LSG Bayern, Urteil vom 26.01.2016 - 15 VG 30/09
Anspruch auf Versorgung nach dem OEG; Erforderlichkeit medizinischer Ermittlungen zu Gesundheitsschäden nach sexuellem Missbrauch
1. Ein tätlicher Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG liegt im Regelfall bei einem gewaltsamen, handgreiflichen Vorgehen gegen eine Person vor, setzt jedoch nach seiner äußeren
Gestalt nicht unbedingt ein aggressives Verhalten des Täters voraus; das BSG ist einem an Aggression orientierten Begriffsverständnis des tätlichen Angriffs letztlich nicht gefolgt.
2. Dahinter steht der Gedanke, dass auch nicht zum (körperlichen) Widerstand fähige Opfer von Straftaten den Schutz des OEG genießen sollen. In Fällen sexuellen Missbrauchs an Kindern ist für die "unmittelbare Einwirkung auf den Körper des Kindes"
entscheidend, dass die Begehensweise, nämlich die sexuelle Handlung, eine Straftat war, unabhängig davon, ob bei der Tatbegehung
das gewaltsam handgreifliche (oder das spielerische) Moment im Vordergrund steht.
3. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann auch nicht allein aus einer Diagnose auf ein bestimmtes Geschehen geschlossen
werden, da es nach überwiegender medizinischer Lehrmeinung keine eindeutige kausale Beziehung zwischen sexuellem Missbrauch
im Kindesalter und einer spezifischen Psychopathologie im Kindes- oder Erwachsenenalter gibt.
4. Die Würdigung von Aussagen nicht nur Erwachsener, sondern auch kindlicher oder jugendlicher Zeugen gehört zum Wesen richterlicher
Rechtsfindung und ist daher grundsätzlich dem Tatrichter anvertraut.
Normenkette: KOVVfG § 15 ,
,
,
Vorinstanzen: SG Bayreuth 17.09.2009 S 1 VG 13/03
Tenor I.
Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Bayreuth vom 17. September 2009 wird zurückgewiesen.
II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Entscheidungstext anzeigen:
Tatbestand
Die 1978 geborene Klägerin, für die mit Änderungsbescheid vom 26.11.2013 des Beklagten ein Grad der Behinderung von derzeit
20 festgestellt worden ist, stellte am 26.09.2000 erstmals Antrag auf Versorgung nach dem OEG, da sie als kleines Kind sieben Jahre lang von ihrem Großvater L. E. missbraucht worden sei. Mit Bescheid vom 01.08.2001
wurde der Antrag abgelehnt, da die Anspruchsvoraussetzungen nicht nachgewiesen seien. In dem daraufhin neu aufgenommenen Verfahren
wurde die Klägerin am 02.10.2001 von einer Mitarbeiterin des Beklagten im Rahmen der Sonderbetreuung aufgesucht. Dieser gegenüber
machte die Klägerin die folgenden Angaben: Sie sei von ihrem Großvater missbraucht worden. Bis zum 18. Lebensjahr habe sie
niemandem davon erzählt, weil es ihr eh niemand geglaubt hätte und weil der Großvater gedroht habe, dass er ihre Mutter umbringen
werde und sie, die Klägerin, dabei zuschauen müsse. Die Klägerin habe sehr viel Angst vor ihrem Großvater gehabt, welcher
zwischenzeitlich verstorben sei. Dieser habe ihr auch beigebracht, sich auf Befehl mit Gift umzubringen. Sie sei derzeit dabei,
alles in Therapien aufzuarbeiten. Ihr Ex-Freund habe sie zu Drogen gebracht, sie geschlagen und sie vergewaltigt. Er sei ein
Nazi gewesen, der sozusagen in die Rolle des Großvaters geschlüpft sei. In der ganzen Familie bestünden Missbrauchsfälle.
Ihre Mutter, die Zeugin D., sei von deren älterem Bruder missbraucht worden, die Schwester der Mutter, die Zeugin F., von
demselben Täter wie die Klägerin. Als Schädigungsfolgen machte die Klägerin eine multiple Persönlichkeitsstörung, autoaggressives
Verhalten seit frühester Kindheit und Suizidgefährdung, momentan gebessert, geltend. Im Verwaltungsverfahren wertete der Beklagte
die zahlreichen vorliegenden medizinischen Unterlagen aus. Der Facharzt für psychotherapeutische Medizin und Psychotherapie
S. stellte in seinem Bericht vom 25.10.2001 die Diagnose einer komplexen posttraumatischen Belastungsstörung mit Borderline-Beziehungsstruktur
und ausgeprägten dissoziativen Mechanismen. Im Entlassungsbericht des Bezirkskrankenhauses (BKH) A-Stadt bzgl. eines Aufenthalts
vom 10.03. bis 14.05.1997 wurde die Diagnose akute Belastungsreaktion bei Trennungskonflikt bei unreifer Persönlichkeit gestellt.
Die Aufnahme sei erfolgt, weil die Klägerin sich eine Schnittverletzung am linken Unterarm zugefügt habe, nachdem sie ihr
Freund wegen ihrer langjährigen besten Freundin verlassen habe. Der Großvater sei Alkoholiker gewesen. Sie verachte ihn; sie
habe mitanschauen müssen, wie er die Großmutter verprügelt habe. Sie habe Angst vor ihm gehabt, obwohl sie seine Lieblingsenkelin
gewesen sei. Überhaupt habe es in dieser Familie sehr viele Übergriffe gegeben. Im Rahmen des früheren Betreuungsverfahrens
- eine Betreuung besteht für die Klägerin derzeit nicht - erstellte der Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W. am
04.04.2001 ein Gutachten für das Amtsgericht B-Stadt. Die ersten fünf Jahre ihres Lebens, so die Klägerin, würden ihr fehlen.
Ihr Großvater habe sie unsittlich angefasst. Dr. W. stellte die Diagnose einer Persönlichkeitsstörung im Sinne einer emotional
instabilen Persönlichkeit vom Borderline-Typ. Weiter stellte er "Selbstverletzungsverhalten, z.B. Halluzinose, z.B. manische
Symptomatik" fest. Es bestehe eine posttraumatische Belastungsstörung durch massive Misshandlungen durch den Ex-Partner der
Klägerin (H. B.). Die Klägerin habe berichtet, dass die schlimmsten Misshandlungen in ihrem Leben durch diesen erfolgt seien.
Die psychische Beeinträchtigung sei wohl auch im Sinne einer posttraumatischen Belastungsstörung zu sehen, so Dr. W ... In
dem Gutachten ist auch von Drogenkonsum die Rede. Im Rahmen der Borderline-Symptomatik, so Dr. W., seien offenbar - auch durch
Drogenkonsum induziert - in deutlichem Umfang psychotische Elemente vorhanden. Am 26.03.2001 sagte die Mutter der Klägerin,
die Zeugin D., vor der Amtsrichterin in B-Stadt u.a. aus, dass die Klägerin drogenabhängig sei und in ihrer Kindheit von ihrem
Großvater "wohl sexuell missbraucht" worden sei. Im Befundbericht an den Beklagten vom 30.11.2001 berichtete die Sozialpädagogin
D. von W. e.V., Arbeitsgemeinschaft gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen, u.a. davon, dass die Klägerin ihr erstes Beratungsgespräch
Ende Juli 1996 wahrgenommen habe. Thema der Beratung sei ein möglicher sexueller Missbrauch durch den Großvater gewesen. Als
kleines Kind habe die Klägerin viel Zeit bei den Großeltern verbracht. Die Klägerin habe zwar keine konkreten Erinnerungen
an missbräuchliche Handlungen durch den Großvater, es hätten jedoch einige Hinweise dafür gesprochen, dass es möglicherweise
sexuelle Übergriffe gegeben haben könnte. Bei der Mutter der Klägerin seien lange verschüttete Erinnerungen an sexuellen Missbrauch
durch ihren Vater zurückgekehrt. Zu diesem Zeitpunkt habe sich die Klägerin sehr massiv absichtlich selbst verletzt. Weiterhin
habe sie suizidale Gedanken geäußert. Darüber hinaus habe es massive Konflikte im Elternhaus gegeben. Die Klägerin habe es
nur schwer verstehen können, dass ihre Mutter, die selbst sexuelle Gewalt durch den Vater als Täter erlebt habe, sie als Kind
genau diesem ausgeliefert habe. Im Befundbericht vom 25.02.2002 der A-Klinik O-Stadt, Fachklinik für Psychosomatik und Psychotherapie,
bzgl. eines Aufenthalts der Klägerin vom 11.12.2001 bis 08.02.2002 wurden die Diagnosen posttraumatische Belastungsstörung,
Bulimia nervosa, Verdacht auf nicht näher bezeichnete dissoziative Störungen, Polytoxikomanie, Verdacht auf Persönlichkeitsstörung
vom Borderlinetypus und Adipositas gestellt. Die Klägerin habe von sexuellem Missbrauch, der über sieben Jahre durch verschiedene
Täter an ihr begangen worden sei, berichtet. Ebenso habe sie nach eigenen Angaben psychische und seelische Grausamkeiten über
sich ergehen lassen müssen. Im Moment verspüre sie einen ständigen Dauerdruck, sich selbst zu verletzen. Sie komme mit den
Erinnerungen an ihre damalige Beziehung nicht zurecht. Ebenso habe sie im Oktober 2001 eine Fehlgeburt erlitten, die sie sehr
mitnehme. Zurzeit leide sie auch unter starken Verlassenheitsängsten und Autoaggressionen.
Im Rahmen eines Hausbesuchs wurde am 21.02.2003 die Mutter der Klägerin, die Zeugin D., vom Beklagten einvernommen. Sie sagte
aus, dass die Klägerin zunächst ein normales Kind gewesen sei. Im Alter von drei oder vier Jahren sei sie mit den Großeltern
und den jüngeren Geschwistern der Mutter in den Urlaub gefahren. Sie, die Mutter, und ihr Mann hätten erst nach einer Woche
nachkommen können. Ab dem Zeitpunkt, da sie und ihr Mann am Urlaubsort angekommen seien, habe sie ihre Tochter verändert erlebt.
Diese habe sie angesehen, als wolle sie sie fragen, wo sie, die Mutter, gewesen sei. Sie sei ängstlich und in sich zurückgezogen
gewesen und habe "geklammert". Sie habe starke Hustenanfälle bekommen, ohne dass ärztlicherseits ein Befund vorgelegen habe.
Sie habe dann auch Essstörungen entwickelt. Auch habe sie Schlafstörungen gehabt und begonnen, ständig hinzufallen sowie sich
selbst zu verletzen. Die Klägerin sei öfter alleine übers Wochenende bei den Großeltern gewesen. Der Großvater habe sie immer
wieder in ein Bastelzimmer mitgenommen, um mit ihr alleine zu sein. Er sei zu seiner Enkelin auch sehr großzügig gewesen im
Hinblick auf Geschenke, die sie aber grundsätzlich zerstört habe. Erst im Alter von 16 habe die Klägerin ihr, der Mutter,
dann mitgeteilt, dass sie sich selbst verletze. Beim ersten Aufenthalt im BKH A-Stadt 1997 habe die Klägerin dann ihrer Mutter
erstmals von dem sexuellen Missbrauch erzählt. Die Mutter berichtete Folgendes: "Nach ihren Angaben musste sie ihren Großvater
sowohl mit der Hand als auch oral befriedigen. Er hat sie auch anal vergewaltigt. Sie musste mit ihm zusammen Pornofilme ansehen,
die er dann mit ihr nachgespielt hat. Er hat ihr auch gewaltverherrlichende Filme, zum Teil mit toten Kindern, die zerstückelt
werden, gezeigt und ihr gedroht, wenn sie etwas verraten würde, dann würde er dasselbe mit ihrer Mama machen. Die Tathergänge
waren nicht immer gleich. hat mir bis zu zehn verschiedene Varianten erzählt. Es kam wohl immer auf die Umstände und auch
die Zeit an, die er zur Verfügung hatte." Die Klägerin habe zu Anfang nur darüber gesprochen, dass sie missbraucht worden
sei. Wer der Täter sei oder ob es verschiedene Personen gewesen seien, sei der Klägerin selbst zu Anfang noch nicht richtig
bewusst gewesen. Erst später, als das Bild des Täters wieder klar in ihrem Bewusstsein aufgetaucht sei, habe sie konkret ihren
Großvater benannt. Der Missbrauch habe sich von dem besagten Urlaub in relativ regelmäßigen Abständen kontinuierlich bis zum
elften Lebensjahr der Klägerin erstreckt. Nach einem Streit habe die Mutter der Klägerin den Kontakt mit ihrem Großvater verboten.
Seit dem Urlaub habe sie, die Mutter, immer das Gefühl gehabt, dass die Klägerin etwas erlebt haben müsse. In der Zeit, als
ihre Tochter mit H. B. befreundet gewesen sei, habe dieser sie einmal im schwangeren Zustand die Treppe hinabgestoßen; bei
diesem Sturz habe sie dann das Kind verloren. Durch dieses Ereignis sei in ihrem Inneren etwas "aufgegangen" und die Kindheitserlebnisse
wohl "hochgekommen".
Mit Bescheid vom 11.08.2003 lehnte der Beklagte den Antrag auf Beschädigtenversorgung nach dem OEG unter Verweis auf die objektive Beweislast ab. Zum Tathergang gebe es lediglich die Aussagen der Klägerin, jedoch keine Zeugen,
die diesen schildern könnten. Zwar lägen mit den Aussagen der Mutter der Klägerin und der persönlichen "psychologischen" Situation
der Klägerin Indizien für eine Missbrauchssituation im Kindesalter vor. Allerdings stünden die Angaben der Mutter und die
vorliegenden ärztlichen Anamneseerhebungen des BKH A-Stadt und der A-Klinik O-Stadt sowie die Stellungnahme der Arbeitsgemeinschaft
W. in erheblichem Widerspruch zueinander. In diesen Unterlagen sei u.a. festgehalten, dass die Klägerin selbst keine konkreten
Erinnerungen an eine Missbrauchssituation habe bzw. dass dies aus medizinischer Sicht auch in keinster Weise angedeutet oder
gar bestätigt worden sei. Aufgrund dieser Ungereimtheiten sei der Sachverhalt nicht zur "Zufriedenheit und Überzeugtheit"
aufgeklärt. Es bestünden weiterhin begründete Zweifel.
Hiergegen legte die Klägerin am 10.09.2003 Widerspruch ein. Von Seiten des Beklagten, so die Begründung, seien noch nicht
alle Beweismittel ausgeschöpft worden; auch hätten sich neue Zeugen aufgetan. Zudem wies die Klägerin darauf hin, dass es
für sie nicht nachvollziehbar sei, dass sich die Angaben ihrer Mutter und der Bericht der A-Klinik widersprechen sollten.
Ohne weitere Ermittlungen wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 26.11.2003 als unbegründet zurück.
Bezüglich der erlittenen Missbrauchshandlungen bestünden von Seiten der Klägerin keine konkreten zeitlichen und örtlichen
Einordnungen. Es werde nur von derartigen Handlungen gesprochen. Auch die Mutter der Klägerin vermöge hierzu keine genaueren
Angaben zu machen. Der mutmaßliche Täter sei bereits 1992 verstorben. Aufgrund der vorliegenden Ermittlungen bestehe lediglich
die Möglichkeit einer Gewalttat, was nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) jedoch nicht ausreiche. Neben den eigenen Angaben der Klägerin bestünden keinerlei weiteren Hinweise, insbesondere aus dem
schulischen und beruflichen Verlauf als äußere Umstände deute nichts auf eine erlittene Gewalttat hin.
Mit Schreiben vom 23.12.2003 hat die Klägerin hiergegen Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG) erhoben. Zur Klagebegründung hat die Klägerin ihre Mutter und ihren Stiefvater als Zeugen benannt ( D. und C.) sowie auf
die aktuellen Behandlungen verwiesen. Im Entlassungsbericht der Fachklinik H. hinsichtlich einer stationären Behandlung vom
29.12.2004 bis 02.03.2005, in dem die Diagnosen Adipositas durch übermäßige Kalorienzufuhr und emotional instabile Persönlichkeitsstörung,
Borderline-Typus, sowie posttraumatische Belastungsstörung genannt sind, wird von einem massiven Selbstverletzungsdruck sowie
davon berichtet, dass die Klägerin bereits viel an ihren kindlichen Missbrauchsthemen therapeutisch gearbeitet habe ("sieben
Jahre Missbrauch durch Großvater mütterlicherseits im Kleinkindalter"). Gegenwärtig fühle sie sich etwas stabilisiert, so
dass sie an den Themen der Traumatisierungen während ihrer ca. vier Jahre andauernden Beziehung zu einem "kriminellen, gewalttätigen,
zur rechtsradikalen Szene gehörenden Mann" arbeiten könne.
Mit Urteil vom 17.09.2009 ist die Klage abgewiesen worden. Die Angaben der Klägerin seien zu vage, so dass sie einer Beweiserhebung
nicht zugänglich seien. Das klägerische Vorbringen beschränke sich auf Andeutungen. Die Klägerin habe viele Gelegenheiten
zu Präzisierungen "über Jahre" nicht wahrgenommen.
Am 06.11.2009 hat die Klägerin Berufung zum Bayer. Landessozialgericht (BayLSG) erhoben. Zur Begründung hat sie auf die Traumaforschung
verwiesen und klargestellt, dass sie gezielt befragt werden wolle. Sie könne nicht ohne gezielte Fragestellung an Traumasequenzen
kommen. Zudem hat die Klägerin einige abstrakte Kurzbeschreibungen von Missbrauchshandlungen ohne konkrete Zuordnungen mitgeteilt.
Weiter hat die Klägerin fünf Zeugen genannt, die sie, die Klägerin, als Opfer kennen würden und den Täter erlebt hätten. Auf
die Anfragen des Gerichts zu den Quellen hinsichtlich der von der Klägerin erwähnten Traumaforschung hat die Klägerin nicht
mehr mitgewirkt. Erst am 03.11.2013 hat sie sodann aktuelle Erklärungen über die Entbindung von der Schweigepflicht unterzeichnet
und im Folgenden eine ärztliche Bescheinigung des Allgemeinmediziners Dr. S. vom 04.11.2013 übersandt, derzufolge die Klägerin
unter den Folgen einer posttraumatischen Belastungsstörung mit emotional instabiler Persönlichkeitsstörung als Folge eines
wiederholten vom Großvater verübten sexuellen Missbrauchs als Kind zwischen dem vierten und elften Lebensjahr leide.
Am 21.11.2013 hat ein Erörterungstermin des Senats stattgefunden, in dem vor allem die Aussagemöglichkeiten der fünf benannten
Zeugen besprochen worden sind.
Mit Schriftsatz vom 12.12.2013 hat der Beklagte u.a. darauf hingewiesen, dass vorliegend eine Anwendung von § 15 des Gesetzes über das Verwaltungsverfahren der Kriegsopferversorgung (KOVVfG) grundsätzlich in Betracht komme, da die übrigen Zeugen die Taten nach den Angaben der Klägerin nicht beobachtet hätten.
Bei Anwendung der Vorschrift sei bei der Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens zu beachten, dass der danach anzuwendende
Beweismaßstab der Glaubhaftmachung geringere Anforderungen stelle als in einem aussagepsychologischen Gutachten. Zudem ist
von Klägerseite ein Schreiben der Klägerin (vom 10.01.2014) vorgelegt worden. Darin hat diese hervorgehoben, dass sie sich
nicht alleine zu Hause mit dem Thema beschäftigen und alles aufschreiben könne, auch wenn das Gericht eine genaue Schilderung
der Übergriffe mit Datum erbitte. Sie könne sich mit dem Thema nicht ohne ärztliche Unterstützung im notwendigen Umfang auseinandersetzen,
dies könne ansonsten schlimme psychische Auswirkungen auf sie haben. Im Schreiben vom 04.02.2014 hat die Klägerin Stellung
genommen, bei welchem Anlass sie sich erstmals an die Missbrauchserlebnisse erinnert habe. Dazu könne sie nur sagen, dass
die Erinnerungen immer da gewesen seien, erst als sie jedoch älter geworden sei, habe sie das verstanden. Zudem habe sie noch
die verdrängten Erinnerungen gehabt, die so schlimm gewesen und erst später "hochgekommen" seien.
Am 27.06.2014 hat ein Beweisaufnahmetermin des Senats stattgefunden. Darin hat die Zeugin D. im Wesentlichen ausgesagt, dass
sie keine Tatzeugin eines sexuellen Missbrauchs sei. Sie hat jedoch Verhaltensänderungen ihrer Tochter "hinterher" geschildert
und insbesondere von einem Urlaub in der Pfalz in den 1980er Jahren berichtet, den die Klägerin zunächst ohne ihre Eltern,
jedoch u.a. gemeinsam mit den Großeltern verbracht habe. Die Klägerin sei nach Hinzukommen der Eltern "komplett verändert"
gewesen. Sie, die Zeugin, habe ihre Tochter dann als sehr introvertiert erlebt; sie sei wie ausgewechselt gewesen. Diese Veränderung
sei bestehen geblieben. Weiter hat die Zeugin angegeben, dass sie selbst als Kind missbraucht worden sei und begonnen habe,
dies Anfang der 1990er Jahre aufzuarbeiten; sie habe darauf vorsichtig hingewiesen. Ihre Tochter habe hierauf ungewöhnlich
stark reagiert und auch im Übrigen entsprechende Situationen z.B. im Fernsehen gut zu deuten gewusst, soweit Kindesmissbrauch
das Thema gewesen sei. Nach dem Tod des Großvaters habe sie dann Näheres vom Missbrauch berichtet. Sie habe erzählt, dass
sie mit dem Großvater Filme ansehen habe müssen, in denen Leichen geschändet und tote Kinder missbraucht worden seien. Sie
habe auch von einer Tätowierung des Großvaters am inneren Oberarm berichtet, die keiner jemals gesehen habe. Die Klägerin
habe ihr, der Zeugin, berichtet, dass sie von ihrem Großvater anal vergewaltigt worden sei. Anhand der Datierung von Fotos
habe sie das Geschehen zeitlich zugeordnet. Die Zeugin hat hierzu Fotos vorgelegt. Ihre Tochter sei in dem Raum, in dem der
Großvater geschnitzt habe, dem sogenannten Vogelzimmer, missbraucht worden. Der Täter habe auf den Teddybär der Klägerin ejakuliert.
Sie selbst, so die Zeugin, sei nicht von ihrem Vater missbraucht worden, sondern von ihrem - mittlerweile toten - Bruder.
Der Zeuge E. (Onkel der Klägerin) hat zu einem sexuellen Übergriff auf die Klägerin keine Angaben machen können. Auch über
andere Fälle sexuellen Missbrauchs in der Familie könne er keine ordnungsgemäße Aussage treffen, weil er entweder noch nicht
auf der Welt gewesen sei und auch sonst die Vorfälle nur vom Hörensagen kenne. Der Zeuge hat angegeben, sich an keinerlei
Begebenheiten erinnern zu können, dass es zu Vorfällen gegenüber den Enkelkindern seines Vaters gekommen sei. Es habe regelmäßigen
Kontakt zwischen seinem Vater, dem Großvater der Klägerin, und dieser gegeben habe, bei welchem er, der Zeuge, auch anwesend
gewesen sei. Auffälligkeiten am Verhältnis zwischen der Klägerin und seinem Vater habe er nicht in Erinnerung.
Auch die Zeugin F. (Tante der Klägerin) hat keine Angaben über einen sexuellen Missbrauch bzgl. der Klägerin aus eigener Kenntnis
machen können. Die Klägerin habe ihr, der Zeugin, als Erstere Anfang 20 gewesen sei, erzählt, dass sie von ihrem Großvater
sexuell missbraucht worden sei. Sie sei von ihm anal vergewaltigt worden, nämlich in dem sogenannten Vogelzimmer. Er habe
die Klägerin nach deren Angaben auch bedroht, indem er ihr Kriegserlebnisse erzählt und angedroht habe, ihr Ähnliches anzutun,
wenn sie etwas von dem Missbrauch erzählen würde. Sie habe auch von Übergriffen in L-Stadt in der Pfalz im Urlaub erzählt;
an Näheres hat sich die Zeugin aber nicht mehr erinnern können. Anfang der 1980er Jahre habe sie, die Zeugin, mit ihren Eltern,
eine "depressive" Stimmung in der Familie der Klägerin (damals Familie C.) bemerkt, die sich auch auf die Klägerin ausgewirkt
habe. Als Schulkind etwa zehn Jahre später habe diese begonnen, sich selbst zu verletzen. Der Grund für diese Stimmungslage
sei ihr, der Zeugin, damals nicht ersichtlich gewesen. Heute erkläre sie sich diese auch mit dem Missbrauch. D. sei wohl mit
ihrem damaligen Ehemann C. auch nicht glücklich gewesen. Die Zeugin hat weiter angegeben, selbst - im Alter von weniger als
zwei Jahren - von L. E. missbraucht worden zu sein. Hinsichtlich des Urlaubs in der Pfalz hat die Zeugin keine besonderen
Auffälligkeiten in Erinnerung gehabt. Ferner hat sie berichtet, dass ihre Mutter sie davor gewarnt habe, als sie ein Kleinkind
gewesen sei, zu Hause in Strumpfhosen herumzulaufen, um ihren Vater, den Großvater der Klägerin, "nicht auf falsche Gedanken
zu bringen". Beim gemeinsamen Baden in der Badewanne mit ihrem Vater habe sie Badekleidung tragen müssen. Schließlich hat
sich die Zeugin an Missbrauchsspuren an ihrer Nichte Y. während eines gemeinsamen Urlaubs u.a. mit dem Großvater der Klägerin
ca. 1976 erinnert.
Die Großmutter der Klägerin (und Witwe des beschuldigten Täters) E. hat gegenüber dem Gericht am 26.08.2014 erklärt, sich
an nichts mehr erinnern zu können und von ihrem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch zu machen.
Der Stiefvater der Klägerin C. hat gegenüber dem Gericht im Schreiben vom 16.07.2014 im Wesentlichen berichtet, dass er erst
im Jahr 2000 von der Klägerin in einem Brief Kenntnis von dem sexuellen Missbrauch erhalten habe. Diesen habe die Klägerin
bestimmt nicht erfunden. An besondere Auffälligkeiten im Verhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Großvater hat sich der
Zeuge nicht erinnert.
Der Onkel der Klägerin E. hat am 31.08.2014 gegenüber dem Gericht erklärt, über den sexuellen Missbrauch nichts berichten
zu können. Er habe nur durch Erzählungen Kenntnis von den Vorwürfen. Irgendwelche allgemeinen Auffälligkeiten im Verhältnis
zwischen dem Beschuldigten und der Klägerin seien ihm nicht in Erinnerung; auch habe er keine Veränderungen an der Klägerin
zwischen 1980 und 1990 festgestellt. Weitere sachdienliche Aussagen könne er nicht machen.
Im Folgenden hat sich die Zeugin D. schriftlich an das Gericht gewandt und weitere Hinweise gegeben, u.a. zu einem "spürbaren
sexualisierten Verhalten" des Großvaters der Klägerin.
Mit Schreiben vom 21.07.2014 hat die Bevollmächtigte ein an sie gerichtetes Schreiben der Klägerin an das Gericht übersandt.
Darin hat die Klägerin berichtet, dass sie sich nun einen geschützten Rahmen geschaffen habe. Zu dem Missbrauch hat sie nun
konkretere Angaben gemacht. Insbesondere hat sie angegeben, dass sie von ihrem Großvater über Jahre anal, vaginal und oral
missbraucht worden sei.
Mit gerichtlichem Schreiben ist die Klägerseite sodann darauf hingewiesen worden, dass die Klägerin in dem Schreiben vom 21.07.2014
erstmals nun doch detailliertere Angaben über den von ihr erlittenen sexuellen Missbrauch gemacht habe, wenn auch nicht zeitlich
näher bestimmt. Diese Angaben dürften mehr als bloße bruchstückhafte Bildsegmente darstellen. Der Klägerseite ist Gelegenheit
gegeben worden, darzulegen, weshalb nun plötzlich doch detaillierte Angaben über den sexuellen Missbrauch möglich seien. Hierauf
hat die Klägerin am 19.09.2014 geantwortet und dabei auf die Berufungsbegründung verwiesen, in der bereits Einzelheiten zum
sexuellen Missbrauch vorgetragen worden seien, wenn auch schlagwortartig verkürzt.
Am 22.04.2015 hat sich der Beklagte in einem ausführlichen Schriftsatz zu allen entscheidungserheblichen Aspekten des Rechtsstreits
geäußert. Zunächst hat der Beklagte die Auffassung vertreten, dass einige der geschilderten Handlungen bereits aus Rechtsgründen
keinen tätlichen Angriff im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG darstellen würden. Auch in den Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern habe das BSG, so der Beklagte, nicht auf das Erfordernis der körperlichen Einwirkung des Täters auf das Opfer verzichtet. Weiter hat der
Beklagte näher dargelegt, dass nach seiner Auffassung nur Verbrechen als schwere vorsätzliche Gewalttaten geeignet seien,
dass ein Sekundäropfer, das Augenzeuge der entsprechenden Tat werde, hierauf einen Schockschaden stützen könne. Es komme also
nicht darauf an, ob die Klägerin Augenzeugin von Körperverletzungen des beschuldigten Täters gegenüber der Großmutter geworden
sei. Allein die geschilderte anale, vaginale und orale Misshandlung durch den Großvater der Klägerin sowie gegebenenfalls
das stichwortartig beschriebene Anfassen des Großvaters an den Genitalien würden tätliche Angriffe im Sinne der genannten
Vorschrift darstellen. Ein Tatnachweis lasse sich, so der Beklagte, mit dem Beweismaßstab des Vollbeweises vorliegend aber
nicht führen. Auch die Voraussetzungen des § 15 Satz 1 KOVVfG, wonach die Angaben der Klägerin glaubhaft erscheinen müssten, lägen nicht vor. Die Angaben der Klägerin über den sexuellen
Missbrauch durch ihren Großvater könnten wegen der hohen Wahrscheinlichkeit von bloßen Scheinerinnerungen der Entscheidung
nicht zugrunde gelegt werden. Zudem hat der Beklagte die begünstigenden Faktoren und Kennzeichen für Scheinerinnerungen nach
der maßgeblichen aussagepsychologischen Fachliteratur dargelegt und im Einzelnen herausgearbeitet, dass sich vorliegend mehrere
der genannten Faktoren und Kennzeichen für Scheinerinnerungen finden würden. Die Aussagen der vernommenen Zeugen (vom Hörensagen)
könnten, so der Beklagte, die aufgezeigten Anhaltspunkte für das Vorliegen von Scheinerinnerungen nicht entkräften. Zur Frage
einer aussagepsychologischen Begutachtung hat der Beklagte darauf hingewiesen, dass vorliegend die Einholung eines solchen
Sachverständigengutachtens nicht zwingend und dass sogar möglich sei, dass eine Rekonstruktion der Aussageentstehung und Aussageentwicklung
mangels Masse an verwertbaren vorangegangenen Aussagen der Klägerin an Grenzen stoße; die Untersuchung der Aktenlage erweise
sich nämlich als problematisch, wenn lediglich zu einem bestimmten Zeitpunkt (hier mit Schreiben vom 21.07.2014) detaillierte
Ausführungen gemacht und sich die Ausführungen des Probanden im Übrigen in stichwortartigen Andeutungen erschöpfen würden.
Vorliegend sei zudem fraglich, ob die Klägerin über die erforderliche Aussagetüchtigkeit verfüge; diese Zweifel ergäben sich
aus dem bisherigen Aussageverhalten der Klägerin, die sich jahrelang nicht in der Lage gesehen habe, detaillierte Ausführungen
zu machen. Im Übrigen hat der Beklagte keinen Ansatz für weitere zielführende Ermittlungen gesehen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des SG vom 17.09.2009 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids vom 11.08.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheids
vom 26.11.2003 zu verurteilen, als Schädigungsfolgen im Sinne des OEG Folgen einer posttraumatischen Belastungsstörung mit emotional instabiler Persönlichkeitsstörung sowie autoaggressives Verhalten
(Borderline) festzustellen und Versorgung zu gewähren, sowie
hilfsweise,
die Ermittlungen von Amts wegen fortzuführen und ein aussagepsychologisches Gutachten einzuholen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Akten des Beklagten und des SG beigezogen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und der Berufungsakte, die allesamt Gegenstand
der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Das SG hat zu Recht die Klage gegen den Bescheid vom 11.08.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.11.2003 abgewiesen.
Der angefochtene Bescheid ist formell und materiell rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Ein vorsätzlicher,
rechtswidriger tätlicher Angriff auf die Klägerin im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG ist, wie das SG zutreffend entschieden hat, nicht nachgewiesen.
Gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG erhält wegen der gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen auf Antrag Versorgung in entsprechender Anwendung der Vorschriften
des BVG, wer im Geltungsbereich des OEG infolge eines vorsätzlichen, rechtswidrigen tätlichen Angriffs gegen seine oder eine andere Person oder durch dessen rechtmäßige
Abwehr eine gesundheitliche Schädigung erlitten hat. Über die Voraussetzung hinaus, dass der tätliche Angriff im strafrechtlichen
Sinn rechtswidrig sein muss, bestimmt § 2 Abs. 1 Satz 1 OEG, dass Leistungen zu versagen sind, wenn der Geschädigte die Schädigung verursacht hat oder wenn es aus sonstigen, insbesondere
in dem eigenen Verhalten des Antragstellers liegenden Gründen unbillig wäre, Entschädigung zu gewähren.
Bei der Beurteilung einer Handlung als vorsätzlicher, rechtswidriger tätlicher Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG (und der Eingrenzung des schädigenden Vorgangs als erstem Glied der versorgungsrechtlichen Ursachenkette) geht der Senat
von folgenden rechtlichen Maßgaben aus (vgl. z.B. Urteile v. 05.02.2013, Az.: L 15 VG 22/09, vom 20.10.2015, Az.: L 15 VG 23/11, und 16.11.2015, Az.: L 15 VG 28/13; zum Ganzen vgl. auch BSG, Urteile v. 17.04.2013, Az.: B 9 V 1/12 R sowie Az.: B 9 V 3 /12 R, und v. 16.12.2014, Az.: B 9 V 1/13 R):
Nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist zu berücksichtigen, dass die Verletzungshandlung im OEG entsprechend dem Willen des Gesetzgebers eigenständig und ohne direkte Bezugnahme auf das StGB geregelt ist (vgl. BSG, Urteil v. 07.04.2011, Az.: B 9 VG 2/10 R, m.w.N.). Gleichwohl orientiert sich die Auslegung an der im Strafrecht gewonnenen Bedeutung des auch dort verwendeten rechtstechnischen
Begriffs des "tätlichen Angriffs" (vgl. insbesondere BSG, Urteil v. 28.03.1984, Az.: B 9a RVg 1/83). Die Auslegung hat sich mit Rücksicht auf den das OEG prägenden Gedanken des lückenlosen Opferschutzes aber weitestgehend von subjektiven Merkmalen (z.B. einer kämpferischen,
feindseligen Absicht des Täters) gelöst (st. Rspr. seit 1995; vgl. BSG, Urteil v. 07.04.2011, a.a.O., m.w.N.). Das Vorliegen eines tätlichen Angriffs hat das BSG vornehmlich aus der Sicht eines objektiven, vernünftigen Dritten beurteilt und insbesondere sozial angemessenes Verhalten
ausgeschieden (vgl. z.B. Urteil v. 29.04.2010, Az.: B 9 VG 1/09 R). Der Rechtsbegriff des tätlichen Angriffs im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG ist also grundsätzlich unter Bezugnahme auf seine im Strafrecht gewonnene Bedeutung (§§ 113, 121 StGB) auszulegen. Danach liegt ein tätlicher Angriff bei einer in feindseliger Willensrichtung unmittelbar auf den Körper eines
anderen zielenden gewaltsamen Einwirkung vor (vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.).
Soweit eine gewaltsame Einwirkung vorausgesetzt wird, hat das BSG entschieden, dass der Gesetzgeber durch den Begriff des "tätlichen Angriffs" den schädigenden Vorgang im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise begrenzt und den im Strafrecht uneinheitlich verwendeten Gewaltbegriff eingeschränkt
hat (vgl. BSG, Urteil v. 07.04.2011, a.a.O., m.w.N.). Abweichend von dem im Strafrecht umstrittenen Gewaltbegriff im Sinne des § 240 StGB (vgl. hierzu z.B. Fischer, StGB, 57. Aufl., § 240, Rdnr. 8 ff, m.w.N.) zeichnet sich der tätliche Angriff gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG grundsätzlich durch eine körperliche Gewaltanwendung gegen eine Person aus, d.h. er wirkt physisch auf einen anderen ein
(vgl. das strafrechtliche Begriffsverständnis der Gewalt im Sinne des § 113 Abs. 1 StGB).
Ein tätlicher Angriff im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG liegt im Regelfall bei einem gewaltsamen, handgreiflichen Vorgehen gegen eine Person vor (vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.), setzt jedoch nach seiner äußeren Gestalt nicht unbedingt ein aggressives Verhalten des Täters voraus; das
BSG ist einem an Aggression orientierten Begriffsverständnis des tätlichen Angriffs letztlich nicht gefolgt (st. Rspr. seit 1995;
vgl. BSG, Urteile vom 18.10.1995, Az.: B 9 RVg 4/93 und B 9 RVg 7/93 bzgl. sexuellen Missbrauchs an Kindern). Dahinter steht der Gedanke, dass auch nicht zum (körperlichen) Widerstand fähige
Opfer von Straftaten den Schutz des OEG genießen sollen (vgl. BSG v. 07.04.2011, a.a.O.); in Fällen sexuellen Missbrauchs an Kindern ist für die "unmittelbare Einwirkung auf den Körper des
Kindes" entscheidend, dass die Begehensweise, nämlich die sexuelle Handlung, eine Straftat war, unabhängig davon, ob bei der
Tatbegehung das gewaltsam handgreifliche (oder das spielerische) Moment im Vordergrund steht (vgl. BSG, a.a.O., m.w.N.).
Die von der Klägerin geltend gemachte Handlung der Vergewaltigung bzw. des sexuellen Missbrauchs durch den Beschuldigten muss
jedoch nachgewiesen sein. Wie der Senat wiederholt (vgl. z.B. Urteile vom 05.05.2015, Az.: L 15 VG 31/12, 18.05.2015, Az. L 15 VG 17/09 ZVW, und 20.10.2015, a.a.O.) unterstrichen hat, sind nach den Grundsätzen im sozialgerichtlichen Verfahren die einen Anspruch
begründenden Tatsachen grundsätzlich im Vollbeweis, d.h. mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, nachzuweisen (vgl.
BSG, Urteil vom 15.12.1999, Az.: B 9 VS 2/98 R). Für diesen Beweisgrad ist es zwar nicht notwendig, dass die erforderlichen Tatsachen mit absoluter Gewissheit feststehen.
Ausreichend, aber auch erforderlich ist indessen ein so hoher Grad der Wahrscheinlichkeit, dass bei Abwägung des Gesamtergebnisses
des Verfahrens kein vernünftiger, den Sachverhalt überschauender Mensch mehr am Vorliegen der Tatsachen zweifelt (vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000, Az.: B 9 VG 3/99 R), d.h. dass die Wahrscheinlichkeit an Sicherheit grenzt (vgl. BSG, Urteil vom 05.05.1993, Az.: 9/9a RV 1/92; Keller, in: Meyer-Ladewig/ders./Leitherer, SGG, 11. Aufl., § 128, Rdnr. 3b).
Unter Beachtung dieser Maßgaben vermag sich das Gericht nicht im Sinne des Vollbeweises davon zu überzeugen, dass die Klägerin
von ihrem Großvater L. E. sexuell missbraucht worden ist.
Auch die Beweiserleichterung des § 15 Satz 1 KOVVfG verhilft der Klägerin nicht zum Erfolg. Nach dieser Vorschrift sind die Angaben des AntragS.s, die sich auf die mit der Schädigung
im Zusammenhang stehenden Tatsachen beziehen, der Entscheidung zugrunde zu legen, soweit sie nach den Umständen des Falles
glaubhaft erscheinen, "wenn Unterlagen nicht vorhanden oder nicht zu beschaffen oder ohne Verschulden des AntragS.s oder seiner
Hinterbliebenen verlorengegangen sind". Die Beweiserleichterung kann prinzipiell auch im Hinblick auf solche Tatsachen anwendbar
sein, die in Zusammenhang mit einer Schädigung stehen, welche vom OEG erfasst wird. Zwar wollte der Gesetzgeber ursprünglich nur der Beweisnot entgegenwirken, in der sich AntragS. befanden, weil
sie durch Kriegsereignisse (wie Flucht, Vertreibung, Bombenangriffe etc.) die über sie geführten Krankengeschichten, Befundberichte,
Urkunden etc. nicht mehr erlangen konnten. Mit der Verweisung in § 6 Abs. 3 OEG hat der Gesetzgeber jedoch der Beweisnot derjenigen Verbrechensopfer Rechnung tragen wollen, bei denen die Tat ohne Zeugen
geschehen ist und bei denen sich der Täter einer Feststellung entzogen hat, mithin andere Beweismittel als die eigenen Angaben
des Betroffenen nicht zur Verfügung stehen (vgl. BSG v. 31.05.1989, Az.: B 9 RVg 3/89; BSG v. 17.04.2013, a.a.O.; vgl. auch die Entscheidungen des Senats v. 17.08.2011, Az.: L 15 VG 21/10, und v. 21.04.2015, Az.: L 15 VG 24/09). Die Beweiserleichterung gilt nach der Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil v. 31.05.1989, a.a.O.) - gewissermaßen in einer zweiten Stufe einer erweiternden Auslegung - zudem nicht nur
für das Verwaltungsverfahren, sondern auch im gerichtlichen Verfahren, weil sie, so das BSG, nicht nur das Verfahren der Verwaltung regle, sondern "materielles Beweisrecht" enthalte (a.a.O.). Ob sie weiter darüber
hinaus (dritte Stufe) sogar in Fällen wie dem vorliegenden anwendbar ist, in denen Zeugen als Beweismittel vorhanden sind
(vgl. BSG, Urteil vom 17.04.2013, a.a.O.), kann hier offen bleiben (zu den grundlegenden Bedenken des Senats vgl. die Darlegungen im
Urteil vom 21.04.2015, a.a.O.). Denn selbst wenn man den genannten Maßstab der Glaubhaftigkeit genügen lassen wollte, würde
das der Berufung der Klägerin nicht zum Erfolg verhelfen. Nach Auffassung des Senats können die Aussagen der Klägerin nicht
als glaubhaft angesehen werden, weil nicht davon ausgegangen werden kann, dass nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders
viel für die Möglichkeit des sexuellen Missbrauchs der Klägerin durch ihren Großvater sprechen würde (vgl. BSG v. 17.04.2013, a.a.O.). Von den in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten kommt der eines solchen Angriffs auf die Klägerin
im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG durch L. E. nicht einmal ein gewisses Übergewicht zu. Aus Sicht des Senats besteht allenfalls eine (geringe) Möglichkeit
für das von der Klägerin geschilderte Geschehen.
Dies ergibt sich aus Folgendem:
Objektive Tatzeugen gibt es nicht. Nach den einzelnen Missbrauchshandlungen, die von der Klägerin behauptet werden, ist keine
körperliche Untersuchung durchgeführt worden. Weitere objektive Beweismittel sind nicht vorhanden.
1. Keiner der einvernommenen Zeugen hat den sexuellen Missbrauch bestätigen können. Die Aussagen der Zeugen waren eher vage
und bestanden in der Regel nur aus Vermutungen. Letztlich haben die Zeugenaussagen kaum Greifbares ergeben. Exemplarisch ist
hierfür die Aussage des Stiefvaters der Klägerin C. vom 16.07.2014, in der er wörtlich geäußert hat, dass "in dieser Richtung
eigentlich alles möglich" sei. Konkretere Angaben konnten die Zeugen - mit Ausnahme der Mutter der Klägerin, D. (s.u.) - jedoch
nicht machen. Zwar haben die Zeuginnen D. und F. eine Wesensveränderung der Klägerin Anfang der 1980er Jahre behauptet. Wie
der Beklagte jedoch zutreffend hervorgehoben hat, handelt es sich lediglich um ihre nachträgliche subjektive Interpretation.
Aus keiner der Schilderungen der Zeugen ergibt sich eine spezifische und glaubhafte Veränderung der Klägerin nach der behaupteten
Tat. Insbesondere was den Urlaub in der Pfalz und etwaige Auffälligkeiten am Verhalten der Klägerin betrifft, lassen sich
daraus keine Rückschlüsse auf ein mögliches Missbrauchserlebnis ziehen. Es ist jedenfalls nicht auszuschließen, wenn nicht
sogar naheliegend, dass die Klägerin dort entsprechend der Aussage des Zeugen C. an Keuchhusten erkrankt war und sich deshalb
anders als gewöhnlich verhalten hat, z.B. als dann ihre Mutter am Urlaubsort eingetroffen war.
Vielmehr ergeben sich aus den Zeugenaussagen sogar Hinweise, die gegen einen sexuellen Missbrauch durch den beschuldigten
Großvater der Klägerin sprechen. So haben die Zeugen E., E. und C. eine Veränderung im Verhältnis zwischen der Klägerin und
dem Beschuldigten gerade nicht bestätigen können. Vielmehr hat der Zeuge E. im Beweisaufnahmetermin des Senats auf Nachfrage
ausdrücklich erklärt, dass es regelmäßigen Kontakt zwischen dem Großvater und seiner Enkelin gegeben habe, bei welchem er,
der Zeuge, auch anwesend gewesen sei. Auffälligkeiten am Verhältnis zwischen der Klägerin und dem Beschuldigten hatte der
Zeuge nicht in Erinnerung.
Auch aus der Zeugenaussage und den weiteren Angaben der Mutter der Klägerin, D., ergibt sich nicht, dass die Angaben der Klägerin
als glaubhaft im Sinne von § 15 Satz 1 KOVVfG anzusehen wären. Zwar könnten die Aussagen der Mutter, vor allem im Rahmen des Hausbesuchs am 21.02.2003 wie auch im Beweisaufnahmetermin
am 27.06.2014 u.U. als (gewisses) Indiz für das Vorliegen einer Missbrauchssituation im Kindesalter gewertet werden. Zur Überzeugung
des Senats steht jedoch fest, dass die Zeugin, die ein eigenes Berufungsverfahren beim BayLSG führt (Az.: L 18 VG 42/12), entsprechend ihrer eigenen Aussage seit Anfang der 1990er Jahre einen (angeblich) selbst erlittenen sexuellen Missbrauch
aufarbeitet. Insoweit ist nicht von der Hand zu weisen, dass mit Blick auf das Eigeninteresse der Zeugin hier erhebliche Objektivitätsdefizite
bestehen könnten. Die Zeugin spielt aus Sicht des Senats im Hinblick auf die Angaben der Klägerin eine zentrale Rolle. Sie
hat versucht, mit der Klägerin deren (angebliche) Missbrauchserlebnisse aufzuarbeiten; der Beklagte hat in seinem Schriftsatz
vom 22.04.2015 im Einzelnen zu Recht darauf hingewiesen, dass es von der Zeugin insoweit suggestive Informationen (als respektierte
Autoritätsperson) hinsichtlich des angeblichen sexuellen Missbrauchs der Klägerin gegeben hat (vgl. auch unten).
2. Auch die Aussagen der Klägerin führen nicht zu der Wertung, dass besonders viel für die Möglichkeit eines sexuellen Missbrauchs
zu ihren Lasten sprechen würde. Trotz der im Schreiben vom 21.07.2014 - schließlich doch - gemachten konkreteren Angaben über
einen anal, vaginal und oral "über Jahre" erfolgten sexuellen Missbrauch sieht sich der Senat nicht in der Lage, mehr als
eine geringe Möglichkeit für das von der Kläger geschilderte Geschehen anzunehmen. Es kann somit letztlich offen bleiben,
ob der Annahme eines solchen Missbrauchs entgegensteht, dass die einzelnen Missbrauchshandlungen im Rahmen der Beweiserhebung
zeitlich nicht genau fixierbar waren und der Tathergang nicht näher rekonstruiert werden konnte (vgl. hierzu offenbar das
Urteil des BSG vom 18.11.2015, Az.: B 9 V 1/14 R, das dem Senat jedoch immer noch nicht vorliegt). Denn aus Sicht des Senats sprechen jedenfalls zu viele Aspekte dagegen,
um diese Angaben als glaubhaft ansehen zu können. Zum einen ist dies die nicht konstante Schilderung der Klägerin. Vor allem
aber besteht nach Überzeugung des Senats vorliegend eine deutlich erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass bei der Klägerin Scheinerinnerungen
gegeben sind. Schließlich ist auch nicht fernliegend, dass bei der Klägerin pathologische Störungen des Wahrnehmungsvorgangs
oder eine Gedächtnistäuschung etc. bestehen. Wie aus den vorliegenden medizinischen Unterlagen ohne Weiteres hervorgeht, spielten
bei der Klägerin im Rahmen der Borderline-Symptomatik in deutlichem Umfang auch psychotische Elemente eine Rolle (vgl. Gutachten
Dr. W. vom 04.04.2001; s. auch unten). Es ist gut möglich, dass tatsächlich nicht erfolgte Handlungen für die Klägerin reelle
Tatsachen dargestellt haben könnten. Schließlich könnten auch der vorübergehende Drogenkonsum durch die Klägerin und weitere
sie belastende Lebensereignisse, die in dem Verfahren bereits thematisiert worden sind (s.o.), die geltend gemachten Schädigungsfolgen
erklären.
a) Die Angaben der Klägerin zum sexuellen Missbrauch sind nicht konstant. Dabei ist nicht maßgeblich, dass die Schilderungen
erst zu einem späten Zeitpunkt konkret geworden sind, sondern, dass die Klägerin voneinander abweichende Angaben gemacht hat.
So hat die Klägerin Ende Juli 1996 entsprechend einem Bericht der Beratungsstelle W. einen möglichen sexuellen Missbrauch
durch den Großvater angegeben. Im Befundbericht vom 25.02.2002 der A. Klinik O-Stadt, Fachklinik für Psychosomatik und Psychotherapie
hat die Klägerin dagegen von sexuellem Missbrauch über sieben Jahre durch verschiedene Täter berichtet. Erst später hat die
Klägerin dann wieder von einem sexuellen Missbrauch durch ihren Großvater gesprochen.
b) Die Angaben der Klägerin zum sexuellen Missbrauch sind nach Auffassung des Senats auch deshalb nicht glaubhaft, da die
Möglichkeit, dass es sich lediglich um Scheinerinnerungen handelt, nicht weniger wahrscheinlich ist, als die Möglichkeit,
dass sich die geschilderten Taten tatsächlich ereignet haben. So finden sich entsprechend den plausiblen und fundierten Darlegungen
des Beklagten vorliegend für Scheinerinnerungen begünstigende Faktoren, die nach der aussagepsychologischen Fachliteratur
anerkannt sind (vgl. z.B. Volbert, Beurteilung von Aussagen über Traumata, 1. Aufl., S. 117 ff.). Diese Faktoren wirken begünstigend
für die Übernahme induzierter Erinnerungen. Der Senat teilt vorliegend die Auffassung des Beklagten, dass diese Erinnerungen
nicht in erster Linie im Rahmen einer medizinischen Therapie induziert worden sind, sondern im Rahmen der Aufarbeitung des
vermuteten Missbrauchs mit der eigenen Mutter, der Zeugin D. (s. im Einzelnen den Schriftsatz des Beklagten vom 22.04.2015,
S. 14 ff.). Im vorliegenden Fall sind zahlreiche typische Kennzeichen für Scheinerinnerungen gegeben. So war im relevanten
Umfeld der Klägerin bereits im Jahr 1996 die Annahme gegeben, ein bisher nicht aufgedeckter sexueller Missbrauch zu Lasten
der Klägerin liege vor. U.a. durch Vorzeigen von Fotos aus der fraglichen Zeit wurden zudem ausdrückliche Bemühungen unternommen,
damit sich die Klägerin an den Missbrauch erinnern und diesen genau datieren könne. Zudem sind bei der Klägerin wohl infolge
dieser Bemühungen Erinnerungen entstanden; mit Blick auf den oben genannten Bericht der Beratungsstelle W. waren diese Erinnerungen
bei der Klägerin zunächst noch nicht vorhanden. Wie sich aus dem Akteninhalt und den einzelnen Ausführungen der Klägerin hinsichtlich
der Missbrauchserlebnisse klar ergibt, hat im Laufe der Zeit die Zahl der Erinnerungen bzw. der geschilderten Vorfälle eindeutig
zugenommen (insoweit kann auf die näheren Darlegungen im oben genannten Schriftsatz des Beklagten, dort S. 17, Bezug genommen
werden). Weiter kann als Indiz für Scheinerinnerungen auch die Angabe der Klägerin im Schreiben vom 21.07.2014 gewertet werden,
noch zu wissen, dass sie bereits seit ca. 1980 oder 1981 autoaggressives Verhalten gezeigt habe, da die Klägerin insoweit
Verhaltensweisen aus frühester Kindheit geschildert hat. Der Senat hält es im Übrigen aufgrund der Zeugenaussage der Tante
der Klägerin, F., zudem für erwiesen, dass die Klägerin autoaggressives Verhalten erst als Schulkind, etwa zehn Jahre später,
gezeigt hat. Weiter sind auch die bizarren und extremen Erfahrungen in den Schilderungen der Klägerin, soweit sie den Inhalt
der mit dem Großvater angeblich angeschauten Filme betreffen, ein typisches Kennzeichen für das Vorliegen von Scheinerinnerungen.
Vor allem kommt hinzu, dass die Schilderungen der Klägerin in mehrfacher Hinsicht nicht konstant sind. Dies spricht aus Sicht
des Senats nicht nur gegen die Glaubwürdigkeit der klägerischen Angaben (s. oben Ziff. a), sondern ist ebenfalls ein eigenständiges
Kennzeichen von Scheinerinnerungen. Wie der Beklagte auch insoweit zutreffend dargelegt hat, ist die fehlende Konstanz der
klägerischen Aussagen auf drei Ebenen feststellbar. Zum einen gilt dies hinsichtlich der Ausführungen, inwieweit Erinnerungen
an die geschilderten Ereignisse durchgängig vorhanden waren bzw. zurückgewonnen wurden (ab welchem Lebensalter diese Erinnerungen
vorhanden sind, s. oben). Zudem gilt dies - wie bereits dargelegt - hinsichtlich der Zahl der Täter. Schließlich fehlt es
an Konstanz auch bezüglich der einzelnen Tathandlungen. So finden sich manche Tathandlungen aus der Berufungsbegründung (26.04.2010)
in der detaillierten Beschreibung vom 21.07.2014 nicht mehr (wie das Anfassen des Täters an den Genitalien und die Nötigung
zur Einnahme von unbekannten Medikamenten). Andererseits sind im zuletzt genannten Schreiben Einzelheiten erstmalig erwähnt
worden (in erster Linie der Umstand, dass die Leichen in den Filmen zerstückelt worden seien, jedoch auch die zentrale Behauptung
der Misshandlung über Jahre). Auch die ungefähre Tathandlung ist entsprechend der nachvollziehbaren Ansicht des Beklagten
aber "Bestandteil des Kerngeschehens, hinsichtlich dessen auch bei Beschreibungen zu verschiedenen Zeitpunkten Konstanz zu
erwarten ist, wenn es sich um ein real erlebtes Geschehen handelt" (Schriftsatz vom 22.04.2015, S. 18 ff.).
3. Eine Glaubhaftmachung des behaupteten sexuellen Missbrauchs der Klägerin ergibt sich auch nicht aus der Tatsache, dass
in der Familie der Klägerin u.U. (andere) sexuelle Missbrauchstaten gegen weitere Familienmitglieder verübt worden sein könnten.
Zu betrachten ist nämlich der konkrete Einzelfall der Klägerin. Ein Rückschluss von anderen Taten im Familienkreis auf einen
Missbrauch der Klägerin ergibt sich daraus per se nicht. Es kann daher offen bleiben, ob weitere Missbrauchstaten geschehen
sind.
4. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats (vgl. z.B. Urteil vom 26.01.2016, Az.: L 15 VG 29/13, m.w.N.) kann ferner auch nicht allein aus einer Diagnose auf ein bestimmtes Geschehen geschlossen werden, da es nach überwiegender
medizinischer Lehrmeinung keine eindeutige kausale Beziehung zwischen sexuellem Missbrauch im Kindesalter und einer spezifischen
Psychopathologie im Kindes- oder Erwachsenenalter gibt. Eine Glaubhaftmachung ergibt sich also auch nicht aus den bei der
Klägerin (auf psychiatrischem Fachgebiet) vorhandenen Gesundheitsstörungen.
Nach alldem ist zwar nicht völlig ausgeschlossen, dass die Klägerin in ihrer Kindheit von dem genannten Täter sexuell missbraucht
worden sein könnte. Aufgrund der zahlreichen Anhaltspunkte dafür, dass die klägerischen Angaben nicht der Realität entsprechen
könnten, sieht sich der Senat aber nicht in der Lage, davon auszugehen, dass der sexuelle Missbrauch überwiegend wahrscheinlich
wäre. Angesichts der massiven Zweifel besteht nicht die "gute Möglichkeit", dass sich der Vorgang so zugetragen hat, wie von
der Klägerin geschildert (s. oben, BSG vom 17.04.2013, a.a.O.). Erst recht ist der Nachweis im Sinne des Vollbeweises nicht erbracht. Inwieweit zu dem Fehlverhalten
des Großvaters (Alkoholkonsum, Gewalttätigkeit gegenüber der Großmutter der Klägerin), von dem nach den Zeugenaussagen auszugehen
sein dürfte, Angriffe im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG gegen die Klägerin hinzugekommen sind, muss, nicht zuletzt auch wegen des beträchtlichen Zeitablaufs, heute als nicht mehr
aufklärbar betrachtet werden.
Im Übrigen wäre auch ein rechtlich wesentlicher Zusammenhang zwischen einem sexuellen Missbrauch und den geltend gemachten
Gesundheitsschäden nicht als wahrscheinlich nachgewiesen. Im Hinblick auf die weiteren Mitverursachungsbeiträge, die u.a.
aus dem Gutachten des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. W. vom 04.04.2001 hervorgehen, würde die Klage mit
Blick auf die Rechtsprechung des BSG (vgl. Urteil vom 16.12.2014, Az.: B 9 V 6/13 R; eine Gewalttat ist nur dann rechtlich wesentliche Ursache, wenn sie in ihrer Bedeutung und Tragweite für den Eintritt des
Erfolges allein mindestens so viel Gewicht hat wie die übrigen Ursachen zusammen) auch insoweit ohne Erfolg bleiben. So hat
Dr. W. eine posttraumatische Belastungsstörung aufgrund massiver Misshandlungen durch den Ex-Partner H. B. festgestellt; die
Klägerin, so der Arzt, habe berichtet, dass die schlimmsten Misshandlungen in ihrem Leben durch H. B. erfolgt seien. In dem
o.g. Gutachten ist wie bereits erwähnt auch von Drogenkonsum die Rede und von für die Klägerin schwierigen Familienverhältnissen;
ihr Stiefvater, der Zeuge C., habe sie wie einen Hund dressiert. Diese Vorkommnisse sind nicht Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens.
Auf die Frage des Zusammenhangs kommt es aber letztlich nicht mehr an. Medizinische Ermittlungen, die insoweit im Raum stehen,
sind somit nicht erforderlich.
Auch zu sonstigen Ermittlungen besteht keine Veranlassung und erst recht keine verfahrensrechtliche Pflicht.
1. Es gibt keinen Grund, eine psychotraumatologische Befragung oder Ähnliches, wie anfangs noch von der Klägerin beantragt,
durchführen zu lassen, um - vereinfacht ausgedrückt - der Klägerin zu ermöglichen, sich an einzelne, konkrete Missbrauchserlebnisse
(erstmals) wieder zu erinnern. Dies ergibt sich zunächst bereits daraus, dass für das Gericht keine Veranlassung und Verpflichtung
besteht, Ermittlungen "ins Blaue hinein" durchzuführen (vgl. BSG, Beschluss vom 05.02.2009, Az.: B 13 RS 85/08 B; Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/ders., a.a.O., § 103, Rdnr. 8a). Der Antrag bezüglich einer traumatologischen Befragung,
der von der Klägerin dann auch nicht mehr aufrechterhalten worden ist, zielte auf die Erschließung von Erkenntnisquellen,
die es - zumindest aus Sicht der Klägerin - erst ermöglichen sollen, bestimmte Tatsachen zu behaupten und sodann unter Beweis
zu stellen (vgl. BSG, a.a.O., zum bloßen Beweisermittlungsantrag). Nach dem vorliegenden Sachverhalt stellte sich der pauschale Vortrag der Klägerin,
sexuell missbraucht worden zu sein, ähnlich wie sog. "Behauptungen aufs Geratewohl" dar (vgl. Greger, in: Zöller, ZPO, 31. Aufl., Vorb. zu § 284, Rdnr. 8c). Vor allem aber kann bei nicht erwiesenen Sachverhalten ein psychotraumatologisches Gutachten zur Klärung grundsätzlich
auch nichts beitragen (vgl. Högenauer, Neue Aspekte in der Beurteilung psychoreaktiver und neuropsychologischer Störungen
als Leistungsgrund - aus der Sicht der Gutachter des Versorgungsärztlichen Dienstes, MedSach 2006, S. 67 (69)); der Senat
hat auch starke Bedenken, dass bei psychotraumatologischen Befragungen etc. suggestive Einflüsse besondere Bedeutung erlangen
könnten (vgl. zur gesamten Problematik der Abgrenzung zwischen wiederentdeckten und Pseudoerinnerungen z.B. Volbert, a.a.O.,
S. 122 ff.). Seine Überzeugung könnte der Senat daher nicht auf ein solches Gutachten stützen.
2. Schließlich ist auch kein aussagepsychologisches Gutachten (hinsichtlich der von der Klägerin bereits vorgetragenen Angaben
zum sexuellen Missbrauch) einzuholen.
Gegen ein solches Gutachten sprechen zum einen grundsätzliche Erwägungen der Rechtsprechung (s. hierzu unter a.). Hinzu kommt,
dass im vorliegenden Fall wegen der Besonderheiten in der Person der Klägerin und der bestehenden Problemkonstellationen ein
aussagepsychologisches Gutachten nach Überzeugung des Senats, die dieser aufgrund der plausiblen sachverständigen Darlegungen
und der Auswertungen medizinischer Erfahrungssätze gewonnen hat, nicht geeignet ist, einen sexuellen Missbrauch der Klägerin
nachzuweisen oder (im Sinne des § 15 Satz 1 KOVVfG) glaubhaft zu machen. Durch ein aussagepsychologisches Gutachten ist vorliegend keine rechtssichere Beantwortung der Frage
möglich, ob die Angaben der Klägerin erlebnisfundiert und glaubhaft sind (s. hierzu unter b.-d.).
a. Zum einen gehört die Würdigung von Aussagen nicht nur Erwachsener, sondern auch kindlicher oder jugendlicher Zeugen zum
Wesen richterlicher Rechtsfindung und ist daher grundsätzlich dem Tatrichter anvertraut (st. Rspr. des Senats, vgl. Urteile
vom 05.02.2013, a.a.O., 21.04.2015, a.a.O., 18.05.2015, a.a.O., und 20.10.2015, a.a.O.). Wie das Bundesverfassungsgericht
(BVerfG) im Beschluss vom 16.12.2002 (Az.: 2 BvR 2099/01) festgestellt hat, stellen die bei der Beweiswürdigung als einem Teil der Rechtsanwendung sich ergebenden aussagepsychologischen
Fragen keine abgelegene, sondern eine für Richter ebenso wie für Anwälte zentrale, in der juristischen Fachliteratur ausführlich
abgehandelte Materie dar, so dass die Auffassung nachvollziehbar ist, zur Würdigung der Zeugenaussagen sei, mangels besonderer
zusätzliche psychologische Kenntnisse erfordernder Umstände, eine Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe nicht erforderlich.
Eine aussagepsychologische Begutachtung (Glaubhaftigkeitsgutachten) kommt (vgl. die Urteile des Senats, a.a.O., sowie das
Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 15.12.2011, Az.: L 6 VG 584/11) daher nur in besonderen Ausnahmefällen in Betracht, wenn nämlich dem Gericht die Sachkunde für die Beurteilung der Glaubhaftigkeit
fehlt. Die Einholung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens kann nach Auffassung des Senats - gerade auch unter Beachtung des o.g.
Beschlusses des BVerfG - also nur geboten sein, wenn Sachverhalt oder Aussageperson solche Besonderheiten aufweisen, die eine
Sachkunde erfordern, die ein Richter normalerweise nicht hat. Nach der Rechtsprechung des BVerfG ist die Würdigung der Aussagen
etc. Aufgabe des Tatrichters. Ein Sonderfall ist hier nicht gegeben. Vielmehr handelt es sich vorliegend um die klassische
Problemkonstellation.
b. Zudem hat der Senat ebenfalls bereits entschieden (st. Rspr., vgl. z.B. Urteile vom 30.06.2009, Az.: L 15 VG 17/05, 05.02.2013, a.a.O., und 20.10.2015, a.a.O.), dass in einem Fall, in dem die Aussageperson (u.a.) an einer wahnhaften Störung
leidet, die Durchführung eines Glaubhaftigkeitsgutachtens nicht sinnvoll ist. Wie in dem mit Urteil vom 30.06.2009 (a.a.O.)
bereits entschiedenen Fall von dem damals beauftragten medizinischen Sachverständigen dargelegt worden ist, hat die dortige
Klägerin an einer wahnhaften Störung gelitten und ist somit unverrückt von den entsprechenden Wahninhalten überzeugt gewesen.
Wahninhalte können für die betreffenden Patienten - wie der medizinische Sachverständige für die dortige Klägerin festgestellt
hat - reelle Tatsachen darstellen, sodass in einer weiteren Verhaltensanalyse im Rahmen einer Begutachtung keine weiteren
wesentlichen Erkenntnisse zu erwarten sind (a.a.O.). Somit ist davon auszugehen, dass ein Glaubhaftigkeitsgutachten auch im
hier vorliegenden Fall ein untaugliches Beweismittel wäre: Wie aus dem Gutachten von Dr. W. vom 04.04.2001 ausdrücklich hervorgeht,
waren bei der Klägerin im Rahmen der Borderline-Symptomatik in deutlichem Umfang auch psychotische Elemente vorhanden. Damit
scheidet ein aussagepsychologisches Gutachten hier grundsätzlich aus.
c. Hinzu kommt, dass, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat (Schriftsatz vom 22.04.2015, S. 24), eine aussagepsychologische
Begutachtung ausscheiden muss, wenn eine Rekonstruktion der Aussageentstehung und Aussageentwicklung mangels Masse an verwertbaren
vorangegangenen Aussagen der Aussageperson auf enge Grenzen stößt, wie es vorliegend der Fall ist.
d. Schließlich steht die Tatsache, dass im Falle wiederentdeckter Erinnerungen, wie sie vorliegend jedenfalls zum Teil gegeben
sind, eine hohe Wahrscheinlichkeit für Scheinerinnerungen besteht, der Einholung eines aussagepsychologischen Sachverständigengutachtens
von vornherein entgegen. Wie dem Senat aus zahlreichen ähnlich gelagerten Verfahren aufgrund sachverständiger Äußerungen der
vergangenen Jahre bekannt ist, sind Scheinerinnerungen normalpsychologische Gedächtnisvorgänge, die nicht mit Halluzinationen
oder Wahnvorstellungen von psychotisch erkrankten Personen zu verwechseln sind. Sie setzen keine Psychopathologie auf Seiten
der betroffenen Person voraus, ihre Entstehung wird aber durch psychische Labilisierungen erleichtert. Der Sachverständige
Prof. Dr. S. (Fachpsychologe für Rechtspsychologie und Facharzt für forensische Psychiatrie, Institut für Forensische Psychiatrie,
Charité Universitätsmedizin Berlin) hat in einem für das vor dem Senat vormals anhängige Berufungsverfahren (Az.: L 15 VG 40/14) relevanten Gutachten vom 25.07.2012 zur Überzeugung des Senats dargelegt, dass die Annahme, es seien nach Ablauf von vielen
Jahren nach Verdrängung ausschließlich zutreffende Vorstellungen (also tatsächliche Erinnerungen) aufgetaucht, wissenschaftliche
Erkenntnisse über die Vulnerabilität des menschlichen Gedächtnisses vernachlässigt. Die Scheinerinnerungshypothese kann, so
der (damalige) Sachverständige, durch eine aussagepsychologische Analyse aber nicht widerlegt werden. Dies ist dadurch begründet,
dass Aussagen, die auf Scheinerinnerungen beruhen, eine vergleichbar hohe Qualität haben können wie Aussagen, die auf tatsächliches
Erleben zurückgehen. Eine inhaltsanalytische positive "Beweisführung" ist also nach einer Vorgeschichte mit potenziellen suggestiven
Faktoren nicht mehr möglich. Die Aussagekraft der inhaltsanalytischen Methodik wird auch weiter eingeschränkt bzw. ganz aufgehoben,
wenn psychotherapeutische Behandlung bzw. Beratung erfolgt wie vorliegend im Fall der Klägerin. Gegen aussagepsychologische
Begutachtungen in den Fällen, in denen mit therapeutischer Unterstützung explizite Erinnerungsbemühungen unternommen wurden,
und auch in Fällen, in denen diese Erinnerungen nicht primär im Rahmen einer Therapie induziert wurden, sondern im Rahmen
der Aufarbeitung eines vermuteten Missbrauchs in der eigenen Familie wie hier mit der eigenen Mutter, bestehen nach Überzeugung
des Senats gravierende Bedenken. So ist dem Senat aus zahlreichen vergleichbaren Fällen bekannt, dass nach herrschender wissenschaftlicher
Ansicht bereits problematisch ist, wenn ein vermeintlicher Übergriff sehr lange zurückliegt. Wie der Sachverständige Prof.
Dr. N. im Rahmen der vormals beim Senat anhängigen Berufungsverfahren Aktenzeichen L 15 VG 23/11 und L 15 VG 25/09 plausibel dargelegt hat, ist es regelmäßig unwahrscheinlich, dass zu einem Zeitpunkt Jahre oder sogar Jahrzehnte nach den
in Frage stehenden Sachverhalten noch hinreichend zuverlässige Informationen erlangt werden könnten. Es ist eine gesicherte
Erkenntnis der aussagepsychologischen Forschung, insbesondere der Suggestionsforschung, dass psychotherapeutische Gespräche
über mutmaßliche Erlebnisse die diesbezüglichen Gedächtnisinhalte beeinflussen, verändern und überlagern können, ohne dass
im Nachhinein mit den verfügbaren diagnostischen Methoden noch festgestellt werden kann, was in einem zeitlich später gegebenen
Bericht eigene ursprüngliche Erinnerungen sind und was durch die therapeutischen Gespräche nachträglich verändert oder hinzugefügt
worden ist. Gerade in den Fällen wie dem vorliegenden (vgl. die Darlegung der hier als besonders problematisch zu bezeichnenden
Faktoren durch den Beklagten im Schriftsatz vom 22.04.2015, dort S. 15 ff.) erscheint der Weg über ein aussagepsychologisches
Gutachten als nicht gangbar. Kommen ernstere psychiatrische Erkrankungen der Aussageperson hinzu, sind auch die personalen
Voraussetzungen für ein solches Gutachten nicht mehr gegeben (s.o. Ziff. 2b, vgl. Högenauer, a.a.O.).
3. Im Übrigen besteht kein Anlass, weitere Zeugen einzuvernehmen. Es sind keinerlei Anhaltspunkte dafür vorhanden, dass z.B.
weitere Familienangehörige sachdienliche Hinweise geben könnten. Insbesondere spricht nichts dafür, die Ehefrau des beschuldigten
Täters, die Großmutter der Klägerin, vorzuladen und persönlich einzuvernehmen.
Die Berufung kann somit keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG).
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