Neuberechnung eines Versorgungsanspruchs im Recht der Soldatenversorgung; Streitgegenstand im sozialgerichtlichen Verfahren;
Auslegung von Bescheiden und Prozesserklärungen; Voraussetzungen der Geltendmachung eines Erstattungsanspruches gemäß §§ 102ff
SGB X
Tatbestand
Das Verfahren betrifft eine Angelegenheit aus dem Recht der Soldatenversorgung. Streitig ist die Höhe der dem Kläger zustehenden
Nachzahlung nach einer Neuberechnung seines Versorgungsanspruchs unter dem Gesichtspunkt einer dabei erfolgten Geltendmachung
eines Erstattungsanspruchs.
Der Kläger war zuletzt Soldat auf Zeit; seine Dienstzeit endete am 01.11.1978.
Bei einer Mandeloperation im Bundeswehrkrankenhaus München am 07.10.1976 erlitt der Kläger einen Narkoseschaden. Er leidet
seitdem an Herzschäden und einer organisch bedingten Hirnleistungsschwäche mit Wesensänderung. Der Gesundheitsschaden ist
als Schädigungsfolge anerkannt.
Im Jahr 1989 beantragte er die Gewährung von Versorgung.
Das Zentrum Bayern Familie und Soziales, der frühere Beklagte, (im Folgenden: ZBFS) gewährte als Träger der bayerischen Versorgungsverwaltung
dem Kläger (nachdienstliche) Versorgung gemäß § 80 Soldatenversorgungsgesetz (SVG) nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE - heutige Bezeichnung: Grad der Schädigung) in Höhe von 70 v.H. ab dem 01.01.1985,
in Höhe von 80 v.H. ab dem 01.01.1989, in Höhe von 90 v.H. ab dem 01.04.1989 und in Höhe von 100 v.H. seit dem 01.07.1990
(Bescheide vom 05.06.1990, 12.07.1990 und 30.08.1990, Vergleich vom 13.05.1997 vor dem Bayer. Landessozialgericht (LSG) im
Verfahren mit dem Aktenzeichen L 15 V 112/95.SVG). Die MdE beinhaltet eine besondere berufliche Betroffenheit im Sinn von § 30 Abs. 2 Bundesversorgungsgesetz (BVG). Zudem erhält er Berufsschadensausgleich, wobei dessen Berechnung im Bescheid vom 12.07.1990 zunächst ein Vergleichseinkommen
als kaufmännischer und technischer Angestellter der Leistungsgruppe III im Wirtschaftsbereich "Herstellung von Kfz und Motoren"
zugrunde gelegt wurde.
Mit Urteil des Senats vom 16.01.2007, Az.: L 15 VS 19/05, wurde die Gewährung von Berufsschadensausgleich nach einem Überprüfungsantrag des Klägers dahingehend abgeändert, dass dem
Vergleichseinkommen die Leistungsgruppe II (und nicht nur III) der kaufmännischen und technischen Angestellten im Wirtschaftsbereich
"Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren" ab dem 01.01.1998 zugrunde zu legen ist.
Mit Bescheid vom 28.02.2007 nahm das ZBFS in Umsetzung des vorgenannten Urteils seine Bescheide vom 11.07.1990 und 12.07.1990
insoweit zurück, als nunmehr der Berufsschadensausgleich mit Wirkung ab dem 01.01.1998 unter Zugrundelegung der Leistungsgruppe
II der kaufmännischen und technischen Angestellten im Wirtschaftsbereich "Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenmotoren"
gewährt werde. Die Nachzahlung werde - so das ZBFS - gemäß §
44 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (
SGB I) verzinst. Über die ab dem 01.01.1998 zustehenden Versorgungsbezüge werde noch ein gesonderter Bescheid ergehen.
Mit Bescheid vom 02.03.2007 stellte das ZBFS wegen des Bescheids vom 28.02.2007 die Versorgungsbezüge neu fest. Es errechnete
darin eine Nachzahlung von insgesamt 99.132,17 EUR (davon reine Nachzahlung in Höhe von 84.501,- EUR und sich daraus ergebende
Zinsen in Höhe von 14.631,17 EUR). Die Nachzahlung werde - so das ZBFS - bis zur Klärung des Erstattungsanspruchs der Hauptfürsorgestelle
vorläufig einbehalten.
Mit Schreiben vom selben Tag informierte das ZBFS die Hauptfürsorgestelle über die dem Kläger zustehende Nachzahlung.
Die Hauptfürsorgestelle machte mit Schreiben vom 19.03.2007 gegenüber dem ZBFS als Träger der Versorgungsverwaltung einen
Erstattungsanspruch gemäß §§ 102 ff. Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) geltend und wies darauf hin, dass der Kläger im Zeitraum vom 01.01.1998 bis 31.07.2002 einkommensabhängige Kriegsopferfürsorgeleistungen
in Form von Erziehungsbeihilfe nach § 27 BVG für seine Kinder sowie Erholungshilfe nach § 27 b BVG erhalten habe. Der genaue Zeitraum und die Höhe der Leistungen sowie des Erstattungsanspruchs wurden in einer beigefügten
Aufstellung monatsweise aufgelistet; insgesamt ergab sich ein Erstattungsbetrag von 19.590,20 EUR.
Am 02.04.2007 erhob der Kläger zu Protokoll beim ZBFS Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.03.2007.
Nachdem beim ZBFS aufgefallen war, dass bei der Verzinsung der Nachzahlung nicht berücksichtigt worden war, dass ein Erstattungsanspruch
der Hauptfürsorgestelle bestehen könnte, teilte das ZBFS dem Kläger mit Schreiben vom 10.04.2007 mit, dass auf die im Bescheid
vom 02.03.2007 festgestellte Nachzahlung in Höhe von 84.501,- EUR durch die Hauptfürsorgestelle Erstattungsansprüche in Höhe
von 19.590,20 EUR erhoben worden seien und dieser Betrag zur Erfüllung des Erstattungsanspruchs unmittelbar an die Hauptfürsorgestelle
überwiesen worden sei. Es verbleibe ein Betrag von aufgerundet 64.911,- EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 9.011,37 EUR. Insgesamt
ergebe sich also eine Nachzahlung in Höhe von 73.992,37 EUR.
Mit weiterem Schreiben vom 10.04.2007 hörte das ZBFS den Kläger dazu an, dass beabsichtigt sei, den Bescheid vom 02.03.2007
insoweit zurückzunehmen, als die Zinsberechnung dort unrichtig und somit rechtswidrig sei und nur die tatsächlich zustehenden
Zinsen in Höhe von 9.011,73 EUR zu zahlen seien. Ein Vertrauensschutz im Sinn des § 45 SGB X bestehe nicht, weil die zu hohen Zinsen noch nicht ausgezahlt worden seien. Der tatsächlich zustehende Betrag sei bereits
gemeinsam mit der Nachzahlung überwiesen worden (insgesamt 73.922,37 EUR).
Die Hauptfürsorgestelle erläuterte dem Kläger mit Schreiben vom 16.04.2007 im Detail, wie sich der Erstattungsanspruch zusammensetze.
Am 27.04.2007 erklärte der Kläger zu Protokoll des ZBFS, dass sich sein Widerspruch dagegen richte, dass ein Teil der Nachzahlung
an die Hauptfürsorgestelle gezahlt werde. Auch sei er nicht damit einverstanden, dass nur der Teil der Nachzahlung verzinst
werde, der an ihn ausgezahlt worden sei. Näher erläuterte er dies im Schreiben vom 22.05.2007. Die Unterstützung der Hauptfürsorgestelle
sei völlig zu Recht erfolgt; es habe sich also nicht um einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt gehandelt. Er habe
auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut und die erbrachten Leistungen zur Unterstützung der Familie verbraucht. Im Übrigen
sei bereits eine Vermögensdisposition getroffen worden, die nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig gemacht werden könne
(Bezahlung des Hauses in Verbindung mit der gesamten Nachzahlung ohne Abzug). Seiner Meinung nach sei er bereits 1990 zu niedrig
eingestuft gewesen. Für die Zeit von 1986 bis 1998 sei ihm durch die Arbeitsweise des ZBFS ein Schaden inklusive Zinsen in
Höhe von 108.788,48 EUR entstanden. Die Unterstützung durch die Hauptfürsorgestelle sei also völlig zu Recht erfolgt.
Mit Bescheid vom 18.06.2007 wurde der Bescheid vom 02.03.2007 insoweit zurückgenommen, als der gesamte Nachzahlungsbetrag
verzinst worden war. Die Höhe der zustehenden Zinsen wurde mit 9.011,37 EUR festgesetzt. Das ZBFS begründete den Bescheid
damit, dass gemäß § 45 Abs. 2 SGB X ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nur dann nicht zurückgenommen werden dürfe, wenn der Begünstigte auf den
Bestand vertraut habe und sein Vertrauen schutzwürdig sei. Da der zu hohe Zinsbetrag noch nicht ausgezahlt worden sei, könne
der zu hohe Betrag auch nicht im Vertrauen auf seine Richtigkeit verbraucht worden sein. Außerdem sei der Kläger im Bescheid
vom 02.03.2007 darauf hingewiesen worden, dass die Nachzahlung bis zur Klärung des Erstattungsanspruchs der Hauptfürsorgestelle
vorläufig einbehalten werde. Er habe daher damit rechnen müssen, dass ihm nicht der gesamte Nachzahlungsbetrag zustehe. Eine
schutzwürdige Vermögensdisposition über den gesamten Nachzahlungsbetrag habe er daher nicht treffen können.
Mit Schreiben vom 08.02.2008 ergänzte der Kläger seinen Widerspruch wie folgt: Die letzte Zahlung der Hauptfürsorgestelle
sei im Juli 2002 erfolgt. Dies bedeute, dass der Zeitraum für eine Rückforderung bereits verjährt sei, da der Anspruch auf
Kostenersatz drei Jahre nach Abschluss des Jahres, in dem die Hilfe gewährt worden sei, gemäß § 103 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) erloschen sei. Es sei von einem Vertrauensschutz im Sinn von § 45 Abs. 2 SGB X auch dann auszugehen, wenn er eine Vermögensdisposition getroffen habe, die er nicht mehr oder nur mehr unter unzumutbaren
Nachteilen rückgängig machen könne. Sein Haus habe er bereits vor 15 Jahren gekauft und damit eine Vermögensdisposition getroffen,
die noch viele Jahre andauere. Die Leistungen der Hauptfürsorgestelle seien zur Unterstützung der Familie bereits ausgegeben
und verbraucht. Das ZBFS hätte die Zahlung niemals zurückbehalten dürfen. Ein Aufrechnungs- oder Zurückbehaltungsrecht gemäß
§ 50 SVG dürfe nur insoweit gegenüber Ansprüchen auf Versorgungsbezüge geltend gemacht werden, als diese pfändbar seien.
Nach Vornahme einer nochmaligen Neuberechnung der Kriegsopferfürsorgeleistungen für die Zeit vom 01.01.1998 bis zum 31.07.2002
teilte die Hauptfürsorgestelle dem Kläger mit Schreiben vom 02.06.2008 mit, dass eine Überprüfung ergeben habe, dass sich
der Erstattungsbetrag von 19.590,20 EUR auf 15.277,58 EUR verringert habe. Im Übrigen wurde dem Kläger die Rechtslage nochmals
erläutert. In diesem Zusammenhang wurde auch darauf hingewiesen, dass die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Bewilligungsbescheide
gemäß § 48 Abs. 1 Nr. 3 SGB X gegeben seien. Zum besseren Verständnis für den Kläger wurde als Anlage die monatsweise Berechnung des Erstattungsbetrags
(mit 20 Anlagen) beigefügt.
Mit Teilabhilfebescheid vom 25.06.2008 wurde den Widersprüchen des Klägers gegen den Bescheid vom 02.03.2007, die Mitteilung
über die Erfüllung des Erstattungsanspruchs vom 10.04.2007 sowie den Rücknahmebescheid vom 18.06.2007 insofern abgeholfen,
als der Erstattungsanspruch der Hauptfürsorgestelle nur 15.277,58 EUR betrage und nicht wie ursprünglich berechnet 19.590,20
EUR. Die Differenz zuzüglich Zinsen, insgesamt 5.961,54 EUR, werde demnächst überwiesen.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.07.2008 wurde der Widerspruch im Übrigen zurückgewiesen.
Mit Schreiben vom 15.08.2008 hat der Kläger beim Sozialgericht (SG) Landshut Klage erhoben (Verfahren mit dem Aktenzeichen S 15 VS 8/08).
Mit Beschluss des SG vom 01.10.2009 sind die dort geführten Streitsachen des Klägers mit den Aktenzeichen S 15 VS 8/08, S 15 VS 9/08 und S 15 VS 10/08 verbunden und unter dem Aktenzeichen S 15 VS 10/08 fortgeführt worden.
Mit Gerichtsbescheid des SG vom 23.11.2009 ist die nicht begründete Klage abgewiesen worden.
Mit Schreiben vom 28.11.2009 hat der Kläger Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz seiner damaligen Bevollmächtigten vom 30.07.2010
ist sie wie folgt begründet worden: Das ZBFS habe vor Erlass der Bescheide und Auszahlung des streitgegenständlichen Betrags
nicht geprüft, ob und inwieweit der Erstattungsanspruch der vorleistenden Hauptfürsorgestelle überhaupt in vollem bzw. teilweisem
Umfang entstanden sei. Ein Erstattungsanspruch bestehe auch nicht, soweit der nachrangige Leistungsträger seine Leistungsverpflichtung
auch bei Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträger erbringen hätte müssen (§ 104 Abs. 1 Satz 3 SGB X). Der Anspruch auf die bewilligten Leistungen der Hauptfürsorgestelle wäre erst mit Aufhebung der Bewilligungsbescheide entfallen.
Deshalb wäre der Erstattungsanspruch erst nach Aufhebung der Bewilligungsbescheide in vollem oder teilweisem Umfang entstanden.
Damit wäre eine vorrangige Aufhebung der Bewilligungsbescheide über die Leistungen der Kriegsopferfürsorge für den Zeitraum
ab 01/1998 bis 07/2002 unter Berücksichtigung der Änderung der Einkommensverhältnisse durch konkrete Erhöhung des Einkommens
aufgrund des für die einzelnen Monate gezahlten höheren Berufsschadensausgleichs erforderlich gewesen. Eine Aufhebung der
bewilligten Leistungen durch die Hauptfürsorgestelle sei nachvollziehbar nicht erfolgt. Der Kläger habe bisher keine Aufhebungsbescheide
der Hauptfürsorgestelle erhalten. Das Schreiben der Hauptfürsorgestelle an das ZBFS vom 19.03.2007 stelle keinen wirksamen
Aufhebungsbescheid für die bewilligten Leistungen dar, sondern beinhalte nur die Höhe des Gesamterstattungsbetrags. Die Hauptfürsorgestelle
habe weder davor noch danach dem ZBFS mitgeteilt, dass sie die Bewilligungsbescheide für den Kläger wirksam aufgehoben habe.
Die Voraussetzungen der Erstattung in Höhe des Gesamtbetrags lägen daher zum Zeitpunkt der Auszahlung nicht vor. Hilfsweise
werde geltend gemacht, dass auch das ZBFS selbst nicht berücksichtigt habe, ob die Voraussetzungen des § 104 Abs. 1 Satz 3 SGB X vorlägen. Es habe weiter nicht beachtet, dass eine Erstattung nur für zeitlich kongruente Leistungen der Hauptfürsorgestelle
erfolgen dürfe. Erkennbar seien die Leistungen der Kriegsopferfürsorge (in Form von Erziehungs- und Erholungshilfe) jeweils
nur zeitabschnittsweise bewilligt worden. Deshalb habe das ZBFS zugleich bei seinen eigenen Berechnungen das zeitliche Kongruenzgebot
dadurch verletzt, dass es nicht festgestellt habe, in welchen konkreten Monaten zwischen 01/1998 und 07/2002 die Bedürftigkeit
durch Erhöhung der Versorgungsleistungen durch die nachträgliche Feststellung eines höheren Berufsschadensausgleichs entfallen
sei. Das ZBFS hätte dies in den konkreten Einzelmonaten prüfen müssen. Es sei nicht erkennbar, dass das ZBFS eine solche Berechnung
angestellt habe. Die vom ZBFS vorgenommene pauschale Berechnung der Gesamtleistungen der Hauptfürsorgestelle im Leistungszeitraum
01/1998 bis 07/2002 mit dem Gesamtbetrag der Nachzahlung für den höheren Berufsschadensausgleich von 01/1998 bis 07/2002 widerspreche
dem zeitlichen Kongruenzprinzip und hätte jedenfalls in dieser Form nicht erfolgen dürfen. Zudem wäre der Kläger vor Aufhebung
der Bewilligungsbescheide der Hauptfürsorgestelle auch anzuhören gewesen. Dabei hätte er den für ihn sprechenden Vertrauensschutz
geltend machen können. Hilfsweise werde geltend gemacht, dass jedenfalls Erstattungsansprüche für den Zeitraum vom 01.04.1998
bis 31.07.1998 als Erziehungsbeihilfe für die Tochter P. in Höhe von insgesamt 1.236,- DM (entspricht 631,69 EUR) nicht befriedigt
hätte werden dürfen, weil die Hauptfürsorgestelle den Erstattungsanspruch hierzu nicht in der erforderlichen konkreten Höhe
angemeldet habe. Mit Schreiben vom 17.08.2010 ist zudem vorgetragen worden, dass die Voraussetzungen einer Erstattung nach
§ 104 SGB X nicht vorlägen. Denn bei den von der Hauptfürsorgestelle gewährten Zahlungen für Erholungshilfe handle es sich um Leistungen,
die, wie aus § 27 b BVG hervorgehe, einkommensunabhängig zu gewähren seien.
In seiner Erwiderung zur Berufungsbegründung hat das ZBFS mit Schreiben vom 20.09.2010 darauf hingewiesen, dass der Vorwurf,
bei der Befriedigung des Erstattungsanspruchs sei die zeitliche Konkurrenz nicht beachtet worden, völlig ins Leere gehe; denn
die Höhe der Erziehungsbeihilfe und der Erholungshilfe sei in der Zeit von Januar 1998 bis Juli 2002 monatsweise aufgelistet
worden, wie sich aus Blatt 1345 ff. der Akte ergebe. Sofern der Kläger geltend mache, dass Erstattungsansprüche wegen Erziehungsbeihilfe
für die Tochter P. in Höhe von 1.236,- DM nicht befriedigt werden hätten dürfen, weil die Hauptfürsorgestelle den Erstattungsanspruch
hierzu nicht in der erforderlichen konkreten Höhe angemeldet habe, stehe dies in Widerspruch zum Schreiben der Hauptfürsorgestelle
vom 02.06.2008. Dort sei der Erstattungsanspruch konkret beziffert worden.
Mit Beschluss vom 14.01.2014, berichtigt durch Beschluss vom 12.11.2015, sind die Berufungen entsprechend den ursprünglichen
Klageverfahren wieder getrennt worden.
Mit Schreiben vom 11.11.2015 ist der Freistaat Bayern, vertreten durch das ZBFS, als bisheriger Beklagter aus dem Verfahren
entlassen und mitgeteilt worden, dass an die Stelle des bisherigen Beklagten die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch
die Bundesministerin der Verteidigung, trete.
Im Laufe des Verfahrens hat der Kläger Befangenheitsanträge gestellt, die allesamt erfolglos geblieben sind.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 23.11.2009 und der Bescheide vom 10.04.2007, 18.06.2007 und 25.06.2008
in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.07.2008 dazu zu verurteilten, den Betrag in Höhe von 15.277,58 EUR an den Kläger
auszubezahlen,
hilfsweise, den erstatteten Betrag in der Höhe auszuzahlen, nach welcher dem Kläger Fürsorgeleistungen der Hauptfürsorgestelle
zwischen Januar 1998 und Juli 2002 trotz des Zuflusses des höheren Berufsschadenausgleichs gemäß Feststellungen des Bescheids
des ZBFS vom 02.03.2007 und 06.07.2007 weiter zustanden,
hilfsweise, die Beklagte unter Abänderung der vorgenannten Bescheide zu verurteilen den Betrag in Höhe von 1.236,- DM, entsprechend
631,96 EUR an den Kläger auszuzahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Beigezogen worden sind die in der Ladung vom 04.01.2016 aufgelisteten Akten. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den
Inhalt der Berufungsakte und der beigezogenen Akten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Höhe der dem Kläger infolge des Urteils des Senats vom 16.01.2007, Az.: L 15 VS 19/05, auszuzahlenden Nachzahlung, wie sie durch das ZBFS festgesetzt worden ist, ist nicht zu beanstanden.
1. Richtige Beklagte
Wegen des zum 01.01.2015 in Kraft getretenen Gesetzes zur Übertragung der Zuständigkeiten der Länder im Bereich der Beschädigten-
und Hinterbliebenenversorgung nach dem Dritten Teil des Soldatenversorgungsgesetzes auf den Bund vom 15.07.2013 (BGBl. I 2013 Nr. 38 S. 2416 ff.) ist ein Beklagtenwechsel kraft Gesetzes eingetreten. Dies bedeutet,
dass der bisherige Beklagte (Freistaat Bayern als Träger der Versorgungsverwaltung) aus dem Verfahren ausgeschieden und an
seine Stelle die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Bundesministerin der Verteidigung, diese wiederum vertreten
durch das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr, ins Verfahren, das keine reine Anfechtungsklage beinhaltet,
eingetreten ist.
2. Streitgegenstand
Streitgegenstand ist nach der mit Beschlüssen vom 14.01.2014 und 12.11.2015 erfolgten Trennung im Berufungsverfahren ausschließlich
die Frage, ob und wenn ja inwiefern der dem Kläger zustehende Nachzahlungsanspruch, der sich aus der infolge des Urteils des
Senats vom 16.01.2007, Az.: L 15 VS 19/05, erforderlich gewordenen Neuberechnung des Berufsschadensausgleichs ergibt, wegen eines Erstattungsanspruchs der Hauptfürsorgestelle
erloschen ist.
Nicht Streitgegenstand dieses Verfahrens sind die Höhe der sich allein aus der Neuberechnung des Berufsschadensausgleichs
ergebenden Nachzahlung ohne Berücksichtigung eines Erstattungsanspruchs und das der Neuberechnung des Berufsschadensausgleichs
zugrunde zu legende Vergleichseinkommen im Rahmen des Nachzahlungsanspruchs.
Bei der Bestimmung des Streitgegenstands sind folgende Grundsätze zu beachten:
Maßgebend für die Bestimmung des Streitgegenstands ist der geltend gemachte prozessuale Anspruch, d.h. Klageantrag und Klagegrund
im Hinblick auf einen bestimmten Sachverhalt (vgl. BSG, Urteil vom 28.3.2013, Az.: B 4 AS 12/12 R - m.w.N.). Hiervon ausgehend wird der Streitgegenstand durch den objektiven Regelungsgehalt des angefochtenen Bescheids
und das im Prozess geltend gemachte Begehren bestimmt. Der Streitgegenstand ist also die Schnittmenge von bescheidmäßig getroffenen
Regelungen einerseits und dem prozessualen Begehren eines Klägers andererseits.
Maßstab der Auslegung eines angefochtenen Bescheids ist der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten, der die Zusammenhänge
berücksichtigt, welche die Behörde nach ihrem wirklichen Willen (§
133 Bürgerliches Gesetzbuch) erkennbar in ihre Entscheidung einbezogen hat (vgl. BSG, Urteil vom 02.12.2010, Az.: B 9 V 2/10 R).
Maßstab der Auslegung von Prozesserklärungen ist ebenfalls der Empfängerhorizont eines verständigen Beteiligten (vgl. BSG, Urteil vom 12.12.2013, Az.: B 4 AS 17/13), wobei der Grundsatz einer rechtsschutzgewährenden Auslegung zu berücksichtigen ist (vgl. BFH, Beschluss vom 29.11.1995,
Az.: X B 328/94). Verbleiben Zweifel, ist von einem umfassenden Rechtsschutzbegehren auszugehen (vgl. BSG, Urteil vom 01.03.2011, Az.: B 1 KR 10/10 R), um dem Grundrecht des Art.
19 Abs.
4 Satz 1
GG auf wirksamen und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt sowie dem damit verbundenen
Gebot der Effektivität des Rechtsschutzes gerecht zu werden (vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30.04.2003, Az.: 1 PBvU 1/02, und vom 03.03.2004, Az.: 1 BvR 461/03).
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies Folgendes:
2.1. Bescheidmäßig getroffene Regelungen
Im Zusammenhang mit der Nachzahlung hat das ZBFS folgende Regelungen getroffen:
2.1.1. Bescheid vom 28.02.2007
Dieser "Bescheid" enthält keine über den Tenor des Urteils des Senats vom 16.01.2007, Az.: L 15 VS 19/05, hinausgehende Regelung; es werden lediglich zukünftige Bescheide angekündigt, so dass sich die Frage stellt, ob das Schreiben
des ZBFS mangels eigenen Regelungsgehalts überhaupt als Bescheid zu klassifizieren ist.
2.1.2. Bescheid vom 02.03.2007
Dieser Bescheid enthält eine Regelung insofern, als die sich aus dem Urteil des Senats vom 16.01.2007, Az.: L 15 VS 19/05, und der dadurch erforderlich gewordenen Neuberechnung des Berufsschadensausgleichs ergebende abstrakte Nachzahlung für den
Berufsschadensausgleich (84.501,- EUR) ermittelt worden ist. Weiter enthält dieser Bescheid eine Regelung zu den dem Kläger
zustehenden Zinsen, die in diesem Bescheid mit 14.631,17 EUR beziffert worden sind. Eine endgültige Festsetzung des an den
Kläger auszuzahlenden Betrags ist jedoch in diesem Bescheid noch nicht enthalten. Denn der konkrete Nachzahlungsbetrag hängt,
aufgrund der Hinweise des ZBFS für den Kläger als Empfänger zweifelsfrei erkennbar, noch von dem möglichweise von der Hauptfürsorgestelle
geltend zu machenden Erstattungsanspruch ab. Dies ergibt sich aus Blatt 4 des Bescheids, wenn dort auf Folgendes hingewiesen
wird: "Die Nachzahlung wird bis zur Klärung des Erstattungsanspruches der Hauptfürsorgestelle vorläufig einbehalten. Weitere
Mitteilung folgt."
2.1.3. Schreiben vom 10.04.2007
Der Senat lässt es dahingestellt, ob das Schreiben des ZBFS vom 10.04.2007, mit dem dem Kläger der auszuzahlende Betrag nach
Abzug des Erstattungsanspruchs mitgeteilt worden ist, lediglich als informatorische Mitteilung über das Erlöschen eines Sozialleistungsanspruchs,
hier des Nachzahlungsanspruchs wegen der Neuberechnung des Berufsschadensausgleichs, zu verstehen ist oder ob dieses Schreiben
einen Regelungsgehalt dergestalt hat, dass damit die dem Kläger zustehende konkrete Nachzahlung in Form eines Bescheids festgeschrieben
werden soll. Denn die Frage der Erfüllungsfiktion gemäß § 107 SGB X ist jedenfalls ein Gesichtspunkt, der vom Kläger thematisiert (vgl. unten Ziff. 2.2) und damit im Rahmen der gerichtlichen
Entscheidung zu klären sein wird. Für den Fall, dass von einem Verwaltungsakt auszugehen wäre, bestünde unter dem Gesichtspunkt
der hinreichenden Bestimmtheit jedenfalls kein Zweifel an einem konkreten Regelungsgehalt.
2.1.4. Bescheid vom 18.06.2007
Mit diesem Bescheid wurde der Bescheid vom 02.03.2007 insoweit gemäß § 45 SGB X zurückgenommen, als dort der gesamte Nachzahlungsbetrag verzinst worden war. Die dem Kläger zustehenden Zinsen wurden neu
berechnet und auf 9.011,37 EUR festgesetzt.
2.1.5. Bescheid vom 25.06.2008
Mit diesem Teilabhilfebescheid wurde den Widersprüchen/Einwendungen des Klägers insofern stattgegeben, als der Erstattungsanspruch
der Hauptfürsorgestelle auf 15.277,58 EUR (statt ursprünglich 19.590,20 EUR) reduziert und eine weitere Nachzahlung (inklusive
Zinsen) in Höhe von 5.961,54 EUR festgesetzt worden ist.
2.1.6. Widerspruchsbescheid vom 20.07.2008
Neue Regelungen beinhaltet der Widerspruchsbescheid nicht; damit wird lediglich der Widerspruch zurückgewiesen, sofern ihm
nicht zuvor abgeholfen worden ist.
2.2. Prozessuales Begehren des Klägers
Das klägerische Begehren wird einerseits aus dem Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 30.07.2007 und vom 17.08.2010 ersichtlich,
zum anderen aus dem eigenen Vorbringen des Klägers im Verfahren.
* Ziel im vorliegenden Verfahren ist, wie sich aus den Schreiben der Bevollmächtigten des Klägers vom 30.07.2007 und vom 17.08.2010
ergibt, die Auszahlung der im Bescheid vom 02.03.2007 errechneten Nachzahlung in voller Höhe, d.h. ohne Abzug infolge eines
Erstattungsanspruchs der Hauptfürsorgestelle, hilfsweise mit einem niedrigeren Abzug als bisher. Zudem ist sein Vorbringen
dahingehend zu interpretieren, dass er auf der Auszahlung der im Bescheid vom 02.03.2007 genannten, aus dem abstrakten Nachzahlungsanspruch,
d.h. ohne Abzug des Erstattungsbetrags, errechneten Zinsen für den Nachzahlungsanspruch besteht.
* Aus dem Schreiben des Klägers selbst vom 19.01.2010 wird deutlich, dass er sich auch gegen den Bescheid des ZBFS vom 02.03.2007
wendet, allerdings ohne dies näher zu begründen.
* Schließlich ist dem umfangreichen Vorbringen des Klägers im Verfahren, insbesondere auch in der mündlichen Verhandlung,
zu entnehmen, dass er eine rückwirkende Versorgung in Form der Schließung der Versorgungslücke nach dem Ausscheiden aus der
Bundeswehr bis zum Beginn der Gewährung von Versorgung durch das ZBFS anstrebt.
2.3. Aus bescheidmäßigen Regelungsgegenständen und prozessualem Begehren des Klägers ermittelter Streitgegenstand
Streitgegenstand geworden sind als Schnittmenge von (bescheidmäßigen) Regelungsgegenständen und prozessualem Begehren die
Frage des Ob und der Höhe des bei der Nachzahlung abzuziehenden Betrags des Erstattungsanspruchs der Hauptfürsorgestelle und
die Frage, ob die Nachzahlung nur in der Höhe zu verzinsen ist, in der sie auch an den Kläger zur Auszahlung gekommen ist,
oder in vollständiger Höhe, d.h. zusätzlich von Zinsen auch für den Betrag der Erstattung an die Hauptfürsorgestelle.
Nicht mehr Streitgegenstand ist der Bescheid vom 02.03.2007 insofern, als dort die abstrakte Nachzahlung wegen des Berufsschadensausgleichs,
d.h. noch ohne einen Abzug infolge einer Erstattung, festgelegt worden ist. Dies ergibt sich daraus, dass die ehemalige und
durch eine Vollmacht nachgewiesene Bevollmächtigte des Klägers mit Schreiben vom 30.07.2010 nach der vom Kläger umfassend
eingelegten Berufung gegen den Gerichtsbescheid vom 23.11.2009 die Klage zurückgenommen hat, soweit davon der Bescheid vom
02.03.2007 betroffen gewesen ist. Denn in diesem Schreiben hat sie formuliert: "Es wird klargestellt, dass der Kläger seine
Klage gegen die Bescheide der Beklagten vom 02.03.2007 und 06.06.2007 (jeweils in der Fassung der WB'e) nicht mehr aufrecht
erhält."
Sofern der Kläger im gerichtlichen Verfahren zu erkennen gegeben hat, dass er auch Versorgungsleistungen für die Zeit vom
02.11.1978 bis zum 31.12.1984 anstrebt, kann dies nicht zulässiger Streitgegenstand sein, weil dazu in den streitgegenständlichen
Bescheiden keine Regelung getroffen worden ist.
3. Reduzierung des Nachzahlungsanspruchs durch einen Erstattungsanspruch der Hauptfürsorgestelle (Erfüllungswirkung)
Die Reduzierung der Höhe der dem Kläger infolge des Urteils des Senats vom 16.01.2007, Az.: L 15 VS 19/05, zustehenden Nachzahlung wegen eines von der Hauptfürsorgestelle geltend gemachten Erstattungsanspruchs ist nicht zu beanstanden.
Die mit Bescheid vom 02.03.2007 bestandskräftig festgestellte abstrakte Nachzahlung in Höhe von 84.501,- EUR ohne Zinsen (dazu
siehe unten Ziff. 4) ist um einen Erstattungsanspruch in Höhe von 15.277,58 EUR zu reduzieren. Denn insofern ist der Nachzahlungsanspruch
gemäß § 107 Abs. 1 SGB X in Höhe des Erstattungsanspruchs der Hauptfürsorgestelle erloschen.
Die Hauptfürsorgestelle, die Leistungen der Erziehungsbeihilfe gemäß § 27 BVG für die Kinder des Klägers und Erholungshilfe gemäß § 27 b BVG erbracht hat, hat einen Erstattungsanspruch gegen das ZBFS gehabt. Ob dieser Anspruch auf § 103 SGB X gestützt wird, weil die Leistungsverpflichtung der Hauptfürsorgestelle zur Erbringung von einkommensabhängigen Leistungen
der Kriegsopferfürsorge nachträglich dadurch entfallen ist, dass der dem Kläger zustehende Berufsschadensausgleich mit dem
Urteil des Senats vom 16.01.2007 rückwirkend ab dem Jahr 1998 erhöht worden und damit die Leistungsverpflichtung der Hauptfürsorgestelle
insoweit entfallen ist, oder auf § 104 SGB X, weil Leistungen der Kriegsopferfürsorge im Sinn der §§ 25 ff. BVG gegenüber der Versorgungsrente samt Berufsschadensausgleich nachrangig, da gemäß § 25 a Abs. 1 BVG bedarfs- und einkommensabhängig, wobei zum Einkommen gemäß § 25 d Abs. 1 BVG grundsätzlich alle Einkünfte in Geld- oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen der Kriegsopferfürsorge, der Grundrente
und der Schwerstbeschädigtenzulage zu zählen sind und damit auch der nachgezahlte Berufsschadensausgleich die Frage des Ob
und der Höhe von Leistungen der Kriegsopferfürsorge bestimmt, sind, kann dabei dahingestellt bleiben. Denn in jedem Fall hat
ein Erstattungsanspruch der Hauptfürsorgestelle gegenüber dem ZBFS bestanden.
Bezüglich der Höhe des Erstattungsanspruchs verweist der Senat auf die dem Kläger von der Hauptfürsorgestelle mit Schreiben
vom 02.06.2008 übersandten umfangreichen Berechnungen; Zweifel an der Richtigkeit dieser Berechnungen hat der Senat nicht.
Auch der Kläger hat keinerlei inhaltliche Einwendungen gegen die Berechnungen erhoben, so dass der Senat keinen Anlass für
weitergehende Erläuterungen sieht.
Mit der Frage, warum der zunächst von der Hauptfürsorgestelle mit Schreiben vom 19.03.2007 geltend gemachte und später korrigierte
Erstattungsanspruch fehlerhaft berechnet worden ist, muss sich der Senat mangels Entscheidungserheblichkeit nicht näher auseinandersetzen.
Er weist daher lediglich darauf hin, dass diese erste Berechnung deshalb falsch war, weil offensichtlich der vollständige
Betrag des monatlich nachzuzahlenden Berufsschadensausgleich als einzusetzendes Einkommen angesetzt worden war, obwohl das
einzusetzende Einkommen gemäß § 25 e BVG in Verbindung mit §§ 41 ff. Verordnung zur Kriegsopferfürsorge zu berechnen gewesen wäre. Dies ist erst im Rahmen der weiteren Berechnung erfolgt,
wie sie dem Kläger in den Anlagen zum Schreiben vom 02.06.2008 übersandt worden ist.
Im Übrigen ist zu den Einwänden des Klägers gegen den Erstattungsanspruch, insbesondere im Schreiben seiner Bevollmächtigten
vom 30.07.2010, auf Folgendes hinzuweisen:
* Sofern von Klägerseite dem ZBFS vorgehalten wird, dieses habe vor Erlass seiner Bescheide nicht ausreichend geprüft, ob
und inwieweit der Erstattungsanspruch der Hauptfürsorgestelle überhaupt entstanden sei, ist diesem Einwand jedenfalls insofern
die Grundlage entzogen, als die Hauptfürsorgestelle mit Schreiben vom 02.06.2008 eine nachvollziehbare Berechnung des Erstattungsanspruchs
vorgelegt hat. Mit der Frage, ob das ZBFS verpflichtet gewesen wäre, bereits vorher den Erstattungsanspruch der Hauptfürsorgestelle
auf sachliche Richtigkeit überprüfen, muss sich der Senat mangels Entscheidungserheblichkeit nicht befassen.
* Eine Aufhebung der Bewilligungsbescheide der Hauptfürsorgestelle (z.B. gemäß § 45 SGB X) bedurfte es vor der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs nicht. Die Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs ist gerade
nicht davon abhängig, dass der zu Grunde liegende, eine Leistung bewilligende Bescheid aufgehoben wird. Eine derartige Aufhebung
wäre nur dann zu verlangen, wenn der Leistungsträger einen Rückforderungsanspruch gegenüber dem Leistungsempfänger selbst
geltend machen würde. Um eine derartige Konstellation handelt es sich aber bei der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs
von Leistungsträgern untereinander gemäß §§ 102 ff. SGB X nicht. Hätte also die Hauptfürsorgestelle ihre Bewilligungsbescheide aufgehoben, was der Kläger rechtsirrig für notwendig
erachtet, würde damit der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs gerade die Grundlage entzogen; denn für die Erfüllungsfiktion
des § 107 Abs. 1 SGB X wäre dann kein Raum mehr. Die Hauptfürsorgestelle hat daher, um den Eintritt der Erfüllungsfiktion sicherzustellen, zutreffend
ihre Leistungsbescheide nicht aufgehoben.
* Da die Bewilligungsbescheide der Hauptfürsorgestelle nicht aufzuheben waren, bedurfte es auch keiner entsprechenden Anhörung.
Der diesbezügliche Einwand der Bevollmächtigten des Klägers geht ins Leere.
* Ein Fall des § 104 Abs. 1 Satz 3 SGB X liegt ersichtlich nicht vor. Die Leistungen der Hauptfürsorgestelle sind, wie bereits erläutert, einkommensabhängig mit der
Folge, dass - wie die Neuberechnung durch die Hauptfürsorgestelle ergeben hat - Leistungen der Hauptfürsorgestelle nicht erbracht
werden hätten müssen, wenn bereits damals die Leistung des vorrangig verpflichteten Leistungsträgers, des ZBFS als Träger
der Versorgungsverwaltung, erfolgt wäre.
* Der klägerische Einwand, bei der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs sei das zeitliche Kongruenzgebot dadurch verletzt
worden, dass nicht festgestellt worden sei, in welchen konkreten Monaten zwischen 01/1998 und 07/2002 die Bedürftigkeit durch
Erhöhung der Versorgungsleistungen infolge der nachträglichen Feststellung eines höheren Berufsschadensausgleichs entfallen
sei, entbehrt der Grundlage. Insofern wird wiederum auf die nachvollziehbaren Erläuterungen in den Anlagen zum Schreiben der
Hauptfürsorgestelle vom 02.06.2008 verwiesen. Dort ist monatsweise der Erstattungsanspruch ermittelt worden. Der Senat kann
sich den Einwand der Bevollmächtigten des Klägers nur insofern erklären, als dass dieser diese Berechnungen bei der Anfertigung
der Berufungsbegründung nicht vorgelegen haben. Dem Kläger selbst stand die monatsweise Aufstellung der zu viel gezahlten
Leistungen der Hauptfürsorgestelle in deren Schreiben vom 02.06.2008 jedenfalls zur Verfügung.
* Sofern von Klägerseite aus hilfsweise vorgebracht wird, dass jedenfalls Erstattungsansprüche für den Zeitraum vom 01.04.1998
bis zum 31.07.1998 wegen der Erziehungsbeihilfe für die Tochter P. nicht befriedigt werden hätten dürfen, weil die Hauptfürsorgestelle
den Erstattungsanspruch dafür nicht in der erforderlichen konkreten Höhe angemeldet habe, ist dieser Einwand durch das Schreiben
der Hauptfürsorgestelle vom 02.06.2008 widerlegt, in dem die genannten Zeiträume mit den jeweiligen Erstattungsbeträgen auch
für die Tochter P. monatsweise aufgeführt sind.
* Ein Vertrauensschutz, auf den sich der Kläger berufen will, kann unter keinem Gesichtspunkt zum Tragen kommen. Die Vertrauensschutzregelung
des § 45 Abs. 2 SGB X kommt schon deshalb nicht zur Anwendung, weil für die Vorschrift des § 45 SGB X im Zusammenhang mit der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs von Leistungsträgern untereinander gemäß §§ 102 ff. SGB X kein Raum ist. Die Vertrauensschutzregelung des § 45 Abs. 2 SGB X schützt den Leistungsempfänger vor der Rücknahme einer Leistungsbewilligung und der sich daran anschließenden Rückforderung.
Im Fall der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs hingegen ist der Leistungsempfänger keiner Rückforderung ausgesetzt.
Er bekommt wegen der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X nur nicht mehr, als ihm bei richtiger Anwendung des Rechts zusteht. Im Übrigen könnte ein Vertrauensschutz nur dann geltend
gemacht werden, wenn ein Vertrauen auf ein Behaltendürfen einer Leistung vorliegen würde, was beim Kläger nicht der Fall ist;
statt mit einer Rückforderung konfrontiert zu sein, erhält er eine Nachzahlung. Schließlich resultiert auch aus dem Bescheid
vom 02.03.2007, mit dem das Ergebnis der sich aus der Neuberechnung des Berufsschadensausgleichs ergebenden abstrakten Nachzahlung
für den Berufsschadensausgleich und der sich daraus errechnenden Zinsen mitgeteilt worden ist, kein Vertrauen darauf, dass
der Kläger den darin genannten Betrag von insgesamt 99.132,17 EUR tatsächlich auch so erhalten werde. Denn in diesem Bescheid
ist ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass bis zur Klärung des Erstattungsanspruchs die Nachzahlung zurückbehalten werde.
Dem Kläger muss also bewusst gewesen sein, dass er mit einer Auszahlung des ohne Erstattung ermittelten Nachzahlungsbetrags
samt Zinsen so nicht rechnen durfte. Auf schutzwürdige, nach Angaben des Klägers Jahre zurückliegende Vermögensdispositionen
beim Hauskauf kann er sich schließlich nicht berufen, da diesen Dispositionen kein Vertrauen auf zukünftige, damals noch nicht
ansatzweise bekannte Leistungen der Versorgungsverwaltung zugrunde gelegen haben kann.
* Sofern der Kläger meint, der Erstattungsanspruch sei gemäß § 103 Abs. 3 SGB XII erloschen, verkennt er, dass die von ihm herangezogene Regelung einen anderen Regelungsbereich umfasst und im Bereich des
Erstattungsanspruchs gemäß §§ 102 ff. SGB X überhaupt nicht zur Anwendung kommen kann. § 103 SGB XII betrifft den ganz anders gelagerten Fall einer Ersatzpflicht u.a. eines Sozialhilfeempfängers gegenüber dem Träger der Sozialhilfe.
* Wenn der Kläger meint, er könne der Geltendmachung des Erstattungsanspruchs und der Erfüllungsfiktion des § 107 Abs. 1 SGB X die Vorschrift des § 50 SVG entgegen halten, irrt er. § 50 SVG setzt der Geltendmachung eines Aufrechnungs- oder Zurückbehaltungsrechts Grenzen. Um eine Aufrechnung oder Geltendmachung
eines Zurückbehaltungsrechts geht es aber bei der Geltendmachung eines Erstattungsanspruchs gemäß §§ 102 ff. SGB X und der damit verbundenen Erfüllungsfiktion nicht.
4. Verzinsung
Die im Bescheid vom 02.03.2007 enthaltene Regelung zur Höhe der an den Kläger zu zahlenden Zinsen ist durch den Rücknahmebescheid
vom 18.06.2007, dieser wiederum abgeändert durch den Teilabhilfebescheid vom 25.07.2008, in rechtlich zulässiger Weise dahingehend
korrigiert worden, dass Zinsen lediglich aus dem Betrag, wie er dem Kläger auszuzahlen ist, zu gewähren sind, nicht aber aus
dem Betrag, wie er sich aus dem nachzuzahlenden Berufsschadensausgleich ohne Abzug eines Erstattungsanspruchs der Hauptfürsorgestelle
ergeben würde.
Den Bescheid vom 02.03.2007 hat das ZBFS insofern gemäß § 45 SGB X zurückgenommen.
Der Anspruch auf Verzinsung ergibt sich aus §
44 SGB I. Zu verzinsen sind Ansprüche auf Geldleistungen. Dies bedeutet, dass die Verzinsung einen bestehenden Anspruch voraussetzt.
Sofern, wie im Falle des Klägers, gemäß § 107 Abs. 1 SGB X ein Anspruch durch die Leistung eines anderen Sozialleistungsträgers als erfüllt gilt, ist keine Rechtsgrundlage für eine
Verzinsung gegeben, sofern dieser andere Sozialleistungsträger die ihm obliegende (Geld-)Leistung rechtzeitig erbracht hat.
Denn es fehlt insofern an einem verzinsungsfähigen Anspruch des Klägers.
Die Voraussetzungen des § 45 SGB X liegen vor; insbesondere kann der Kläger mangels erfolgter Auszahlung keinen Vertrauenstatbestand gemäß § 45 Abs. 3 SGB X geltend machen (vgl. auch die Ausführungen zum Vertrauensschutz oben, Ziff. 3.)
Das ZBFS hat daher zutreffend dem Kläger nur eine Verzinsung für den Geldbetrag gewährt, der tatsächlich auszuzahlen war,
also die abstrakt errechnete Nachzahlung des Berufsschadensausgleichs abzüglich des Erstattungsanspruchs der Hauptfürsorgestelle.
Irgendwelche Gesichtspunkte, dass die Berechnung der Zinsen aus anderen Gründen falsch sein könnte, sind weder ersichtlich
noch hat der Kläger diesbezüglich etwas vorgetragen.
Diese Berufung kann daher unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
193 SGG.
Ein Grund für die Zulassung der Revision liegt nicht vor (§
160 Abs.
2 Nrn. 1 und 2
SGG).