Ermittlung der Höhe des Berufsschadensausgleichs in der Kriegsopferversorgung; Kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch
zur Herstellung eines rechtswidrigen Zustands
Tatbestand
Das Verfahren betrifft eine Angelegenheit aus dem Recht der Soldatenversorgung. Streitig ist die Höhe des Berufsschadensausgleichs
nach rechtskräftiger Scheidung des Klägers.
Der Kläger war zuletzt Soldat auf Zeit; seine Dienstzeit endete am 01.11.1978. Er erhält Versorgung, u.a. mit einem Berufsschadensausgleich.
Am 18.09.2007 teilte der Kläger anlässlich einer Vorsprache bei der damals zuständigen Versorgungsverwaltung, dem früheren
Beklagten, (im Folgenden: ZBFS) mit, dass er zum 27.06.2007 rechtskräftig geschieden sei.
Mit Bescheid vom 27.09.2007 setzte das ZBFS gemäß § 48 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) in Verbindung mit § 30 Bundesversorgungsgesetz (BVG) den Anspruch auf Berufsschadensausgleich mit Wirkung ab Juli 2007 neu fest; der Berufsschadensausgleich betrug nunmehr 1.841,-
EUR monatlich (vorher: 2.317,- EUR). Für die Monate 07 bis 10/2007 erfolgte eine Rückforderung der Überzahlung in Höhe von
1.904,- EUR.
Mit Schreiben vom 28.09.2007 erläuterte das ZBFS dem Kläger eingehend die Berechnung des Berufsschadensausgleichs, insbesondere
weshalb sich infolge der Scheidung eine deutliche Minderung des Berufsschadensausgleichs ergebe.
Mit Schriftsatz vom 10.10.2007 erhob der Kläger Widerspruch, ohne diesen näher zu begründen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 23.07.2008 wies das ZBFS den Widerspruch zurück. Es wurde darauf hingewiesen, dass sich das pauschale
Netto-Vergleichseinkommen bei Beschädigten, die ohne Schädigung noch im Erwerbsleben stünden, nach ihrem Familienstand richte,
wobei bei einem nicht verheirateten Beschädigten die prozentualen Abzüge höher seien, so dass sich im Vergleich zu einem verheirateten
Beschädigten ein niedrigeres Netto-Vergleichseinkommen errechne. Der genaue Berechnungsweg wurde im Widerspruchsbescheid aufgezeigt.
Weiter wurde erläutert, warum die Absenkung des Berufsschadensausgleichs mit Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse (Rechtskraft
des Scheidungsurteils) vorgenommen worden war.
Mit Schreiben vom 15.08.2008 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Landshut Klage erhoben (Verfahren mit dem Aktenzeichen S 15 VS 9/08).
Mit Beschluss des SG vom 01.10.2009 sind die dort geführten Streitsachen des Klägers mit den Aktenzeichen S 15 VS 8/08, S 15 VS 9/08 und S 15 VS 10/08 verbunden und unter dem Aktenzeichen S 15 VS 10/08 fortgeführt worden.
Erst nach Erlass des Widerspruchsbescheids und nach Klageerhebung hat der Kläger gegenüber dem ZBFS mit Schreiben vom 07.01.2009
die Gründe für seinen Widerspruch gegen die Neuberechnung des Berufsschadensausgleichs wie folgt erläutert: Vor seiner Scheidung
habe er einem Mitarbeiter des ZBFS (Herrn F. ) mehrmals erzählt, dass er mit seiner Ehefrau bereits einen Notarvertrag abgeschlossen
habe und er sich nicht mehr scheiden lassen müsse, da dieser Vertrag alles über die Trennung beinhalte. Herr F. habe ihm damals
immer gesagt, dass sich durch eine Scheidung bei ihm nichts ändere und alles beim Alten bleibe. Hätte er gewusst, dass ihm
jeden Monat durch das ZBFS 474,- EUR abgezogen würden, hätte er sich sicher nicht scheiden lassen. Es müsse angenommen werden,
dass Herr F. ihn bewusst falsch informiert habe. Aufgrund dieses Fehlverhaltens habe die Behörde seine Verluste zu tragen.
Das ZBFS hat dieses Schreiben an das SG weitergeleitet und einen Aktenvermerk des betroffenen Mitarbeiters beigefügt, in dem dieser ausgeführt hat, dass er dem Kläger
bei dessen persönlicher Vorsprache, bei der er seine Scheidung mitgeteilt habe, sinngemäß gesagt habe, dass sich wahrscheinlich
an der Höhe der Bezüge nichts ändern werde, maßgebend aber der noch zu erlassende Bescheid sei. An weitere entsprechende Aussagen
vor dem Zeitpunkt der Scheidung könne er sich nicht erinnern; eine schriftliche Auskunft sei zu keiner Zeit erteilt worden.
Mit Gerichtsbescheid des SG vom 23.11.2009 ist die Klage abgewiesen worden.
Mit Schreiben vom 28.11.2009 hat der Kläger Berufung eingelegt und diese wie folgt begründet: Er mache einen sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch geltend, ihn so zu stellen, als habe er trotz der Scheidung Anspruch auf Versorgungsleistungen auf der
Grundlage eines Berufsschadensausgleichs nach dem Familienstand eines Verheirateten. Von der Sachbearbeitung des ZBFS sei
ihm vor der Scheidung mitgeteilt worden, dass sich die Scheidung nicht auf die Höhe seiner Versorgungsleistungen auswirken
werde. Diese Auskunft sei grob fahrlässig falsch gewesen. Ohne diese Auskunft hätte er sich nicht scheiden lassen, sondern
weiterhin nur getrennt von seiner Ehefrau gelebt.
Mit Beschluss vom 14.01.2014, berichtigt durch Beschluss vom 12.11.2015, sind die Berufungen entsprechend den ursprünglichen
Klageverfahren wieder getrennt worden.
Mit Schreiben vom 11.11.2015 ist der Freistaat Bayern, vertreten durch das ZBFS, als bisheriger Beklagter aus dem Verfahren
entlassen und mitgeteilt worden, dass an die Stelle des bisherigen Beklagten die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch
die Bundesministerin der Verteidigung, trete.
Im Laufe des Verfahrens hat der Kläger Befangenheitsanträge gestellt, die allesamt erfolglos geblieben sind.
Der Kläger beantragt,
den Gerichtsbescheid vom 23.11.2009 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 27.09.2007 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2008 zu verurteilen, ihm Berufsschadensausgleich ab 01.07.2007 entsprechend dem Familienstand
eines Verheirateten zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen worden sind die in der Ladung vom 04.01.2016 aufgelisteten Akten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den
Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Das SG ist im Gerichtsbescheid vom 23.11.2009 zutreffend zu der Einschätzung gekommen, dass der Bescheid des ZBFS vom 27.09.2007
in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2008 nicht zu beanstanden ist.
1. Richtige Beklagte
Wegen des zum 01.01.2015 in Kraft getretenen Gesetzes zur Übertragung der Zuständigkeiten der Länder im Bereich der Beschädigten-
und Hinterbliebenenversorgung nach dem Dritten Teil des Soldatenversorgungsgesetzes auf den Bund vom 15.07.2013 (BGBl. I 2013 Nr. 38 S. 2416 ff.) ist ein Beklagtenwechsel kraft Gesetzes eingetreten. Dies bedeutet,
dass der bisherige Beklagte (Freistaat Bayern als Träger der Versorgungsverwaltung) aus dem Verfahren ausgeschieden und an
seine Stelle die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesministerin der Verteidigung, ins Verfahren eingetreten
ist.
2. Berufsschadensausgleich
Das ZBFS hat die Höhe des dem Kläger zu gewährenden Berufsschadensausgleichs ab dem 01.07.2007 zutreffend ermittelt; nach
erfolgter Scheidung des Klägers ist bei der Berechnung der Höhe des Berufsschadensausgleichs zugrunde zu legen, dass der Kläger
nicht mehr verheiratet ist. Einen Anspruch auf Berufsschadensausgleich wie bei einem Verheirateten über den sozialrechtlichen
Herstellungsanspruch hat der Kläger nicht. Die Rückforderung für die vier Monate der Überzahlung ist nicht zu beanstanden.
2.1. Abänderung des Berufsschadensausgleichs
Wegen des am 27.06.2007 rechtskräftig gewordenen Scheidungsurteils vom 15.05.2007 ist eine Änderung in den für die Berechnung
des Berufsschadensausgleichs gemäß § 30 BVG maßgeblichen tatsächlichen Verhältnissen eingetreten, die gemäß § 48 SGB X das ZBFS zur Neuberechnung des Berufsschadensausgleichs berechtigt hat.
2.1.1. Änderung der Verhältnisse im Sinn des § 48 SGB X
Mit der im Juni 2007 rechtskräftig gewordenen Scheidung des Klägers ist eine Änderung in den für die Gewährung von Berufsschadensausgleich
maßgebenden Verhältnissen eingetreten.
Wie sich aus § 30 Abs. 7 Satz 1 BVG ergibt, ist für die Berechnung des Nettobetrags des Vergleichseinkommens im Zusammenhang mit dem Berufsschadensausgleich
eine unterschiedliche Berechnungsweise anzuwenden, je nachdem, ob es sich bei dem unter 65-jährigen Beschädigten um einen
unverheirateten oder einen verheirateten handelt.
Bis zum streitgegenständlichen Bescheid hat der Kläger als Versorgungsberechtigter einen Berufsschadensausgleich erhalten,
bei dessen Berechnung zu Grunde gelegt worden war, dass der Kläger verheiratet war.
Mit der im Juni 2007 erfolgten rechtskräftigen Scheidung war dieser Berechnung infolge einer Änderung der tatsächlichen Verhältnisse
die Grundlage entzogen; eine Neuberechnung des Berufsschadensausgleichs unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger
nicht mehr verheiratet war, war geboten.
2.1.2. Neuberechnung des Berufsschadensausgleichs
Die vom Beklagten im Bescheid vom 27.09.2007 vorgenommene Berechnung des Berufsschadensausgleichs gemäß § 30 BVG und die Rückforderung sind nicht zu beanstanden.
Bei der Neuberechnung des Berufsschadensausgleichs hat das ZBFS die Vorgaben des § 30 Abs. 7 BVG richtig angewandt. Zum besseren Verständnis des Klägers weist der Senat darauf hin, dass sich die Absenkung des Berufsschadensausgleichs
dadurch ergibt, dass nach § 30 Abs. 7 BVG bei der Ermittlung des Nettobetrags des Vergleichseinkommens der gestaffelte prozentuale Abzug bei Verheirateten erst bei
einem höheren Vergleichseinkommen einsetzt als bei Unverheirateten. Dies entspricht der Tatsache, dass die Steuerbelastung
bei einem Unverheirateten früher steigt als bei einem Verheirateten, der Alleinverdiener ist.
2.1.3. Kein sozialrechtlicher Herstellungsanspruch auf Berechnung des Berufsschadensausgleichs auf der Basis eines Verheirateten
Der vom Kläger vorgetragene Sachverhalt eröffnet einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht. Denn über das Rechtsinstitut
des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann nicht die Herstellung des vom Kläger begehrten rechtswidrigen Zustands, nämlich
die Gewährung von Berufsschadensausgleich an ihn als einen geschiedenen in gleicher Höhe wie bei einem verheirateten Beschädigten,
erreicht werden. Ob überhaupt eine Falschberatung des Klägers durch einen Mitarbeiter des ZBFS erfolgt ist, kann daher dahingestellt
bleiben.
Das Rechtsinstitut des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs ist keine geeignete Rechtsgrundlage für die Gewährung eines
höheren Berufsschadensaugleichs für den Kläger. Denn der versorgungsrechtliche Nachteil ist dem Kläger dadurch entstanden,
dass er sich scheiden hat lassen, nicht durch eine rechtswidrige Amtshandlung im Sinn einer Falschberatung. Der sozialrechtliche
Herstellungsanspruch setzt aber voraus, dass dem Beschädigten durch eine dem Beklagten zuzurechnende behördliche Pflichtverletzung
ein sozialrechtlicher Nachteil entstanden ist, der durch eine zulässige Amtshandlung behoben werden kann (ständige Rechtsprechung,
vgl. z.B. BSG, Urteil vom 02.10.2008, Az.: B 9 VH 1/07 R). Im Urteil vom 25.01.1994, Az.: 7 RAr 50/93, hat das BSG dies wie folgt zum Ausdruck gebracht:
"Denn das Rechtsinstitut des Herstellungsanspruchs kommt nur in den Fällen zum Tragen, in denen der durch das pflichtwidrige
Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden kann. Dagegen bleibt für seine
Anwendung in solchen Fällen kein Raum, in denen ein Nachteilsausgleich auf gesetzwidriges Handeln des Leistungsträgers hinauslaufen
würde. Hintergrund dieser von der Rechtsprechung angenommenen Differenzierung zwischen "ersetzbaren" und "nicht ersetzbaren"
Voraussetzungen ist das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art
20 Abs
3 GG). Dieses läßt es nicht zu, daß die Verwaltung gesetzwidrig handelt, selbst wenn sie zuvor eine falsche Auskunft oder Beratung
erteilt hat (vgl hierzu etwa BSGE 44, 114, 121 = SozR 2200 § 886 Nr 1; BSGE 49, 76, 80 = SozR 2200 § 1418 Nr 6; BSGE 50, 25, 29 = SozR 2200 § 172 Nr 14; BSGE 51, 89, 92 = SozR 2200 § 381 Nr 44; BSGE 58, 104, 109 = SozR 4100 § 103 Nr 36; BSGE 60, 43, 48 = SozR 4100 § 105 Nr 2; SozR 4100 § 102 Nr 6; BSG vom 11. Januar 1989 - 7/11b RAr 16/87 -, unveröffentlicht; BSG SozR 4100 § 66 Nr 2; BSGE 66, 258, 265 = SozR 3-4100 § 125 Nr 1; BSG vom 23. Juli 1992 - 7 RAr 38/91 -, unveröffentlicht; BSG vom 29. Juli 1992 - 11 RAr 15/92 -, unveröffentlicht; BSG vom 24. Juni 1993 - 11 RAr 1/92 -, zur Veröffentlichung vorgesehen; BSG vom 8. Juli 1993 - 7 RAr 80/92 -, unveröffentlicht).
Demgemäß lässt sich mit Hilfe des Herstellungsanspruchs ein Fehlverhalten des Leistungsträgers nur insoweit berichtigen, als
die Korrektur mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht. Das kann bei verspäteter Antragstellung, verspäteter Beitragsentrichtung
oder verspäteter Vorlage von Unterlagen der Fall sein, wenn die Verspätung auf einem pflichtwidrigen Verhalten des Leistungsträgers
beruht (BSGE 59, 60, 64 = SozR 5070 § 10 Nr 31; BSG SozR 1200 § 14 Nr 25; BSGE 62, 179, 182 = SozR 4100 § 125 Nr 3).
Dagegen können im Wege des Herstellungsanspruchs weder eine in die Lohnsteuerkarte eingetragene Lohnsteuerklasse durch eine
günstigere Steuerklasse (BSG vom 10. Dezember 1980 - 7 RAr 14/78 -, DBlR Nr 2689a zu § 113 AFG) noch ein tatsächlich erzieltes niedriges Arbeitsentgelt durch ein höheres ersetzt werden (BSG vom 12. Mai 1982 - 7 RAr 7/91 -, DBlR Nr 2781a zu § 137 AFG). Ebensowenig lassen sich für den Winterbau unzureichend getroffene Schutzvorkehrungen als ausreichend behandeln (BSG vom 11. November 1982 - 7 RAr 16/92 -, DBlR Nr 2782a zu § 78 AFG). Das gleiche gilt für eine fehlende Arbeitslosmeldung (BSGE 60, 43 = SozR 4100 § 105 Nr 2; BSG vom 11. Januar 1989 - 7/11b RAr 16/87 - und 8. Juli 1993 - 7 RAr 80/92 -, beide unveröffentlicht), fehlende Anwartschaftszeit (BSG SozR 4100 § 102 Nr 6; BSG vom 12. Juli 1989 - 7 RAr 62/88 - und 5. Dezember 1989 - 11 RAr 61/88 -, beide unveröffentlicht; BSGE 66, 11, 13 = SozR 4100 § 112 Nr 52), fehlende Verfügbarkeit (BSGE 58, 104, 109 = SozR 4100 § 103 Nr 36; BSG vom 23. Juli 1992 - 7 RAr 38/91 -, unveröffentlicht), fehlende Eingliederungschancen (BSG SozR 4100 § 56 Nr 18) sowie fehlende rechtzeitige Anzeige des Arbeitsausfalls iS des § 64 Abs 1 Nr 4 AFG (BSG SozR 4100 § 66 Nr 2).
Das Ausscheiden der Klägerin aus einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung vor Vollendung des 55. Lebensjahres
ist eine Begebenheit tatsächlicher Art, die nicht der Gestaltung durch Verwaltungshandeln der Beklagten zugänglich ist. Sie
kann nicht im Wege der Fiktion ungeschehen gemacht bzw auf einen späteren Zeitpunkt, hier zB den 28. Dezember 1990, nachdatiert
werden. Dies stünde zum Zweck des § 249e Abs 1 und 9 AFG in Widerspruch, nur ganz bestimmten Arbeitnehmerinnen, nämlich solchen, die in der Zeit vom 3. Oktober bis 31. Dezember 1990
nach Vollendung des 55. Lebensjahres aus einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung ausgeschieden sind, einen Anspruch
auf Alüg zuzubilligen und dies sogar mit erhöhter Dauer (von 1.560 statt 936 Tagen). Würde die Beklagte gleichwohl einen solchen
Zustand herbeiführen, würde sie dem Grundsatz der Gesetzesmäßigkeit der Verwaltung zuwiderhandeln (Art
20 Abs
3 GG).
Soweit die Bediensteten des ArbA die Klägerin tatsächlich falsch beraten haben sollten und die Pflichtverletzung dafür ursächlich
wäre, dass der Klägerin kein Alüg zu gewähren ist, kommt ein Amtshaftungsanspruch in Betracht (Art
34 GG i.V.m. §
839 Bürgerliches Gesetzbuch). Darüber ist jedoch nicht im vorliegenden Rechtsstreit zu entscheiden. Für die Geltendmachung eines solchen Anspruchs ist
vielmehr der Zivilrechtsweg eröffnet (Art
34 Satz 3
GG)."
Und ähnlich das Bayer. Landessozialgericht im Urteil vom 12.12.2002, Az.: L 18 V 16/01:
"Darauf, ob der Beklagte eine unrichtige Auskunft erteilt hat, kommt es indes nicht an, ebenso wenig, ob der VB auf eine unrichtige
Auskunft hin (weiterhin) Beiträge an seine private Krankenversicherung entrichtet hat. Selbst wenn eine pflichtwidrige Auskunft
und deren Ursächlichkeit für eine fortgesetzte Beitragszahlung feststünden, wären die gesetzlichen Voraussetzungen für einen
Ersatz der Beitragsaufwendungen nicht erfüllt. Denn das Rechtsinstitut des Herstellungsanspruchs kommt nur in den Fällen zum
Tragen, in denen der durch das pflichtwidrige Verwaltungshandeln eingetretene Nachteil durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt
werden kann. Dagegen bleibt für seine Anwendung in solchen Fällen kein Raum, in denen ein Nachteilsausgleich auf gesetzwidriges
Handeln des Leistungsträgers hinauslaufen würde. Hintergrund dieser von der Rechtsprechung angenommenen Differenzierung zwischen
"ersetzbaren" und "nicht ersetzbaren" Voraussetzungen ist das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art
20 Abs
3 Grundgesetz,
GG). Dieses lässt es nicht zu, dass die Verwaltung gesetzwidrig handelt, selbst wenn sie davor eine falsche Auskunft oder Beratung
erteilt hat (BSG SozR 3-4100 § 249 e Nr 4 mwN). Demgemäß lässt sich mit Hilfe des Herstellungsanspruchs ein Fehlverhalten des Leistungsträgers nur insoweit berichtigen,
als die Korrektur mit dem jeweiligen Gesetzeszweck in Einklang steht. Sinn und Zweck des Herstellungsanspruchs unter Berücksichtigung
der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandeln und der Abgrenzung zum Schadensersatzanspruch ist es, dass im Wege des Herstellungsanspruchs
nur eine Amtshandlung begehrt werden kann, die nicht nur nach ihrer Bezeichnung, sondern auch nach ihrer wesentlichen Struktur
im Gesetz vorgesehen ist. Die Abgrenzung zum Schadensersatzanspruch hat sicherzustellen, dass der Herstellungsanspruch keine
verkappte Verurteilung zum Schadensersatz in Geld ermöglicht (BSG SozR 2200 § 1303 Nr 27)."
Die Scheidung des Klägers kann die Beklagte nicht durch eine zulässige Amtshandlung beseitigen; dies könnte nur der Kläger
selbst durch eine Wiederverheiratung tun. Würde dem Kläger trotz seiner Scheidung im Weg des sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs
Berufsschadensausgleich wie einem Verheirateten gewährt, würde dies auf ein gesetzwidriges Handeln im aufgezeigten Sinn hinauslaufen.
Eine derartige rechtswidrige Amtshandlung kann mit dem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch nicht verlangt werden. Ein sozialrechtlicher
Herstellungsanspruch ist daher vorliegend ausgeschlossen.
2.2. Rückwirkende Herabsetzung des Berufsschadenausgleichs und Rückforderung für die Monate Juli bis Oktober 2007
Die rückwirkende Herabsetzung des Berufsschadenausgleichs und Rückforderung für die Monate Juli bis Oktober 2007 ist zu Recht
erfolgt.
Das ZBFS hat rückwirkend gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X zum ersten des Monats nach Rechtskraft der Scheidung den Berufsschadensausgleich neu festgestellt und die zwischenzeitlich
erfolgten Überzahlungen zurückgefordert, weil der Kläger die Scheidung erst verspätet mitgeteilt hat, obwohl er kraft Gesetzes
verpflichtet gewesen wäre, diese Änderung mitzuteilen (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 SGB X i.V.m. § 60 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch Erstes Buch), und ihm zudem bekannt war, dass die Scheidung Auswirkungen auf seinen Versorgungsanspruch
haben kann (§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X i.V.m. z.B. dem Hinweis auf Blatt 6 des Bescheids vom 02.03.2007). Dabei hat das ZBFS das ihm zustehende Ermessen ordnungsgemäß
ausgeübt, wie sich aus den Ausführungen auf Seite 3 des Widerspruchsbescheids vom 23.07.2008 ergibt.
Die zunächst fehlende Anhörung gemäß § 24 SGB X ist gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X dadurch geheilt worden, dass das ZBFS den Kläger mit Schreiben vom 28.09.2007 und anschließend nochmals im Widerspruchsbescheid
vom 23.07.2008 umfassend über die versorgungsrechtlichen Folgen seiner Scheidung informiert hat.
Rechtsgrundlage für die Rückforderung ist § 50 Abs. 1 SGB X.
Der Kläger hat daher mit seiner Berufung keinen Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG).