Gründe:
I. Der Kläger erstrebt die Gewährung von Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 20 v. H.
Der im Jahre 1970 geborene Kläger erlitt am 17.09.2007 im Rahmen seiner bei der Beklagten versicherten Tätigkeit als Leiharbeiter
in einer Gießerei eine Quetschverletzung des Endgliedes seines rechten Daumens. Diese wurde noch am selben Tage sowie am 24.10.2007
und am 23.01.2008 in der Klinik für Unfallchirurgie, Hand-, Plastische- und Wiederherstellungschirurgie des Universitätsklinikums
U. operativ versorgt. Bei der letztgenannten Operation erfolgte angesichts einer Beugekontraktur und der Ausbildung eines
Krallennagels eine Endgliedexartikulation sowie eine Nagelrestexzision am rechten Daumen mit nachfolgender plastischer Stufendeckung.
Im Rahmen der Abschlusskontrolle in der handchirurgischen Sprechstunde der besagten Klinik fanden sich am 28.02.2008 reizlose
Narbenverhältnisse, ein diskret auslösbarer Druckschmerz, eine diskrete Schwellung sowie eine Beweglichkeit im Grundgelenk
von 0-0-55°. Im an die Beklagte gerichteten Klinikbericht vom 11.03.2008 teilte der Leiter der Sektion Hand-, Plastische-
und Mikrochirurgie, Priv. Doz. Dr. M., mit, der Kläger sei seit dem 10.03.2008 wieder arbeitsfähig; eine MdE in rentenberechtigendem
Ausmaß könne verbleiben.
Gestützt auf die beratungsärztliche Stellungnahme des Chirurgen, Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. Sch. vom 31.03.2008 (Endgliedverlust
D1, Beweglichkeit Grundgelenk 0-0-50°; gem. den entsprechenden Tabellenwerten MdE 10 %), lehnte die Beklagte mit Bescheid
vom 09.04.2008 die Gewährung von Rente wegen der Folgen des Versicherungsfalles vom 17.09.2007 ab. Darüber hinaus heißt es
in der genannten Verwaltungsentscheidung, ein Anspruch auf Heilbehandlung wegen der Folgen des Versicherungsfalles bleibe
bestehen. Als Folgen des Versicherungsfalles wurden anerkannt: "Beugekontraktur rechter Daumen mit Krallennagel nach Hautablederung
des Endglieds des rechten Daumens mit nachfolgender Kürzung des Nagelkranzes". Den hiergegen mit dem Ziel der Gewährung von
Verletztenrente nach einer MdE um mindestens 30 v. H. erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom
29.07.2008 zurück.
Nach erfolgter Verweisung der am 27.08.2008 - entsprechend der Rechsbehelfsbelehrung im Widerspruchsbescheid - beim Sozialgericht
Konstanz erhobenen Klage holte das Sozialgericht U. schriftliche sachverständige Zeugenaussagen von Priv. Doz. Dr. M. und
des Orthopäden und Chirurgen Dr. F. ein.
Priv. Doz. Dr. M. führte unter dem 18.11.2008 aus, die Amputation des Daumenendgliedes werde nach der gängigen Literatur mit
einer MdE um 10 v. H. bewertet. Die Befunde vom 28.02.2008 sowie am 12.02.2008 radiologisch erhobene regelrechte Befunde mit
breitem Weichteilschatten und damit dokumentierter guter Bedeckung des Knochens sprächen auch vorliegend für eine solche Bewertung.
Dr. F. berichtete in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 23.01.2009, der Kläger beklage durch die Amputation
und die Stumpfbildung am rechten Daumen bedingte nadelstichartige Beschwerden im Stumpfbereich, Narbenschmerzen und ein extremes
Kältegefühl, sobald er ins Freie komme. Auf Grund der nicht unerheblichen Beschwerden des Klägers schätze er die MdE auf 10
v. H.
Auf Antrag des Klägers nach §
109 Sozialgerichtsgesetz (
SGG) erstattete der Chefarzt der Klinik für Unfall- und Wiederherstellungschirurgie des Klinikums Heidenheim, Priv. Doz. Dr.
Sch., das Gutachten vom 16.09.2009. Dieser diagnostizierte im Bereich des rechten Daumens Narbenverbildungen nach Endgliedamputation
und Lappenplastik, Dysästhesien im Bereich des Narbenstumpfes mit Verdacht auf Narbenneurom, eine Bewegungseinschränkung der
verbliebenen Daumengelenke mit deutlicher Minderung der Handkraft und der Greiffunktion sowie radiologische Veränderungen
mit Verdacht auf Knochendystrophie. Die MdE betrage 20 v. H. seit Wiedereintritt der Arbeitsfähigkeit am 10.03.2008. Maßgeblich
hierfür sei die eingeschränkte Funktion des rechten Daumens sowie die erhebliche sensomotorische Veränderung mit Verdacht
auf ein Narbenneurom.
Dieser Einschätzung schloss sich der Kläger an. Die Beklagte machte geltend, eine MdE um 20 v. H. liege nicht vor. Eine solche
Bewertung sei für den Verlust des gesamten Daumens gerechtfertigt. Damit seien die beim Kläger vorliegenden Unfallfolgen nicht
vergleichbar. Insbesondere seien bloße Verdachtsdiagnosen nicht als Unfallfolgen zu berücksichtigen.
Mit Urteil vom 10.05.2010 wies das Sozialgericht die Klage ab. Der Arbeitsunfall vom 17.09.2007 habe keine MdE in rentenberechtigendem
Grade hinterlassen. Dies ergebe sich aus der überzeugenden beratungsärztlichen Stellungnahme von Dr. Sch. vom 31.03.2008,
die von Priv. Doz. Dr. M. in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 18.11.2008 bestätigt worden sei. Der Einschätzung
von Priv. Doz. Dr. Sch. im Gutachten vom 16.09.2009 vermöge die Kammer nicht zu folgen. Denn der bloße Verdacht des Vorliegens
eines Narbenneuroms genüge für die vom Kläger erstrebte Bewertung der MdE mit 20 v. H. nicht. Diese Entscheidung wurde dem
Kläger am 15.07.2010 zugestellt.
Am 06.08.2010 hat der Kläger Berufung eingelegt und geltend gemacht, bei ihm liege ein Narbenneurom und nicht nur der Verdacht
auf ein solches vor.
Der Senat hat die ergänzende gutachterliche Stellungnahme von Priv. Doz. Dr. Sch. vom 06.10.2010 eingeholt. Darin ist ausgeführt,
es bestehe eine unzureichende Haut- und Muskelpolsterung im Amputationsbereich. Die dadurch verursachten Begleiterscheinungen
der Dysästhesien im Bereich des Narbenstumpfes seien präzisierend als vermehrte Druck- und Zugbelastung der Nervennarbe zu
bezeichnen. Eine Änderung der Einschätzung ergebe sich hieraus nicht.
Der Kläger beantragt unter Bezugnahme auf das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme von Priv. Doz. Dr. Sch.,
das Urteil des Sozialgerichts U. vom 10. Mai 2010 sowie den Bescheid vom 09. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides
vom 29. Juli 2008 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 17. September 2007
Verletztenrente nach einer MdE um 20 v. H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angegriffene Urteil und legt die beratungsärztliche Stellungnahme von Dr. Sch. vom 21.10.2010 vor. Darin
heißt es, Priv. Doz. Dr. Sch. habe bestätigt, dass ein Neurom nicht vorliege. Die Narbe sei verschieblich gewesen, so dass
sich Anhaltspunkte für die unzureichende Haut- und Muskelpolsterung nicht ergäben. Muskuläre Schonzeichen seien ebenfalls
nicht belegt. Die Voraussetzungen für eine Bewertung der MdE mit 20 v. H. seien weiterhin nicht erkennbar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Prozessakten des Senats
und des Sozialgerichts U. sowie die beigezogenen Unfallakten der Beklagten verwiesen.
II. Der Senat entscheidet ohne mündliche Verhandlung und ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter durch Beschluss, da er die
Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält (§
153 Abs.
4 SGG). Die Beteiligten sind hierzu gehört worden.
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Bescheid der Beklagten
vom 09.04.2008 und deren Widerspruchsbescheid vom 29.07.2008 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen
Rechten. Denn er hat keinen Anspruch auf Verletztenrente wegen der Folgen des Arbeitsunfalles vom 17.09.2007.
Rechtsgrundlage für die vom Kläger erstrebte Leistung ist §
56 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (
SGB VII). Danach haben Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall
hinaus um wenigstens 20 v. H. gemindert ist, Anspruch auf eine Rente (§
56 Abs.
1 Satz 1
SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens
die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente (§
56 Abs.
1 Satz 2
SGB VII). Die Folgen eines Versicherungsfalls sind dabei nach §
56 Abs.
1 Satz 3
SGB VII nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v. H. mindern.
Die MdE richtet sich nach dem Umfang der sich aus der Beeinträchtigung des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens ergebenden
verminderten Arbeitsmöglichkeiten auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens (§
56 Abs.
2 Satz 1
SGB VII). Die Bemessung der MdE hängt also von zwei Faktoren ab (vgl. BSG, Urteil vom 22.06.2004 - B 2 U 14/03 R - SozR 4-2700 § 56 Nr. 1), den verbliebenen Beeinträchtigungen des körperlichen und geistigen Leistungsvermögens und dem
Umfang der dadurch verschlossenen Arbeitsmöglichkeiten. Entscheidend ist nicht der Gesundheitsschaden als solcher, sondern
vielmehr der Funktionsverlust unter medizinischen, juristischen, sozialen und wirtschaftlichen Gesichtspunkten. Ärztliche
Meinungsäußerungen darüber, inwieweit derartige Beeinträchtigungen sich auf die Erwerbsfähigkeit auswirken, haben keine verbindliche
Wirkung, sie sind aber eine wichtige und vielfach unentbehrliche Grundlage für die richterliche Schätzung der MdE, vor allem
soweit sie sich darauf beziehen, in welchem Umfang die körperlichen und geistigen Fähigkeiten des Verletzten durch die Unfallfolgen
beeinträchtigt sind. Erst aus der Anwendung medizinischer und sonstiger Erfahrungssätze über die Auswirkungen bestimmter körperlicher
und seelischer Beeinträchtigungen auf die verbliebenen Arbeitsmöglichkeiten des Betroffenen auf dem Gesamtgebiet des Erwerbslebens
und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalles kann die Höhe der MdE im jeweiligen Einzelfall geschätzt
werden. Diese zumeist in jahrzehntelanger Entwicklung von der Rechtsprechung sowie dem versicherungsrechtlichen und versicherungsmedizinischen
Schrifttum herausgearbeiteten Erfahrungssätze sind bei der Beurteilung der MdE zu beachten; sie sind zwar nicht für die Entscheidung
im Einzelfall bindend, bilden aber die Grundlage für eine gleiche, gerechte Bewertung der MdE in zahlreichen Parallelfällen
der täglichen Praxis und unterliegen einem ständigen Wandel.
In Anwendung dieser Grundsätze ergibt sich für den Kläger in Ermangelung eines Stützrententatbestandes kein Rentenanspruch.
Denn die durch den Arbeitsunfall vom 17.09.2007 verursachten Funktionsbeeinträchtigungen rechtfertigen keine MdE um mindestens
20 v. H.
Nach den angeführten Erfahrungssätzen ist der Verlust des Daumenendgliedes in der Regel mit einer MdE um 10 v. H., der Verlust
des gesamten Daumens mit einer MdE um 20 v. H. zu bewerten (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit,
8. Aufl. 2010, Nr. 8.7.8 Seite 565, Abb. 1.1 und 1.2; Mehrhoff/Meindl/Muhr, Unfallbegutachtung, 12. Aufl. 2009, Anh. 1 Seite
258 ff., Abb. 1 und 31); dabei ist eine Unterscheidung zwischen Gebrauchs- und Beihand bzw. Hilfshand für die Einschätzung
grundsätzlich nicht entscheidend (vgl. auch hierzu Mehrhoff/Meindl/Muhr, aaO., Anh. 1 Seite 257). Allerdings setzen die Erfahrungswerte
voraus, dass der Amputationsstumpf gut einsetzbar ist, Durchblutungs- und Sensibilitätsstörungen sowie Neurome nicht vorliegen
und vorhandene Gelenke der teilamputierten Finger sowie nicht betroffene Nachbarfinger frei in der Bewegung sind (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin,
aaO.).
In Anwendung dieser Grundsätze ist für den vom Kläger infolge des Unfalles erlittenen Verlust des Daumenendgliedes für sich
allein von einer MdE um 10 v. H. auszugehen. Diese wird durch die weiteren unfallbedingten Funktionsbeeinträchtigungen nicht
auf 20 v. H. erhöht.
Dies gilt zunächst für die von Priv. Doz. Dr. Sch. im nach §
109 SGG erstatteten Gutachten vom 16.09.2009 mitgeteilten Einschränkungen der motorischen Funktion des Daumens an der rechten Hand.
So sind die Verringerung der Handspanne (rechts 15 cm, links 20,5 cm), die dem Kläger nicht mögliche Opposition des Daumens
zum fünften Finger rechts und der inkomplette Faustschluss der rechten Hand im Wesentlichen auf die - wie oben ausgeführt
- mit einer MdE um 10 v. H. zu bewertende Verkürzung des Daumens durch Verlust des Endgliedes zurückzuführen. Soweit die genannten
Funktionsbeeinträchtigungen durch die eingeschränkte Beweglichkeit des Daumens verstärkt werden (vgl. hierzu Gutachten von
Priv. Doz. Dr. Sch. vom 16.09.2009), handelt es sich hierbei nicht um im Ergebnis ausschlaggebende Bewegungseinschränkungen.
Bezogen auf die Beugung des Grundgelenks mit 0-10-40° hat Priv. Doz. Dr. Sch. eine etwa hälftige Bewegungseinschränkung des
rechten gegenüber dem linken Daumen (0-0-80°) erhoben (vgl. das Gutachten vom 16.09.2009). Hierbei handelt es sich allerdings
im Vergleich zu dem für die Beurteilung der Funktionseinschränkungen maßgeblichen "Normalwert" nach der Neutral-Null-Methode
von 0-0-50° (vgl. hierzu http://anhaltspunkte.vsbinfo.de/grundsaetze/nom1.htm) um eine eher leichtgradige Beeinträchtigung
der Beweglichkeit, zumal Priv. Doz. Dr. M. am 28.02.2008, also rund einen Monat nach der Amputation des Daumenendgliedes am
23.01.2008, sogar eine im Normbereich liegende Beweglichkeit von 0-0-55° erhoben hatte (vgl. den Klinikbericht vom 11.03.2008).
Als weitere Bewegungseinschränkung fand sich bei der Untersuchung durch Priv. Doz. Dr. Sch. lediglich noch eine Verringerung
des Abspreizwinkels zwischen dem 1. und 2. Mittelhandknochen in der Handebene von 0-0-50° rechts gegenüber dem links gemessenen
Normalwert von 0-0-70°; rechtwinklig zur Handebene erbrachte die Untersuchung demgegenüber mit einem Winkel von 0-0-70° rechts
(0-0-80° links) einen Normalbefund.
Diese Bewegungseinschränkungen mindern die für die Funktionsbeurteilung wesentliche Greiffunktion der rechten Hand nicht in
einem Maße, das dem - wie oben ausgeführt - mit einer MdE um 20 v. H. zu bewertenden gänzlichen Verlust des Daumens gleichzusetzen
wäre. Denn im Gutachten von Priv. Doz. Dr. Sch. vom 16.09.2009 ist insoweit ausgeführt, dass bei der Überprüfung der üblichen
Varianten die Opposition des rechten Daumens zum zweiten, dritten und vierten Finger unproblematisch war, sich die Greiffunktion
zwischen dem ersten und zweiten Finger der rechten Hand demonstrieren ließ und auch das feinmotorische Halten z. B. eines
Blattes möglich war.
Aber auch unter Berücksichtigung einer von Priv. Doz. Dr. Sch. berichteten deutlichen Minderung der Handkraft sowie der von
Dr. F. in der schriftlichen sachverständigen Zeugenaussage vom 23.01.2009 bestätigten Dysästhesien im Bereich des Narbenstumpfes
mit vermehrtem Kälteempfinden und Berührungsschmerzen steht dem Kläger keine MdE um 20 v. H. zu. Zwar führen die genannten
Beschwerden - worauf der Prozessbevollmächtigte des Klägers bereits im Widerspruchsverfahren hingewiesen hat - dazu, dass
der Amputationsstumpf des rechten Daumens des Klägers "nicht gut einsetzbar" ist. Indes hat dies angesichts der dennoch erhaltenen
- im Gutachten von Priv. Doz. Dr. Sch. berichteten und bereits oben angeführten - wesentlichen Greiffunktionen der rechten
Hand nicht zur Folge, dass sich die Beeinträchtigungen des Klägers mit den Funktionsbeeinträchtigungen bei Verlust des Daumens
und damit der Greiffunktion gleichstellen ließen. Auf die Frage, ob die genannten Dysästhesien mit vermehrtem Kälteempfinden
und Berührungsschmerzen auf ein vom Sachverständigen Priv. Doz. Dr. Sch. zunächst vermutetes Narbenneurom (vgl. hierzu das
Gutachten vom 16.09.2009) zurückzuführen sind, kommt es dabei nicht an.
Gleiches gilt schließlich mit Blick auf eine von Priv. Doz. Dr. Sch. berichtete und einerseits als deutliche Dystrophie sowie
andererseits als Verdacht auf Knochendystrophie eingeschätzte Entkalkung des Mittelgliedknochens (vgl. hierzu das Gutachten
vom 16.09.2009). Denn hieraus ergibt sich allenfalls das Risiko zukünftiger weiterer Funktionsbeeinträchtigungen. Maßgeblich
für die hier zu treffende Entscheidung sind aber die derzeitigen unfallbedingten funktionellen Einschränkungen.
Nach alledem vermag der Senat der Einschätzung der MdE durch Priv. Doz. Dr. Sch. im nach §
109 SGG erstatteten Gutachten vom 16.09.2009 und in der ergänzenden gutachterlichen Stellungnahme vom 06.10.2010 nicht zu folgen.
Anlass zu weiteren Ermittlungen ergibt sich hieraus indes nicht. Den hilfsweise gestellten Beweisantrag des Klägers, den Sachverständigen
zur Erläuterung seiner fachärztlichen Ausführungen mündlich zu hören, lehnt der Senat ab, da er die Einvernahme nicht für
erforderlich hält.
Die Ladung des gerichtlichen Sachverständigen zur Erläuterung seines - auch nach §
109 SGG erstatteten - schriftlichen Gutachtens (§
118 Abs.
1 SGG i. V. mit §
411 Abs.
3 Zivilprozessordnung [ZPO]), steht grundsätzlich im Ermessen des Gerichts. Der Ermessensfreiraum verdichtet sich allerdings dann zu einer Verpflichtung
des Gerichts zur Ladung des gerichtlichen Sachverständigen, wenn eine solche beantragt ist und darüber hinaus noch Ermittlungsbedarf
besteht, sich also das Gericht gedrängt fühlen muss, hinsichtlich des von dem Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten
behandelten Beweisthemas noch weitere Sachaufklärung zu betreiben. Daneben hat der Verfahrensbeteiligte grundsätzlich - zur
Gewährleistung des rechtlichen Gehörs - ein Recht auf Befragung eines Sachverständigen, der ein (schriftliches) Gutachten
erstattet hat (§§
116 Satz 2,
118 Abs.
1 SGG i. V. mit §§
397,
402,
411 Abs.
4 ZPO; §
62 SGG), das unabhängig von dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts besteht, bei einem erläuterungsbedürftigen schriftlichen Gutachten
nach §
411 Abs.
3 ZPO das Erscheinen des Sachverständigen anzuordnen. Dieses Fragerecht ist Ausfluss des Anspruchs auf rechtliches Gehör (Art.
103 Abs.
1 Grundgesetz [GG]) und darf nur bei Missbrauch ausgeschlossen werden. Im sozialgerichtlichen Verfahren sind jedoch Einschränkungen des
Fragerechts der Beteiligten geboten, die ihren Grund in der gesetzlich vorgeschriebenen Aufklärungspflicht des Gerichts finden
(§
103 SGG). Wenn es nach seiner Auffassung alles getan hat, um den Sachverhalt umfassend aufzuklären, muss es sich, auch durch zusätzliche
Fragen der Beteiligten, nicht mehr gedrängt fühlen, dem nachzugehen und den Beteiligten Gelegenheit zu geben, Fragen direkt
an den Sachverständigen zu stellen (vgl. zu alledem BSG, Urteil vom 12.04.2000 - B 9 SB 2/99 R - SozR 3-1750 § 411 Nr. 1 m. w. N.; vgl. auch Bayerisches LSG, Urteil vom 09.11.2006 - L 3 U 269/03 - zit. nach juris).
Ein solcher weiterer Aufklärungsbedarf besteht vorliegend nicht. Der Kläger hat zur Begründung seines Antrags mit Schriftsatz
seines Prozessbevollmächtigten vom 23.11.2010 vorgetragen, die Arztgutachten seien teilweise widersprüchlich und es bestünden
Unklarheiten zu einem Arztgutachten. Zwar divergieren beide Gutachten, was die unzureichende Haut- und Muskelpolsterung anbelangt.
Dies begründet aber nicht die Erforderlichkeit, den Sachverständigen einzuvernehmen. Denn eine Unverständlichkeit, Unvollständigkeit
oder gar widersprüchliche Aussagen des Sachverständigen Priv. Doz. Dr. Sch., deren Geltendmachung allein dem Fragerecht Rechnung
trägt (so BSG, Urteil vom 09.12.2010 - B 13 R 170/10 B - zit. nach juris), behauptet der Kläger nicht. Vielmehr erachtet er das Gutachten für maßgeblich, da es auf einer persönlichen
Untersuchung beruht. Dadurch hat er keine erläuterungsbedingten Punkte aufgezeigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 Abs.
1 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.