Gründe:
I. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Besorgnis der Befangenheit gegenüber dem Sachverständigen Dr. S. besteht.
Der 1960 geborene Kläger und Beschwerdeführer (im Folgenden Bf) begehrt im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Würzburg (Az.:
S 6 R 508/09) die Gewährung einer Rente aufgrund einer Minderung der Erwerbsfähigkeit von wenigstens 50 % in Folge eines Unfalls vom September
2006. Die Beklagte hatte dies mit Bescheid vom 26.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.08.2009 abgelehnt.
Mit Beweisanordnung vom 05.03.2010 hat das Sozialgericht den Arzt für Chirurgie Dr. S. mit der Erstellung eines Gutachtens
beauftragt. Dieser ist in seinem Gutachten vom 12.04.2010 nach Untersuchung zum Ergebnis gekommen, dass das Leistungsvermögen
auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt noch mindestens sechs Stunden täglich betrage. Gegenüber dem Gutachten von Mai und Juni 2006
sei keine wesentliche Änderung eingetreten. Mit Schreiben vom 30.04.2010 übersandte das Sozialgericht das Gutachten dem Klägerbevollmächtigten
zur Kenntnis und Stellungnahme bis 25.05.2010, ob die Klage zurückgenommen werde. Mit Schreiben vom 20.05.2010 teilte dieser
mit, aufgrund der nicht vertretbar kurzen Untersuchungszeit müsse davon ausgegangen werden, dass sich der Gutachter zumindest
weitaus überwiegend von den Vorgutachten habe bestimmen lassen. Es bestehe daher die Besorgnis der Befangenheit dieses Gutachters.
Es werde beantragt, den Gutachter wegen dieser Besorgnis abzulehnen und einen anderen Gutachter außerhalb der Einflusssphäre
der Beklagten zu bestellen. Die Beklagte hat sich mit Schreiben vom 08.06.2010 dahingehend geäußert, dass aus ihrer Sicht
keine Besorgnis der Befangenheit bestehe.
Das Sozialgericht hat mit Beschluss vom 08.11.2010 das Ablehnungsgesuch zurückgewiesen. Dieses sei insoweit verspätet, als
der Bf die kurze Untersuchungszeit am 12.04.2010 rüge. Soweit der Bf die Besorgnis der Befangenheit damit begründe, dass sich
der Gutachter zumindest weitaus überwiegend von den Vorgutachten habe bestimmen lassen, sei sein Vortrag unsubstantiiert und
nicht nachvollziehbar. Der Gutachter habe sich dazu zu äußern, ob eine Verschlechterung oder Besserung eingetreten sei.
Deshalb habe er sich mit den von anderen Stellen früher eingeholten Gutachten auseinanderzusetzen.
Hiergegen hat der Bf am 06.12.2010 Beschwerde eingelegt. Der Sachverständige habe sowohl im Rentenverfahren wie im Parallelverfahren
gegen die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft erkennbar ausschließlich die Gutachten mitberücksichtigt, die von der jeweiligen
Beklagten selbst oder in deren Auftrag erstattet worden seien. Das Gutachten des privaten Unfallversicherers, das auf eine
Schädigung von 50 % hinweise, sei überhaupt nicht erwähnt worden. Bei den bekannten Unfallschäden sei die Erstellung zweier
Gutachten vom 12.04.2010 Anlass, an der Sorgfalt des Gutachters begründete Zweifel zu haben.
Die Beschwerdegegnerin beantragte, die Beschwerde zurückzuweisen.
Nach §
118 Abs.
1 SGG sind im sozialgerichtlichen Verfahren über die Ablehnung eines Sachverständigen die Vorschriften der
Zivilprozessordnung (
ZPO) anzuwenden. Nach §§
406 Abs.
1 Satz 1,
42 Abs.
1 und
2 ZPO findet die Ablehnung wegen Besorgnis der Befangenheit statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen
die Unparteilichkeit des Sachverständigen zu rechtfertigen. Der Grund, der das Misstrauen rechtfertigt, muss bei objektiver
und vernünftiger Betrachtungsweise vom Standpunkt der Partei aus vorliegen. Rein subjektive Vorstellungen und Gedankengänge
des Antragstellers scheiden aus (Thomas Putzo,
ZPO, 30. Aufl., §
42 Rn. 9).
Der Bf begründet die Beschwerde damit, dass der Sachverständige die im Auftrag der Beklagten erstatteten Gutachten aus dem
Vorverfahren berücksichtigt habe, während das Gutachten des privaten Unfallversicherers nicht erwähnt worden sei. Des Weiteren
habe der Sachverständige nicht sorgfältig arbeiten können, da die Zeit zwischen Beginn der Untersuchung des Bf und Erstattung
des Gutachtens im mündlichen Verhandlungstermin vom 12.04.2010 zu kurz gewesen sei. Ein Ablehnungsgrund ist hieraus nicht
ersichtlich.
Konkrete Anhaltspunkte für eine Verstrickung zwischen dem Sachverständigen und der Beklagen bestehen nicht. Laut Beweisanordnung
vom 05.03.2010 hatte der Sachverständige ein Gutachten nach Aktenlage zu erstatten. Hierbei hatte er die aus eigener Untersu-chung
am 12.04.2010 gewonnenen Erkenntnisse zu verwerten. Gemäß §
106 Abs.
2 SGG hat der Vorsitzende bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit
möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Gemäß Abs. 3 Nr. 4 dieser Vorschrift kann er insbesondere Zeugen und
Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen und gemäß Nr. 5 die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen.
§
106 SGG regelt die Aufklärungspflicht des Vorsitzenden vor der mündlichen Verhandlung. Die in allen Verfahren geltende Konzentrationsmaxime
gebietet im Interesse der Beschleunigung der Verfahren die Verhandlung so vorzubereiten, dass der Rechtsstreit möglichst in
einem Termin erledigt werden kann. Zweck der Regelung ist eine sachgemäße Führung und umfassende sowie schnelle Erledigung
des Rechtsstreits. Es steht im Ermessen des Vorsitzenden, ein Gutachten nach Aktenlage oder nach ambulanter Untersuchung anzuordnen.
Da der Bf bereits in einem anderen Verfahren zeitnah untersucht wurde, diente es der nach §
106 SGG gewollten Beschleunigung des Verfahrens, im Rentenverfahren auf diese Untersuchungsergebnisse zurückzugreifen und den Sachverständigen
mit einem Gutachten nach Aktenlage zu beauftragen.
Im Übrigen würden sachliche Mängel eines Gutachtens, wie sie vom Bf vorgebracht werden, eine Ablehnung eines Sachverständigen
wegen Besorgnis der Befangenheit nicht rechtfertigen. Eventuelle Unzulänglichkeiten treffen beide Parteien und können lediglich
dazu führen, die Rechte des Prozessrechts in Anspruch zu nehmen, insbesondere ein neues Gutachten einzuholen (vgl. §
412 ZPO). Derartige Mängel eines Gutachtens können allenfalls ein Gutachten entwerten. Die inhaltliche Bewertung des Gutachtens obliegt
dem entscheidenden Gericht im Rahmen der freien Beweiswürdigung (§
128 Abs.
1 Satz 1
SGG) und kann nicht in ein Verfahren wegen Besorgnis der Befangenheit vorgezogen werden.
Dies gilt auch für den Einwand, dass der Sachverständige das für die private Versicherung erstellte Gutachten nicht erwähnt
habe. Dies spricht gerade für die Qualität des Gutachtens, da die Beurteilungsgrundsätze in der privaten Versicherung völlig
andere sind, als in der gesetzlichen Rentenversicherung. Die sonstigen bereits erstellten Gutachten waren nach seinem ausdrücklichen
Auftrag in die Begutachtung mit ein zu beziehen.
Das Sozialgericht hat damit zutreffend den Antrag auf Ablehnung des Sachverständigen Dr. S. zurückgewiesen.
Die Kostenentscheidung beruht auf entsprechender Anwendung des §
193 SGG.
Dieser Beschluss ist gemäß §
177 SGG unanfechtbar.