Finanzierung der Pflegeeinrichtungen in der sozialen Pflegeversicherung
Festsetzung der gesondert berechenbaren Investitionsaufwendungen
Anforderungen an die Einstufung einer Einrichtung als noch gefördert im Sinne von § 82 Abs. 3 SGB XI
Tatbestand
Streitig ist ein Schiedsspruch, mit dem die Schiedsstelle den Antrag auf Festsetzung der gesondert berechenbaren Investitionskosten
nach § 75 Abs. 5 SGB XII i.V.m. §
82 Abs.
4 SGB XI als unzulässig abgewiesen hat, weil die betroffene Einrichtung auch nach Ende der Zweckbindungsfrist noch eine geförderte
Einrichtung und die Schiedsstelle nicht zuständig sei.
Der Kläger betreibt die nach §
72 SGB XI zugelassene stationäre Pflegeeinrichtung H in M, im Kreisgebiet des Beklagten. Bei der Einrichtung handelt es sich um eine
Pflegeeinrichtung mit ursprünglich 60 Pflegeheimplätzen, 12 Altenwohnungen sowie 12 Tagespflegeplätze, die in einem gepachteten
Gebäude betrieben wird. Das Gebäude wurde ursprünglich von der Stadt M errichtet. Mit Bewilligungsbescheid vom 19.6.1989 hatte
sie hierzu Mittel aus dem Staatshaushalt des Jahres 1989 i.H.v. 3.000.150 DM zweckgebunden für den Neubau einer Altenwohnanlage
erhalten. In Ziff. VI.2. ist als besondere Bestimmung eine Zweckbindung von 25 Jahren nach Fertigstellung enthalten (vgl.
Zuwendungsbescheid Regierungspräsidium T vom 19.6.1989, Bl. 46 LSG L 2 SO 487/18 KL). Nach VI.3. ist die Zuwendung u.a. auch
dann zurückzuzahlen, wenn das geförderte Projekt auf einen anderen Träger durch Veräußerung, Verpachtung oder in sonstiger
Weise übergeht.
Nach der Fertigstellung 1992 verpachtete die Stadt M - wie bereits in der Planungsphase vorgesehen - das Gebäude an den Kläger
als Betreiber der Altenpflegeeinrichtung, die die Einrichtung seit 15.6.1992 und weiterhin betreibt. Die Investitionsförderung
der Stadt M als Eigentümerin der Immobilie durch das Land führte zu einer reduzierten Pachtforderung, die auf den Werten für
Gebäudeabschreibung und Darlehenszinsen basiert, gegenüber dem Kläger als Betreiber. In die Berechnung der Selbstkosten im
Rahmen der Festlegung des Investitionskostensatzes durch den damaligen Landeswohlfahrtsverband (LWV) flossen lediglich die
angepassten Baukosten i.H.v. 9.339.264 DM abzüglich der Investitionsförderung i.H.v. gesamt 4.740.000 DM ein. Diese reduzierte
Bemessungsgrundlage wurde mit einem Abschreibungssatz von 2,45 % (40,8 Jahre) abgeschrieben. Die 1992 gewährte Landesförderung
wird vollständig erst nach 40,8 Jahren an die Bewohner weiterverrechnet sein.
2015 verkaufte die Stadt M das Gebäude an die B-GmbH, eine 100 %-Tochter des Klägers. Aufgrund des damaligen Investitionszuschusses
des Landes wurde der Käuferin ein "Preisnachlass" eingeräumt. Die B-GmbH wies in ihrer Bilanz die Vergünstigung als Sonderposten
aus und löste ihn bis zum Ende der Zweckbindungsfrist im Jahre 2017 ertragswirksam auf. Ein Sonderposten besteht bei der B-GmbH
nicht mehr.
Mit Schreiben vom 30.11.2016 forderte der Kläger den Beklagten zu Vergütungsverhandlungen über die Vereinbarung eines Investitionskostensatzes
nach § 75 Abs. 5 SGB XII i.V.m. §
82 Abs.
4 SGB XI für das H in M auf. Die Gespräche führten zu keinem Ergebnis, u.a. ging der Beklagte davon aus, dass es sich um eine geförderte
Einrichtung i.S. von §
82 Abs.
3 SGB XI handele.
Mit Schreiben vom 5.7.2017 (Eingang bei der Schiedsstelle 7.7.2017) beantragte der Kläger die Durchführung eines Schiedsverfahrens.
Er beantragte die Festsetzung eines Investitionskostensatzes von 17,80 €/Tag für Einzelzimmer, 15,65 €/Tag für Doppelzimmer
sowie 12,46 €/Tag für die Tagespflege. Der Kläger vertrat die Auffassung, dass es sich nach Ablauf der Zweckbindungsfrist
von 25 Jahren um keine geförderte Einrichtung mehr handele und somit eine Vergütungsvereinbarung nach § 75 Abs. 5 SGB XII i.V.m. §
82 Abs.
4 SGB XI abgeschlossen werden müsse. §
82 Abs.
3 SGB XI sei nicht betroffen, diese Bestimmung beziehe sich nur auf Einrichtungen, die nach dem 1.1.1995 gefördert worden seien. Eine
Auslegung der §§
9,
82 Abs.
3 SGB XI ergebe, dass es sich nicht um Fördermittel im Sinne der §§
9,
82 Abs.
3 SGB XI handeln könne, wenn der Förderbescheid vor Inkrafttreten des
SGB XI erlassen worden sei. Da H vor diesem Zeitpunkt erbaut und gefördert worden sei, könne §
82 Abs.
3 SGB XI nicht einschlägig sein. Die Einrichtung sei vielmehr als nicht geförderte Einrichtung nach §
82 Abs.
4 SGB XI einzustufen. Eine Kalkulation der Investitionskosten wurde vorgelegt.
Der Beklagte beantragte, den Schiedsstellenantrag mangels Zuständigkeit abzuweisen. Die Pflegeeinrichtung H sei mit Bewilligungsbescheid
vom 19.6.1989 öffentlich gefördert worden. Es sei daher eine gesonderte Berechnung der Investitionskostensätze nach §
82 Abs.
3 SGB XI mit Zustimmung des KVJS als zuständiger Landesbehörde vorzunehmen. Bewohnern in geförderten Pflegeeinrichtungen dürften nur
die tatsächlichen Investitionskosten in Rechnung gestellt werden, die nicht durch öffentliche Fördermittel finanziert worden
seien. Grundlage für die Berechnung der gesondert berechenbaren Investitionskosten sei eine Nutzungsdauer von 40,8 Jahren
gewesen. Erst nach diesem Zeitraum sei den Bewohnern die Förderung zugutegekommen. Der Status als geförderte Einrichtung bleibe
unabhängig von der Zweckbindungsfrist von 25 Jahren völlig unberührt.
Die Schiedsstelle hat mit Schiedsspruch vom 18.12.2017 den Antrag auf Festsetzung der gesondert berechenbaren Investitionskosten
nach § 75 Abs. 5 SGB XII i.V.m. §
82 Abs.
4 SGB XI als unzulässig abgewiesen. In der Begründung hat sie ausgeführt, dass die Schiedsstelle nach § 75 Abs. 5 SGB XII i.V.m. § 77 Abs. 1 SGB XII bei Pflegeeinrichtungen nur für Vergütungsvereinbarungen zur Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten zuständig
sei, wenn es sich um nicht geförderte Einrichtungen nach §
82 Abs.
4 SGB XI handele.
Der Betreiber (hier der Kläger) habe gegen sich gelten zu lassen, dass weiterhin nur reduzierte Investitionskostensätze mit
dem Sozialhilfeträger abgerechnet werden könnten. Würde dies missachtet, wäre das Gebäude doppelt bezuschusst, zum einen durch
die Landesförderung und zum anderen durch künftig ungekürzte Investitionskostensätze der Bewohner. Aktuell dürfte mehr als
ein Drittel der ursprünglichen Forderung noch nicht "gutgeschrieben" worden sein.
Bei dem H handele es sich daher um eine geförderte Einrichtung, bei der weiterhin Abzugsbeträge zu berücksichtigen seien.
Die Einrichtung habe allein durch den Ablauf der 25-jährigen Zweckbindungsfrist ihren Status als geförderte Einrichtung nicht
verloren.
Die vom Antragsteller (Kläger) vorgetragenen Zweifel an der Anwendbarkeit des §
82 Abs.
3 SGB XI für Fälle vor Inkrafttreten des Änderungsgesetzes würden nicht geteilt. Maßgebend für die Zuständigkeit der Schiedsstelle
sei §
82 Abs.
4 SGB XI, der keine Verweisung auf §
9 SGB XI enthalte. Dies werde auch dadurch belegt, dass sich die Einrichtung selbst im Jahr 1996 als geförderte Einrichtung verstanden
habe und die Zustimmung für die gesonderte Berechnung der Investitionskosten nach §
82 Abs.
3 SGB XI beantragt habe. Die Festsetzung eines Investitionskostensatzes sei daher mangels Zuständigkeit abzuweisen.
Dagegen hat der Kläger am 5.2.2018 schriftlich Klage zum Landessozialgericht Baden-Württemberg (LSG - L 2 SO 487/18 KL -)
erhoben und parallel mit Schreiben vom 29.8.2018 beim KVJS vorsorglich einen Antrag auf Zustimmung nach §
82 Abs.
3 SGB XI gestellt (Bl. 23, 105 LSG L 2 SO 487/18 KL), über den noch nicht entschieden worden ist. Zur Begründung der Klage hat er
vorgetragen, dass es sich bei dem H um keine geförderte Einrichtung handele, weil die Fördermittel vor dem 1.1.1995 und damit
vor dem Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes bewilligt und ausgekehrt worden seien, zumindest die Zweckbindung abgelaufen
sei, sodass die Einrichtung nicht mehr als geförderte Einrichtung gelte bzw. die Fördermittel nicht der Pflegeeinrichtung
zugewandt worden seien, sondern der Gemeinde M. Bei der Einrichtung H habe es sich zu keinem Zeitpunkt um eine geförderte
Einrichtung im Sinne des §
82 Abs.
3 SGB XI, der wiederum darauf abstelle, dass eine Förderung nach §
9 SGB XI gewährt worden sei, gehandelt. Der Förderbescheid betreffend die Aufwendungen zur Errichtung der Pflegeeinrichtungen sei
vor Inkrafttreten der relevanten Bestimmungen des
SGB XI erlassen worden. Eine Auslegung der §§
9,
82 Abs.
3 SGB XI ergebe, dass es sich nicht um Fördermittel im Sinne der §§
82 Abs.
3 und 9
SGB XI handeln könne, wenn der Förderbescheid vor Inkrafttreten des
SGB XI erlassen worden sei, wie es aber §
82 Abs.
3 SGB XI für seine Anwendung fordere. Der Investitionsbedarf für sozialhilfeberechtigte Pflegebedürftige sei daher nach den §§ 75 ff. SGB XII zu vereinbaren. Bei Nicht-Einigung sei die Schiedsstelle zuständig und müsse eine Entscheidung treffen.
Das Verfahren nach §
82 Abs.
3 SGB XI sei auch deswegen nicht einschlägig, weil die Zweckbindung der Förderung (25 Jahre) bereits ausgelaufen sei. Die Förderung
wirke nicht länger als die Zweckbindung. Wäre für die Zweckbindung allein auf das Verhältnis zwischen dem Land als Zuschussgeber
und dem jeweiligen Eigentümer des Gebäudes abzustellen, dann wäre es mit den Grundrechten des Einrichtungsträgers nicht vereinbar,
wenn er durch eine Drittrechtsbeziehung den Beschränkungen des §
82 Abs.
3 SGB XI unterworfen werde. Es möge richtig sein, dass die noch nicht vollständig abgeschriebenen Fördermittel weiterhin investitionskostenmindernd
zu berücksichtigen seien. Damit sei aber noch keine Entscheidung verbunden, ob dies im Rahmen eines Verfahrens nach §
82 Abs.
3 SGB XI oder im Rahmen einer Vereinbarung nach § 75 SGB XII zu geschehen habe. Eine "doppelte Bezuschussung" des Gebäudes wäre nach beiden Verfahren nicht möglich.
Schließlich könne auch eine an den Vermieter einer Pflegeeinrichtung gewährte Förderung keine Förderung nach §
9 SGB XI darstellen. Andernfalls würde der Betreiber einer Pflegeeinrichtung den Beschränkungen des §
82 Abs.
3 SGB XI unterworfen, obwohl er zu keinem Zeitpunkt Adressat eines entsprechenden Fördermittelbescheides gewesen sei. Eine Bekanntgabe
des an die Stadt M gerichteten Fördermittelbescheides an den Kläger sei jedenfalls nicht erfolgt.
Der Kläger beantragt,
den Schiedsspruch der Schiedsstelle Baden-Württemberg gem. § 80 SGB XII vom 18. Dezember 2017 aufzuheben,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Er hält den Schiedsspruch für rechtens. Die Pflegeeinrichtung H sei mit Bescheid des Regierungspräsidiums T vom 19.6.1989
öffentlich gefördert worden. Der ursprünglichen Eigentümerin und Bauträgerin der Einrichtung H, der Stadt M, sei ein Zuschuss
bis zur Höhe von 3.150.000 DM aus dem Staatshaushaltsplan 1989 bewilligt worden. Diese Förderung habe einer Zweckbindungsfrist
von 25 Jahren unterlegen. Dem Bewilligungsbescheid vom 19.6.1989 könne zudem entnommen werden, dass seitens des Landkreises
T ein Zuschuss von 2.220.000 DM bewilligt wurde.
Die Einrichtung sei am 15.6.1992 im Betrieb genommen worden. In Baden-Württemberg sei zum damaligen Zeitpunkt bei der Berechnung
von Abschreibungen auf das nicht bewegliche Anlagevermögen (Gebäude) im Rahmen des Gesamtpflegesatzes inklusive Investitionskostenanteil
von einem pauschalen Abschreibungssatz von 2,45 % ausgegangen worden. Dies entspreche einer Abschreibungsdauer der Gebäude
von 40,8 Jahren (ab Inbetriebnahme). Im selben Zeitraum seien die Fördermittel linear verteilt worden. Im Hinblick auf die
Inbetriebnahme der Einrichtung am 15.6.1992 seien die Fördermittel bis zum heutigen Zeitpunkt für rechnerisch etwa 26 Jahre
aufgezehrt worden, jedoch bestehe noch ein Fördervorteil über einen erheblichen Zeitraum (von fast 15 Jahren) bis zum Erreichen
der vollständigen Abschreibungsdauer von 40,8 Jahren. Zur Verdeutlichung hat der Beklagte ein Schaubild vorgelegt (Bl. 100
ff. LSG L 2 SO 487/18 KL).
In den Pflegesatzverhandlungen vom 6.11.1992 seien die angepassten Baukosten i.H.v. 9.339.264 DM und Zuschüsse i.H.v. 4.740.000
DM berücksichtigt worden. Die Zuschüsse i.H.v. 4.740.000 DM seien bei einem Abschreibungssatz von 2,45 % jährlich mit 116.130
DM angerechnet worden und kämen somit den Bewohnern über die komplette Abschreibungsdauer von 40,8 Jahren zugute. Dies bedeute,
dass damit derzeit auch die Bewohner der Einrichtung H noch nicht entsprechend der gewährten Fördermittel entlastet worden
seien.
Für H sei zuletzt einer Berechnung des Investitionsaufwandes nach §
82 Abs.
3 SGB XI mit Bescheid vom 2.1.2001 zugestimmt worden (vgl. Bl. 104 LSG L 2 SO 487/18 KL). Wie sich bereits eindeutig aus dem Bewilligungsbescheid
des Regierungspräsidiums T vom 19.6.1989 ergebe, handele es sich bei der Einrichtung H um eine öffentlich geförderte Einrichtung.
Da zum Zeitpunkt der Eröffnung der Einrichtung bei der Berechnung von Abschreibungen auf das nicht bewegliche Anlagevermögen
(Gebäude) im Rahmen der Pflegesätze nebst Investitionsanteil von einem pauschalen Abschreibungssatz von 2,45 % ausgegangen
worden sei, resultiere daraus eine Abschreibungs- bzw. prognostizierte Nutzungsdauer des Gebäudes von 40,8 Jahren ab Inbetriebnahme,
in welcher die Fördermittel gleichmäßig angerechnet und die Bewohner durch einen geringeren Investitionskostenanteil entlastet
würden. Die gewährte Förderung werde den Bewohnern erst nach Ablauf des Zeitraums von 40,8 Jahren vollumfänglich zugutegekommen
sein. Bis zu diesem Zeitpunkt sei die Einrichtung H als geförderte Einrichtung anzusehen. Dies zeige auf, dass der Ablauf
der Zweckbindungsfrist aus dem Bewilligungsbescheid vom 19.6.1989 nicht den Status der Einrichtung als geförderte Einrichtung
berühre.
Da es sich bei der Einrichtung H um eine geförderte Einrichtung handele, sei §
82 Abs.
3 SGB XI anzuwenden. Die Berechnung des Investitionsaufwandes habe unter Berücksichtigung der öffentlichen Fördermittel zu erfolgen;
es könne lediglich ein um die Fördermittel bereinigtes Entgelt verlangt werden. Dies diene dem Schutz und der Entlastung der
Bewohner bzw. der Sozialhilfeträger.
Die Anwendbarkeit des §
82 Abs.
3 SGB XI werde auch durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 6.9.2007 - B 3 P 3/07 R) untermauert. Diese Rechtsprechung betreffe öffentliche Förderungen, die vor Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes,
des
SGB XI erfolgten. Das Bundessozialgericht zeige auf, dass lediglich entscheidungserheblich sei, ob eine öffentliche Förderung erfolgt
sei. Soweit überhaupt keine Förderung nach Landesrecht erfolgt sei, sei §
82 Abs.
4 SGB XI anwendbar, bei teilweiser Förderung §
82 Abs.
3 SGB XI (BSG a.a.O. juris Rn. 15).
Zudem sei der Kläger bereits im Förderverfahren involviert gewesen. Den Unterlagen auf Gewährung einer Zuwendung aus dem Staatshaushaltsplan
1989 lasse sich entnehmen, dass der Kläger bereits als Betriebsträger der Einrichtung H vorgesehen gewesen war, ein entsprechender
Gemeinderatsbeschluss und die Zustimmung des Verwaltungsrates des Klägers vorgelegen hätten (vgl. Anl. 4 Bl. 122 ff. LSG L
2 SO 487/18 KL). Dem Kläger sei insofern bereits vor Inbetriebnahme der Einrichtung H bekannt gewesen, dass es sich bei der
Einrichtung um eine öffentlich geförderte Einrichtung handele. Ebenso sei der Kläger bereits an der Berechnung bezüglich eines
(vorläufigen) Sonderpflegesatzes ab Bezug des Heimes ca. 1.06./07.1991 sowie an den Pflegesatzverhandlungen wegen Pflegesätzen
ab Eröffnung (15.6.1992) als Verhandlungspartner beteiligt gewesen. Diese seien unter Beachtung des Abschreibungssatzes von
2,45 % erfolgt (vgl. Anl. 5 und 6 Bl. 124 ff. LSG L 2 SO 487/18 KL). Insofern sei dem Kläger auch die Abschreibungsdauer von
40,8 Jahren, damit die zukünftig mindernde Wirkung der Fördermittel auf die gesondert berechenbaren Investitionskosten bereits
vor Inbetriebnahme bekannt gewesen. Auch sei der Status der Einrichtung H als geförderte Einrichtung zum Zeitpunkt der Einführung
des
SGB XI nicht bestritten worden, sondern durch die Anträge auf Zustimmung zu den Investitionsaufwendungen nach §
82 Abs.
3 SGB XI anerkannt worden. Die bisher ergangenen rechtskräftigen Bescheide nach §
82 Abs.
3 SGB XI bestätigten den Status als geförderte Einrichtung.
Der Kläger könne sich nun vor Ablauf der Abschreibungszeit nicht erfolgreich darauf berufen, dass es sich bei der Einrichtung
H um eine nicht geförderte Einrichtung handeln würde. Unter Berücksichtigung insbesondere der Beteiligung des Klägers am Förderverfahren
könne dahinstehen, dass dem Kläger nach seinen Angaben der Förderbescheid vom 19.6.1989 nicht bekanntgegeben worden sei. Wesentliches
Kriterium hinsichtlich der Anwendung des §
82 Abs.
3 oder Abs.
4 SGB XI sei lediglich, ob es sich um eine durch öffentliche Förderung privilegierte Pflegeeinrichtung handele oder nicht.
Der Kläger hat entgegnet, dass in Kenntnis des Abschreibungssatzes von 2,45 % gleichwohl nur eine Zweckbindung von 25 Jahren
vorgeschrieben worden sei. Nach Ablauf der Zweckbindung dürfe der Betrieb der Pflegeeinrichtungen eingestellt werden und diese
z.B. als Hotel genutzt werden, ohne dass die Fördermittel zurückgezahlt werden müssten. Dementsprechend müsse mit dem Ablauf
der Zweckbindungsfrist die Einrichtung als nicht mehr gefördert gelten.
Zudem habe sich das BSG in der zitierten Entscheidung nicht mit der Frage auseinandergesetzt, ob es sich um eine geförderte Einrichtung handele.
Weiter sei dafür auch kein Bedarf gewesen, da der im dortigen Fall zugrundeliegende zweite Förderbescheid vom 27.6.1994 zu
einem Zeitpunkt ergangen sei, zu dem der Bundesrat mit Wirkung zum 1.1.1995 die Verabschiedung des
SGB XI und damit der §§
9,
82 SGB XI und die Einführung der sozialen Pflegeversicherung als Pflichtversicherung bereits beschlossen hatte.
Der Beklagte hat noch auf den Abschlussbericht des Ministeriums für Soziales und Integration über die Arbeitsgruppe Investitionskostenberechnung
vom 6.6.2018 hingewiesen, in der der Spitzenverband des Klägers, der Paritätische, vertreten war und in der die förderrechtliche
Behandlung von Altzuschüssen und die Anwendbarkeit von §
82 Abs.
3 SGB XI dahingehend vereinbart worden sei, dass die Förderung einmal vollständig den Pflegebedürftigen zugutegekommen sein müsse,
damit eine Einrichtung nicht mehr als geförderte Einrichtung gelte.
Weiter hat der Beklagte auf das Urteil des Landessozialgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 29.5.2019 (L 6 P 2/09) hingewiesen. Darin werde auch weiterhin von einer Förderung nach Landesrecht im Sinne von §
82 Abs.
3 SGB XI ausgegangen, wenn die Einrichtung tatsächlich gefördert worden sei und solange buchhalterisch noch Zuschüsse aufzulösen und
geförderte Wirtschaftsgüter abzuschreiben seien.
Im Hinblick auf die dagegen anhängig gewesene Revision beim Bundessozialgericht (BSG, B 3 P 1/19 R) hatte der Senat mit Beschluss vom 24.10.2019 das Ruhen des Verfahrens angeordnet. Der Kläger hat das Verfahren am 24.9.2020
wieder angerufen (fortgeführt unter L 2 SO 3089/20 KL). Das Verfahren vor dem BSG - B 3 P 1/19 R - endete durch Vergleich. Der Kläger hat den Vergleichstext in anonymisierter Form vorgelegt. Daraus ergebe sich, dass das
BSG davon ausgehe, dass eine Förderung im Sinne des
SGB XI nur während der laufenden Zweckbindungsfristen bestehe. Dementsprechend wäre die Einrichtung im vorliegenden Fall nicht gefördert
und der Schiedsspruch wäre rechtswidrig.
Der Beklagte misst dem Vergleich keine Bindungswirkung zu und verweist nochmals auf den Abschlussbericht des Ministeriums
für Soziales und Integration über die Arbeitsgruppe Investitionskostenberechnung vom 6.6.2018 und die dortige Einigung.
Der Kläger misst dem Abschlussbericht keine Bindungswirkung zu und bestreitet, dass dort eine Einigung über die "Altfälle"
zustandegekommen sei. Er verweist noch ergänzend auf § 76 Abs. 3 S. 2 SGB XII, wonach auch in den Investitionskostensätzen einer nicht geförderten Einrichtung die Förderungen aus öffentlichen Mitteln
anzurechnen seien. Demnach gelte die Berücksichtigung erhaltener Fördermittel sowohl für Investitionskostensätze gegenüber
Selbstzahlern als auch gegenüber den Sozialhilfeempfängern, sodass die Gefahr der Bereicherung des Trägers einer nicht geförderten
Einrichtung auf Kosten der Fördermittelgeber und der Bewohner nicht bestehe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die beigezogenen Akten des KVJS
und die Prozessakten des Senats Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage des Klägers hat keinen Erfolg.
Die Klage ist zulässig aber nicht begründet. Zu Recht hat die Schiedsstelle ihre Zuständigkeit verneint und den Antrag der
Kläger als unzulässig abgewiesen.
Für die erhobene Klage gegen die Entscheidung der Schiedsstelle nach § 80 SGB XII ist der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet (§ 77 Abs. 1 Satz 4 SGB XII in der bis 31.12.2019 geltenden Fassung - a.F.). Das LSG ist im ersten Rechtszug zuständig (§
29 Abs.
2 Nr.1
SGG). Die örtliche Zuständigkeit folgt aus §
57 Abs.
1 Satz 2
SGG, da der klagende Leistungserbringer seinen Sitz in Baden-Württemberg hat.
Zutreffend richtet sich die Klage nicht gegen die Schiedsstelle, sondern gegen die andere Vertragspartei (§ 77 Abs. 1 Satz 5 SGB XII a.F.), ohne dass es eines Vorverfahrens bedarf ( § 77 Abs 1 Satz 6 SGB XII a.F.).
Gegenstand des Klageverfahrens ist der Schiedsspruch vom 18.12.2017, gegen den sich der Kläger zutreffend mit einer Anfechtungsklage
(§
54 Abs.
1 S. 1
SGG) wendet (vgl. hierzu nur BSG Urteil vom 23.7.2014 - B 8 SO 2/13 R -; BSG, Urteil vom 28.1.2021 - B 8 SO 6/19 R -, juris Rn. 11). Dabei ist die Klage auf die Gegenstände beschränkt, über die keine
Einigung zwischen den Vertragsparteien erzielt werden konnte ( § 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII a.F.), hier also zunächst auf die Zuständigkeit der Schiedsstelle in Abhängigkeit davon, ob überhaupt ein Antrag nach §
82 Abs.
4 SGB XI vorlag.
Eine kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage wäre unzulässig, da sie auf die Verurteilung des Beklagten zum Erlass
eines Schiedsspruches zielte, die Schiedsstelle nach § 77 Abs. 1 S. 5 SGB XII a.F. aber nicht beklagt sein kann (BSG, Urteil vom 23.7.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris Rn. 12). Hat die Anfechtungsklage Erfolg, ist nach Aufhebung des Schiedsspruchs
das Schiedsverfahren wiedereröffnet, so dass es auch in der Sache einer Zurückverweisung an die Schiedsstelle im Rahmen einer
Verpflichtungsbescheidungsklage nicht bedarf (BSG, Urteil vom 23.7.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris Rn. 12; BVerwG, Beschluss vom 28.2.2002 - 5 C 25/01 - juris Rn. 21).
Der Kläger hat die für Anfechtungsklage geltende einmonatige Klagefrist des §
87 Abs.
1 SGG mit der schriftlichen Erhebung der Klage beim LSG am 5.2.2018, einem Montag, gewahrt; der Schiedsspruch ist den Bevollmächtigten
des Klägers am 4.1.2018 zugestellt worden.
Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Schiedsspruch vom 18.12.2017 ist rechtmäßig.
Dieser stellt eine Schlichtungsmaßnahme eines sachnahen, weisungsfreien, mit Interessenvertretern paritätisch zusammengesetzten
Gremiums dar (BSG vom 23.7.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris Rn. 9 m.w.N.), deren Entscheidungsspielraum sich am Vereinbarungsspielraum der Vertragsparteien
misst, und ist gerichtlich im Rahmen der normativen Vorgaben der §§ 75 ff SGB XII regelmäßig nur eingeschränkt dahin überprüfbar, ob die verfahrensrechtlichen Regelungen eingehalten sind, der Sachverhalt
ermittelt ist und die Schiedsstelle bei der Abwägung der betroffenen öffentlichen und privaten Belange ihren Gestaltungsspielraum
nicht verkannt hat (BSG vom 29.5.2019 - B 8 SO 3/18 R - juris Rn. 11; BSG vom 23.7.2014 - B 8 SO 3/13 R - juris Rn.14 m.w.N.; BSG vom 7.10.2015 - B 8 SO 19/14 R - juris Rn. 12 m.w.N.).
Der Schiedsspruch ist formell rechtmäßig ergangen; die Vorgaben des Verwaltungsverfahrensrechts sind eingehalten worden. Prozessuale
Verfahrensfehler stehen einer Entscheidung nicht entgegen. Einer (notwendigen) Beiladung (§
75 Abs.
2 SGG) der Schiedsstelle bedurfte es nicht, weil ihr keine eigenen Rechte zustehen (vgl. dazu nur BSG vom 23.7.2014 - B 8 SO 2/13 R - juris Rn. 13). Der Beklagte ist der nach § 77 Abs. 1 Satz 2 SGB XII a.F. örtlich und sachlich zuständige Sozialhilfeträger. § 77 Abs. 1 Satz 2 SGB XII a.F. stellt bei der örtlichen Zuständigkeit für den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen auf den für den Sitz der Einrichtung
zuständigen Sozialhilfeträger ab, also darauf, wo die Einrichtung selbst gelegen ist. Auf den Sitz des Trägers der Einrichtung
kommt es nach Sinn und Zweck der Regelung nicht an (BSG vom 7.10.2015 - B 8 SO 19/14 R - juris Rn. 13). Sitz der Einrichtung ist M, das im Zuständigkeitsbereich des Beklagten liegt.
Dieser ist als örtlich zuständiger Träger auch sachlich zuständig für den Abschluss von Vergütungsvereinbarungen (§ 97 Abs. 1 SGB XII i.V.m. § 8 des Gesetzes zur Ausführung des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 1.7.2004, verkündet als Artikel 122 des Verwaltungsstruktur-Reformgesetzes vom 1.7.2004, Gesetzblatt <GBl> S 469 ff).
Auch die Frist von sechs Wochen zwischen schriftlicher Aufforderung zu Verhandlungen und der Anrufung der Schiedsstelle ist
eingehalten (§ 77 Abs. 1 Satz 3 SGB XII a.F.). Mit Schreiben vom 30.11.2016 forderte der Kläger den Beklagten zu Vergütungsverhandlungen über die Vereinbarung eines
Investitionskostensatzes nach § 75 Abs. 5 SGB XII i.V.m. §
82 Abs.
4 SGB XI für H in M auf. Am 5.7.2017 rief er die Schiedsstelle an.
Die Schiedsstelle nach § 80 SGB XII a.F. ist nach § 75 Abs. 5 SGB XII i.V.m. § 77 Abs. 1 SGB XII a.F. bei Pflegeeinrichtungen nur für Vergütungsvereinbarungen zur Übernahme gesondert berechneter Investitionskosten zuständig,
wenn es sich um nicht geförderte Einrichtungen nach §
82 Abs.
4 SGB XI handelt. Die Schiedsstelle hat vorliegend zu Recht ihre Zuständigkeit verneint, weil es sich bei der Einrichtung des Klägers
nicht um eine im Sinne von §
82 Abs.
4 S. 1
SGB XI "nicht nach Landesrecht geförderte Einrichtung" handelt. Die gesonderte Berechnung der betriebsnotwendigen Investitionsaufwendungen
unterlag und unterliegt auch weiterhin der Zustimmungspflicht gemäß §
82 Abs.
3 S. 3
SGB XI.
Von der Anwendbarkeit von §
82 Abs.
3 SGB XI - und damit dem Ausschluss von §
82 Abs.
4 SGB XI - ist in allen Fällen und so lange auszugehen, in denen durch öffentliche Zuschüsse geförderte Wirtschaftsgüter noch nicht
vollständig abgeschrieben worden sind, soweit diese Gegenstand der gesondert berechneten Investitionsaufwendungen sind (so
auch Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29.5.2019 - L 6 P 2/09 -, juris Rn. 39). So verhält es sich vorliegend mit der Einrichtung H. Die Abschreibung des Objekts ist auf 40,8 Jahre ab
Inbetriebnahme im Jahr 1992 kalkuliert und daher noch über einen längeren Zeitraum fortzuführen mit der Folge, dass es sich
weiterhin um eine geförderte Einrichtung handelt.
Unerheblich ist entgegen der Auffassung des Klägers, dass die Förderung bereits 1989, damit vor dem Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes
erfolgte und der Förderbescheid an die Stadt M gerichtet war. Es handelte sich um eine objektbezogene Förderung für den Neubau
der Altenwohnanlage und die Förderung wurde durch die reduzierte Pacht an die Einrichtung weitergegeben. Von daher ist es
unmaßgeblich, an wen sich der Förderbescheid gerichtet hat. Das ändert nichts an dem Umstand, dass es sich bei dem H um eine
geförderte Einrichtung handelt. Auch kommt der Formulierung in §
82 Abs.
3 SGB XI "gefördert werden" keine Präsenz-Bedeutung zu. Das Bundessozialgericht hat bereits entschieden, dass es für die Unterscheidung
des Verfahrens nach §
82 Abs.
3 und Abs.
4 SGB XI nur darauf ankommt, ob es sich um Einrichtungen handelt, die öffentliche Förderung erhalten haben und solchen, die überhaupt
keine Förderung erhalten haben. Maßgebend dafür ist nur, ob die Einrichtung überhaupt aus Landesmitteln gefördert worden ist.
Dagegen können die Länder die Umlage nicht gedeckter Investitionsaufwendungen für betriebsnotwendige Einrichtungsgüter nicht
dadurch verhindern, dass bestimmte Investitionen aus der Landesförderung ausgenommen werden. Auch haben die landesrechtlichen
Entscheidungen über die Einrichtungsförderung keine Tatbestandswirkung für das Umlageverfahren nach §
82 Abs.
3 oder 4
SGB XI (BSG, Urteil vom 6.?9.?2007 - B 3 P 3/07 R, juris; Udsching/Schütze/Schütze, 5. Aufl. 2018,
SGB XI § 82). So hatte das BSG auch im Urteil vom 8.9.2011 - B 3 P 6/10 R - über betriebsnotwendige Investitionskosten (Erbbauzinsen) für eine 1967 unter Inanspruchnahme von Fördermitteln errichtete
und 1993 erweiterte Altenpflegeeinrichtung zu entscheiden und §
82 Abs.
3 SGB XI zur Anwendung gebracht. §
9 SGB XI wurde nur eine klarstellende Bedeutung dahingehend beigemessen, dass die Mittel aus Pflegeinfrastruktur auf landesgesetzlicher
Grundlage grundsätzlich von den Ländern aufgebracht werden (BSG aaO juris Rn. 15) und damit lediglich auf die Trennung verschiedener Finanzverantwortlichkeiten und Gesetzgebungszuständigkeiten
abgestellt. Die über die gesonderte Berechnung von Investitionskosten in §
82 Abs.
3 und Abs.
4 SGB XI eingeführten Vorschriften räumten den Pflegeeinrichtungen Ansprüche gegen die Heimbewohner ein, soweit ihre Investitionen
aufgrund einer Entscheidung der nach Landesrecht zuständigen Behörden überhaupt nicht (§
82 Abs.
4 SGB XI) oder nur teilweise (§
82 Abs.
3 SGB XI) durch öffentliche Mittel gefördert worden sind (BSG a.a.O. juris Rn. 18). Eine zeitliche Komponente für die Förderung ist demnach in §
82 Abs.
3 und
4 SGB XI nicht enthalten. Ebenso hat das BSG bereits im Urteil vom 6.9.2007 - B 3 P 3/07 R - (juris) über betriebsnotwendige Investitionsaufwendungen nach §
82 Abs.
3 SGB XI für ein 1994 in Betrieb genommenes Seniorenzentrum, für dessen Errichtung öffentliche Förderung durch Zuwendungsbescheid
vom 5.10.1992 und vom 27.6.1994 gewährt worden war, entschieden. Auch hier wurde es nicht als Kriterium für eine Förderung
angesehen, ob sie nach dem 1.1.1995 erfolgt ist oder bereits früher.
Maßgeblich ist damit allein, ob die Einrichtung - früher - tatsächlich gefördert worden ist und nach den vorbeschriebenen
Grundsätzen - entsprechend der Abschreibungsdauer - noch als gefördert gilt. Erst nach vollständiger Abschreibung aller mit
Hilfe der Fördermittel beschaffter bzw. hergestellter Wirtschaftsgüter entfällt die Zustimmungspflicht; solange jedoch buchhalterisch
noch Zuschüsse aufzulösen und geförderte Wirtschaftsgüter abzuschreiben sind, liegt auch weiterhin eine Förderung nach Landesrecht
im Sinne von §
82 Abs.
3 SGB XI vor (Landessozialgericht Mecklenburg-Vorpommern, Urteil vom 29.5.2019 - L 6 P 2/09 -, juris Rn. 39). Diese Auslegung entspricht auch dem Sinn und Zweck der Vermeidung einer Doppelfinanzierung (vgl. BSG, Urteil vom 24.7.2003, B 3 P 1/03 R, a.a.0.).
Auch die im Förderbescheid vom 19.6.1989 unter VI.2. festgelegte Zweckbindungsfrist von 25 Jahren, die im Jahr 2017 ausgelaufen
war, ändert den Status als geförderte Einrichtung nicht. Durch die im Förderbescheid festgesetzte Zweckbindungsfrist ist lediglich
geregelt, wie lange ein mit Zuwendungsmitteln angeschaffter Gegenstand für den Zuwendungszweck (mindestens) zu erhalten ist.
Eine vorzeitige zweckentfremdete Verwendung berechtigt zum Widerruf des Förderbescheids gem. § 49 Abs. 2 Nr. 3 LVwVfG BW. Diese negative Folge im Zuwendungsrecht entfällt, wenn die Zweckentfremdung erst nach Ablauf der Zweckbindungsfrist erfolgt.
Dies hat jedoch keine Auswirkungen im hier zu beurteilenden Leistungsrecht. Solange der Zweck - wie hier, die Einrichtung
wird weiterhin betrieben - noch weiterverfolgt wird, bleibt es beim subsidiären Zahlungsanspruch des Heimträgers gegen die
Heimbewohner, soweit sie für betriebsnotwendige Investitionen keine öffentlichen Mittel zur Verfügung gestellt bekommen haben.
Die Dauer der Zweckbindung kann also nur dann als Größe herangezogen werden, wenn die Förderung in den hier vorgegebenen 25
Jahren den Pflegebedürftigen vollständig zugutegekommen ist. War dies wie hier jedoch nicht der Fall, besteht der Status der
geförderten Einrichtung auch nach dem Auslaufen der Zweckbindungsfrist fort. Auch dies gilt unter dem Gesichtspunkt der Vermeidung
von Doppelfinanzierung zum einen durch die Landesförderung (berechnet auf 40,8 Jahre) und zum anderen durch künftig ungekürzte
Investitionskostensätze der Bewohner. Zudem wäre der im Hinblick auf die Landesförderung gewährte Preisnachlass der Stadt
M beim Verkauf des Gebäudes an die B-GmbH sonst nicht gerechtfertigt gewesen.
Im von dem Beklagten vorgelegten Abschlussbericht des Ministeriums für Soziales und Integration über die Arbeitsgruppe Investitionskostenberechnung
<Oktober 2015 bis Mai 2018> vom 6.6.2018 wird erwähnt, dass u.a. mit dem Paritätischen Wohlfahrtsverband als dem Dachverband
der Klägerin eine Einigung dahingehend erzielt wurde, dass sich die erfolgte Förderung auch nach Ablauf der Zweckbindungsfrist
so lange auswirkt, wie sie sich in den Investitionskostensätzen niederschlägt, also die Förderung einmal vollständig den Pflegebedürftigen
zugutegekommen sein muss, damit eine Einrichtung nicht mehr als gefördert gilt. Dies spricht für die hier vorgenommene Auslegung.
Ob diese Einigung tatsächlich zustande gekommen ist, was vom Kläger bestritten wird, kann jedoch dahinstehen, da dem Bericht
keine Bindungswirkung für die vorliegenden Parteien zukommt.
Gleiches gilt für das von dem Kläger in anonymisierter Form vorgelegte Protokoll mit Hinweis des Vorsitzenden und Vergleich
im Verfahren B 3 P 1/19 R. Zunächst vermag der Senat dem nichts Anderes zu entnehmen. Eine Bindungswirkung kommt dem Vergleich ohnehin nicht zu.
Soweit der Kläger noch auf § 76 Abs. 2 S. 2 SGB XII verweist und die Gefahr der Bereicherung des Trägers einer nicht geförderten Einrichtung auf Kosten der Fördermittelgeber
und der Bewohner deshalb für ausgeschlossen hält, weil die öffentliche Förderung zu berücksichtigen ist, trägt dies nicht.
Das Anrechnungsgebot des § 76 Abs. 2 S. 2 SGB XII ist nicht der Regelung des §
82 Abs.
3 und
4 SGB XI vergleichbar, die auf die Besonderheiten der für die gesetzliche Pflegeversicherung maßgebenden dualen Finanzierung zurückzuführen
ist (Tragung der Kosten für Pflegevergütung durch die Pflegekassen und Tragung der Kosten für Unterkunft, Verpflegung und
Versorgungsinfrastruktur durch die Länder), während das SGB XII von einer monistischen Finanzierung (Finanzierung der Vergütung der Leistungserbringer aus einer Hand) ausgeht (Lange in:
Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 76 SGB XII <Stand: 01.02.2020>, Rn. 70). Die Vorschrift kann also als Abgrenzungskriterium für eine geförderte oder nicht geförderte
Einrichtung und die Unterscheidung nach §
82 Abs.
3 oder Abs.
4 SGB XI nicht herangezogen werden. Zudem bezieht sie sich nur auf bedürftige Heimbewohner, für die eine Vereinbarung getroffen werden
muss, während die öffentliche Förderung dem Schutz aller Heimbewohner dient.
Die Kostenentscheidung beruht auf §197a Abs.
1 Satz 1
SGG i.V.m. §
155 Abs.
1 Satz 1
Verwaltungsgerichtsordnung (
VwGO). Sie berücksichtigt, dass - unter Berücksichtigung der für die getroffene Entscheidung vorgegebenen Rechtsauffassung des
Gerichts - der Kläger sich mit Blick auf seine Auffassung der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Schiedsspruchs nicht durchgesetzt
hat.
Die Revision war nach §
160 Abs.
2 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Die Rechtsfrage, ob sich die Einstufung einer Einrichtung als (noch) gefördert
i.S. von §
82 Abs.
3 SGB XI an der Zweckbindungsfrist des Förderbescheides oder an der erfolgten (längeren) Abschreibung der Förderung orientiert, ist
höchstrichterlich nicht geklärt, nachdem das Verfahren B 3 P 1/19 R durch einen hier nicht bindenden Vergleich und nicht durch Urteil erledigt wurde.