Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Höhe des Blindengeldanspruchs der Klägerin für die Zeit stationärer Krankenhausaufenthalte
streitig. Im Einzelnen streiten sie über die Aufstockung von Blindengeld für die Zeit, in der der Vater der Klägerin als Begleitperson
in den Krankenhäusern mit aufgenommen worden ist.
Die Klägerin, die 1972 geboren ist, leidet an einer Cerebralparese nach Hypoxie mit spastischer Tetraparese, einer schweren
kongenitalen Sehstörung, Residualepilepsie, Intelligenzminderung und Inkontinenz. Laut der aktuellen hausärztlichen Bescheinigung
vom 21.10.2013 besteht zudem eine ausgeprägte Kyphoskoliose, eine bipolare Störung mit teils ausgeprägter Fluktuation, eine
Neurodermitis bei multiplen Allergien sowie eine chronische myeloische Leukämie in Remission. Weiter besteht Zustand nach
Dekortikation und Rippenresektion bei rezidivierenden Pleuraergüssen links. Es ist, so der Internist und Hausarzt der Klägerin,
von einer chronisch progredienten Verschlechterung des Gesamtbildes auszugehen.
Die Klägerin wohnt üblicherweise unter der Woche im Wohnheim H. I ... Der im Nachfolgenden geschilderte Ablauf ist zwischen
den Beteiligten unstreitig:
- Die Klägerin hielt sich bis 23.12.2010 wie üblich im H. auf.
- Vom 23. bis 25.12.2010 war die Klägerin bei ihrem Vater zu Hause.
- Vom 25.12.2010 bis 26.01.2011 wurde die Klägerin stationär K. im wegen Wasser in der Lunge behandelt.
- Vom 26.01. bis 04.02.2011 wurde die Klägerin in den A. Fachkliniken D-Stadt-E-Stadt, , wegen derselben Erkrankung behandelt.
- Vom 04.02. bis 02.03.2011 erfolgte die Behandlung wieder im K ...
Im Zeitraum vom 25.12.2010 bis 10.02.2011 war der Vater der Klägerin jeweils stationär als Begleitperson in den Krankenhäusern
mit aufgenommen.
Mit Schreiben vom 06.03.2011 beantragte der Vater der Klägerin, der auch ihr Betreuer ist, beim Beklagten Aufstockung des
Blindengelds, da die Klägerin im Zeitraum vom 23.12.2010 bis 02.03.2011 vom Wohnheim abwesend gewesen und vom Kläger betreut
worden sei. Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 16.06.2011 lehnte der Beklagte die Zahlung von Aufstockungsbeträgen für
die Klägerin wegen Abwesenheitszeiten vom Heim ab. In der Zeit vom 01.12.2010 bis 30.04.2011 ergäben sich keine Aufstockungsbeträge,
da die Klägerin das H. nie länger als sechs zusammenhängende Tage verlassen habe, wobei bei der Berechnung An- und Abreisetage
nicht berücksichtigt hätten werden können.
Gegen die Ablehnung erhob die Klägerin am 28.06.2011 Widerspruch. Dieser wurde damit begründet, dass die Klägerin am 23.12.2010
das Heim verlassen und erst am 01.03.2011 wieder zurückgekommen sei. Der Vater der Klägerin sei in der Zeit vom 25.12.2010
bis zum 10.02.2011 Tag und Nacht (24 Stunden) in der Klinik bei der Klägerin gewesen und danach bis zum 01.03.2011 täglich
am Vormittag ca. 2 Stunden und abends weitere 2 Stunden und habe seine Tochter jeweils versorgt. Mit Widerspruchsbescheid
vom 27.07.2011 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, da das Krankenhaus eine gleichartige Einrichtung
im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Bayer. Blindengeldgesetz (BayBlindG) sei, da dort über Unterkunft und Verpflegung hinaus weitere Betreuungsleistungen angeboten würden. Der Aufenthalt in einem
Krankenhaus sei insoweit dem Heimaufenthalt gleichgestellt.
Hiergegen hat die Klägerin am 08.08.2011 Klage zum Sozialgericht München (SG) erhoben. Die Klage ist damit begründet worden, dass das Krankenhaus keine gleichartige Einrichtung sei. In einem Krankenhaus
würden keine weiteren Betreuungsleistungen angeboten, sodass dieses keiner Wohnheimeinrichtung gleichzusetzen sei. Andernfalls
hätte der Vater der Klägerin ja keine 24-Stunden-Betreuung durchführen müssen. Später hat die Klägerin (über ihren Vertreter)
darauf hingewiesen, dass ein Krankenhaus möglicherweise eine gleichartige Einrichtung wie ein Wohnheim darstelle und möglicherweise
auch regelmäßig diese Betreuungsleistungen anbiete. Allerdings sei vorliegend für den Vater der Klägerin eine Einweisung in
die Klinik angeordnet worden, so dass aus diesem Grund nicht mehr eine Gleichsetzung mit der Betreuung in einer Wohnheimeinrichtung
möglich sei.
Der Beklagte hat im Schriftsatz vom 22.08.2011 auf die Gründe der angefochtenen Bescheide sowie im Einzelnen auf die Gesetzesbegründung
zu Art. 2 Abs. 2 BayBlindG verwiesen. Entscheidend sei allein, ob die neben Unterkunft und Verpflegung angebotenen Betreuungsleistungen grundsätzlich
geeignet seien, während des häuslichen Aufenthalts möglicherweise anfallende spezifisch blindheitsbedingte Mehraufwendungen
zu ersetzen. Aufenthalt in einem Heim bedeute, dass der Blinde einer Organisationseinheit angehöre, Personal zur Betreuung
bereit stehe und ein Träger den Betrieb der Einrichtung sicherstelle. Der Unterschied zwischen einem Heimaufenthalt und häuslichem
Wohnen liege in der Unselbständigkeit der Wohnform. Als Betreuungsleistungen kämen z.B. Rufbereitschaft in der Nacht und vorübergehende
Pflege im Krankheitsfall in Betracht. Da Blindheit nicht mit Pflegebedürftigkeit gleichzusetzen sei, müssten keine pflegerischen
Leistungen angeboten werden. Der Begriff des Heims im BayBlindG sei also nicht identisch mit demjenigen der vollstationären Einrichtung im Sinne des §
43 SGB XI. Nicht entscheidend sei, ob der Blinde die Betreuungsangebote auch tatsächlich nutze. Die Betreuungsleistungen müssten in
den Heimkosten enthalten sein. Danach seien Krankenhäuser als gleichartige Einrichtungen anzusehen, was jahrelanger Verwaltungspraxis
entspreche.
Im Folgenden hat die Barmer GEK auf Anfrage des SG mitgeteilt, dass bezüglich der Abrechnung einer Begleitperson für die Klägerin bei einem stationärem Krankenhausaufenthalt
keine ärztliche Verordnung vorgelegen habe; die Kosten seien aufgrund amtlich festgelegter Pflegestufe III ohne weitere Prüfung
übernommen worden.
Auf weitere gerichtliche Anfragen hat das K., Technische Universität D-Stadt, mitgeteilt, dass der Vater der Klägerin in der
Zeit vom 25.12.2010 bis 26.01.2011 sowie vom 04.02.2011 bis 10.02.2011 als Begleitperson mit aufgenommen worden sei, da die
medizinische Notwendigkeit der Mitaufnahme einer Begleitperson von den behandelnden Ärzten jeweils bestätigt worden sei. Das
biete die Betreuungsleistungen für blinde Personen Begleitung innerhalb des Zimmers und des Hauses zu Speisesaal/Cafeteria
oder in den Garten, gelegentliches Vorlesen von Post, Erledigen von Schreibarbeiten, sozialtherapeutische Betreuung für Blinde
sowie Training lebenspraktischer Fertigkeiten (z.B. Orientierung) leider nicht an.
Ferner hat der Vater der Klägerin darauf hingewiesen, dass die gesetzliche Krankenkasse von ihm keine Zuzahlung gefordert
habe. Ansonsten müsse von einer Begleitperson täglich ein Betrag von 56,25 EUR selbst bezahlt werden.
Mit Schreiben vom 20.10.2011 haben die A. Fachkliniken D-Stadt-E-Stadt bestätigt, dass die Anwesenheit einer Begleitperson
der Klägerin vom behandelnden Stationsarzt als notwendig betrachtet worden sei; in der ärztlichen Bescheinigung ist bestätigt,
dass für die Klägerin aus medizinisch-psychologischen Gründen und zur Verbesserung der pflegerischen Versorgung die häufige
Anwesenheit einer vertrauten Bezugsperson notwendig sei. Grundsätzlich würden die Pflegekräfte auf den Stationen der A. Fachkliniken
D-Stadt-E-Stadt die für ein Krankenhaus üblichen Betreuungsleistungen für Patienten anbieten. Die pflegerische Intensität
für Menschen mit besonderen Behinderungen, wie sie in einem speziellen Heim oder einer Unterkunft angeboten würden, könnten
in den A. Fachkliniken D-Stadt-E-Stadt in diesem Umfang nicht gewährleistet werden. Besondere Betreuungsangebote für blinde
Patienten oder eine Verstärkung der Personaldecke zur Abdeckung des bei derartigen Behinderungen anfallenden Mehraufwandes
bestünden ebenfalls nicht. Ebenso wenig hätten die Mitarbeiter eine spezielle Ausbildung für die Versorgung blinder Patienten
durchlaufen. Hilfestellungen für den Weg zur Toilette, bei Transporten innerhalb des Hauses oder beim Essen würden wie in
jedem üblichen Krankenhaus durchgeführt, wobei auf Dauer nicht gewährleistet werden könne, dass die Intensität den erhöhten
Bedürfnissen einer blinden Person vollumfänglich gerecht werde.
In der mündlichen Verhandlung am 10.05.2012 hat der Vertreter der Klägerin erklärt, dass er eine Aufstockung des Blindengelds
nur für die Zeiten begehre, in denen er auf ärztliche Anordnung hin seine Tochter im Krankenhaus betreut hat. Auf die mündliche
Verhandlung hat das SG die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen des Urteils hat das Gericht ausgeführt, davon überzeugt zu sein, dass es
sich bei einem Krankenhaus üblicherweise um eine gleichartige Einrichtung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 BayBlindG handle. Das Gericht habe keine Zweifel daran, dass in einem Krankenhaus ähnliche Leistungsangebote vorgehalten würden, wie
dies in einem Heim geschehe. So seien in einem Krankenhaus offensichtlich z.B. die folgenden Betreuungsleistungen üblich:
Krankenpflege, ständige Rufbereitschaft, Hilfe bei Formalitäten rund um den Krankenhausaufenthalt, Transport im Haus, Hilfestellung
für den Weg zur Toilette, Hilfestellung beim Essen, evtl. Sozialberatung. Der Umstand, dass beide Kliniken, in denen die Klägerin
behandelt worden sei, und üblicherweise auch alle anderen Krankenhäuser keine besonderen behindertenspezifischen Betreuungsleistungen
anböten, ändere an der Gleichartigkeit nichts. Die aufgeführten Betreuungsleistungen, die üblicherweise in einem Krankenhaus
angeboten würden, führten zur Überzeugung des SG zu einer nicht gänzlich unerheblichen Ersparnis an blindheitsbedingten Mehraufwendungen, auch wenn sie sicher nicht an die
Betreuungsleistungen in einem Blindenheim heranreichen würden. Für die Frage, ob es sich bei einem Krankenhaus um eine gleichartige
Einrichtung im Sinne der genannten gesetzlichen Vorschrift handle, sei nicht erheblich, ob aus medizinischen Gründen eine
Mitaufnahme einer Begleitperson in ein Krankenhaus erforderlich sei. Da die Klägerin nie länger als sechs volle zusammenhängende
Tage vom Wohnheim bzw. dem Krankenhaus abwesend gewesen sei, könne eine Aufstockung des Blindengelds nicht erfolgen. Der Umstand,
dass die Klägerin nicht unmittelbar aus dem Wohnheim ins Krankenhaus eingeliefert worden, sondern zwischenzeitlich zu Hause
gewesen sei, ändere hieran nichts. Zwar könne man aus dem Wortlaut von Art. 2 Abs. 2 Satz 2 BayBlindG u.U. entnehmen, dass bei jedem Wechsel der Einrichtung das volle Blindengeld erst mit Beginn des übernächsten Monats, der
auf den Eintritt in die Einrichtung folge, auf die Hälfte gekürzt werde. Eine solche Auslegung könne aber nicht im Sinne des
Gesetzgebers sein. Denn es könne für die Kürzung des Blindengelds nicht darauf ankommen, ob ein Wechsel der Einrichtung stattfinde
oder ob ein Blinder sich ständig in derselben Einrichtung befinde. Der Wechsel von einer Einrichtung in eine andere (im Sinne
des Gesetzes) müsse gleichbehandelt werden wie ein durchgängiger Aufenthalt in nur einer Einrichtung. Gleiches müsse dann
aber auch gelten, wenn zwischen dem Wechsel zwischen zwei Einrichtungen einige Tage Abwesenheit von einer Einrichtung (wie
z.B. der Aufenthalt zu Hause) lägen. Ansonsten würde jemand, der die Einrichtung wechsle, gegenüber demjenigen, der immer
wieder nach kurzen Abwesenheitszeiten in dieselbe Einrichtung zurückkehre, bevorzugt.
Da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung habe, hat das SG die Berufung gegen das Urteil ausdrücklich zugelassen.
Am 22.05.2012 hat die Klägerin über ihren Vertreter beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) Berufung eingelegt. Bei der Beurteilung
durch das SG sei lediglich die Klinik einer Behinderteneinrichtung gleichgestellt worden, die ggf. die Leistungen entsprechend eines Pflegeheims
erbringen könne. Dies sei in der Regel auch der Fall und werde nicht bestritten. Bei der Einweisung der Klägerin in die Klinik
habe der zuständige Arzt aber ausdrücklich festgestellt, dass die Klinik für die Tochter diese Leistungen nicht erbringen
könne. Es sei also nicht zu klären, ob eine Klinik grundsätzlich die Leistungen entsprechend eines Pflegeheims erbringen könne,
sondern ob eine Klinik, die ausdrücklich die grundsätzlichen Leistungen entsprechend eines Pflegeheims ausschließe, einem
solchen noch gleichgestellt werden könne.
Im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage am 23.09.2013 hat der Klägervertreter erklärt, dass er ab dem 11.02.2011
nicht mehr im Krankenhaus mit dabei gewesen sei, da er zu Hause seine schwerkranke Frau habe pflegen müssen. Allerdings sei
er in der Zeit ab 11.02.2011 durchschnittlich etwa zweimal zwei Stunden pro Tag in der Klinik bei seiner Tochter zur Betreuung
gewesen. Seine Tochter habe ihn ab 11.02.2011 genauso gebraucht wie in der Zeit vorher; er, der Vater, habe wegen seiner schwerkranken
Frau aber eben nicht mehr im bisherigen Umfang mithelfen können. Auf Nachfrage des Gerichts hat der Beklagte bekräftigt, es
sei ständige Verwaltungspraxis, dass auch bei lang dauernden Krankenhausenthalten von Blinden, die nicht in Heimen leben würden,
das Blindengeld gekürzt werde.
Im weiteren Verlauf des Verfahrens hat der Senat zur Sachverhaltsaufklärung eine Stellungnahme der Bayerischen Krankenhausgesellschaft
vom 28.10.2013 zur Frage der Mitbetreuung von Krankenhauspatienten durch Angehörige, eine ärztliche Bescheinigung des Hausarztes
der Klägerin sowie den Entlassungsbericht der A. Fachkliniken D-Stadt-E-Stadt bezüglich des streitgegenständlichen Krankenhausaufenthalts
eingeholt.
Hierzu hat sich der Klägervertreter mit Schriftsatz vom 11.11.2013 geäußert. Dass die Krankenhäuser ihre Einrichtungen und
das Personal positiv bewerteten, sei eigentlich selbstverständlich. Die Stellungnahme gehe auf die Situation Blinder und deren
besonderen Bedarf nicht ein; eine ausreichende Würdigung finde nicht statt. Weiter hat der Klägervertreter auf den großen
Unterschied hingewiesen, der darin bestehe, ob begleitende Angehörige auf eigenen Wunsch mit aufgenommen würden oder ob wie
vorliegend eine ärztliche Anordnung bzw. Kostenübernahme durch die Krankenkasse erfolge. Zudem hat er hervorgehoben, dass
in einem Krankenhaus die Arbeitsgänge optimal organisiert sein müssten, so dass zusätzlicher Aufwand nur in geringem Maße
mit sehr großen Einschränkungen möglich sei; hierzu gehörten nahezu keine auf Blinde bezogene Aufgaben. Die Leistungen der
Krankenhäuser würden sich nur auf die medizinische Behandlung und die pflegerische Versorgung zur Hygiene und für die Mahlzeiten
beziehen; alle anderen persönlichen Bedürfnisse seien keine Leistungen eines Krankenhauses. Genau darauf baue das Blindengeld
auf.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG vom 10.05.2012 sowie den Bescheid vom 16.06.2011 in der Gestalt des Widerspruchbescheids vom 27.07.2011 aufzuheben und den
Beklagten zu verurteilen, das an die Klägerin gezahlte Blindengeld für den Zeitraum vom 23.12.2010 bis zum 10.02.2011 gemäß
Art. 2 Abs. 3 BayBlindG aufzustocken.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Berufungsakte, die Gegenstand der mündlichen
Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig (Art. 7 Abs. 3 BayBlindG i.V.m. §§
143,
151 SGG), jedoch nicht begründet.
Das LSG ist an die Zulassung der Berufung gebunden, §
144 Abs.
3 SGG; es kommt nicht darauf an, ob die Voraussetzungen hierfür vorliegend gegeben waren.
Die Klägerin hat in der Sache keinen Erfolg. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt sie nicht in ihren Rechten.
Die Klägerin hat für den streitgegenständlichen Zeitraum (vom 23.12.2010 bis 10.02.2011) keinen Anspruch auf ein gem. Art.
2 Abs. 3 BayBlindG aufgestocktes Blindengeld.
Art. 2 BayBlindG regelt die Höhe des Blindengelds wie folgt:
(1) Das Blindengeld wird monatlich in Höhe von 85 v. H. des in § 72 Abs. 2 Satz 1 Halbsatz 1 in Verbindung mit § 72 Abs. 2 Satz 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch genannten Betrags gezahlt; ein nicht auf volle Euro errechneter Betrag ist von 0,50 EUR an aufzurunden und im Übrigen abzurunden.
(2) Blinde Menschen, die sich in einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung befinden, erhalten die Hälfte des Betrags
nach Absatz 1, wenn
1.die Kosten des Aufenthalts ganz oder teilweise aus Mitteln öffentlich-rechtlicher Leistungsträger getragen werden oder
Das gilt vom ersten Tag des übernächsten Monats an, der auf den Eintritt in die Einrichtung folgt, für jeden vollen Kalendermonat
des Aufenthalts.
(3) Für jeden vollen Tag vorübergehender Abwesenheit von der Einrichtung wird Blindengeld in Höhe von je einem Dreißigstel
des Betrags nach Absatz 1 gewährt, wenn die vorübergehende Abwesenheit länger als sechs volle zusammenhängende Tage dauert.
Der Betrag nach Absatz 2 wird im gleichen Verhältnis gekürzt.
Zentrale Bedeutung hat vorliegend somit die Frage, ob die beiden Krankenhäuser, in denen die Klägerin behandelt worden ist,
Heime oder gleichartige Einrichtungen im Sinne von Art. 2 Abs. 2 BayBlindG darstellen. Hierzu liegt bisher keine Rechtsprechung des erkennenden Senats vor. Nach dem Gesamtergebnis des Verfahrens steht
nun zur Überzeugung des Senats fest, dass sich die Klägerin während ihrer Behandlung im K., D-Stadt, und in den A. Fachkliniken
D-Stadt-E-Stadt in einer gleichartigen Einrichtung im Sinne der genannten Vorschrift befunden hat, so dass eine Aufstockung
des Blindengelds nicht zu erfolgen hatte.
Dass Krankenhäuser eine solche gleichartige Einrichtung darstellen, kann nicht, anders als offenbar von verschiedenen Seiten
ausgegangen wird (vgl. Demmel, Die Entwicklung und Bedeutung der öffentlich-rechtlichen Blindengeldleistung als Sozialleistung,
2003, S. 297; OVG Lüneburg vom 12.12.1990 - Az.: 4 L 93/89), ohne Weiteres angenommen werden, wie sich aus Folgendem ergibt:
1. Eine Definition des Begriffs der "gleichartigen Einrichtung" enthält das BayBlindG selbst nicht. Somit lässt sich dem Gesetz nicht unmittelbar entnehmen, ob es sich bei den genannten Krankenhäusern um eine
solche Einrichtung handelt.
Die Bedeutung des Begriffs lässt sich jedoch auch ohne einen Rückgriff auf entsprechende Bestimmungen anderer Gesetze, vor
allem des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) und des Sozialgesetzbuches Zwölftes Buch (SGB XII) erschließen, wie das BSG in seiner Entscheidung vom 05.12.2001, Az. B 7/1 SF 1/00 R, überzeugend für eine entsprechende niedersächsische Blindengeldnorm festgestellt hat, die ebenfalls den Einrichtungsbegriff
nicht näher bestimmt. Nach Auffassung des erkennenden Senats kommt es somit entgegen einer auf die Rechtseinheit abstellenden
Ansicht (z.B. Demmel, a.a.O., S. 296; OVG Lüneburg, a.a.O.) nicht darauf an, welche Bedeutung den Begriffen "Anstalt", "Heim"
und "gleichartige Einrichtung" in § 67 BSHG in den Fassungen vom 23.03.1994 und 23.07.1996 bzw. § 97 BSHG in der Fassung vom 23.03.1994 zugemessen worden ist. Entsprechendes gilt für die Definition der Einrichtungen in § 13 Abs. 2 SGB XII oder § 72 Abs. 3 SGB XII jeweils in der derzeit geltenden Fassung. Maßgeblich kann im Hinblick auf die vorliegenden landesrechtlichen Normen und die
hierzu bestehenden Materialien auch nicht der Rückgriff auf die Gesetzgebungsgeschichte von § 67 BSHG sein sowie, dass - wie das OVG in der oben genannten Entscheidung ausgeführt hat - der Bundesgesetzgeber den Begriff der
gleichartigen Einrichtung weit verstanden wissen und die Krankenhäuser einbezogen haben wollte (a.a.O., m.w.N.).
2. Aus der Gesetzesbegründung zu Art. 2 Abs. 2 BayBlindG geht nämlich ohne Weiteres hervor (Landtagsdrucksache 13/458), dass Heim im Sinne des Gesetzes eine Einrichtung sein soll,
die neben Unterkunft und Verpflegung auch Betreuungsleistungen vorhält. Eine Einrichtung, die - wie ein Hotel - nur Unterkunft
und Verpflegung anbietet, fällt nach dem Willen des Gesetzgebers nicht unter die Regelung. Nicht notwendig ist aber, dass
sich der Berechtigte in einem "Pflegeheim" aufhält. Bei der Ausführung des vormals geltenden Zivilblindenpflegegeldgesetzes
hat sich nach Auffassung des Gesetzgebers gezeigt, dass eine Unterscheidung zwischen blindengerechten und nicht blindengerechten
Einrichtungen (Art. 2 Abs. 3 Zivilblindenpflegegeldgesetz) nicht praxisgerecht ist, weil sich keine eindeutigen Kriterien
für die Prüfung der "Blindengerechtheit" finden lassen. Durch die Bezeichnung "Heim oder gleichartige Einrichtung" wird deutlich,
dass eine "gleichartige Einrichtung" ähnliche Leistungsangebote vorhalten muss wie ein Heim.
3. Maßgeblich ist weiter, dass, wie der Senat in seinem Urteil vom 16.07.2002 (Az.: L 15 BL 6/01) bereits entschieden hat, es nicht darauf ankommt, aus welchem Grund das Heim bzw. die Einrichtung existiert und warum sich
eine blinde bzw. sehbehinderte Person dort aufhält. Entsprechendes gilt auch für die Betreuungsleistungen (a.a.O.).
4. Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 05.12.2001, a.a.O.) liegt eine Einrichtung im oben genannten Sinn nur dann vor, wenn Blinde infolge der in der
Einrichtung gewährten Betreuungsleistungen von blindheitsbedingten Mehraufwendungen nicht unerheblich entlastet werden. Dies
entspricht auch der Auffassung des Senats (Urteil vom 16.07.2002, a.a.O.) und vor allem auch der im Freistaat Bayern gegebenen
gesetzlichen Situation und den Motiven des Landesgesetzgebers (vgl. hier vor allem Landtagsdrucksache 13/458, Gesetzentwurf
der Staatsregierung Ziff. B. a.E., wo zusammenfassend festgestellt wird, dass sich die Änderungen bezüglich der Regelungen
für Blinde in Heimen durch die verminderten blindheitsbedingten Mehraufwendungen der Heimbewohner im Verhältnis zu Blinden
in häuslicher Umgebung rechtfertigen.). In Art. 1 Abs. 1 BayBlindG ist ausdrücklich vorgesehen, dass blinde Menschen Blindengeld zum Ausgleich der blindheitsbedingten Mehraufwendungen enthalten.
In seinem Urteil vom 16.07.2002 (a.a.O.) hat der Senat ausdrücklich klargestellt, dass eine Kürzung des Blindengelds nur in
einer Ersparnis der Mehraufwendungen ihre Rechtfertigung finden kann. Daher kann der Aufenthalt in einer Einrichtung ohne
jegliche die starken Sehbeeinträchtigungen ihrer Bewohner berücksichtigenden Betreuungsleistungen zu keiner Kürzung des Blindengelds
führen. Im Einzelnen hat der Senat wie folgt ausgeführt:"Ein Heim oder eine Einrichtung, in denen nur Betreuungsleistungen
vorgehalten würden, die in keiner Weise blindenspezifisch wären, also einer starken Sehbeeinträchtigung seiner Bewohner in
keiner Weise Rechnung trügen, würde zwar die Voraussetzungen des Heimbegriffs (bzw. einer gleichartigen Einrichtung), wie
er sich seit April 1995 aus Art. 2 BayBlindG in Verbindung mit der Gesetzesbegründung ergibt, erfüllen. Die Anwendung des Art. 2 Abs. 2 BayBlindG würde hier aber den Sinn und Zweck der Kürzungsregelung - Vermeidung von Doppelleistungen bzw. Vorteilsausgleich - widersprechen.
Ebenso würde es nach Auffassung des Senats trotz des Wegfalls der in Art. 2 Abs. 3 Zivilblindenpflegegeldgesetz enthaltenen Regelung gegen Sinn und Zweck des BayBlindG verstoßen, wenn die vorgehaltenen blindenspezifischen Betreuungsleistungen so marginal und geringfügig wären, dass daraus
nur eine gänzlich unerhebliche Ersparnis an blindheitsbedingten Mehraufwendungen resultierte."
5. Die Prüfung bezüglich der Ersparnis der blindheitsbedingten Mehraufwendungen hat jedoch nach Auffassung des Senats (siehe
die o.g. Entscheidung) mit Blick auf verwaltungspraktische Gründe nur abstrakt zu erfolgen. Es kommt damit nicht auf den konkreten
Einzelfall und etwaige Vergleichsberechnungen an, sondern entscheidend ist, wie der Senat im oben genannten Urteil festgestellt
hat, allein, ob die neben Unterkunft und Verpflegung angebotenen Betreuungsleistungen grundsätzlich geeignet sind, während
des häuslichen Aufenthalts möglicherweise anfallende spezifische blindheitsbedingte Mehraufwendungen zu ersetzen. Es steht
zu dieser Rechtsprechung aber nicht im Gegensatz, wenn der Senat heute feststellt, dass die Beschränkung auf eine nur abstrakte
Prüfung nicht bedeutet, dass der Einzelfall gänzlich unberücksichtigt bleiben müsste. Vielmehr ist zu prüfen, ob der vorliegende
Fall sowohl im Hinblick auf die Einrichtung als auch den Betroffenen selbst ggf. von typischen Verhältnissen abweicht.
6. Nach alledem geht der Senat mit dem SG davon aus, dass Krankenhäuser der Akutversorgung in Bayern gleichartige Einrichtungen im Sinne von Art. 2 Abs. 2 BayBlindG darstellen.
6.1. Dass ein Krankenhaus die grundsätzlichen Merkmale eines Heims bzw. einer Einrichtung aufweist, wie sie der Beklagte im
Schriftsatz vom 22.08.2011 dargelegt hat, ist aus gerichtlicher Sicht offensichtlich und bedarf keiner weiteren Begründung.
6.2. Der Senat hat aber auch keinen Zweifel daran, dass in einem Krankenhaus der Akutversorgung Betreuungsleistungen angeboten
und auch durchgeführt werden, die dem vom Landesgesetzgeber aufgestellten Erfordernis für die Annahme einer "gleichartigen
Einrichtung" genügen. Dies wird bereits von den (bundes-) gesetzlichen Vorschriften betreffend Krankenhäuser und Pflegeberufe
vorausgesetzt, worauf die Bayerische Krankenhausgesellschaft zu Recht hingewiesen hat. So definiert §
107 Abs.
1 Nr.
3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (
SGB V) Krankenhäuser als Einrichtungen, die "mit Hilfe von jederzeit verfügbarem ... Pflege-, Funktions- und medizinisch-technischem
Personal darauf eingerichtet sind, vorwiegend durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistung Krankheiten der Patienten zu
erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten, Krankheitsbeschwerden zu lindern ..." Dem entsprechend haben das SG und die A. Fachkliniken D-Stadt-E-Stadt auch exemplarisch eine Reihe von einschlägigen Betreuungs- bzw. Pflegeleistungen
dargestellt.
Bereits aufgrund der gesetzlichen Verpflichtung bzw. der Grundbedürfnisse der Gruppe der Patienten in Akutkrankenhäusern,
die deutlich über die sog. Hotelleistungen hinausgehen, war somit insoweit keine Ermittlung des konkreten Pflegeangebots bzw.
Betreuungsstandards der hier betroffenen beiden Krankenhäuser durchzuführen. Der Hinweis des Klägervertreters, dass das erstinstanzliche
Urteil nur allgemein gehalten sei, geht daher ins Leere.
Eine blindengerechte Betreuung ist insoweit nicht erforderlich. An der Motivlage des Gesetzgebers bestehen keinerlei Zweifel
(Dass eine hälftige Reduzierung des Blindengelds auch in nicht blindengerechten Heimen stattfinden soll, ist wörtlich im Bericht
über die Beratung des Gesetzentwurfes im Ausschuss für Sozial-, Gesundheits- und Familienpolitik im Rahmen der Plenarsitzung
des Landtags am 28.03.1995 vom Berichterstatter Grossmann, CSU, bestätigt worden, vgl. Plenarprotokoll 13/14 vom 28.03.1995,
S. 756). Davon, dass die Betreuungsleistungen in einem Krankenhaus der Akutversorgung einer starken Sehbeeinträchtigung der
Patientin in keiner Weise Rechnung tragen würden, kann nach Auffassung des Senats offensichtlich nicht die Rede sein.
6.3. Nach Auffassung des Senats werden blinde Menschen infolge der in Krankenhäusern der Akutversorgung üblicherweise gewährten
Betreuungsleistungen von blindheitsbedingten Mehraufwendungen nicht unerheblich entlastet im Sinne der Rechtsprechung des
BSG und des Senats (jeweils a.a.O.).
6.3.1. Der allgemeine Pflege- und Betreuungsaufwand wird ohne Weiteres von den Krankenhausleistungen abgedeckt, auch wenn
teilweise nicht gewährleistet sein mag, dass die Intensität den erhöhten Bedürfnissen einer blinden Person vollumfänglich
gerecht wird, wie dies die A. Fachkliniken D-Stadt-E-Stadt in ihrer Bestätigung vom 20.10.2011 dargelegt haben. Abgesehen
davon, dass nach dem Willen des bayerischen Gesetzgebers gerade keine blindengerechte Einrichtung für die Annahme einer Einrichtung
im Sinne des Art. 2 Abs. 2 BayBlindG erforderlich ist, ergibt sich dies bereits aus dem Leistungsanspruch gesetzlich versicherter Patienten gemäß §
39 Abs.
1 i.V.m. §
12 Abs.
1 SGB V, der ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche, das Maß des Notwendigen nicht überschreitende Leistungen beinhaltet,
insoweit aber auch begrenzt, worauf die Bayerische Krankenhausgesellschaft ebenfalls zu Recht hingewiesen hat.
Bei der Frage, ob sich der Betroffene blindheitsbezogene Mehraufwendungen durch einen Aufenthalt in der Einrichtung erspart,
kommt es nach Auffassung des Senats auch auf diesen allgemeinen Pflege- und Betreuungsaufwand an. Zwar hat das BSG in der o.g. Entscheidung (05.12.2001, a.a.O.) unter Verweis auf die Rechtsprechung des BVerwG festgestellt, dass mit dem
Blindengeld/der Blindenhilfe "nicht so sehr ein wirtschaftlicher Bedarf gesteuert werden" solle, sondern dass das Blindengeld
vornehmlich als Mittel zur Befriedigung laufender blindheitsspezifischer, auch immaterieller Bedürfnisse des Blinden diene.
Mit Zahlung des Blindengelds beabsichtige der Gesetzgeber, so das BSG, dem Blinden die Möglichkeit zu eröffnen, sich trotz Blindheit mit seiner Umgebung vertraut zu machen, mit eigenen Mitteln
Kontakt zur Umwelt zu pflegen und am kulturellen Leben teilzunehmen (a.a.O., m.w.N.). Mit Blick auf die "globalen" Beeinträchtigungen
und Benachteiligungen, die sich aus der Blindheit ergeben und auf die fehlende Möglichkeit einer konkreten Abgrenzung der
unmittelbar ineinander greifenden verschiedenen Bedarfe sieht der erkennende Senat jedoch keinen Anlass dafür, diesen allgemeinen
Pflege- und Betreuungsaufwand außer Acht zu lassen. Dies dürfte auch der Auffassung des BSG bzw. des BVerwG entsprechen, die wohl keinen völligen Ausschluss dieses Bedarfs bei der Berücksichtigung der Mehraufwendungen
festschreiben wollen ("nicht so sehr ein wirtschaftlicher Bedarf"). In der genannten Entscheidung hat das BSG ausdrücklich dargelegt, dass sich nicht verbindlich und abschließend umschreiben lasse, welcher blindenspezifische Mehraufwand
insoweit zu berücksichtigen sei.
6.3.2. Darüber hinaus werden blinde Menschen - jedenfalls in mehr als nur marginalem Umfang - zur Überzeugung des erkennenden
Senats durch einen Krankenhausaufenthalt auch von den Aufwendungen entlastet, die das BSG als primären blindenspezifischen Mehraufwand betrachtet (a.a.O.). Dabei ist jedoch zu beachten, dass dieser im Falle von
Patienten, die in einem Akutkrankenhaus - also aufgrund einer ernsteren Erkrankung oder nach Operationen - behandelt werden,
nur eine untergeordnete Bedeutung hat. Die vom BSG aufgeführten Aufwendungen, nämlich solche, die Blinden etwa durch Kontaktpflege, die Teilnahme am kulturellen und sozialen
Leben, aber auch durch Teilnahme am Arbeitsleben speziell aufgrund ihrer Blindheit entstehen (a.a.O.), spielen aus naheliegenden
Gründen wegen des (für den Krankenhausaufenthalt ursächlichen) regelwidrigen Gesundheitszustands der betroffenen blinden Menschen
nur eine geringe Rolle und können aufgrund der besonderen Situation der Krankenhauspatienten teilweise - wie die Aufwendungen
bezüglich der Teilnahme am Arbeitsleben - in vollem Umfang ausgeklammert bleiben. Im Übrigen steht zur Gewissheit des erkennenden
Senates fest, dass Aufwendungen blinder Menschen in diesem Bereich teilweise durch sog. Mitnahmeeffekte (unbeabsichtigt) faktisch
"miterledigt" werden (wie z.B. Maßnahmen zur Kontaktpflege durch den unbeabsichtigten und unvermeidbaren Kontakt mit einer
erhöhten Anzahl der den betroffenen Patienten umgebenden Menschen - wie z.B. Krankenhauspersonal, Mitpatienten, Besucher etc.).
6.3.3. Soweit der Bereich des individuellen Wohlbefindens der blinden Patienten betroffen ist (vgl. Stellungnahme der Bayerischen
Krankenhausgesellschaft), geht der Senat davon aus, dass insoweit keine Ersparnis von Aufwendungen erfolgt, weil diese Bedarfe
des Patienten/Blinden im Krankenhaus nicht gedeckt werden. Zwar hat aus Sicht des Senats die Forderung nach einer Deckung
dieser Bedarfe - Erfüllung individueller Wünsche, Auslebung des Bewegungsdrangs zu jeder Zeit, Unabhängigkeit statt Angewiesenheit
auf das Personal des Krankenhauses etc. - gerade (auch) von blinden Menschen fraglos seine Berechtigung. Dass dieser Bedarf
jedoch nicht gedeckt wird, ist für die Frage, ob eine Einrichtung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 BayBlindG vorliegt, bereits deshalb unmaßgeblich, da es nach dem Willen des Gesetzgebers, wie mehrfach ausgeführt, gerade nicht auf
die Eigenschaft einer blindengerechten Einrichtung ankommt. Vor allem bleibt aus Sicht des Senats aber auch sehr fraglich,
ob es sich im Bereich von Aufwendungen hinsichtlich individuellen Wohlbefindens überhaupt regelmäßig um betragsmäßig erfassbaren,
also um messbaren Mehraufwand handelt.
6.4. Wie das SG ebenfalls zutreffend festgestellt hat, ist für die Frage, ob es sich bei einem Krankenhaus um eine gleichartige Einrichtung
handelt, nicht erheblich, ob - etwa aus medizinischen Gründen - eine Mitaufnahme einer Begleitperson erforderlich ist.
6.4.1. Dass nicht allein durch die faktische Übernahme von Pflege- und Betreuungsleistungen durch Angehörige die rechtliche
Qualität eines Krankenhauses als gleichartige Einrichtung im streitgegenständlichen Sinn berührt werden kann, ist naheliegend
und bedarf keiner weiteren Darlegungen.
6.4.2. Maßgeblich ist aus Sicht des erkennenden Senats vor allem, dass es - wie die Bayerische Krankenhausgesellschaft plausibel
dargestellt hat (S. 3 der Stellungnahme) - aus verschiedenen Gründen ausgeschlossen ist, dass Angehörige medizinische und
pflegerische Leistungen, die das Krankenhaus zu erbringen hat, abdecken können; Angehörige können allenfalls ergänzend zu
einer Fachkraft und unter deren fachlicher Aufsicht tätig werden (a.a.O.). Damit ist der wichtige Bereich der allgemeinen
Pflege- und Betreuungsleistungen (s.o.) bereits ausgeschlossen, was die Ersparnis von blindheitsspezifischen Aufwendungen
betrifft. Der Senat stellt dabei in keiner Weise in Abrede, dass aufgrund der besonderen Lebenssituation des blinden Menschen
die Mitbetreuung im Krankenhaus durch Angehörige wünschenswert ist, wenn sie erheblich dazu beiträgt, die Qualität der Versorgung
zu verbessern. Dies gilt insbesondere auch für die Tätigkeit des Klägerbevollmächtigten im Dienste seiner Tochter. Gerade
dessen Lebensleistung durch die Jahrzehnte dauernde Betreuung und Pflege seiner Tochter, der Klägerin, verdient Anerkennung
und kommt, wovon der Senat bereits aufgrund der Aktenlage überzeugt ist, der Klägerin unmittelbar und in umfassender Weise
zu Gute. Dies kann jedoch nichts daran ändern, dass aufgrund der Pflichtaufgaben der Krankenhäuser eine solche Unterstützung
durch Angehörige lediglich ergänzend wirkt (s.o.) bzw. in der Regel nur den Bereich des bereits nach dem gesetzgeberischen
Willen nicht maßgeblichen und betragsmäßig teilweise nicht fassbaren individuellen Wohlbefindens betrifft.
6.4.3. Immaterielle Vorteile wie die Vermeidung von Trennungsangst durch die Aufnahme von Angehörigen im Krankenhaus können
für die Frage der Ersparnis blindheitsbedingter Mehraufwendungen keine Rolle spielen; dies ergibt sich daraus, dass insoweit
keine Betreuungsleistungen und somit kein Aufwand betroffen ist. Dieser Aspekt betrifft lediglich psychischen Beistand.
6.4.4. Dass die Mitaufnahme einer Begleitperson bzw. die Übernahme von Pflege- und Betreuungsleistungen durch diese nicht
dazu führen kann, bei einem Krankenhaus von einer gleichartigen Einrichtung im Sinne der genannten Vorschrift auszugehen,
zeigt sich auch daran, dass vorliegend eine Pflege und Betreuung der Klägerin auch ohne Mithilfe ihres Vaters - jedenfalls
teilweise - möglich gewesen ist, als dieser wegen anderer gravierender Pflichten daran gehindert war, seine Tochter im Krankenhaus
rund um die Uhr zu unterstützen, obwohl ihn seine Tochter in dem genannten Zeitraum (ab 11.02.2011) nach eigenen Angaben im
selben Umfang gebraucht hätte, wie in der Zeit zuvor. Die Mitübernahme von Pflegeaufgaben durch begleitende Angehörige kann
also kein Indikator sein, ob blindheitsspezifische Mehraufwendungen trotz des Krankenhausaufenthalts anfallen.
6.4.5. Mit Blick auf die Frage der Mitaufnahme von Begleitpersonen zu Gunsten blinder Menschen weist der Senat noch einmal
darauf hin, dass aufgrund der besonderen Situation, vor allem des Krankheitszustands der blinden Patienten, der blindenspezifische
Aufwand in Akutkliniken - vor allem im Hinblick auf die Hervorhebung spezifischer Bedarfe durch die Rechtsprechung des BSG - erheblich reduziert ist. Hierbei kann offen bleiben, da vorliegend nicht einschlägig, ob für Akutkrankenhäuser mit besonderen
Fachrichtungen - wie z.B. psychosomatische Einrichtungen, psychiatrische Krankenhäuser etc. - oder für Rehabilitationskliniken
etwas Anderes zu gelten hat, was aus Sicht des Senats naheliegt (vgl. hierzu z.B. die Veröffentlichung der DRV Bund "Die Rolle
der Angehörigen in der medizinischen Rehabilitation", Berlin 2007). Auch unter diesem Aspekt erscheint die Mitaufnahme von
Begleitpersonen und deren Tätigkeit in Akutkrankenhäusern zwar durchaus sinnvoll, jedoch nicht geeignet, die rechtliche Qualität
einer Einrichtung im Sinne von Art. 2 Abs. 2 BayBlindG zu beeinflussen.
6.5. Im Übrigen kommt es nicht darauf an, in welchem Umfang Akutkrankenhäuser die ihnen obliegenden Pflege- und Betreuungsaufgaben
im Hinblick auf Patienten mit - unabhängig vom Anlass des Krankenhausaufenthalts bestehenden - Behinderungen wahrnehmen und
ob sie ihre Pflichten erfüllen. Denn die Blindengeldleistung dient, wie der Gesetzgeber in Art. 1 Abs. 1 BayBlindG ausdrücklich festgestellt hat, zum Ausgleich blindheitsspezifischer Mehraufwendungen, nicht jedoch zum Ausgleich im Falle
der Schlechterfüllung von Pflege- und Betreuungsleistungen durch Dritte. Es ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb der
Beklagte letztlich für mögliche Schlechterfüllungen durch Krankenhäuser der Akutversorgung haften sollte, auf die er, jedenfalls
als Sozialleistungsträger bzgl. des Blindengelds - anders als die Krankenversicherung oder weitere Kostenträger (z.B. Beihilfe)
- keinerlei Einfluss hat. Daher können die Schilderungen des Klägervertreters im Schriftsatz vom 11.11.2013 hinsichtlich unzureichender
Betreuungsleistungen der betroffenen Krankenhäuser für die Klägerin zu keinem günstigeren Ergebnis führen. Im Übrigen gilt
Letzteres auch im Hinblick darauf, dass der Vertreter der Klägerin mehrfach vom Betreuungsbedarf der Klägerin berichtet, der
nicht blindenspezifisch ist, sondern jeden ernsthaft erkrankten Akutpatienten betrifft (z.B. die erforderliche Hilfe, wenn
ein Gegenstand vom Nachttisch auf den Boden gefallen war, die Unmöglichkeit der eigenen Steuerung des Rollstuhls aufgrund
von Operationswunden u.v.m.).
6.6. Auch bei Berücksichtigung der Multimorbidität und der besonders schwierigen Situation der Klägerin ist vorliegend festzuhalten,
dass es sich hinsichtlich der betreffenden Krankenhausaufenthalte um keinen seltenen Ausnahmefall handelt, so dass keine Ausnahme
von obigen Grundsätzen angezeigt ist. Wie das SG zu Recht festgestellt hat, sind die A. Fachkliniken D-Stadt-E-Stadt und das "normale K.", anerkannte Krankenhäuser der Akutversorgung.
Dafür, dass hier der Ausnahmefall eines durchaus wohl vereinzelt in manchen Einrichtungen bestehenden Pflegenotstands - was
auch von der Bayerischen Krankenhausgesellschaft bestätigt wird (S. 5 der Stellungnahme) und wovon auch in zahlreichen Medienveröffentlichungen
die Rede ist (z.B. ARD, Magazin Kontraste am 11.07.2013, 21.45 Uhr) - gegeben gewesen wäre, gibt es keinerlei Anhaltspunkte;
dieses ist auch vom Klägervertreter nicht vorgetragen worden. Bei der Klägerin handelte es sich im hier maßgeblichen streitgegenständlichen
Zeitraum um eine ernsthaft erkrankte mehrfach behinderte Patientin, die besonderer Betreuung und Pflege bedurfte, wie dies
jedoch - gerade in den hochspezialisierten Einrichtungen im Freistaat Bayern - in zahlreichen Krankenhäusern der Akutversorgung
regelmäßig der Fall sein dürfte.
Nach alldem kann eine Aufstockung des Blindengelds gemäß Art. 2 Abs. 3 BayBlindG, wie von der Klägerin angestrebt, nicht erfolgen. Hieran ändert auch nichts, dass die Klägerin nicht unmittelbar aus dem
Wohnheim ins Krankenhaus eingeliefert worden, sondern zwischenzeitlich zu Hause gewesen ist; auch die Tatsache, dass ein Wechsel
der Einrichtung (Wohnheim H./Krankenhäuser) erfolgt ist, führt zu keinem anderen Ergebnis. Insoweit kann in vollem Umfang
auf die überzeugenden Ausführungen des SG (S. 7 des Urteils) verwiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG). Abgesehen von der Frage, ob Art. 2 BayBlindG überhaupt revisibles Recht darstellt (vgl. Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders.,
SGG, 10. Auflage, §
160, Rdnr. 9c), besteht vorliegend kein Klärungsbedarf. Denn zur Auslegung vergleichbarer Regelungen ist bereits eine höchstrichterliche
Entscheidung ergangen (BSG, Urteil vom 05.12.2001, a.a.O.), die ausreichende Anhaltspunkte dafür gibt, wie die konkret aufgeworfene Frage zu beantworten
ist (vgl. Leitherer, a.a.O., Rdnr. 8, m.w.N.).