige Rechtsschutz vorliegend nach §
86b Abs
2 SGG und nicht nach §
86b Abs
1 SGG. Zur Recht weist die Antragstellerin darauf hin, dass die aufschiebende Wirkung nur Eingriffe in bestehende Rechtspositionen
vorläufig ausschließt. Sie kann also nicht dazu führen, den Betroffenen zusätzliche Rechtspositionen einzuräumen. Dies wird
nur über eine Regelungsanordnung erreicht. Einstweiliger Rechtsschutz ist damit bei der Anfechtungsklage über die Anordnung
oder Feststellung der aufschiebenden Wirkung nach §
86b Abs
1 SGG zu gewähren, einstweiliger Rechtsschutz bei (Anfechtungs- und) Verpflichtungs- und Leistungsklagen über die Regelungsanordnung
nach §
86b Abs
2 SGG.
Vorliegend handelt es sich in der Hauptsache um eine Anfechtungs- und Leistungsklage und nicht nur um eine isolierte Anfechtungsklage,
womit sich der Rechtsschutz nach §
86b Abs
2 SGG richtet. Denn die Gewährung von Krg mit Bescheid vom 21. November 2008 ist kein Dauerverwaltungsakt, so dass der Bescheid
vom 14. Juli 2009 nicht als Eingriff in eine bestehende Rechtsposition gewertet werden kann.
2) Versicherte haben gemäß §
44 Abs
1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB V) Anspruch auf Krg, wenn die Krankheit sie arbeitsunfähig macht oder sie auf Kosten der Krankenkasse stationär in einem Krankenhaus,
einer Vorsorge- oder Rehabilitationseinrichtung behandelt werden. Der Anspruch auf Krg entsteht gemäß §
46 Satz 1 Nr 2
SGB V von dem Tag an, der auf den Tag der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit folgt. Grundsätzlich setzt daher der Anspruch
auf Krg die vorherige ärztliche Feststellung der Arbeitsunfähigkeit voraus. Einzelheiten zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit
sind in den Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und
die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung (Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien) sowie im Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä)
geregelt. Gemäß § 31 Satz 1 BMV-Ä darf die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit und ihrer voraussichtlichen Dauer sowie die
Ausstellung der Bescheinigung nur aufgrund einer ärztlichen Untersuchung erfolgen. Die Feststellung der Arbeitsunfähigkeit
für Krg-Bezieher ist gemäß § 6 Abs 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien auf der "Bescheinigung für die Krankengeldzahlung" (sog
Auszahlschein) zu attestieren und soll gemäß § 6 Abs 2 Satz 1 Arbeitsunfähigkeits-Richtlinien in der Regel nicht für einen
mehr als sieben Tage zurückliegenden und nicht mehr als zwei Tage im Voraus liegenden Zeitraum erfolgen. Dementsprechend wird
das Krg jeweils aufgrund der vom Vertragsarzt ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bzw hier dem Auszahlschein für
Krg entsprechend der voraussichtlichen Arbeitsunfähigkeit abschnittsweise gezahlt. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) ist hierin - also in der Auszahlung bzw Gewährung von Krg - regelmäßig die Entscheidung der Krankenkasse zu sehen, dass
den Versicherten ein Krg-Anspruch für die laufende Zeit der vom Vertragsarzt bestätigten Arbeitsunfähigkeit zusteht und somit
ein entsprechender Verwaltungsakt über die zeitlich befristete Bewilligung von Krankengeld vorliegt (BSG, Urteil vom 22. März
2005, B 1 KR 22/04 R, SozR 4-2500 § 44 Nr 6; BSG, Urteil vom 26. November 1991, 1/3 RK 25/90, SozR 3-2500 § 48 Nr 1). Eine Bewilligung von Krg auf Dauer ist zwar ebenfalls denkbar, aber ausnahmsweise und nur in atypischen
Konstellationen anzunehmen, was im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln ist (BSG aaO.). Dennoch wird mit der Krg-Bewilligung
auch über das vorläufige Ende der Krg-Bezugszeit entschieden. Bringt der Versicherte keine weiteren Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen
bei, endet der Anspruch auf Krg mit Ablauf des zuletzt bescheinigten Arbeitsunfähigkeitszeitraumes, eines Entziehungsbescheides
nach § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) bedarf es nicht (BSG aaO.).
Vorliegend kann nicht von einem Dauerverwaltungsakt ausgegangen werden. Im Bescheid vom 21. November 2008 wird nur geregelt,
dass der Anspruch auf Krg nach dem Ende der Entgeltfortzahlung der Arbeitgeberin am 6. November 2008 beginnt, nicht aber,
dass Krg ab diesem Zeitpunkt auf Dauer gewährt wird. Die Antragstellerin wird in dem Bescheid ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass sie eine Arbeitsunfähigkeit mit einem Auszahlschein für Krg nachzuweisen hat und Krg grundsätzlich rückwirkend nur bis
zum Ausstellungsdatum des Auszahlscheines gezahlt werden kann. Damit bleibt für die Auslegung, Krg sei mit dem Bescheid vom
21. November 2008 auf Dauer bewilligt worden, kein Raum.
3) Eine weitere Bewilligung von Krg ist entgegen der Auffassung der Antragstellerin auch nicht im Wiedereingliederungsplan
vom 25. Juni 2009 zu sehen. Denn dieser wurde nicht von der Antragsgegnerin unterzeichnet, sondern vom behandelnden Arzt,
der nicht berechtigt ist, für die Antragsgegnerin Verwaltungsakte zu erlassen. Ein Verwaltungsakt liegt gemäß § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) nur bei einer Verfügung, Entscheidung oder anderen hoheitlichen Maßnahme vor, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls
auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Der Arzt kann
nicht an Stelle der Antragsgegnerin über das rechtliche Bestehen von Leistungsansprüchen Verwaltungsakte erlassen (BSG, Urteil
vom 8. November 2005, B 1 KR 30/04 R, SozR 4-2500 §
46 Nr 1). Denn das
SGB V enthält keine Bestimmung, die es dem Vertragsarzt erlaubt, eine Rechtsentscheidung über die Leistungspflicht der Krankenkasse
zu treffen. Die Krankenkasse muss lediglich im Rahmen der Therapiefreiheit liegende Behandlungsentscheidungen des Arztes gegen
sich gelten lassen; das bedeutet aber nicht, dass der Arzt als Vertreter über das rechtliche Bestehen von Leistungsansprüchen
zu befinden hat (BSG, Urteil vom 9. Juni 1998, B 1 KR 18/96 R, SozR 3-2500 § 39 Nr 5). Deshalb wird dem Attest über Arbeitsunfähigkeit lediglich die Bedeutung einer gutachterlichen Stellungnahme
beigemessen, welche die Grundlage für den über den Krg-Bezug zu erteilenden Verwaltungsakt der Krankenkasse bildet, ohne dass
die Krankenkasse an den Inhalt der ärztlichen Bescheinigung gebunden ist (BSG, Urteil vom 8. November 2005, B 1 KR 30/04 R, aaO.; BSG, Urteil vom 26. Februar 1992, 1/3 RK 13/90, SozR 3-2200 § 182 Nr 12 mwN).
4) Im Eingang des Wiedereingliederungsplanes bei der Antragsgegnerin kann darüber hinaus mangels Regelung kein Verwaltungsakt
der Antragsgegnerin gesehen werden. Eine Regelung ist eine Entscheidung, die auf die Herbeiführung einer unmittelbaren Rechtsfolge
gerichtet ist (Engelmann, von Wulffen, SGB X, 5. Aufl, § 31 RdNr 24 mwN). Sie ist insbesondere gegeben, wenn und soweit Rechte begründet, geändert, aufgehoben oder verbindlich festgestellt
werden oder die Begründung, Änderung, Aufhebung oder verbindliche Feststellung solcher Rechte abgelehnt wird (BSG, Urteil
vom 4. Oktober 1994, 7 KlAr 1/93, SozR 3-4100 § 116 Nr 2 mwN). Das bloße Schweigen enthält grundsätzlich weder eine zustimmende
noch eine ablehnende, sondern keinerlei Willensbetätigung. Etwas anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände vorliegen,
aus denen sich ein bestimmtes, unmissverständliches, konkludentes Verhalten ergibt (BSG, Urteil vom 17. Oktober 2006, B 5 RJ 66/04 R, SozR 4-1300 § 63 Nr 5 mwN). Dies ist hier nicht der Fall. Im Gegenteil hat die Antragsgegnerin nach Eingang des Wiedereingliederungsplans
vom 25. Juni 2009 am 3. Juli 2009 unverzüglich reagiert und mit Bescheid vom 14. Juli 2009 die Gewährung von Krg beendet.
Anhaltspunkte, die es rechtfertigen würden, das Krg nach Vorlage des Wiedereingliederungsplans vom 25. Juni 2009 durch konkludentes
Verhalten der Antragsgegnerin weiterhin als bewilligt anzusehen, sind daher nicht ersichtlich.
5) Der Auszahlschein für Krg vom 16. Juli 2009 kann schließlich ebenfalls nicht als Bewilligung von Krg über den 19. Juli
2009 hinaus verstanden werden, selbst wenn mit dem Auszahlschein, mit dem im Übrigen Arbeitsunfähigkeit verneint wird und
der nächste Praxisbesuch in zwei Wochen angegeben wird, in Auslegung zusammen mit dem Wiedereingliederungsplan davon auszugehen
ist, dass Frauenarzt V. weiterhin Arbeitsunfähigkeit bescheinigen wollte. Denn schon nach den Ausführungen im Bewilligungsbescheid
vom 21. November 2008 und in Verbindung mit der Rechtsprechung des BSG kann nur die Krg-Auszahlung durch die Krankenkasse
einen Anspruch auf Krg für die rückwirkende Zeit, also bis 16. Juli 2009, begründen. Allein durch den Auszahlschein ergibt
sich ein solcher Anspruch noch nicht, da es sich um keinen Verwaltungsakt der Antragsgegnerin handelt und keine atypischen
Umstände vorliegen, denn die Antragsgegnerin hat mit Bescheid vom 14. Juli 2009 eindeutig zum Ausdruck gebracht, dass nach
dem letzten Bewilligungsabschnitt bis 16. Juli 2009 ein weiterer Bewilligungsabschnitt nur noch bis 19. Juli 2009 bewilligt
wird (siehe oben).
Ein Dauerverwaltungsakt der Antragsgegnerin, mit dem Krg über den 20. Juli 2009 hinaus gewährt worden wäre, ist damit nicht
ergangen.
Somit richtet sich der Rechtsschutz nicht, wie von der Antragstellerin begehrt, nach §
86b Abs
1 SGG, sondern nach §
86b Abs
2 SGG. Eine Regelungsanordnung jedoch hat die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren nicht (mehr) geltend gemacht.
C) Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG analog.
D) Dieser Beschluss kann gemäß §
177 SGG nicht mit der Beschwerde zum BSG angefochten werden.